13
Wieder blickte Mera benommen auf ihre Schulter hinab und begriff es dann endlich.
Das letzte Stück das nur ihr selbst gehört hatte, ihr eigener Körper, war nun versehen mit seinem Zeichen. Sie gehörte jetzt also einem leibhaftigen Drachen.
Andere brandmarkten ihre Gefangenen mit glühenden Eisen, sie selbst war indes geschnitten worden, so tief und nachhaltig, dass da sicher Narben bleiben würden, und das sollten sie auch. Jeder der sie nun aus welchem Grund auch immer auszog würde das Zeichen sehen und verstehen wem sie nun gehörte. ... Das sie überhaupt jemandem gehörte.
- Oh Götter!
Als ob sie bloß noch ein Ding wäre, eine Kuh oder ein Pferd. Doch vielleicht sah der Drache sie auch nur als ein solches an. Kein Mensch mit eigenem Kopf Herz und Willen! Kein fühlendes, denkendes Wesen, nein! Er hatte die Macht ihr grausamst weh zu tun, befahl es auch ständig und immer demselben jungen Berserker.
Mera watete schließlich benommen ans Ufer zurück und kniete sich dort dann verloren und absolut Hilflos zitternd in den dunklen Sand.
Sich zu schützen war nun sinnlos, denn es gab keinen Schutz mehr für sie.
„Ich habe dir frische Kleider besorgt!", meldete der junge Berserker sich schließlich wieder absolut unbemerkt neben sie gekommen und erschreckte sie dabei einmal mehr bis ins Mark. Doch als sie aufsah hielt er ihr lediglich ein flachsbraunes, dickes und sehr langes Hemd hin, sowie ihren eigenen Plaid.
Mera ignorierte beides und schüttelte nur ausdruckslos den Kopf. „Nein, ... das nützt nichts mehr, Berserker. Ihr habt meinen Körper geschändet. Sollen es doch alle sehen, es ist gleichgültig. Ich bin verloren...", hauchte sie heiser.
Ein leises Schnauben erklang von oben, es klang gereizt, dann griff der Berserker wieder nach Meras Arm und zog sie mühelos hoch auf die Füße.
„Ihr Menschen begreift nicht, um was es hier geht.", stellte er eisig fest. „Auch du begreifst es nicht, doch das hatte ich auch nicht anders erwartet."
Er drückte ihr die Kleider in den Arm und umfasste mit einer Hand hart ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste.
„Inzwischen müsstest du wissen, dass dein Herr die Befolgung seiner Befehle voraussetzt, Merraah. Zieh dich an, denn dein Leben wird hier nicht enden. Es sei den Drragon entscheidet es so. Doch das wird er ganz sicher nicht tun. Er hat dich gerade erst wieder gefunden.", knurrte der junge Berserker und näherte sein Gesicht dem ihren, bis auf wenige Fingerbreit an.
Mera erzitterte unter seinem kalten Blick.
„Er tut was immer er tun will, Merraah!", wisperte der junge Berserker rau und strich mit seiner freien Hand über ihre bebende Unterlippe. „Und auch ich tue das was ich tun will. Es gibt keinen Weg zurück. Für keinen von uns. Wir sind geboren, wir atmen, ... solange die Götter es dulden. Und glaube mir. Besonders bei Drragon dulden sie es scheinbar ewiglich."
„Er ist ein Monster, ebenso wie du!", flüsterte Mera nun tränenerstickt.
Der junge Berserker überraschte sie indes, indem er sie nicht für ihre Anmaßenden Worte schlug und nickte lediglich hart und grausam lächelnd. „Ja, das sind wir wohl!", stimmte er ihr vorbehaltlos zu. „Und du tust vielleicht gut daran diesen Umstand niemals in Zweifel zu ziehen.", fügte er noch sanft wispernd hinzu, dann war er auch schon wieder kalt, das Lächeln erlosch so schnell wie es gekommen war.
Er wandte sich von ihr ab und marschierte davon. „Gleich kommt er wieder zu dir, Merraah.", warnte er sie noch laut und gleichgültig klingend. „Also zieh dich an, sonst wird er dich auch gerne nackt durch die Gegend schleppen, nur um allen zu zeigen, dass er dich nun endlich fand, die er nun schon seit so vielen Tagen suchte.
Und sein Zeichen auf deiner Haut beweist es nur. Es ist keine Schändung, sondern das Gegenteil davon. Kein anderer Krieger des Drragon wird dich jetzt noch anrühren, nur ich habe einzig das Recht dazu..."
Er schaute stählern über die Schulter auf sie zurück „... und die Pflicht.", fügte er noch ausdruckslos hinzu. Damit verschwand er zwischen den Bäumen.
Oh Götter!
Mera erschauerte nur wieder voller Angst und Seelenpein. Sie fühlte sich ganz elend und hilflos. Die Schnitte an ihrer Schulter schmerzten und bluteten auch noch, doch sie fühlte sich nun viel zu niedergeschlagen, um sich gerade jetzt darum zu scheren. Erschöpft zwängte sie sich irgendwie in das lange Hemd hinein fand den Weg hindurch ohne dabei groß ihre Finger zu benutzen und schlüpfte dann als letztes erst in die Ärmel hinein. Allerding ging das nur so herum hineinzuschlüpfen. Das erkannte sie sofort. Sie würde sich da sicher nicht wieder herauswinden können, seufzte sie innerlich und ließ das Hemd einfach an sich herunter fallen. Es war zu groß und zu weit, aber das ließ sich gerade nicht ändern. Zumindest aber war es warm und trocken, im Gegensatz zu ihr.
An der Schulter tränkte sich der Stoff sogleich mit ihrem Blut, doch das viel Mera nun gar nicht mehr so auf. Denn sie spürte bereits das dumpfe Poltern unter ihren Füßen. Der Boden bebte fürchterlich, als der Drache nun auch noch direkt neben ihr am Flussufer anhielt.
Mera gelang es nur mit Mühe ihr Gleichgewicht zu halten. Ohne zu dem Monster aufzuschauen hob sie sich mit den Armen noch schnell ihr verdrehtes Plaidtuch über die Schulter.
Zum Schluss entwirrte sie noch mühevoll ihr nasses Haar und brachte es trotz ihrer wenig nützlichen Finger dazu wieder aus dem Kragen heraus zu kommen. Es war immer noch stark verfilzt. Sie hatte keinen Kamm und selbst wenn sie einen solchen gehabt hätte, hätte sie keine Möglichkeit gehabt sich auch das Haare zu glätten, denn auch dafür hätte sie nun mal eine heile Hand und alle Finger daran gebrauchen müssen.
Tatsächlich war sie derzeit vollkommen auf Hilfe angewiesen. Die des Berserkers, um genau zu sein, doch den fürchtete sie inzwischen nun doch, wie nichts anderes auf der Welt, nachdem er sie fast totgeschlagen hatte.
„Kann ich bitte alleine gehen?", fragte sie den Drachen schließlich leise, als er wieder näher heran pirschte und leise grollte. „Bitte,... ich bekomme sonst keine Luft und ihr brecht mir fast die Knochen ...", bat Mera ihn noch einmal ausdruckslos und senkte den Kopf dann so tief wie sie nur konnte nach unten.
Der Drache knurrte düster, schnaubte und stieß sie dann aber doch kurz heftig mit der Klaue an.
Mera beeilte sich also sich aufzurappeln und in die Richtung zu gehen, die er ihr wies. Mit einem einzigen kleinen Schritt überwand er eine Fläche von mindestens vier Pferdelängen. Sie musste schon rennen, um da einigermaßen mit zu halten konnte es jedoch nicht.
Und der Drache war nun mal höchst ungeduldig. Schließlich schnappte er sie sich einfach wieder, diesmal mit dem Maul am Kragen, biss in ihr Hemd und ihr Plaid rein und schleppte sie, die heftig zappelte weil sie der Stoff am Kragen würgte, nun wieder eilig zurück in die Höhle.
Mera glaubte schon ersticken zu müssen. Doch bevor sie noch die Besinnung verlor ließ der Drache sie schon wieder los und Mera purzelte auf das Felllager, keuchte und hustete und würgte, erstickt.
Der Drache aber schnaubte erneut erregt, seine Augen blitzten unheilvoll auf und dann... kratzte er sie wiederrum mit der Klaue auf , umfasste sie komplett und schleppte sie mit sich zu seinem Lagerplatz, wo er sich dann auch sogleich einrollte... Aber sie immer noch in seiner Klaue behielt.
„Nein... Nein, Bitte!", rief Mera entsetzt und fürchtete gleich ohnmächtig werden zu müssen. „Lasst mich gehen, Ich bitte euch. Ich kriege keine... keine Luft, bitte!", brüllte sie schließlich atemlos und rang erneut nach Atem.
Der Drache öffnete daraufhin leise grollend seine Klaue und Mera richtete sich mühevoll auf, wobei sie die Ellenbogen benutzte, um sich hochzustemmen. „Bitte... bitte, nicht, Dragon...", flehte sie immer weiter und versuchte dann rasch von dem Ungetüm herab zu klettern, doch das ließ er nicht zu. Er schnappte sie sich nur erneut und schob sie zurück auf den Platz auf seiner Klaue, und hielt sie dort dann auch in Schach, bis Mera die nur noch halbherzigen Versuche aufgab, wieder von ihm runterklettern und flüchten zu wollen und sich einfach nur zitternd nieder kauerte.
„Was wollt ihr denn nur von mir?", schniefte sie schließlich leise zitternd auf. „Ich... ich... bitte euch... lasst mich gehen, mir ist unwohl...",
Daraufhin fegte er sie mit einer Klaue ärgerlich schnaubend um. Mera schlug hart auf dem Rücken auf, mitten auf seiner Klaueninnenfläche. Schon schloss er seine Krallen wie gewaltige, abgespreizte Gitterstäbe um sie herum. Mera musste hastig die Füße einziehen um nicht zerschnitten zu werden „Nein... bitte nein...!", schrie sie furchtsam auf, als die zweite Klaue sich nun von oben über die erste stülpte. Ein zweites Gitternetz auf der anderen Seite. Mera schluchzte entsetzt auf und erschauerte vor Angst. Wieder und wieder. Doch der Drache hielt sie in seinen Käfigklauen gefangen und grummelte nun anscheinend zufrieden.
Mera dagegen fühlte seine körpereigene Hitze unter ihren Beinen, sogar auch noch durch das dicke Hemd hindurch. Drachen waren also mehr als nur warmblütig, dort wo sie keine Hornplatten hatten.
Welch ein Gedanke durch alle Ängste hindurch. Und doch – Mera legte sich schließlich ganz flach auf den Rücken, vorsichtig und starr vor Angst gleich lebendig zerquetscht zu werden und starrte zu der gigantischen Klauenfläche hinauf, die sie umgrenzte – der Drache tat ihr diesmal nicht besonders weh. Sondern ging nur äußert ruppig mit ihr um. Doch schien er nun sehr darauf bedacht sie nicht erneut so schwer zu verletzen oder ihre Knochen zu zerbrechen.
Mera fröstelte es jedoch immer noch sehr. Die Luft heute war genauso kalt wie das Wasser im Bach. Das Hochland war ein harter Ort und wenn die Menschen kein Feuer hatten um sich daran zu wärmen, erkrankten sie oft genug und starben sogar.
Das Schnee-Fieber zu bekommen war nur eine der Möglichkeiten davon.
Mera seufzte resignierend auf.
Die Klaue öffnete sich abrupt. Der Drache sah sie fragend an... Oder zumindest bildete Mera sich das so ein.
„Irgendwann seid ihr des Spielens mit mir unwichtigem Wesen überdrüssig. Denn Ich kann nicht mithalten. Ich bin bereits schwer verletzt, weil sterblich und zu verletzlich. Meine Ahnen haben mich schon mehr als nur einmal gerufen. Ich werde ihnen bald schon gerne nachfolgen, denn das Leben hier ist nur noch eine einzige Qual, und es wird nicht besser. Ich habe schließlich gesehen was ihr all den Menschen angetan habt", sagte sie flüsterleise zu ihm und ihre Lippen erbebten.
„Ihr habt unzählige Frauen entführt und versklavt. Sie hier dann anhand ihrer Tuchfarben erneut zusammentreiben lassen, um sie anschließend einfach zu verbrennen, wo ist da der Sinn, - Monster?", fragte sie ihn eiskalt fühlend.
„Aber es war dennoch ein viel gnädigerer Akt und gleichsam deren Erlösung.
Eine der Frauen ... nahm sich mein Plaid, weil ich noch immer dem Tod geweiht und schwach, wie auch gebrochen am Boden lag.
Die Wächter hielten nach dieser Farbe Ausschau und nahmen sie mit sich. Sie war eine der ersten die in eurem Feuer verbrannten. Ich habe mir so sehr gewünscht ich wäre an ihrer Stelle.", murmelte sie wieder zittrig.
Der Drache grummelte leise. Knurrte...
Mera wandte den Kopf gebrochen zur Seite.
„Ein Menschenleben ist einem gewaltigen Drachen ohnehin nichts wert. Das meine war es sogar noch nie. Ich bin kein stolzer Sohn und mein Vater verfluchte mich am Tag da ich das Licht der Welt erblickte, raubte ich ihm mit meiner Geburt das Weib das ihm zuvor noch zwei ganz prachtvolle Söhne geboren hatte und sicherlich noch weitere hätte gebären können, wäre ich nicht gewesen.
Ich kam zur Geisterstunde auf die Welt und meine Arme Mutter hauchte ihr Leben im selben Atemzug aus, in dem ich meines begann.
Ich fürchte den Tod nicht, denn sie erwartet mich dort. Ich sah sie schon... während das Fieber in mir brannte. Ich habe sie nie zuvor gesehen, doch da sah ich sie.
Sie war wunderschön. Viel schöner als ich es bin. Sie war eine würdige und stolze Fann, ich aber mache dem Namen jetzt nur noch Schande.", flüsterte Mera noch zutiefst erschöpft und schloss sich auf die Seite rollend und die Knie dicht an den Leib ziehend ihre Augen, um sich so dann endlich einmal stumm schluchzend auszuweinen.
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Denkt ihr das auch?
Macht sie sich selbst Schande?
Habt eine schöne Woche
LG
Bea
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