19🐉
» Jungkook «
Wie der kaiserliche Abgesandte angekündigt hatte, traf eine Kutsche genau fünf Tage später bei uns im Palast des Kronprinzen ein.
„Uns gehen langsam die Hanboks aus", beschwerte sich Beomgyu, als er Soobin dabei beobachtete, wie dieser mich anzog, während er selbst mit meinen Haaren beschäftigt war.
Ich hob fragend die Brauen und sah auf mein Gewand, das in einem sanften, hellen Lilaton getaucht war, der durch das dünne, helle Außengewand hervorblitzte, was dem Ganzen ein weiches Erscheinungsbild verlieh. „Was...meinst du?"
„Hyung, das ist der letzte, den du noch nicht angezogen hast. Alle anderen hast du schon mindestens einmal, wenn nicht zweimal, getragen."
Sogar Soobin nickte bei der Anmerkung des Braunhaarigen.
„Nun, das stimmt wohl, aber außer den Leuten innerhalb dieser Mauern, hat mich noch keiner in diesen Gewändern gesehen", erwiderte ich schulterzuckend.
Die beiden Jüngeren guckten mich schweigend an, ehe sie sich einander zuwandten. „Wir sollten Yunjin Noona fragen-"
„Mich was fragen?"
Wir zuckten gleichzeitig zusammen, als eine weitere Stimme vom Eingang des Schlafgemachs ertönte. Als wir herüberschauten, erblickten wir Yunjin, die soeben eingetreten sein musste. Nachdem sie Soobin und Beomgyu einen undefinierbaren Blick zuwarf, verbeugte sie sich vor mir.
„Gemahl Jeon, ich soll Euch weitergeben, dass die Kutsche in Kürze eintreffen wird", verkündete sie.
Meine Mundwinkel zuckten zu einem Lächeln. „Danke, ich werde Seine Hoheit holen."
Sie nickte kaum bemerkbar und wollte sich bereits abwenden, um zu gehen, wurde jedoch von Beomgyu aufgehalten. Er hatte sich ihr mit großen Augen in den Weg gestellt, als wäre sie diejenige gewesen, die plötzlich ihm den Weg versperrte.
„Yunjin Noona! Soobin und ich wollten dich fragen, ob wir beide neue Kleidung bekommen könnten. Unsere alten Uniformen sind etwas abgenutzt und eignen sich nicht für den kaiserlichen Palast", kam es schließlich aus ihm herausgesprudelt.
Verwundert glitten meine Augen auf die Gewänder der beiden herunter. Tatsächlich war der Stoff etwas ausgewaschen und Fussel sammelten sich auf der Oberfläche an. Das hätte mir früher auffallen sollen. Nicht hatte ich nur meine eigene bescheidene Garderobe ignoriert, sondern zudem nicht bemerkt, wie es um die Kleidung meiner Freunde, stand.
„Für den kaiserlichen Palast?" Yunjin hob überrascht eine Augenbraue in die Höhe. „Wer hat euch gestattet, mitzugehen?"
Die Jüngeren warfen sich überraschte Blicke zu. „Wir dachten, dass, weil wir-"
„Ich wollte sie dabeihaben. Sie haben diese Mauern lange nicht mehr verlassen und immerhin sind sie meine persönlichen Diener, nicht?", griff ich ein.
Yunjin wirkte zögerlich. „Aber Gemahl Jeon, ich bin nicht sicher, ob das erlaubt-"
Ich hob die Hand und unterbrach sie: „Ich übernehme die Verantwortung. Du musst dir keine Sorgen machen."
Sie nickte gehorsam. „Verstanden, Gemahl Jeon. Was die neue Kleidung betrifft... In so kurzer Zeit zwei neue Gewänder für die beiden aufzutreiben, wird schwierig. Keiner der anderen Bediensteten haben ihre Maße."
Ich folgte ihrem Blick, der, während sie gesprochen hatte, zu den beiden gewandert war.
Sie waren durchschnittlich größer als die anderen männlichen Bediensteten. Das war durchaus ein Problem. Soweit wir dieses Geburtstagsbankett hinter uns hatten, musste ich auf jeden Fall dafür sorgen, dass sie eine große Anzahl an passenden Gewändern hatten. In der Zwischenzeit...
„Verstehe." Damit lief ich zu meinem Kleiderschrank herüber und holte zwei Gewänder heraus, die mir etwas zu groß waren. Anschließend lief ich zurück den drei und hielt jeweils das hellblaue Soobin und das hellgrüne Gewand Beomgyu hin.
Yunjin zog entsetzt die Luft ein. „Gemahl Jeon...! Ihr könnt doch nicht Eure Gewänder Euren Dienern zum Anziehen geben...!"
Die beiden waren gleichermaßen geschockt und starrten mit großen Augen abwechselnd zwischen meinem Gesicht und den Gewändern in meinen Armen hin und her.
Ich ignorierte Yunjin und lächelte den beiden Jüngeren zuversichtlich zu. „Es tut mir leid, dass ich euch nur meine bereits getragenen Hanboks anbieten kann."
Sie sahen mich weiterhin an, dann sich gegenseitig, bevor sie über beide Ohren strahlten.
„Danke, Hyu- Gemahl Jeon!", riefen sie gleichzeitig erfreut.
Bevor Yunjin etwas sagen konnte, rannten sie an ihr vorbei aus dem Pavillon, um sich vermutlich schnell umzuziehen.
Sie blieb fassungslos zurück und guckte mich mit einer gewissen Hilfslosigkeit an.
Ich schenkte ihr ein tröstliches Lächeln und ging an ihr vorbei, während ich sagte: „Ich schaue nach Seiner Hoheit."
~
„Taehyung?", rief ich heiter durch seine Gemächer, als ich mir selbst erlaubte, einzudringen.
Ich verschränkte meine Arme hinter meinem Rücken und suchte in sprunghaften Schritten nach dem Kronprinzen. Als ich ihn schließlich in seinem Schlafbereich entdeckte, wie er vor dem Standspiegel stand, blieb ich stehen.
Taehyung war nicht angezogen. Zumindest nicht vollständig. Und bereit für ein öffentliches Event schon gar nicht.
Er war oberkörperfrei, lediglich in einer leichten, langen Hose gekleidet. Seine kurzen Haare schmiegten sich hinten an seinen schmalen Hals und offenbarten aufgrund ihrer Kürze die Anspannung seiner Rückenmuskulatur.
„Taehyung." Ich näherte mich ihm und schaute ihm über die Schulter in den Spiegel.
Sein Augenmerk war auf seinen Fingern fokussiert, die die schwarzen Linien des Drachenmals auf seinem Gesicht nachfuhren. Seine Augen sahen abwesend aus.
Wie, als wäre ich in diesen Bann gezogen worden, in dem er gefangen zu sein schien, hob ich meine Hand und näherte mich von links um seinen Körper herum ebenfalls dem Mal. Doch bevor ich seine Haut unter meinen Fingerkuppen zu spüren bekam, umschloss seine Hand mein Handgelenk und hielt mich fest.
Ich erwachte aus meiner Starre. Meine geweiteten Augen trafen auf die gefasste Miene seines Spiegelbilds.
Taehyung drehte sich zu mir herum, ohne von mir abzulassen.
Die Stelle, die er berührte, kribbelte, brannte, stand in Flammen.
Er sah mich mit diesem intensiven Ausdruck an, der mir ein Gefühl von Hitze und Kälte zur selben Zeit bescherte. Es war ein aufregendes Gefühl.
„Jungkook." Seine raue Stimme erfüllte meinen Verstand.
„Die Kutsche. I-Ich meine, die Kutsche, die der Kaiser...dein Vater, uns schickt, wird bald eintreffen", stolperte ich über meine eigenen Worte.
Sein Gesicht verfinsterte sich. „Mein Vater."
„Taehyung? Ich weiß, dass du nicht gehen möchtest, aber wir haben nicht wirklich eine Wahl..."
„Ich weiß." Ich dachte, dass er mir sagen würde, dass er sich vielleicht heftiger zu Wehr setzen würde, aber mehr als diese zwei Worte kamen nicht aus ihm heraus.
„Es wird alles gut", versicherte ich ihm. „Ich beschütze dich!"
Bei meinen Worten entwich ihm ein Laut, der einem Lachen nahekam.
Ich runzelte beleidigt die Stirn und reckte mein Kinn provokant nach vorne. „Was? Denkst du, ich würde das nicht können?"
Er schüttelte schmunzelnd den Kopf und erwiderte: „Nein, nein. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass du das kannst. Es ist nur lustig, dass jeder andere sich vor mir fürchtet, während du mir versprichst, mich zu beschützen."
„Ich bin eben anders."
„Richtig. Du bist nicht jeder andere. Du bist Jungkook."
Gänsehaut breitete sich unter meinem Gewand aus, als mein Name mit einer derartigen Kraft über seine Lippen kam.
Ich räusperte mich, eine leichte Röte lag auf meinen Wangen und meiner Nasenspitze. „Jedenfalls sind wir verheiratet und du bist heute nicht allein. Was auch immer passieren wird, ich bin an deiner Seite."
Seine Mundwinkel hoben sich. „Wärst du dann auch so freundlich, mir beim Ankleiden zu helfen?"
„Natürlich, Eure Hoheit", erwiderte ich mit einem Schmunzeln.
~
Es war das erste Mal seit über einem Jahrzehnt, dass Taehyung offiziell seinen Palast verlassen durfte. Dementsprechend versammelte sich vermutlich die ganze Stadt auf den Straßen, um Zeuge zu werden, wie der Kronprinz und sein Gemahl in einer Kutsche, begleitet von nahezu einer ganzen Armee, die bis auf die Knochen bewaffnet war, zum Palast des Kaisers gebracht wurden. Die Antwort auf die Frage, ob sie für unsere Sicherheit oder für die aller anderen Menschen anwesend waren, blieb in der Luft hängen.
Nachdem die Unruhe des Volkes mit jedem Meter, dem wir uns dem Palast näherten, wuchs, kam die Kutsche zum Stehen. Zu Taehyungs Seite wurde der rote Vorhang zur Seite gezogen und eine Wache zeigte ungeduldig hinaus.
„Wir sind da", kam es knapp und ohne jeglichen Respekt aus seinem Mund.
Taehyung spannte sich merklich an, ein tiefes Knurren kam aus seiner Kehle, das den Mann an seine Position erinnerte.
„V-Verzeiht mir...!", murmelte er hastig und verneigte sich zitternd.
Ich legte meine Hand auf die Taehyungs und drückte sie ein wenig. Er verstand sofort, trat aus der Kutsche heraus, warf dem schlotternden Mann noch einen letzten abfälligen Blick zu und lief an ihm vorbei.
Dieser wagte es aufzuschauen, als ich ebenfalls die Kutsche verließ.
Ich lächelte ihm zu, woraufhin er verwundert aufatmete und sich automatisch ebenso zu einem Lächeln ringen wollte. Bevor seine Mundwinkel jedoch in die Höhe schossen, sagte ich mit einer verschleierten Drohung: „Ihr solltet besser aufpassen."
Augenblicklich versteifte er sich wieder.
Mein Lächeln blieb, als ich an ihm vorbeilief und an Taehyungs Seite kam.
Er betrachtete mich mit erhobener Braue. Der kurze Zwischenfall war ihm natürlich nicht entgangen. „Du hast ihm mehr Angst gemacht als ich."
Ich lachte.
Anschließend drehte ich meinen Kopf in alle Richtungen.
Wir waren im Inneren des Palastes angekommen. Also eigentlich nur innerhalb der sogar noch mächtigeren Mauern des kaiserlichen Palastes, die den gesamten Hof der Kaiserfamilie umgaben. Ich bezweifelte, dass man das komplette Gelände innerhalb eines Tages durchlaufen konnte. Es war wie eine eigene Stadt umgeben von einer weiteren.
Vor uns erstreckte sich ein riesiger, leerer Platz. Lediglich ein langer, roter Teppich führte bis hin zu den dutzenden Treppenstufen, die hinauf auf das große, vergoldete Gebäude führten. Zu beiden Seiten der breiten Treppe waren etliche Wachen positioniert. Sie alle hielten jeweils einen langen Sperr und ein Schwert hing an ihren Seiten.
Wie erwartet war der Palast des Kaisers streng bewacht.
Andere Gäste, die vor uns eingetroffen waren, waren entweder bereits die Treppen hinaufgestiegen oder verschwanden in diesem Moment in dem Inneren des Pavillons an der Spitze. Sie alle trugen teure Gewänder in strahlenden Farben. Jeder wollte sich von seiner besten Seite zeigen, wenn er vor dem Kaiser trat.
Wenn Taehyung bei dem Anblick seines ehemaligen Zuhauses ein Gefühl von Nostalgie beschlich, zeigte er es jedenfalls nicht.
„Taehyung?"
Er wandte seinen Kopf zu mir. Sein Gesicht war starr und seine Miene verriet nicht, was er dachte, als hätte er alles um ihn herum ausgeschottet.
Für einen Moment befürchtete ich, dass er mich mental ebenfalls ausgeschlossen hatte, aber dann winkelte er seinen linken Arm und hielt ihn mir hin. Ich starrte ihn mit großen Augen überrascht an, bis ich verstand, dass er wollte, dass ich mich bei ihm einhakte, wie die anderen weiblichen Begleiter es bei ihren Partnern taten.
Wärme schoss mir in meine Wangen. Dennoch verschränkte ich meinen Arm in seinen und so liefen wir mit sicheren Schritten den roten Teppich entlang zu den Treppenstufen.
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Ich schreibe bald meine Klausuren, daher kommt nächste Woche kein Kapitel, aber dann wieder übernächste Woche, also etwa am 28. Februar. Danach wieder eine Weile keins und dann am 21. März wieder. Und dann habe ich auch endlich mal wieder Semesterferien haha
Mei~
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