Kapitel 15.
Leblos, wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte, lag Bakúm mit verengten Glieder am Boden der Höhle.
Eine Weile betrachtete Rie die Sache von oben, dann ließ sie sich fallen und landete sacht neben dem was einst Bakúm war.
Die anderen drei, sahen von dem leblosen Körper zu ihr und wussten nicht was sie tun sollten.
Lúcca senkte den Blick und spannte die Muskeln an. „Jetzt wird es gefährlich!" sagte er warnend zu Koga und Tsuki.
Die beiden sahen ihn irritiert an, doch er nickte nur mit dem Kopf in Rie's Richtung.
Diese starrte sie mit ihren ausdruckslosen schwarzen Augen an und fixierte sie damit als nächstes Ziel.
Sie stand nicht weit von ihnen entfernt und fing plötzlich an zu lächelte.
„Rie-chan..." sagte Tsuki und wollte auf sie zu gehen, als Koga sie gerade noch rechtzeitig zurückzog. Denn genau dort wo sie eben noch gestanden hatte, zerschnitt eine Windsichel, so scharf wie eine Rasierklinge, das Gestein und hinterließ eine tiefe Kerbe.
Ein kurzer Schmerz durchzuckte Rie's Kopf und ließ sie stocken.
Lúcca sah besorgt zu seiner Schwester. „Alles in Ordnung?" fragte er.
Sie nickte. „Ja, alles gut. Dank Koga." antwortete sie ihm und lächelte Koga dankbar an, auch Lúcca dankte ihm nickend und wandte sich wieder Rie zu.
Er betrachtete sie genauer und stutzte, etwas hatte sich geändert, denn dieses eiskalte Lächeln war verschwunden.
Ein vages Gefühl der Trauer und des Bedauerns breitete sich langsam in Rie aus und ließ die Barriere, die ihr Bewusstsein vom Rest trennte bröckeln.
Vorsichtig machte Lúcca einen Schritt auf sie zu. „Rie..." sagte er sanft und hob beschwichtigend die Hände.
Wieder durchzuckte sie dieser Schmerz, wie Nadelstiche und ganz leise meldete sich eine Stimme in ihr.
„Rie..." hörte sie ihn wieder ihren Namen sagen.
Der Schmerz wuchs mit jedem seiner Worte an, sodass sie blinzeln musste.
Dazu kam, dass ihre innere Stimme immer lauter wurde. 'Es soll aufhören!' rief sie flehend.
„Rie..." Sie legte die Hände seitlich an den Kopf und kniff die Augen zusammen.
„Sie reagiert auf deine Stimme! Mach weiter!" forderte Koga ihn auf.
„Rie..." flüsterte Lúcca sanft und ging langsam auf sie zu.
Der Schmerz wurde allmählich unerträglich und als sie dachte ihr Schädel würde bersten, brach die Barriere endgültig in sich zusammen, nur ein hauchdünner Schleier vernebelte noch ihr Bewusstsein und weigerte sich hartnäckig sie frei zu geben.
Angst und Verwirrung kamen in ihr auf. 'Was tue ich hier?' fragte sie sich und schüttelte verzweifelt den Kopf.
Lúcca ging immer weiter auf sie zu und versuchte dabei nicht von den herabfallenden Steinen erschlagen zu werden. „Rie, beruhig dich. Alles wird gut. Ich bin hier." redete er weiter sanft auf sie ein.
Da handelte ihr Körper wieder von selbst, ein scharfer Windstoß schoss auf ihn zu, verfehlte ihn jedoch zum Glück.
Tsuki keuchte auf. „Lúcca!" rief sie und wollte zu ihm, doch Koga hielt sie fest.
Lúcca blickte zurück. „Bleibt wo ihr seit!" sagte er scharf und wandte sich wieder Rie zu, die immer noch mit sich kämpfte.
'Nein! Lúcca! Bleib weg! Verschwinde!' schrie sie in Gedanken, doch kein Wort kam über ihre Lippen.
Jedes mal, wenn er näher kam, flog ihm einer dieser tödlichen Windschnitte entgegen.
Glücklicherweise, waren sie nicht gut gezielt, so konnte er leicht ausweichen.
Behutsam redete er immer weiter auf sie ein. „Rie, lass uns nach Hause gehen."
Der Klang seiner Stimme halte in ihrem Kopf wider und bereitete ihr heftige Kopfschmerzen.
Sie presste die Hände stärker gegen den Kopf und biss sich auf die Lippen, bis sie bluteten.
„Rie..."
Noch ein Schritt näher, wieder ein Windschnitt, er war noch zwei Meter entfernt.
„Lúc..ca.." flüsterte sie plötzlich ganz leise.
Er stutzte.
„Lúcca...bleib...weg...von...mir..." Mit großer Mühe kämpfte sie gegen den Schleier an, der ihr Bewusstsein immer noch vom Rest trennte.
„Bleib...weg..." Mehr brachte sie nicht zu Stande.
Lúcca war stehen geblieben und sah sie an. „Spinnst du jetzt komplett! Ich lass dich hier bestimmt nicht allein!" rief er ihr energisch entgegen.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht schüttelte sie den Kopf. „Geh...weg..." versuchte sie es noch einmal.
Er hatte sie fast erreicht und streckte schon den Arm aus, um sie zu berühren.
Da schoss ein heftiger Schmerz durch sie hindurch, als würden sie tausend Nadeln gleichzeitig aufspießen und in verschieden Richtung ziehen.
Ein gellender Schrei steig ihre Kehle empor und plötzlich stand ihr ganzer Körper in Flammen.
Lichterloh brennend stand sie da, spürte jedoch nichts davon.
Lúcca schien es allerdings zu spüren, obwohl ihm Feuer eigentlich nichts hätte anhaben dürfte. Überrascht zog er seine Hand zurück und sah sie irritiert an.
Fassungslos starrte Rie auf ihre brennenden Hände. „Was passiert hier?" Sie war der Panik nah und löste damit wieder ein Stück des Schleier's auf.
Warm lächelnd, strecke Lúcca ihr seine Hand entgegen. „Rie, komm her." sagte er.
Mit Schrecken geweiteten Augen starrte sie ihn an. „Nein! Verschwinde! Fass mich nicht an! Du wirst verbrennen!" schrie sie und wich vor ihm zurück.
In einer schnellen Bewegung, packte er sie am Oberarm, zog sie zu sich und umarmte sie ganz fest, ohne eine Chance auf Flucht.
Er sog scharf die Luft ein, als die Flammen ihn berührten.
Vergeblich versuchte sie sich aus der Umarmung zu lösen. „Lúcca lass mich los! Bitte! Ich will dich nicht verletzen! Lass mich gehen!" bettelte sie verzweifelt.
Doch er schüttelte den Kopf. „Ich werde dich niemals gehen lassen. Wir gehören für immer zusammen, hast du das vergessen? Ich habe geschworen immer an deiner Seite zu sein und dich zu beschützen. Außerdem machen mir Flammen nichts aus, das weißt du doch. Und jetzt lass uns gehen." sagte er und beim Klang seiner samtweichen Stimme merkte sie, wie sie sich immer mehr beruhigte.
Langsam erloschen die Flammen und auch die Flügel lösten sich wieder in schwarzen Nebel auf, der daraufhin einfach verschwand.
Sie lösten sich von einander und schauten sich in die Augen.
Lúcca grinste sie frech an. „Na also, da sind deine grünen Glotzer ja wieder." sagte er.
Ein paar Tränen kullerten ihre Wange hinunter, als sich ein Lächeln auf ihre Züge schlich. „Danke, du Blödmann."
„Ich will eure traue Zweisamkeit ja nur ungern unterbrechen, aber wir sollten langsam mal zusehen, dass wir hier raus kommen, sonst sind wir bald alle platt!" meldete sich Koga unvermittelt zu Wort, der nun neben ihnen stand.
Doch er wurde gleich darauf gekonnt von einer völlig aufgelösten Tsuki zur Seite getakelt, als diese an ihm vorbei, auf Rie zu rannte und sie stürmisch umarmte. „Rie-chan! Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Mach so was nie wieder, verstanden?" rief sie und Rie merkte wie sie weinte.
Behutsam strich sie ihr über den Rücken. „Es tut mir leid, Tsuki." flüstere sie sanft.
Koga hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt. „Hallo?! Hört ihr mir eigentlich zu?" beschwerte er sich.
Lúcca nickte. „Koga hat Recht. Wir sollte zu sehen, dass wir Land gewinnen." meinte er.
„Na also, wenigsten ein Vernünftiger hier! Los jetzt, Abflug!" sagte Koga und zeigte in Richtung Höhlenausgang.
Tsuki schüttelte den Kopf, Lúcca und Rie grinsten, dann rannten sie los.
Der Steinhagel um sie herum wurde immer heftiger, lange würde die Decke nicht mehr halten.
Sie hatten den Eingang zum Tunnel schon fast erreicht, da fiel Rie plötzlich etwas ein.
Abrupt blieb sie stehen, drehte sich um und lief zurück zu der Vitrine mit den Drachenherzen.
Als sie sie erreicht hatte, schlug sie mit einem Stein die Scheibe ein. „Ich hol euch hier raus." sagte sie, nahm die drei Kristalle heraus und drückte sie fest an sich.
Lúcca hatte derweil bemerkt, dass jemand fehlte. Er stand am Tunneleingang und brüllte, während sie auf ihn zu lief. „Was machst denn, du Wahnsinnige!"
Keuchend wich sie einigen Steinen aus. „Ich kann sie nicht hier lassen!" rief sie zurück.
In diesem Moment fiel die Decke komplett in sich zusammen und stürzte herab.
Im Laufen schaute Rie nach oben und sah einen riesigen Felsbrocken auf sich zu kommen.
„RIEEE!" brüllte Lúcca, er wollte los laufen, doch Koga hielt ihn zurück, weil er sonst selbst erschlagen worden wäre.
Verzweifelt streckte er die Hand nach ihr aus, doch es war zu spät, die Felsen verschlossen den Eingang und schnitten ihr den Weg ab.
Sie sah die Steine auf sich zufallen, doch ihre Magie war verbraucht...
...und dann wurde es Nacht um sie herum.
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