Kapitel 11.
Der Gang, in den sie blickten war grob aus dem Fels hauen worden und je weiter er reichte, desto dunkler wurde er.
Feuchte Kälte und ein leichter Modergeruch wehte ihnen entgegen.
Als hätten sie mit dem öffnen des Tores ein schlafendes Tier geweckt, erklang aus den Tiefen der Finsternis ein leises raues Seufzen, das ein Gefühl von Verzweiflung mit sich trug.
Ein kalter Schauer lief Rie den Rücken runter und mit einem kurzen Blick zur Seite, erkannte sie, dass es nicht nur ihr so ging.
Auch Tsuki und Koga standen da und blickten nervös in diese Dunkelheit, die anscheinend nicht nur sie an eine Gruft erinnert.
Diese Erkenntnis und die kriechende Kälte um sie herum, hatten eine beängstigend lähmende Wirkung und es fühlte sich an, als wäre jede Hoffnung vergebens.
„Da könnte man fast glauben, dass gleich ein Zombie um die nächste Ecke getorkelt kommt." sagte Koga urplötzlich und wischte mit dieser eigentlich blöden Bemerkung, alle beklemmenden Gefühle fort, weil die beiden Frauen ihn einfach nur irritiert ansahen.
Tsuki zog eine Augenbraue hoch. „Woher willst du wissen, dass Zombies torkeln? Bist du schon mal einem begegnet?" fragte sie neugierig.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich hab mir das immer so vorgestellt und in den Horrorfilmen laufen die doch auch immer so komisch." sagte er und gab eine beeindruckende Vorstellung seiner Torkelkünste zum Besten.
Rie fing an zu grinsen.
Egal, wie schwierig oder beängstigend die Situationen auch sein mochten, ihre Geschwister schafften es immer sie irgendwie zu entspannen und wenn sie sie dabei ins lächerliche ziehen konnten, machte es ihnen besonderen Spaß.
Und dafür liebte sie sie.
Nun schüttelt sie den Kopf und lächelte dabei. „Wenn wir nur hier rum stehen, werden wir nie erfahren ob es da Zombies gibt oder nicht." sagte sie und sah die beiden an.
Sie grinsten zurück.
Die lähmende Kälte war verschwunden und neuer Mut durchströmte Rie, da sie wusste, dass sie nicht allein war.
„Na dann hopp hopp. Lassen wir Lúcca und vielleicht auch den einen oder anderen Zombie nicht länger warten." rief Koga und sie wandten sich wieder dem dunklen Gang zu, der nun schon nicht mehr ganz so dunkel war.
Denn mittlerweile hatten einige phosphoreszierende Kristalle an der Wand angefangen zu leuchten und den Gang nun in ein diffus grünes Licht tauchten.
Sobald sie allerdings einen Schritt über die Schwelle traten, spürten sie auch schon, wie ihr Magie durch irgendwas blockiert wurde.
„Hm, das ist mal was Neues." sagte Rie und versuchte vergeblich in ihrer Hand eine Flamme zu entzünden.
„Nicht schlecht. Die Magie des Gegners zu blockieren, ist clever." meinte Tsuki und nickte anerkennend.
Koga verdrehte genervt die Augen. „Hast du ihn jetzt genug bewundert?" maulte er.
Sie stemmte die Hände in die Hüfte. „Ich sag ja nur, dass es gut mit gedacht ist. Außerdem wissen wir jetzt warum Rie-chan keine Verbindung zu Lúcca herstellen konnte." schimpfte sie.
„Dumm nur,..." sagte Rie lächelnd und ließ ihre Faust gegen die Handfläche prallen. „...dass wir nicht unbedingt auf unsere Magie angewiesen sind. Oder hat jemand von euch Angst im Dunkeln?" fragte sie und grinste Tsuki an.
Diese schaute sie mit hochgezogener Augenbraue an. „Meinst du mich?" fragte sie.
„Nein, natürlich nicht." kicherte sie und auch Koga schmunzelte, doch dann wurde er wieder ernst. „Können wir jetzt gehen, oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen? Schließlich sind wir genau hierfüraus gebildete worden." sagte er und ging einen Schritt weiter in den Gang hinein.
Er hatte Recht, jedes Kind ihres Klans, lernte als aller Erstes, wie man ohne Magie kämpft.
Kämpfen gehört zu ihrer Grundausbildung, der Shuraiya Klan war nicht umsonst ein Kriegerklan.
Zudem wurden Lúcca, Tsuki, Koga und Rie noch extra für Spezial-, Geheim- und Attentätermissionen ausgebildet.
Also, waren sie ganz in ihrem Element. Sie nickten sich noch einmal zu und liefen los.
Gebückt, gingen sie hinter einander, immer an der Wand entlang. Tsuki voraus, sie konnte am Besten im Dunkeln sehen, dann Rie und Koga als Letzter.
Nach einiger Zeit, blieb Tsuki stehen und deutete den anderen beiden es ihr gleich zu tun.
Vor ihnen zweigte der Gang in einen weiteren ab.
Tsuki gab ihnen durch Zeichen und Lippensprache zu verstehen, dass sie dort etwa drei Dutzend Gegner ausmachen konnte.
Koga trat vor und sprach ebenso lautlos wie Tsuki es getan hatte. „Ich werde sie ablenken, ihr beide geht weiter."
Ungläubig starrte Rie ihn an. „Nein! Bist du irre? Wir lassen keinen allein zurück!" protestierte sie, doch er tat nur beleidigt. „Du traust mir wohl überhaupt nichts zu, was? Außerdem..." er kam einen Schritt auf sie zu „...musst nur du weiterkommen. Ich kann euch etwas Freiraum verschaffen, wenn ich diese Kerle erledige. Also los, geht schon vor und holt diesen Vollidioten von Oberhaupt daraus!" sagte er und zwinkerte ihnen zu.
Gerade als Rie noch mal widersprechen wollte, legte Tsuki ihr eine Hand auf die Schulter, sie sah sie an doch diese schüttelte nur den Kopf.
Sie hasste es genauso sehr wie Rie jemanden zurück zu lassen müssen, doch hatten sie im Moment keine andere Wahl.
Natürlich wusste Rie genau wie stark Koga war, doch jedes Mal blieb dieses ungute Gefühl.
Da er eineinhalb Kopf größer war als sie, musste sie nach oben schauen, als sie sich vor ihn stellte. „OK, wir gehen vor, aber wehe dir du kommst nicht nach! Dann kannst du was erleben, ist das klar?" sagte sie streng und sah ihm fest in die Augen.
Er grinste sie breit an und salutierte. „Jawohl! Zu Befehl, Prinzesschen! Und jetzt zieht endlich Leine!" sagte er und scheuchte sie mit einer Handbewegung weiter.
Mit einem letzten Blick auf Koga, der selbstbewusst in den Seitengang lief, rannten Tsuki und Rie weiter durch die Dunkelheit.
Koga blickte noch einmal kurz zurück und versicherte sich, dass Tsuki und Rie auch wirklich ohne ihn weiter gegangen waren.
Rie hasste es, Kameraden zurück zu lassen und er befürchtete schon, dass sie ihm folgen würde, doch er sah gerade noch wie die Beiden hinter der nächsten Ecke verschwanden und atmete erleichtert auf.
Nun konnte er sich ganz auf seine Aufgabe konzentrieren.
Er zog seine Revolver aus den Halftern und ging weiter den Gang entlang.
Es dauerte nicht lange und er traf auf die Patrouilliere, die Tsuki vorher ausgemacht hatte.
Aus dem Schutz des Ganges heraus, visierte er die erste Reihe an und schoss.
Da es nicht zwingend nötig war sie zu töten, zielte er auf ihrer Beine, sodass schon bald ein halbes dutzend Männer am Boden langen und ihre Hände auf blutende Wunden drückten.
Das praktische daran ein Erddrache zu sein war, dass während er mit dem einen Revolver schoss, er die Trommel des anderen mit kleinen Steinen aus der Tunnelwand erneut auffüllen konnte.
So hatte er einen schier unendlichen Munitionsvorrat und er war sich sicher, dass die Sache hier schnell erledigt wäre, doch er freute sich zu früh.
Plötzlich schossen Steinwände aus dem Boden und schützten die Männer vor seinen Geschossen.
'Mist! Ba-chan hatte erwähnt, dass sich unter Bakúm's Soldaten noch der eine oder andere Magier verbergen könnte. Natürlich musste es ein Erdmagier sein!' dachte er Zähne knirschend.
Leise fluchend steckte er die Revolver zurück in die Halfter, mit ihnen würde er nun nicht mehr weiter kommen.
Also zog er die beiden Beile von seinem Rücken und ging über zu Plan B.
Tsuki und Rie kamen gut voran, doch als sie um eine Ecke bogen flogen ihnen plötzlich Kugeln um die Ohren und Tsuki schrie auf.
Schnell faste Rie sie am Arm und zog sie zurück in den Schutz des Ganges, aus dem sie gekommen waren.
Prüfend begutachtete Tsuki ihren blutenden Oberarm. „Alles OK, ist nur ein Streifschuss." sagte sie dann und schauten zusammen mit Rie noch einmal um die Ecke, als schon die nächsten Kugelsalve angeflogen kam.
„Es sind ungefähr zwei dutzend Männer. Was machen wir?" fragte Rie ihre Schwester.
Diese schaute sie kopfschüttelnd an. „Wir, machen gar nichts. Du rennst weiter und ich lenke sie ab. Und ich will jetzt nicht mit dir darüber diskutieren." sagte sie.
Doch Rie sah sie nur kritisch an. „Um die Diskussion wirst du wohl nicht herum kommen!" meinte sie energisch, doch sie hörte schon wie sich die Wachen langsam näherten.
Wütend funkelte sie Tsuki an. „Habt ihr heut alle euren selbstmörderischen Tag oder bekommt euch die Höhlen Luft nicht? Was ist an 'Wir lassen keinen allein zurück' so schwer zu verstehen!" fauchte sie, wusste jedoch das es vergebene Liebesmüh war.
Tsuki zog eine Augenbraue hoch. „Ach, Koga darf sich allein amüsieren, aber ich nicht, oder wie?" fragte sie skeptisch. „Gib mir mal deine Rauchbomben." meinte sie dann plötzlich unvermittelt.
Das brachte Rie kurz aus dem Konzept, verwundert sah sie Tsuki an, besann sich dann jedoch, holte suchend die zwei Bomben aus ihrer Tasche und gab sie ihr.
Tsuki fischte ihre ebenfalls aus ihrer Tasche, fing an zu grinsen, nahm die Bomben in die eine und ein paar Nadeln in die andere Hand.
Dann ging sie einige Schritte weiter in den Gang zurück, drehte sich wieder zu Rie um und ging leicht in die Hocke. „So, meine Kleine, jetzt kannst du was von deiner großen Schwester lernen." sagte sie und Rie verdrehte die Augen. „Sobald sie abgelenkt sind, läufst du los und kümmerst dich um unseren Bruder." befahl sie ihr und machte sich bereit.
Gerade als Rie noch etwas sagen wollte, lief Tsuki an ihr vorbei.
Kurz bevor sie die Ecke erreicht hatte, sprang sie hoch gegen die Seitenwand, stieß sich von ihr ab und schoss in hohem Bogen in den Gang, aus dem die Wachen anrückten.
Diese waren so perplex, dass sie gar nicht reagieren konnten.
Tsuki warf ihre Nadeln nach der ersten Reihe, von der auch gleich ein paar zu Boden gingen, dann folgten die Rauchbomben.
„Los, lauf!" brüllte sie noch, als sie und die Wachen in eine Wolke aus lila Rauch eingehüllt wurden und verschwanden.
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