Kapitel 9: Verräterische Narbe
Kirishimas PoV
Das Blut rauschte in meinen Ohren, während ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Wie blöd konnte ich eigentlich sein? Ich hatte mich so in Sicherheit gewogen, da ich davon ausging, dass die königliche Truppe in der anderen Herberge übernachte. Waren sie nun doch alle hier? Oder war der Drachentöter alleine?
Bakugou verdrehte die Augen. Wahrscheinlich dachte er, ich wäre wegen seiner Aussage so erstarrt. In dem Bemühen ganz normal zu wirken beugte ich mich über die Karte und versuchte sie mir einzuprägen.
„Wo willst du denn hin?", fragte Bakugou mich beiläufig und musterte mich dabei interessiert. Jetzt da ich wusste wer er war, gefiel mir seine Neugier überhaupt nicht. Ich musste lügen.
„Ich möchte nach Nirakawa.", sagte ich also. Das einzige Dorf was ich wirklich kannte und das natürlich entgegengesetzt meiner Reiserichtung lag. Ich folgte mit dem Finger den Waldweg, den ich gekommen war, als ob ich tatsächlich dort hinwollte. „Scheint mir einfach.", sagte ich und sah ihn lächelnd an. „Danke, dass ich draufschauen durfte." Ich war im Begriff mein dreckiges Geschirr zurück zur Ausgabe zu bringen und so unauffällig und schnell wie möglich von ihm wegzukommen, als er mich am Handgelenk zurückhielt.
Bakugous PoV
Ich weiß nicht genau warum ich das tat, aber ich wollte nicht, dass er direkt ging. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann mich das letzte Mal jemand einfach so angesprochen hatte. Schließlich war ich Bakugou. Der gefürchtete Drachentöter. Meistens zuckten die Leute zusammen, wenn ich sie ansah. Doch der Rothaarige hatte nur verlegen weggeschaut, als ich ihn beim Starren erwischt hatte. Er schien ein wenig nervös, aber ich fand das irgendwie ganz niedlich. Und naja – ich will nicht lügen – er sah verdammt gut aus. Er wirkte verwegen und seine roten Augen strahlten kraftvoll. Außerdem konnte ich ein wenig Ablenkung von meiner Mission gebrauchen.
Doch als ich ihn zurückhielt, sah er mich eher verunsichert an. Was sollte ich jetzt sagen? Ich räusperte mich. „Lust auf einen Drink?", fragte ich und zwang mich zu einem kleinen Lächeln.
Seine Augen weiteten sich überrascht und er schien hin- und hergerissen. Ich verfluchte mich innerlich, dass ich mir eine solche Blöße gab. Verdammt wieso verunsicherte mich das so? Normalerweise ließ ich niemanden an mich ran, aber dieser Mann hatte es mir aus irgendeinem Grund angetan. Doch als er nicht antwortete ließ ich sein Handgelenk los.
„In Ordnung.", erwiderte der Rothaarige überraschend, schaute aber noch einen Moment zur Tür bevor er sich zögernd setzte. Er schien auf einmal so schüchtern, dabei war er doch derjenige gewesen, der auf mich zugekommen war. Dennoch lächelte ich ihn leicht an, erleichtert, dass er meine Einladung nicht ausgeschlagen hatte.
Ich erspähte den Angestellten an der Ausgabe und winkte ihn zu mir. „Bringen Sie uns zwei Krüge Bier." Dieser nickte nur und verschwand im Nachbarraum.
„Also wie heißt du?", fragte ich ihn.
Der Rothaarige lachte leicht und sah mich dann frech an. „Muss ich darauf antworten?", fragte er mit einem verschmitzten Grinsen.
Auch wenn ich zugegebenermaßen ein wenig überrascht von seiner Antwort – oder vielmehr von dem Fehlen einer Antwort – war musste ich ebenfalls lächeln. Diese geheimnisvolle Art gefiel mir nur noch mehr. „Gefährliche Zeiten, was? Dann muss ich mir eben einen Namen überlegen."
Das verschmitzte Grinsen des Rothaarigen wurde breiter. „Dann bin ich aber mal gespannt.", sagte er herausfordernd und seine roten Augen funkelten, als er mich erwartungsvoll ansah.
Ich tat so als müsste ich überlegen, doch eigentlich war mir sofort ein Name in den Sinn gekommen. Mein Blick wanderte über seinen roten Waffenrock, hinauf über seinen trainierten Oberkörper, der nur zum Teil von der Weste verdeckt wurde, bis zu seinen roten Haaren und landeten dann wieder in seinen roten Augen. „Red?", fragte ich ruhig.
Er lächelte mich an. „Klingt gut." Dann betrachtete er mich stirnrunzelnd und schien scharf über etwas nachzudenken.
„Spuck es aus, was willst du fragen?", fragte ich mit einer gehobenen Augenbraue, als er mich nur weiter wortlos musterte.
„Wie soll ich dich nennen?", fragte er schließlich.
Ich schnaubte amüsiert. „Am besten bei meinem Namen. Bakugou." Ich erwartete, dass ihn jetzt die Erkenntnis ereilte, dass er mit dem bekannten Drachentöter am Tisch saß, doch Red nickte nur und schaute dann stirnrunzelnd weg.
Ich konnte nicht lange über dieses ungewöhnliche Verhalten nachdenken, denn der Kellner kam aus dem Nebenraum zurück und stellte vor uns beiden jeweils ein Krug Bier ab. Ich griff danach und nahm einen tiefen Schluck, doch Red betrachtete das Gebräu in seinen Händen zunächst argwöhnisch. „Was denn, noch nie Bier getrunken?", fragte ich neckend.
Er sah mich verlegen an und schüttelte den Kopf. Wer hatte denn noch nie Bier getrunken? Doch ehe ich nachfragen konnte, setzte er den Krug an die Lippen und nippte daran. So schlecht schien er es nicht zu finden, denn er nahm gleich ein paar weitere Schlucke.
Vielleicht war es nur der Alkohol, aber Red entspannte sich mehr und mehr und wir verfielen in ein angenehmes Gespräch. Auch wenn er nach wie vor ausweichend auf meine Fragen zu seiner Person antwortete, lernte ich viel über ihn. Er sparte zwar an jeglichen detaillierten Informationen, aber konnte stundenlang über Kleinigkeiten erzählen, die ihn begeisterten. Seine roten Augen schienen dann zu leuchten und begann dann wild mit den Händen zu gestikulieren, wenn er etwas hervorheben wollte.
Der Kellner brachte und neues Bier. Einmal. Und auch noch ein zweites Mal. Ich betrachtete den Rothaarigen vor mir und immer wieder legte sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen, wenn er sich von einer seiner Geschichte mitreißen ließ.
„Hast du schon einmal Schnee gesehen?", fragte er mich, während einer seiner Ausführungen. Doch er ließ mir gar keine Zeit zu antworten, sondern redete einfach weiter. „Ich weiß ja nicht wo du herkommst, aber in der Nähe von der Küste wird es selten kalt genug dafür. Aber in diesem einen Jahr, als ich noch ein Kind war, wurde es richtig kalt und ich habe die ganze Zeit am Fenster gestanden und gehofft, dass es vielleicht doch einmal schneien würde. Aber die Tage gingen so dahin und es gab einfach keine einzige Wolke am Himmel! Doch eines Nachts bin ich aufgewacht und habe nach draußen geschaut und da hat es geschneit! Richtig große weiße Flocken und ganz dicht! Ich bin natürlich sofort rausgerannt und habe mich mit ausgebreiteten Armen in das Schauspiel gestellt." Er lachte ein wenig und er breitete die Arme aus, um mir zu verdeutlichen, wie es gewesen war. „Ich habe gar nicht gemerkt wie nass ich geworden bin. Ich habe mich tierisch erkältet und einen riesen Ärger bekommen, weil ich einfach so nachts rausgegangen bin." Er kicherte verstohlen und nahm noch einen Schluck von seinem Bier.
Ich lachte herzhaft. Nicht unbedingt wegen der Geschichte, sondern weil seine Begeisterung so ansteckend war. Lächelnd betrachtete ich ihn, als er den nun leeren Krug zurück auf den Tisch stellte. Er schob ihn zur Seite.
Einen kurzen Moment zögerte ich, doch dann streckte ich die Hand aus und legte sie auf seine. Red zuckte kurz zusammen, sah mich dann aber lächelnd an. Während unserem gesamten Gespräch hingen ihm seine langen roten Haarsträhnen im Gesicht. Das sah irgendwie süß aus, aber ich wollte so gern sein Gesicht betrachten. Also hob ich die Hand und legte sie an seine linke Wange. Er schloss kurz die Augen und lehnte sich ein wenig in die Berührung, was mich ermutigte und ich schob einer seiner roten Haarsträhnen hinter sein Ohr.
Ich lehnte mich ein wenig vor und er sah mich mit einem verträumten Lächeln an, als ich die zweite Hand an sein Gesicht legte und ihm die restlichen Haare aus seinem Gesicht strich.
Mit dem Daumen strich ich über seinen Wangenknochen, während ich sein schönes Gesicht betrachtete. Seine Lippen waren voll und schienen unfassbar weich. Seine roten, voller Kraft sprühenden Augen wurden von dunklen Wimpern umrahmt. Seine kleine Narbe unter der rechten Augenbraue verlieh ihm etwas Verwegenes.
Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich ließ sein Gesicht los und ich starrte ihn an. Lange Haare, auch wenn sie nicht schwarz waren. Ca. 1,70m. Rote Augen. Eine Narbe unter der rechten Augenbraue! Kirishima.
In Reds Augen sah ich die Bestätigung, denn in ihnen war auf einmal nichts als pure Panik zu sehen.
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