Kapitel 40: Träume und Zukunft
Bakugous PoV
Ich wusste nicht so recht was ich von all dem halten sollte, was Miss Farney uns soeben erzählt hatte. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass sie uns Märchen auftischte. Sie hatte mit Überzeugung gesprochen und schien ernsthaft an ihre Sache zu glauben. Red und ich gingen eine Weile schweigend einen kleinen Trampelpfad entlang, der am Rande eines Berges entlangführte und steil bergauf ging. Ich musterte ihn von der Seite. Eine tiefe Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet und verdrängte den fröhlichen Gesichtsausdruck, den ich so an ihm mochte.
„Red, ich weiß das ist viel, aber du solltest dich nicht unter Druck setzten lassen.", sagte ich schließlich, als mir sein Schweigen zu viel wurde.
Red schien mich nicht wirklich zu hören, sondern ging stur weiter. „Hey!", sagte ich ein wenig harsch und packte seine Hand fest, um ihn zu zwingen stehen zu bleiben. „Du hast diesen Leuten gegenüber keinerlei Verantwortung! Du musst nichts machen, was du nicht tun willst!", sagte ich aufgebracht.
Der Halbdrache öffnete verblüfft den Mund, überrascht von der Heftigkeit meiner Aussage. „Wie kann ich denn nein sagen?", fragte er leise. „Was, wenn ich der einzige bin, der das tun kann? Zwischen den Völkern vermitteln?" Er sah mir tief in die Augen, als würde er darin eine Antwort suchen.
Ich schluckte schwer, ehe ich antwortete. „Du weißt nicht, ob du der einzige bist. Dieser Orden wird sicherlich einige Halbdrachen beschützt haben. Schließlich haben wir auf unseren Missionen nicht sonderlich viele aufgespürt.", antwortete ich ebenso leise.
Schweigend gingen wir noch ein Stückchen weiter. Ich spürte, dass Red fieberhaft nachdachte und ich wusste nicht recht, wie ich ihm helfen konnte. Schließlich blieb er stehen und betrachtete die Landschaft um uns herum. Zögerlich fing er an zu sprechen. „Seitdem ich das Heim verlassen habe, habe ich danach gestrebt in diese Berge zu fliehen. Und seitdem ich dir begegnet bin, habe ich an diesem Wunsch nur noch mehr festgehalten. Was ist, wenn all das ein Fehler war?" Er sah verunsichert auf den Boden.
„Red.", sagte ich fast flüsternd. „Wir sind gerade erst aus dem Königreich geflohen und zwar nicht ohne Grund. Wir konnten nicht bleiben. Jetzt fang nicht an, alles in Frage zu stellen." Ich nahm sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger und zwang ihn somit mich anzusehen. Seine großen Augen weiteten sich ein wenig, als ich ihn sanft anlächelte. „Du hast es verdient, deine Ruhe zu finden. Wir haben es verdient. Vergiss nicht wofür wir das alles auf uns genommen haben."
Ich nahm sein Gesicht in beide Hände, um zu verdeutlichen wie wichtig mir meine folgenden Worte waren. „Ich liebe dich, Red. Ich liebe dich so sehr und wir wollten aus dem Land fliehen, damit wir hier zur zweit leben können. In Frieden und ohne gejagt zu werden."
Sein Gesichtsausdruck wurde weich, als er meine Worte vernahm. Ich beugte mich vor, um ihn zu küssen. Tief und intensiv, wie ich es in letzter Zeit viel zu selten gemacht hatte. Red seufzte in den Kuss und übernahm die Oberhand, in dem er mit der Zunge durch den Spalt meiner Lippen fuhr. Nur zu gern gab ich mich dem hin und ließ ihn meine Mundhöhle erkunden.
Schweratmend lösten wir uns voneinander. Red legte seine Stirn an meine, eine Hand noch immer in meinen blonden Haaren vergraben. „Ich liebe dich auch, Kat.", sagte er leise.
„Du musst nicht hier und jetzt eine Entscheidung fällen.", sagte ich nach einer Weile und sah ihm tief in die Augen. „Aber egal wie du dich entscheidest, ich werde bei dir bleiben. Ob wir heute losziehen oder uns auf ewig hier niederlassen. Ich weiche nicht von deiner Seite." Ich grinste ihn verschmitzt an. „Du kannst doch sicherlich einen vollausgebildeten Drachentöter gebrauchen.", sagte ich um die Stimmung ein wenig zu heben.
Red lachte. „Ja, das kommt bestimmt gut an, wenn wir mit den Drachen verhandeln müssen." Er grinste mich ebenfalls an. „Aber was willst du ausrichten ohne deine funkelnde Drachenklinge?"
Ich stöhnte. „Mina wird mich umbringen, wenn sie jemals davon erfährt.", sagte ich kopfschüttelnd und löste mich ein wenig von ihm. Ich hörte jetzt schon ihre Standpauke. Sie würde mir mit Sicherheit kein neues schmieden. Ein wenig wehmütig wurde ich jetzt doch, als ich daran dachte, dass ich mit aller Wahrscheinlichkeit nie wieder eine solche Waffe führen würde.
„Tut mir leid, dass ich es zurückgelassen habe.", sagte er beschämt und schaute verlegen weg.
„Ach Red, hör auf dich für alles zu entschuldigen.", sagte ich streng. „Du hast auf diesem Schlachtfeld ein verdammtes Wunder vollbracht. Ich bin dir so unendlich dankbar dafür." Ich legte eine Hand an seine Wange und gab ihm erneut einen kurzen Kuss.
„Ich hätte ohne dich nicht leben können.", antwortete er traurig lächelnd und offenbarte dabei seine spitzen Zähne. „Du kannst dir nicht vorstellen wie schlimm es für mich war, deinen leblosen Körper in den Armen zu halten." Dem Halbdrachen lief eine Träne über die Wange, als ihn die Erinnerung übermannte.
Ich schluckte. Nein, ich konnte es mir kaum ausmalen, wie es für ihn gewesen sein. Aber allein die Vorstellung, die Situation wäre andersherum trieb mir die Tränen in die Augen. Ich blinzelte sie schnell weg und lächelte zaghaft, während ich mit dem Daumen über Reds Wange strich, um ihm die Träne hinfort zu wischen.
Ich küsste ihn erneut und wir versanken einen weiteren Moment in unserer Zweisamkeit. Dann setzten wir uns am Rande des Abgrunds auf einen Felsen. Die Sonne war im Begriff unterzugehen und tauchte die Berge vor uns in ein rötliches Licht.
Es war wunderschön anzusehen. Bei unserem kleinen Marsch von Miss Farneys Haus hierher hatten wir nicht allzu viel Strecke zurückgelegt, aber dennoch waren wir so weit gekommen, dass das kleine Holzhäuschen nicht mehr zu sehen war. Wir waren beinahe am Gipfel und der Berg bildete ein kleines Plateau aus. Ich mochte diesen Ort.
„Wir sollten uns hier unser eigenes Zuhause aufbauen.", sagte Red verträumt, während er das Naturschauspiel vor uns betrachtete. „Wir können hier leben. In aller Ruhe. Nur wir beide. Genauso, wie wir uns das immer vorgestellt haben.
Das zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. „Das klingt doch nach einem Plan." Hier mit Red meine eigenen vier Wände aufzubauen, klang perfekt für mich.
Ich griff nach seiner Hand und er lächelte mir kurz zu. Wie sehr ich dieses ehrliche Lächeln liebte. Wenn er ganz offen seine fröhliche Natur zeigte und nicht versteckte, was sich hinter seinen weichen Lippen verbarg.
Dann wandte er sich wieder nach vorne und betrachtete die Landschaft. Ich beobachtete den Halbdrachen lächelnd von der Seite. Sein rotes Haar schimmerte in dem orangenen Licht beinahe Golden. Er war wunderschön. Ich genoss es, hier ganz allein mit ihm zu sein und hoffte, dass dieser Moment niemals vergehen würde. Und dennoch wusste ich, dass Red früher oder später dem Ruf des Ordens nachgeben würde. Früher oder später würde seine gute, nach Gerechtigkeit strebende Natur, es ihm abverlangen. Aber hier und jetzt konnten wir erst einmal ausruhen. Hier und jetzt zählten nur wir beide.
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