Kapitel 32: Ereignisse der Vergangenheit
Bakugous PoV
Wir verweilten nicht lange und obwohl wir beide müde waren, beschlossen wir schon jetzt zu Fuß weiterzugehen. Dass wir entlang des Kumas, der einzigen Lebensquelle in diesem kargen Gebiet des Landes, wanderten, konnten sich die Schergen des Königs wahrscheinlich denken. Und da wir zu Fuß so viel langsamer waren als sie, durften wir uns nicht allzu viel Pause gönnen.
Schweigend wanderten wir den Weg entlang. Da ich noch so verschlafen war, genoss ich die Stille ein wenig, aber je länge sie andauerte umso unwohler fühlte ich mich. Es war Red. Normalerweise redete er doch wie ein Wasserfall. Immer wieder blickte ich zu ihm herüber, und sah die Falte, die sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet hatte.
„Was ist los, Red?", fragte ich ihn leise. Seine ernste Miene machte mich nervös.
Als hätte ich ihn aus einem tiefen Gedanken gerissen, blickte er überrascht auf. Er lachte ein wenig unsicher. „Darf ich dich etwas fragen?"
Ich nickte und schluckte hart. Es schien etwas Ernstes zu sein.
„Was haben dir die Drachen angetan? Ich habe gehört, was die Wache zu dir in Ariko gesagt hat. Warum bist du Drachentöter geworden?"
Ich seufzte und schloss einen kurzen Moment die Augen. Ich wusste, dass dieses Thema früher oder später auf den Tisch kommen würde. Aber es war nicht leicht darüber zu reden und ich zögerte ein wenig. Dennoch hatte er verdient die ganze Wahrheit zu erfahren. Mehr noch, ich wollte es ihm erzählen.
„Ich bin in einem kleinen Dorf namens Tsumari aufgewachsen.", fing ich zögernd an. „Ich war ein ganz normaler Junge. Meine Eltern waren nicht besonders reich, aber wir waren glücklich." Bilder von unserem kleinen Holzhäuschen tauchten vor meinem inneren Auge auf. Mutter, Vater und die Geborgenheit, die sie ausstrahlten. Die Erinnerungen waren süß und taten gleichzeitig so weh, dass ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Verstohlen wischte ich sie weg.
Red sah mich besorgt an. Ich warf ihm ein gequältes Lächeln zu. „Wie du dir sicher denken kannst, gab es ein Ereignis, das mein Leben veränderte." Red nickte und ich spürte, dass er mit seiner Hand nach meiner griff. Ich umschloss sie fest. Diese Geste gab mir den Mut, um weiter zu sprechen. In groben Zügen, wussten einige von meiner Vergangenheit, aber im Einzelnen hatte ich sie niemandem erzählt.
„Du musst wissen, dass Tsumari ziemlich dicht am großen Gebirge liegt und damit auch nahe an der Landesgrenze. Die Drachen leben jenseits dieser Berge und zu der Zeit gab es öfter Übergriffe auf die Dörfer an der Grenze. Dennoch hatte ich nie so recht verstanden, warum die Leute immer so viel Angst vor den Drachen hatten. Bis zu jener Nacht." Ich schluckte, und konzentrierte mich auf Reds Hand, um mich ein wenig zu beruhigen. Die Bilder des furchtbaren Ereignisses blitzten vor meinem inneren Auge auf.
„Ich wurde durch Schreie geweckt.", sagte ich leise. „Als ich meine Augen öffnete, sah ich das flackernde Licht von Feuer und ich bin panisch aufgestanden. Ich habe nicht verstanden was los war, bis meine Eltern in mein Zimmer gerannt kamen. Sie sagten wir müssen fliehen. Meine Mutter hat mich an die Hand genommen und ist mit mir und meinem Vater nach draußen gerannt. Du musst verstehen, ich war ein Kind. Aber ich hatte noch nie so etwas Schreckliches gesehen."
Ich atmete tief durch, um die Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich spürte Reds besorgten Blick, sah ihn aber nicht an. „Alles stand in Flammen, die meisten Häuser waren zerstört. Der Rauch brannte in meinen Augen. Und dann waren da die Leichen. Dutzende. Ich sah die starren Augen und zerstörten Körper meiner Nachbarn. Meiner Freunde. Eigentlich von jedem, den ich bis dahin kannte."
Ich spürte die Angst, die mich damals überkommen hatte und fing bei der Erinnerung an zu zittern. Aber ich sprach einfach weiter. „Einen kurzen Moment hatte ich wirklich geglaubt, wir hätten Glück gehabt. Unser Haus war wie durch ein Wunder verschont geblieben und wir waren alle drei am Leben. Aber dann tauchte der Drache vor uns auf. Gigantisch und schwarz mit glühend gelben Augen. Sein stechender Blick hat sich bis heute in mein Gedächtnis eingebrannt und verfolgt mich in meinen Träumen. Mein Vater ist zuerst gestorben. Er hat sich schützend vor mich und meine Mutter gestellt, als der Drache ihn bei lebendigem Leibe verbrannte. Seine Schreie waren furchtbar. Ich war wie erstarrt, aber meine Mutter hat mich weitergezogen und rannte mit mir von dem Drachen weg. Aber natürlich, hatten wir keine Chance. Er hatte uns sofort eingeholt und hat meine Mutter mit dem Maul gepackt und ihre Hand aus meiner gerissen. Als ich mich zu ihm umgedrehte, sah ich, wie ihr Körper von seinen Zähnen zermalmt wurde."
Die Tränen liefen mir nun unaufhaltsam über die Wangen und ich blieb stehen, überwältigt von den grausamen Erinnerungen. Die Ereignisse lagen nun schon so viele Jahre zurück und dennoch verging kein Tag, an dem sie mich nicht quälten. Red nahm mich in die Arme und strich mir über den Rücken. Seine Umarmung tröstete mich und ich atmete seinen beruhigenden und vertrauten Geruch ein.
„Tut mir leid, dass ich gefragt habe.", flüsterte er leise.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Du solltest es erfahren." Ich holte tief Luft, sammelte mich etwas und löste mich aus seiner Umarmung, bevor ich weitersprach. „Ich wurde gerettet. Von dem legendären Drachentöter All Might. Bevor der Drache sich auf mich stürzen konnte eilte er herbei. Sein roter Umhang flatterte im Wind, und ich spürte so etwas wie Hoffnung. Er hat den Drachen besiegt. Von diesem Moment an wollte ich werden wie er."
Ich begann den Weg entlang des Sees weiterzugehen. Die Morgendämmerung setzte bereits ein. „Er hat versucht es mir auszureden, aber als ich hartnäckig blieb nahm er mich mit in die Hauptstadt. Zuerst wollte mich keiner haben, aber der Hass, den ich auf die Drachen hatte gab mir die Kraft, um all die Prüfungen im königlichen Militär zu bestehen. Mit fünfzehn hatte ich meine Ausbildung zum Drachentöter vollständig abgeschlossen. In einem Alter, in dem die meisten gerade damit begonnen hatten. Ich hatte viele Einsätze an der Grenze, habe einige Drachen getötet. Aber in den letzten beiden Jahren gab es wenige Überfälle und von da an bin ich mit Aizawa und seinem Gefolge durch das Land gereist, um Drachenbruten aufzuspüren."
Red schwieg eine Weile. „Wie viele hast du getötet, ehe du mich kennengelernt hast?"
„Halbdrachen?"
Red nickte.
„Keinen einzigen." Mein Gefährte blickte mich überrascht an und ich seufzte. „Ihr seid nicht so häufig, wie allgemeine Bevölkerung denkt und die meisten eurer Art, werden schon als Säuglinge von ihren Eltern getötet. Ich weiß von einigen Kollegen, dass hier und da doch mal einer aufgetaucht ist, aber bei meinen Missionen war keiner dabei."
„Irgendwie erleichtert mich das.", sagte Red leise.
Ich sah ihn gequält an. „Du weißt, dass ich ihn getötet hätte, wenn mir einer begegnet wäre.", sagte ich ernst.
„Das kannst du nicht wissen.", erwiderte er stirnrunzelnd.
„Mein Hass war zu groß, als das mich jemand hätte aufhalten können. Mich hätte keiner umstimmen können."
„Ich habe dich umgestimmt. Du hast mich nicht getötet.", sagte er und blieb stehen, um mich ansehen zu können. Er legte eine Hand an meine Wange und wischte die letzten Tränen hinfort.
Ich lächelte leicht. „Das liegt daran, das du etwas ganz Besonderes bist.", sagte ich ernst, ehe ich ihn küsste.
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