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Kurz vor Mitternacht, als der Mond hoch über uns stand, stand ich mit Ged und Evion auf dem Trainingsplatz. Der erste lockere Übungskampf war schnell vorbei denn Ged besiegte mich mal wieder, doch danach gab ich alles. Endlich konnte ich mich abreagieren und all den Frust und Angst aus mir herauslassen.
Mein Übungsschwert schnitt nur so durch die Luft und man hörte das laute Knallen der aufeinandertreffenden Schwerter. Egal was Ged auch versuchte, jede Finte und jeder auch so ausgeklügelter Schlag, half ihm nicht, stattdessen drängte ich ihn mit Kontern und Angriffen in die Ecke.
Ich kämpfte mit einer Leichtigkeit, die ich noch nie besessen hatte und als Ged mich mit einer Finte am Bauch treffen wollte entwaffnete ich ihn. Das Schwert landete drei Meter von ihm entfernt im Dreck, zu weit entfernt für ihn. Ein Hochgefühl überkam mich, es war das erste Mal das ich ihn besiegte. Ged sah mich verwirrt an, vermutlich weil er mich nicht so kannte, aber dieses Mal war ich ihm überlegen gewesen.
„Gut gemacht Squila!" rief Evion mir vom Rand aus zu, außer Atem gesellten Ged und Ich uns zu ihm. „Respekt" stand Ged mir zu, „In kurzer Zeit hast du wohl ziemlich viel an deinem Kampfstil gearbeitet!" Eigentlich hatte ich zwar gar nichts getan, ich wusste nur jetzt wie ich meine Gefühle in den Kampf mit einbringen konnte.
Auf den Stock mit den seltsamen Symbolen gestützt stand Evion da und man sah ihm an das er über irgendetwas nachdachte. Ich dachte schon er würde einfach nur da stehen, doch nach einiger Zeit erklärte, er das Training für beendet. Erstaunt sah ich ihn an, wir hatten doch gerade erst angefangen und auch in Geds Blick sah ich erstaunen. „Aber Meister, warum denn jetzt...?" Abrupt unterbrach er mich. „ Weil ich es sage! Für heute ist es genug. Das Nächste Mal wird erst in drei Tage stattfinden."
„Ich verstehe nicht! Was ist los?" Doch Evion verließ den Platz, ohne zu antworten und Ged und ich blieben verdutzt dort stehen. „ Was ist da gerade passiert?" „Ich weiß es nicht, aber irgendeinen Grund wird es schon haben." „Aber kommt es dir nicht auch merkwürdig vor, Ged, dass gab es bis jetzt noch nie!"
Wir standen einfach nur verdattert auf dem Platz und wussten nicht wie wir damit umgehen sollten, denn normalerweise erklärte Evion uns fast immer alles. Es gab wirklich nur wenig was er uns verheimlichte, so wie die Informationen zu meinen Eltern oder spezielle Aufträge unter königlichem Befehl, aber sonst nichts. Nach einiger Zeit lösten wir uns aus der Erstarrung und beschlossen noch einige Kämpfe zu fechten, auch ohne Evion konnten wir etwas üben. Erst als wir beide schweißgebadet und außer Puste dort standen hörten wir auf und es trennten sich unsere Wege.
Morgens stand ich dann wieder bei Semerian und wollte die Aufgaben für diesen Tag abholen, ich fand in hektisch und unruhig in seinem Zimmer herum rennend vor. Als er mich sah, kam er auf mich zugestürmt, er redete zwar ruhig doch ich bemerkte seine Wut. „Du bist zu spät!" du solltest dich jetzt lieber etwas beeilen! Sonst kann ich dem König direkt sagen, dass seine Bediensteten zu nichts zu gebrauchen sind."
Zu spät? Aber er hatte mir doch gestern keine Zeit gesagt, zu welcher ich erscheinen sollte. So war ich zu der Zeit vom Vortag gekommen, aber anscheinend war das zu für ihn spät. Mit einiger Eile half ich ihm in seine Rüstung, anscheinend trug er sie fast immer. In der Zwischenzeit nannte er mir drei Namen für die Treffen am Nachmittag, so kannte ich meine Aufgabe ja wieder.
Da ich mich so beeilte, rutschte mir ein Stück der Rüstung aus der Hand, ich versuchte noch es zu packen, doch war ich zu langsam, denn es fiel scheppernd auf den Boden. Ehe ich mich versah lag ich auf dem Boden mit einer brennenden Wange. „Wie konntest du es zur Dienerin schaffen? Du bist eine Schande, sogar für die Dienerschaft."
Kniend verbeugte ich mich vor ihm, das wurde schon zur Angewohnheit, „Es tut mir leid, mein Herr! Es wird nicht wieder vorkommen." Es war schwer mich verständlich auszudrücken, denn mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. Ich hatte Angst vor dem, was mir wahrscheinlich jetzt bevorstand. Doch er schnallte sich den Rest der Rüstung selber an, und murmelte vor sich hin, während ich noch immer mich verbeugend auf dem Boden saß.
„Du hast Glück, das mir die Zeit fehlt, doch einen weiteren Schnitzer werde ich nicht akzeptieren! Und jetzt erledigst du gefälligst deine Aufgaben!" Die Tür fiel knallend zu und ich war alleine in dem Zimmer. Vorsichtig stand ich auf, und betastete meine Wange, sie schmerzte noch ein wenig, doch bald würde ich davon nichts mehr merken.
Der Prinz hatte anscheinend Aggression Probleme, zwar redete er noch ruhig, doch nutzte er zu viel Gewalt, auch wenn ich anscheinend die einzige war die es abbekam. Ich hatte mich heute Morgen, bevor ich herkam, umgehört und jeder hatte nur vom rücksichtsvollen und freundlichen Semerian geschwärmt, vor allem die Mädchen redeten mit überschwänglichen Lob von ihm. Von dieser Seite hatte ich bis jetzt noch nichts mitbekommen, vermutlich weil ich zu viel gehört hatte und er mich dadurch vom Reden abhielt, das funktionierte, denn ich hatte über nichts gesprochen, was ich von den Gesprächen mitgehört hatte.
Meine Aufgabe führte mich zur königlichen Schmiede, diese befand sich in der Nähe der äußeren Mauer, also musste ich recht weit durch die Stadt gehen. Ich hätte zwar auch einen Boten hinschicken können, doch konnte ich mir nicht die Gelegenheit nehmen lassen Terak zu sehen.
Terak war der beste Schmied im Königreich und der Vater von Zenia, welche für das nächste Treffen vorgesehen war, außerdem waren die Beiden so etwas wie Freunde für mich. Es war, als ich gerade angefangen hatte als Dienerin im Schloss zu arbeiten, als ich für einen der Offiziere ein Paradeschwert abholen sollte. Terak und Zenia, begrüßten mich herzlich und luden mich zum Essen ein, direkt gaben mir die Beiden das Gefühl willkommen zu sein, etwas das ich bis dahin noch nie erlebt hatte.
Seit dem luden die zwei mich immer mal wieder zu sich ein, doch ich fand leider auch immer weniger Zeit für gelegentliche Besuche. Deswegen freute ich mich auf das erste Wiedersehen nach mehr als einem halben Jahr.
Ich lief durch das gesamte Händlerviertel um zum Handwerkerbereich zu kommen. Überall an den Straßenrändern waren Stände aufgebaut und Händler boten ihre Waren feil. Ich drängte mich durch die Menschenmassen und versuchte in der Mitte der Straße zu bleiben da dort am wenigsten los war doch ich würde immer wieder an den Rand zu den Ständen gedrängt.
Als ich zu einem Tuchhändler stolperte, sah ich am daneben liegenden Stand einen Schatten der in meine Richtung blickte. Kurzdarauf entschwand er meinem Blick, da ich weiter geschubst wurde. Ich war so froh, nachdem ich das Viertel verlassen hatte und das Handwerkerviertel betrat.
Das laute Geräusch des herabsausenden Hammer und der Klang wenn das Metall auf den Amboss krachte, begrüßten mich schon von weitem, als ich der einzigartigen Klangkulisse folgte, sah ich Terak gerade ein Stück glühendes Metall aus der Esse holen und es dann wieder mit präzisen Schlägen zu bearbeiten.
Als er mich erkannte lächelte er mich an und wies mit einer Kopfbewegung hin zum Haus. Über den Lärm hinweg rief er: „ Geh schon rein, ich komme nach". Ich nickte ihm zu und verschwand im Haus, Zenia bereitete gerade das Essen vor und hackte Gemüse. Ihr Blick fiel auf mich, das Messer fiel zu Boden und sie fiel mir stürmisch um den Hals. Sie strahlte über das gesamte Gesicht und erdrückte mich fast vor Freude.
Lachend lösten wir uns voneinander, es tat so gut unbeschwert zu sein und einfach mal alles andere zu vergessen. „Wo warst du so lange? Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht." Es berührte mich tief, dass ich ihnen so viel bedeutete. „Mich hat leider meine Arbeit voll und ganz beansprucht, mir fehlte die Zeit mich tagsüber einfach davonzustehlen um her zukommen, dafür ist der Weg einfach zu lang." „Ach, ist jetzt aber auch egal, denn jetzt bist du ja hier!"
Ich setzte mich zu ihr an den Tisch und schnitt mit ihr das Gemüse und wir redeten ganz unbeschwert über dies und das. Terak kam nach einiger Zeit und umarmte mich ebenfalls, es fühlte sich mit ihnen so gut an, ohne lästige Aufgaben und ohne ständige Angst vor Bestrafung. Wir aßen zusammen und es war so wie die vielen Male vorher locker und heiter, denn wir redeten und lachten viel zusammen.
Nach einiger Zeit kam das Gespräch auf die Gäste des Königs und mir fiel wieder ein weshalb ich überhaupt hergekommen war. Es war kurz vor der zweiten Stunde ich musste mich beeilen und Zenia die Einladung überbringen! „Eigentlich hat ein Auftrag mich zu euch geführt" fing ich an und dann erklärte ich ihnen von meinem Herrn und seinem Wunsch verschiedene Leute kennenzulernen und das Zenia eine der Personen war.
Terak sah mich verwundert an und Zenia sprang von ihrem Stuhl auf. „Ich darf ins Schloss! Ich darf ins Schloss! Ins Schloss!" rief sie, der Gedanke brachte sie vollends aus dem Häuschen, denn dann wurde ihr noch klar, dass sie einen Prinzen treffen würde. Sie eilte zu ihrem Zimmer und zog sich in Windeseile um. Sofort stand sie wieder vor mir, wir umarmten Tarek und verließen das Haus in Richtung Schloss. Obwohl Zenia so schnell gewesen war mussten wir trotzdem fast rennen um pünktlich dort einzutreffen, gut das ich den beiden anderen die Nachricht per Boten geschickt hatte.
Ich führte die aufgeregte Zenia zu dem Raum und stellte mich, nachdem sie das Zimmer betreten hatte, wie gestern vor die Tür. Ich kannte meine Aufgabe ja. Nach einiger Zeit taten mir die Beine weh und ich setzte mich, ich beschloss meinen Geist zu trainieren und fing an langsam und gleichmäßig zu atmen.
So fiel ich bald in die Meditation und öffnete meine Sinne für jedes kleinste Detail. Der sachte Luftzug der an mich sachte berührte, der Geruch von Schafswolle und das Geräusch der Soldaten im Hof, all das saugte ich in mich auf und versucht noch mehr zu bemerken. Doch ich konnte meine Sinne nicht weiterschärfen, denn lückenlos fiel ich von Meditation in tiefen Schlaf, die Woche hatte mich anscheinend mehr angestrengt als ich geahnt hatte.
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