Kapitel 15
Bea erschrak sich zu Tode, als sie plötzlich Liams Stimme hörte.
Sie war gerade dabei gewesen das übergebliebene Essen im Kühlschrank zu verstauen, als sein Gesicht im Spülbecken auftauchte, wo sie das Wasser hatte laufen lassen, um später das Geschirr spülen zu können. "Hey, Bea!"
"Du verdammter Idiot", erwiderte sie aufgebracht und raufte sich die Haare. "Mach das nie wieder, verdammt. Du hast mich zu Tode erschreckt!"
Liam grinste blöd vor sich her. "Tut mir sehr leid, Bea, ehrlich", man konnte seinen Sarkasmus praktisch riechen, "ich dachte nicht, dass man dich so leicht überraschen kann."
"Ach, vielleicht liegt das ja daran, dass ich seit zwei Wochen auf der Flucht bin und wir ausgemacht haben, dass ihr nicht mich anruft, sondern ich euch!", fauchte Bea, konnte aber schon nicht mehr böse auf ihn sein. Sie freute sich viel zu sehr darüber nochmal ein vertrautes Gesicht zu sehen.
Er schien genau zu wissen, wie sehr sie sich über seinen Anruf freute. Einsamkeit war schrecklich, das war ihm durchaus bewusst. "Was treibst du gerade?"
"Die Küche aufräumen", Bea zog eine Grimasse. "Irgendjemand muss ja für Ordnung sorgen. Schließlich kommen hier keine Nymphen, die für mich aufräumen."
"Und was hast du gekocht?", hakte Liam nach. Bea merkte, dass es sich um ein längeres Gespräch handeln würde und zog sich einen Esszimmerstuhl heran, damit sie nicht weiter stehen musste. "Ich hatte heute Frikadellen mit frischem Brokkoli und Kartoffelpüree mit Speck."
"Spaghetti mit Ketchup", berichtete Bea von ihrem spektakulärem Mittagessen. "Wenn ich gut drauf bin, hol ich mir gleich noch ein Eis."
"Sicher, dass das eine gute Idee ist? Schließlich solltest du dich eher bedeckt halten."
"Ich hocke seit zwei Wochen immer nur drinnen. So langsam werde ich verrückt, Liam", Bea seufzte und sah, wie Liam mitleidig das Gesicht verzog. Sie wollte kein Mitleid, sie wollte Gesellschaft.
"Ich mein ja nur", sagte Liam, der merkte wie sie sich fühlen musste. "Wo bist du denn gerade? Kommst du zurecht?"
"Mir geht es gut. Gestern bin ich zwei Telchinen begegnet, aber das war's", berichtete Bea und ging geflissentlich seiner ersten Frage aus dem Weg.
Liam zog eine Augenbraue hoch. So leicht ließ er sich nicht abwimmeln. "Hör mal, Bea", begann er und sein Tonfall wurde ernster. "Wir haben Neuigkeiten wegen Matthias und so. Ich mach mir einfach Sorgen, dass sie dich finden könnten."
"Wirklich reizend, dass du dir Sorgen machst", kommentierte Bea unbekümmert. "Welche Neuigkeiten gibt es?"
"Matthias arbeitet nicht mehr allein. Er hat sich anderen Halbgöttern angeschlossen. Und deren Anführer besitzt ein Drachenauge."
Bea erstarrte. Das waren schlechte Neuigkeiten. "Bist du dir sicher?"
Liam nickte. "Piper hat uns davon erzählt. Also Chiron, den Hüttenältesten und mir. Sie hat es zufällig von einem Camper aufgeschnappt, der ein Gespräch mit einem von Matthias Leuten hatte, die ihn scheinbar rekrutieren wollten."
Als Bea schwieg, fuhr Liam weiter fort. "Jetzt wo sie auch ein Drachenauge haben, können sie immerhin geringfügigen Schutz garantieren. Das klingt noch verlockender als vorher."
"Hat dieser Anführer auch einen Namen?"
"Ich kenne ihn nicht", Liam schüttelte ratlos den Kopf. "Mehr als ich dir erzählt habe, wissen wir nicht. Hör mal, Bea. Wenn die wirklich ein Drachenauge haben, dann können die dich finden."
"Dafür müssen sie erstmal in meine Nähe kommen", widersprach Bea. "Sie können mich nicht durch halb Amerika hin finden."
"Mit genügend Zeit schon. Und du hast diese Zeit nicht."
Bea schluckte. "Ich kann nicht mehr machen, als mich zu verstecken."
"Dann lass mich dir wenigstens helfen", bat Liam. "Die Dinge haben sich geändert, okay? Du wirst da nicht ohne Hilfe durchkommen. Und... ich will nicht, dass dir was passiert."
"Du kannst mir nicht helfen." Mehr sagte Bea nicht, während sie mühsam ihre Emotionen unterdrückte. Liam war ihr schon viel zu wichtig geworden.
"Sag mir, wo du bist, okay?" Seine Stimme wurde sanfter und ein beruhigendes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
"Wieso? Das ändert nichts", widersprach Bea. Sie wollte niemanden einweihen. Sie wollte niemanden in diese Sache mit reinziehen.
Sie hatte auch Percy und Annabeth nicht erzählt, wo sie war. Und das aus gutem Grund. Matthias mochte Bea nicht finden können, aber das hieß noch lange nicht, dass er ihre Freunde nicht finden und erpressen konnte.
"Bea, bitte", sein Lächeln erstarb, als er ihre Sorge und Angst wahrnahm. "Ich will dir nur Epona schicken, damit du schneller reisen kannst. Und wenn du morgen direkt wieder die Stadt wechselst, kann ich mit deinem jetzigen Aufenthaltsort eh nichts anfangen."
"Poughkeepsie." Die Silben glitten schneller über ihre Lippen, als sie denken konnte. "Ich bin in Poughkeepsie." Sein Argument schien so sinnvoll, dass sie es gar nicht in Frage stellen konnte.
Liam lächelte sie breit an. "Siehst du, das war doch gar nicht so schwer! Gibst du mir vielleicht noch ein Norden, Osten, Süden, Westen?"
Bea seufzte. Liam war ein Idiot. Ein liebevoller, netter, aufmerksamer und fürsorglicher Idiot (der obendrein auch noch ein ausgezeichneter Bogenschütze war und gut aussah). "Ich bin westlich vom Hudson River und südlich in der City von Poughkeepsie."
"Lustiges Wort, findest du nicht auch", grinste Liam amüsiert. "Pough-keepsiiee. Poughkeeeep-sie."
"Idiot."
"Ist ja gut", gab Liam nach, sein Grinsen jedoch wuchs. "Du holst dir morgen Mittag noch dein wohlverdientes Eis und dann verschwindest du mit Epona in eine andere Stadt. Wie klingt das?"
"Eis klingt immer gut", stimmte sie zu und lächelte ihn schwach an.
"Versprich mir, nicht durchzudrehen und den Plan zu ändern, in Ordnung? Wenn Epona zurückkommt, weil sie dich nicht finden konnte, mach ich dir die Hölle heiß", drohte Liam ernst. Sie musste sich einfach an den Plan halten.
"Ja ja", stimmte Bea schließlich zu. "Morgen Mittag ein Eis und dann mit Epona in eine andere Stadt. Deal?"
"Deal."
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Mit einem Schokoeis bereichert, stiefelte Bea am nächsten Mittag durch die City von Poughkeepsie. Sie entschied sich dafür, zum Hudson River zu gehen, um nach Epona zu suchen. Da der Weg nicht allzu weit war und ihr Rucksack nicht allzu schwer, lief sie die paar Kilometer zu Fuß.
Als sie am Fluss ankam und sich ihre Sicht über den nächsten Häuserblock erweiterte, entdeckte sie Epona in kürzester Zeit. Der blaue Himmel und die hell scheinende Sonne erleichterten es ihr, die dunkle Silhouette des Pegasus auszumachen.
Nachdem Epona sie entdeckt hatte, verschwand Bea in einer ruhigeren Seitenstraße, um nicht unnötige Aufmerksamkeit von Passanten auf das Pegasus zu ziehen. Sie würden zwar durch den Nebel nur ein normales Pferd sehen, aber auch das war mitten in der Stadt sehr ungewöhnlich.
Bea wusste noch nicht, wo sie hinwollte, aber im Endeffekt war das auch egal. Sie würde einfach aufsteigen und in eine Richtung los fliegen. Der Rest würde sich von selbst ergeben.
Während sie darüber nachdachte, wanderte sie tiefer in die Seitenstraße und bog schließlich in eine Gasse ab, in der keine Menschen mehr waren. Epona würde sie von oben entdecken können, also war das kein Problem.
Doch bevor das Pegasus gelandet war, tauchten zwei Kerle in der Gasse auf. Bevor Bea realisierte, dass sie in Gefahr war, schloss sich eine Hand um ihre Kehle.
Im nächsten Augenblick übernahmen ihre Reflexe die Kontrolle. Ihr Knie schnellte vor und rammte den Magen ihres Angreifers. Gleichzeitig stieß sie ihr Arm hoch und schlug gegen die Hand, die ihr die Luft nahm.
Doch ihr zweiter Angreifer nahm direkt den Platz ein. Beas Hand glitt zu ihrem Hosenbund und zog ein Messer hervor. Doch noch während dieser Bewegung, schoss die Hand des Jungen hervor und traf sie an der Schläfe.
Schmerz pochte in ihrem Kopf und sie verlor ihr Gleichgewicht. Ihr Rucksack glitt von ihrer Schulter und fiel auf den Boden, ebenso wie ihr Messer. Das reichte ihren Angreifern aus.
Während der erste nach ihren Armen griff, diese hinter ihren Rücken zog und festhielt, kramte der zweite hektisch in seiner Hosentasche. Kurz darauf zog er ein Tuch hervor.
Bea hatte schon eine dumpfe Vorahnung dessen, was gleich passieren würde. Aber trotz ihrer Anstrengungen konnte sie es nicht verhindern. Ein Schlag in den Magen reichte aus, um sie nach Luft schnappen zu lassen.
In dieser Zeit zwang er das Tuch zwischen ihre Lippen und verknotete es straff hinter ihrem Kopf. Jetzt war sie geliefert. Sie hatte keine Chance mehr gegen ihre Gegner, und das war ihnen auch bewusst.
Sie zogen Bea zurück in die Seitenstraße und drückten sie ohne weiteres in ein Auto, dass am Rand geparkt hatte. Jegliche Gegenwehr ihrerseits wurde mühelos unterdrückt. Während der Motor startete, vernahm ein leises Klicken, als sich Handschellen um ihre Gelenke schlossen.
Diese Idioten waren gut vorbereitet gewesen und Bea hatte nicht mal den leisesten Schimmer gehabt. Hätte sie fluchen können, hätte sie das getan.
Keiner im Auto gab einen Ton von sich. Bea musterte den Fahrer, aber auch ihn hatte sie nie gesehen. Selbst darauf hatten sie geachtet. Der Beifahrersitz war leer und Bea befand sich eingequetscht zwischen ihren beiden Angreifern. Aber das war wohl ihr geringstes Problem.
Sie fuhren lange. Bea hatte freie Sicht auf das Armaturenbrett und erfuhr so Uhrzeit und Ortslage, da der Fahrer scheinbar nicht ohne Navigation das Ziel fand. Sie fuhren knappe 2 Stunden und befanden sich am Ende der Fahrt im Süden von Queens. Ihre Mitfahrer stiegen aus und Bea stolperte kurz darauf hinterher, als sie am Arm gepackt und rücksichtslos hinterhergezogen wurde.
Sie befanden sich vor einem mehrstöckigen großen Anwesen, das schon etwas älter war, aber stets gut gepflegt wurde. In näherer Umgebung befanden sich noch ein paar ähnliche Gebäude. Nichtsdestotrotz wirkte die Gegend auf Bea verlassen und einsam. Wahrscheinlich lag das an ihrer aussichtslosen Lage.
Sie wurde nach drinnen geführt, hoch in den ersten Stock und weiter in ein Büro. Noch saß dort keiner, aber Bea würde es nicht überraschen, wenn Matthias gleich auftauchen und hinter dem Schreibtisch Platznehmen würde.
"Hier", ertönte die Stimme des Jungen, der sie zuerst angegriffen hatte. "Darauf", befahl er und zog einen Holzstuhl vor den Schreibtisch.
Kurz danach wurde Bea auch schon auf die Sitzfläche gedrückt. Eine Hand ruhte weiterhin auf ihrer Schulter, um unmissverständlich zu signalisieren, dass sie stillhalten sollte. Nicht, dass sie eine große Wahl gehabt hätte.
Nach ein paar Minuten öffnete sich die Tür in Beas Rücken. Sie drehte ihren Kopf direkt zur Seite, um einen Blick auf die Neuankömmlinge erhaschen zu können.
Kurz darauf traten sie in ihr Blickfeld.
Zuerst sah sie einen jungen Erwachsenen Mitte zwanzig. Er trug ein schlichtes, graues Hemd, dazu schwarze Jeans und Sneaker. Sie erkannte eine Dolchscheide, die seitlich an seinem Gürtel befestigt war. Seine Haare waren dunkel und nach hinten gegelt, seine dunklen Auge strahlten Neugierde aus.
Nach ihm kam Matthias. Bea war nicht sonderlich überrascht ihn hier anzutreffen, aber es war dennoch schockierend. Er war mit ihr in Camp Half-Blood gewesen, wurde von Chiron aufgenommen und dennoch stellte er sich gegen ihn.
Dann fiel Beas Blick auf die letzte Person.
Ein blonder Junge in ihrem Alter. Sein Blick war auf den Boden gesenkt, aber Bea erhaschte dennoch einen Blick auf seine strahlend blauen Augen. Sein selbstbewusstes und Kraft ausstrahlendes Auftreten war verschwunden, aber Bea würde ihn immer wiedererkennen.
Liam.
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Sooo, ich habe es also doch geschafft XD
Mein Wochenende habe ich dazu genutzt alles vorzubereiten und musste so heute nur noch einmal schnell alles veröffentlichen. Hoffentlich schaffe ich das am Donnerstag genauso.
Mein Seminar hat eigentlich noch gar nicht angefangen XD
Ich muss nämlich erst um 12 Uhr da sein, was mir sehr entgegen kommt, da ich so noch eine letzte Nacht vernünftig schlafen konnte, bevor ich dann 4 Nächte wo anders bin :D
Bis Donnerstag oder so, thegreeni
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