Kapitel 12
Bea war sehr überrascht, dass Matthias die Klappe hielt und sie nicht bedrängte. Noch überraschender war es für sie, dass die anderen Camper tatsächlich noch nicht Bescheid wussten - abgesehen von der Hekate-Hütte, Percy und seinen Freunden.
Kostenloser Urlaub klang ja eigentlich immer gut und Bea genoss es in vollen Zügen. Das Essen schmeckte wunderbar, die Dusche gab stets warmes Wasser und das abendliche Lagerfeuer war auch ganz nett.
Tagsüber erkundete sie das Gelände und trainierte mit Percy. Er war ein ausgezeichneter Lehrer und noch besserer Kämpfer. Es überrascht sie nicht, dass gerade er der zweimalige Retter des Olymps war. (Ja, natürlich wusste sie von alledem, sie lebte schließlich nicht hinter dem Mond.)
Zudem lernte sie Percys Freunde besser kennen. Sie waren alle ziemlich cool auf ihre eigene Art und Weise. Nico war ruhig, Will freundlich, Leo hatten immer einen Witz auf Lager und Piper war stets gut drauf. Jason - der blonde Superman wie Bea mittlerweile gelernt hatte - war nach Camp Jupiter gereist, um da nach dem Rechten zu sehen.
Nicht nur Bea war zufrieden, sondern auch Percy. Normalerweise war seine Freundesgruppe auf die Sieben beschränkt - in Ergänzung von Will, Nico, Rachel und den Jägerinnen (die sich natürlich nicht blicken ließen). Aber Bea hatte sich super integriert und es war ihm eine Freude mit ihr zu trainieren.
"Heute Abend ist Erobern der Flagge. Machst du mit?"
Bea wurde aus ihren Gedanken gerissen und schaute Lou verdutzt an. "Wie bitte?", hakte sie nach. "Ich war gerade in Gedanken, tut mir leid."
"Ob du heute Abend mitspielen willst? Beim Erobern der Flagge?", wiederholte Lou lächelnd. "Du bist bestimmt ne super Ergänzung für unser Team! Percy meinte, du lernst echt schnell!"
"Klar, ich bin dabei!", stimmte Bea lächelnd zu.
Und hier stand sie nun. Auf die Rüstung hatte sie verzichtet, stattdessen trug sie ein Kurzschwert um die Hüfte gebunden und mehrere Messer versteckt unter ihrer Kleidung. Ihr Drachenauge durfte selbstverständlich nicht fehlen.
Zunächst war sie skeptisch gewesen, aber die Regeln waren eindeutig:
Waffen, Schilde und magische Gegenstände durften benutzt werden.
Und dann gab's noch ein paar Regeln bezüglich Zerstückeln, Töten und sowas, aber das war ja nicht so wichtig.
Jetzt mussten nur noch die Teams eingeteilt werden. Wie fast immer wurde eins von der Ares-Hütte und das andere von der Athene-Hütte geleitet werden. Bea betete, zu Annabeth zu kommen. Strategie war ihr dann doch lieber, als sinnloses Gemetzel.
Sie hatte Glück. Die genaue Team-Aufstellung konnte sie sich keineswegs merken, aber sie wusste, dass Percy, Annabeth und Will in ihrem Team waren. Das würde reichen.
Es galt die blaue Flagge zu beschützen - es wundert sich vermutlich niemand, dass Percy im blauen Team war - und die rote Flagge zu stehlen.
"Gibt es irgendeine Taktik?", wurde Percy gefragt, als er gemeinsam mit Bea durch den Wald streifte, um auf Position zu gehen.
"Wenn du einen Plan willst, hättest du Annabeth fragen sollen", antwortete der Halbgott lachend. "Meine Taktik besteht darin als Erster die gegnerische Flagge zu finden und sie schnellstmöglich über den Fluss zu bringen."
"Die Taktik gefällt mir", gab Bea grinsend zurück. "Teilen wir uns auf? Mal sehen, wer von uns beiden die Flagge zuerst findet."
"Deal", griente Percy und klatschte Bea ab. "Du darfst aussuchen: willst du im Norden suchen gehen oder soll ich?"
"Ich kenn' mich hier zwar nicht gut aus, aber ich probiere mein Glück mal im Süden. Wir sehen uns später, Wasserratte!" Mit diesen Worten drehte sich Bea um und verschwand zwischen den Bäumen.
"Wieso kann mich denn niemand einfach Percy nennen?", seufzte er. "Peter Johnson, Boss, Aqua Man, Algenhirn, Wasserratte? Ich frag mich, was als nächstes kommt."
Das Signal ertönte und kennzeichnete den Beginn des Spiels. Augenblicklich sprang Percy aus seiner Deckung und jagte über den Fluss, der als Grenze galt. Er würde bestimmt nicht zulassen, dass Bea die Flagge als Erste fand.
Beim letzten Mal hatte die Ares-Hütte die Flagge im Süden versteckt, also zählte Percy darauf, dass es diesmal nicht so wahr. Mit ein bisschen Glück würde er sie zuerst finden, die zwei Wachen besiegen und die Flagge zurück in seine Spielhälfte tragen.
Percy hatte Glück. Er trat auf eine Lichtung und entdeckte nicht mal 100 Meter entfernt sein Objekt der Begierde. Sichtbar platziert wie die Regeln es verlangten und von genau zwei Halbgöttern bewacht.
"Hallo, Clarisse", ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er sie erblickte. Das musste schon was heißen, dass Clarisse die Flagge verteidigte, anstatt sich aktiv in den Kampf zu stürzen. Der letzte Sieg musste sie tief getroffen haben.
"Hey, Prissy! Bereit zu verlieren?"
"Das gleiche wollte ich dich gerade fragen. Ich sehe, du hast einen neuen Speer? Sicher, dass du schon wieder einen verlieren willst? Der wie vielte wäre das jetzt? Der fünfte, oder schon der sechste?"
Es dauerte nur eine Sekunde und Clarisse stürzte sich geradewegs auf Percy.
----------
Bei Bea lief es nicht ganz so gut. Sie war mehreren Halbbluten begegnet - ein paar waren aus ihrem Team, anderen mussten sie entweder aus dem Weg gehen oder in einem schnellen Zweikampf besiegen.
In einem fairen Schwertkampf hatte sie gegen geübte Kämpfer wie Percy keine Chance, aber sie hatte ein paar fiese Tricks auf Lager, die im richtigen Moment zum Sieg verhalfen. Und sie begegnete niemandem, dessen Kampfkünste auch nur annähernd an die von Percy heranreichten.
Nur von der roten Flagge fehlte weiterhin jede Spur.
Dann entdeckte sie Matthias. Und er war nicht alleine. Zunächst dachte Bea sich nicht viel dabei, schließlich war er aus der Hekate-Hütte und suchte auch nach der gegnerischen Flagge.
Aber als Matthias mit drei anderen Halbbluten schließlich auf sie zuhielt, merkte sie, dass das gewaltig zum Himmel stank. Da sie noch einen guten Abstand hatte, drehte sie sich kurzerhand um, damit sie zwischen den Bäumen verschwinden konnte.
Ein Pfeil raste auf sie zu und blieb nicht mal fünf Zentimeter vor ihren Füßen im Boden stecken. "Der nächste Pfeil trifft, Bea", ließ Matthias verlauten. "Wir woll'n doch nur mit dir red'n."
Bea blieb stehen. Etwas anderes blieb ihr auch nicht übrig. Der Pfeil war mit äußerster Präzision und Reaktionsgeschwindigkeit abgeschossen worden - dahinter steckte sicherlich ein Apollo-Kind. Und mit solchen Bogenkünsten wollte sich Bea ganz sicher nicht anlegen. Selbst sie war nicht unsterblich.
Die vier Halbblute einschließlich Matthias bildeten einen Kreis um sie und nahmen ihr die letzten Fluchtwege. Nur den blonden Haarschopf des Apollo-Kindes konnte sie nicht entdecken. Nach dem Winkel des Pfeils zu urteilen, müsste er sich rechts von ihr aufhalten.
"Ne falsche Bewegung, 'n falsches Wort und mein Schütze jagt dir 'nen Pfeil ins Bein, verstanden?", drohte Matthias ohne jegliche Hemmungen oder Scham.
"Was wollt ihr?" Beas Stimme klang weiterhin ruhig, obwohl ihre Gedanken rasten, um einen Ausweg zu finden. Konnte sie mit ihrem Drachenauge schneller sein, als der Bogenschütze?
"Wenn du schon so nett fragst, sag' ich's dir." Matthias lächelte sie an und Bea merkte erstmal, dass es nicht einfach nur ein fieses Grinsen war, sondern eher eine hinterhältige, sadistische Grimasse. "Das Drachenauge."
"Es gehört mir, Matthias", erwiderte Bea. "Das ist kein Spielzeug, sondern ein mächtiges Artefakt. Du weißt nicht, wie man damit umgeht." Sie musste Matthias am Reden halten. Sie würde nicht kämpfen oder flüchten können, bevor sie den Bogenschützen entdeckt und außer Gefecht gesetzt hatte.
"Ich bin net dumm, Bea", kommentierte Matthias und schüttelte enttäuscht den Kopf. "Entweder du gibst uns das Drachenauge jetz', oder wir hol'n es uns. Die Entscheidung liegt bei dir."
"Nur über meine Leiche", gab Bea mit eisiger Stimme zurück. Ihre Hand senkte sich auf den Schwertgriff.
"Das lässt sich einrichten", sagte Matthias unbekümmert und nickte. Das war scheinbar das Zeichen für seine Mitstreiter, die sich direkt in Bewegung setzten und mit gezückten Waffen auf Bea zukamen.
Noch bevor Bea ihr Schwert richtig in der Hand hielt und in Verteidigungsstellung gehen konnte, traf sie der Pfeil. Sie hatte Glück im Unglück. Dem Bogenschützen war es gelungen, lediglich einen Streifschuss zu landen und dafür zu sorgen, dass Bea ihre Waffe verlor.
Der Schnitt an ihrem Unterarm brannte höllisch und ihre Waffe entglitt ihren Finger. Kurz darauf hatte sie das Schwert eines Mädchens vor der Kehle. "Soll ich sie direkt töten, Matthias?"
Bea zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Vielleicht eine Tochter des Ares oder der Nemesis. Sie war sich nicht sicher.
"Nein, wir sind doch keine Monster. Sie hat noch 'ne Chance, das Drachenauge jetzt rauszurücken." Matthias schaute seine Gegnerin erwartungsvoll an.
"Ihr bekommt es nicht von mir. Egal, ob ihr mich tötet oder nicht."
"Du scheinst da was falsch zu verstehen, Bea", sagte er amüsiert. "Ich hab' kein Problem damit, dir erst die Kehle durchzuschneid'n und mir dann das Drachenauge zu nehm'. Das is' nur 'n kleiner Preis, den ich bereit bin zu zahlen."
Jetzt war es an Bea zu grinsen. "Viel Erfolg dabei den Zauber einer Toten zu brechen. Ich habe das Drachenauge an mich gebunden und dabei wird es auch bleiben."
Matthias zog schweigend die Augenbrauen hoch. Er hatte zwar nicht mit weiteren Schwierigkeiten gerechnet, aber sie würden das Problem ganz leicht lösen können.
Zwei von Matthias Handlangern traten vor und packten je einen von Beas Armen. Und genau das war ihr Fehler. Sie hatten die Gefahr völlig falsch eingeschätzt. "Prendi Percy, adesso!"
----------
Hallo zusammen,
ja, ich weiß, Matthias ist ein Arsch. Aber es können eben nicht alle so perfekt sein wie Percy ;)
Kapitel 12 ist somit online und bisher habe ich tatsächlich geschafft, mich an meinen Plan zu halten XD
Obwohl Montage und Donnerstage echt anstrengend sind und ich immer recht lang unterwegs bin, bekomme ich tatsächlich alles Wichtige auf die Reihe, wow. Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber ich bin einfach nur überrascht XD
Ich hoffe, ihr bekommt auch alles Wichtige auf die Reihe und geht nicht unter vor lauter Hausaufgaben, Vorträgen, Corona-Maßnahmen (sorry, dass ich das böse Wort sage), Arbeitsstunden, et cetera. ;)
Bis Montag, thegreeni
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro