Silber und Drache 5
Unverständliches Gemurmel drang mir in die Ohren, es holte mich gnadenlos aus dem Schlaf immer mehr in den Wachzustand.
Ein pochender Schmerz pulsierte direkt hinter meiner Stirn, mit leisem Stöhnen, wälzte ich mich auf die Seite um wieder einzuschlafen. Dabei bemerkte ich den Untergrund, der sich unangenehm hart anfühlte, obwohl sich weicher Stoff an meine Wange schmiegte.
Ein Geruch von feuchter Erde und Gras stieg mir in die Nase, flüstere mir leise zu, dass ich nicht zu Hause war und deshalb schnell aufwachen musste.
Dem Folge zu leisten erwies sich nicht als einfach, wenn sich alle meine Muskeln anfühlten als hätte ich stundenlang auf einem Schlachtfeld gekämpft. Meine Glieder wollten sich nicht regen.
„Iris. Bist du wach?" flüsterte auf einmal eine mir allzu bekannte Stimme, die mich sofort mit Wut erfüllte.
Stimmt. Etwas war geschehen worüber ich sehr zornig sein sollte. Noch wollte die Erinnerung nicht zu mir kommen und um angestrengt nachzudenken schmerzte mein Kopf zu sehr.
Eine kalte Hand fasste mir an die Stirn, mit einem Seufzen schmiegte ich mich an die angenehme Kühle.
„Iris. Ich habe Lavasteintee für dich gebraut. Ein paar Schluck davon und dir geht es gleich viel besser."
Nun erkannte ich wer zu mir sprach.
Ranja, dieses Miststück.
Als ob ich meinen Ärger mit Lavasteintee wegspülen wollte.
Stattdessen hoffte ich inständig meine Kopfschmerzen würden mich noch etwas länger plagen, dass meine Wut anhielt und nicht sofort verrauchte wie die letzten Male.
Ein Erwachen wie dieses hatte ich schon des öfteren erlebt und ich wusste es gab gute Gründe für Ranjas Attacke auf mich, trotzdem wollte ich im Moment nichts sehnlicher als meine zwei Begleiter windelweich zu prügeln.
Der beißend scharfe Geruch des Tees stieg mir in die Nase, ich fühlte wie Ranja die Teeschale an meine Lippen drückte, damit ich trinken konnte.
Doch ich versuchte nicht zu trinken und wartete geduldig noch einen kleinen Moment, bis ich sicher war sie direkt über mir zu haben, dann riss ich die Augen auf, reckte blitzschnell die Hand nach oben und packte sie direkt an der Gurgel.
Erschrocken versuchte Ranja zurück zu weichen, doch ich hatte sie fest und sicher und drückte unnachgiebig zu.
MitGeklapper landete die Teeschale auf dem Boden neben mir, ich spürte Tropfen des heißen Gebräus auf meiner Wange und Hals. Hitze konnte mich nicht verletzten, denn der weise Drache hatte meine Art aus Feuer und Wasser geschaffen, erwürgen konnte man einen Drache allerdings schon.
Ich tat mein bestes Ranja mit eben diesem Schicksal vertraut zu machen.
Mit panisch aufgerissenen Augen schnappte sie nach Luft und versuchte Worte zu formen, nichts davon wollte ich hören.
Sie wehrte sich aber auch nicht, mit starren Fingern krallte sie in die Luft anstatt mich anzugreifen und ertrug was sie verdient hatte.
„Iris. Lass sie am Leben. In Ordnung? Es war Vigours Befehl."
Milanda sprach zu mir, sie trat eben zu uns, fort von einem großen Holzkarren, die bunt gestrichenen Bretter, riesigen Reifen und Wimpel am Dach, erinnerten mich an die Wohnwägen von fahrendem Volk.
Zwar hatte ich nicht vor Ranja zu erwürgen, aber ich wusste sehr genau, bis wann ich ihr die Luft abdrücken konnte, bevor ich ihr wirklich schaden würde. Der Zeitpunkt sie loszulassen und ihr zu vergeben war noch nicht gekommen.
„Meinst du ich weiß nicht, dass dieser Unsinn von Vigour stammen musste. Ihr zwei würdet nicht freiwillig so einen Mist bauen. Aber...wie kann Vigour es wagen..."
Obwohl ich Vigours Befehle meist ohne Fragen ausführte, neigte ich dazu bei gewissen Aufträgen mit ihm zu diskutieren, wenn sie mir zu gewagt, oder unsinnig erschienen um sie ihm auszureden.
Da ich meinen König bereits seit seiner Kindheit kannte und ihm sowohl das Reiten wie den Schwertkampf beigebracht hatte, konnte ich mir Freiheiten erlauben, die viele seiner Berater nicht wagten.
Leider ließ sich Vigour nur selten von seinen verrückten Ideen abbringen, doch er fürchtete meine Widerworte dennoch. Diese Diskrepanz hatte dazu geführt, dass Vigour mich bei gewissen Entscheidungen einfach umging und seine Befehle anderweitig verteilte.
Meistens endete diese Aufträge mit mir in einen Schimmerkraut Delirium und einem Haufen Schwierigkeiten, die ich ausbügeln durfte, sobald ich wieder Arbeitsfähig war.
Mein König lernte niemals aus dem Chaos, das er veranstaltete, aber ich konnte es dennoch nicht lassen ihm die Wahrheit zu sagen.
Als Ranja nur noch verzweifelt nach Luft rang lies ich sie los, heftig Husten fiel sie nach hinten auf den Rücken und fasste sich an den Hals. Klar und deutlich zeichnete sich der Abdruck meiner Finger auf ihrer braungebrannten Haut ab. Sie tat mir kein bisschen Leid, denn ich bat meine Begleiter jedes Mal aufs neuen, nachdem sie mich für Vigours Befehle hintergangen hatten, ehrlich zu mir zu sein, damit wir das Problem gemeinsam lösen konnten.
Doch da Vigour ihr König war und ich nur ihr General und ihre Freundin, blieben sie ihm stets treu ergeben und verrieten lieber mich als ihn.
Mürrisch griff ich nach der Teeschale, die neben mir auf dem Boden gefallen war und schlürfte den spärlichen Rest des Lavasteintees auf, den ich nicht verschüttet hatte.
Schärfe brannte schmerzend auf meiner Zunge, doch ich merkte wie der Nebel in meinem Kopf schwand und meine Sinne und Gedanken sofort klarer wurden.
Milanda beobachtet mich sehr genau, dabei knetete sie unruhig ihre Hände, sie wusste ganz genau, dass ich vorhatte auch sie zu bestrafen, bevor ich ihr vergeben konnte.
Doch zunächst gab es sehr viel wichtigere Dinge zu klären.
„Was habt ihr mit der Königin gemacht?"
Ich konnte es ahnen, denn der Wagen direkt vor mir war zu auffällig um nur zufällig dort zu stehen, doch ich hoffte inständig mich zu irren. Die Königin besaß eindeutig sehr viel größere Macht als wir alle zusammen, Ranja und Milanda konnten sie unmöglich gefangen genommen haben.
Betreten deutete Milanda auf den Karren und machte damit meine Hoffnung zunichte, die Königin könnte entkommen sein.
„Es geht ihr aber sehr gut. Wir haben ihr nicht weh getan und sie ist gut versorgt."
„Vigour wollte, dass wir sie zu ihm bringen wenn sich die Möglichkeit bietet, falls sie der Brautwerbung nicht zustimmt," krächzte Ranja und richtete sich wieder vom Boden auf. Hastig griff sie nach ihrem Lederschlauch, öffnete ihn und trank, dann wurde sie abermals von Husten geschüttelt.
„Also habt ihr eine Elfenkönigin entführt. Für einen Drachenkönig. Seit ihr absolut wahnsinnig? Was glaubt ihr was passiert, wenn das rauskommt? Oder, es muss nicht einmal rauskommen... „ auf einmal überfiel mich Panik, ich rappelte mich auf die Beine und klappte sofort wieder zurück in die Knie.
Es war zu spät, wir hatten eine Elfenkönigin entführt und dadurch wahrscheinlich den seit 300 Jahren bestehenden Waffenstillstand zwischen Drachen und Elfen beendete.
Plötzlich fiel es mir schwer zu atmen, mühsam schnappte ich nach Luft und starrte dabei auf den vermaledeiten quietschbunten Holzkarren, wünschte mir ich könnte ihn samt Inhalt direkt zurück in den Elfenpalast schicken.
„Ruhig, ruhig. Iris. Du weißt doch du musst es langsam angehen lassen nach einem Schimmerkrautschlaf. Ich mach dir nochmal Tee."
Ranja legte ihren Arm um meinen Rücken und rieb mir fest über die Schulter. Ich hasste es wenn sie sich so liebevoll verhielt, nachdem sie einen solchen Unsinn angestellt hatte. Es wäre mir lieber gewesen, sie hätte ein wenig Abstand gehalten nachdem ich sie beinahe bewusstlos gewürgt hatte.
„Ihr seit so verfluchte Idioten. Was sollen wir jetzt mit der Königin machen? Wir können sie weder behalten noch freilassen ohne einen Krieg auszulösen."
„Ganz klar. Wir bringen sie zu Vigour, wie befohlen. Wenn er sie von sich überzeugen kann, haben wir kein Problem. Und im Notfall kannst du dich ja nochmal anflimmern lassen, die Königin scheint dich ja zu mögen," sagte Milanda mit einem Schulterzucken, als begriffe sie nicht ansatzweise den Ernst der Lage.
Wahrscheinlich verstand sie unsere gefährliche Situation tatsächlich nicht, denn Milanda war erst nach Ende des Rubinkrieges geboren worden, ebenso wie mein König.
Dennoch hatte ich genug. Die Dosis Schimmerkraut konnte mich auf keinen Fall so schwach machen um den Drang zu widerstehen der mich im Moment überkam.
Blitzschnell schoss ich nach oben und stürzte nach vorn, obwohl sich die Welt um mich herum wie wild zu drehen begann.
Ich konnte erst umfallen wenn Milanda ihre Lektion gelernt hatte und meine Wut verraucht war.
Schon mein erster Schlag mit geballter Faust streckte sie zu Boden.
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