Drache und Silber 116
Nervös trank ich sieben Tassen Tee, bevor Juna ins Zimmer stürmte. Die Gespräche über Enkelkinder rissen nicht ab und ich wünschte mich weit fort, bis in den hintersten Winkel des Wintersteins.
Wenn ich meine Liebste ansah, die Wange rot, die Augen glänzten wie Juwelen, quälte mich das Thema nicht mehr so. Natürlich musste Juna Kinder haben. So viel Wunderbares auf einem Fleck musste der Nachwelt erhalten bleiben. Nur hätte ich erst viel später darüber nachgedacht.
Wenn wir einander wirklich gehörten. Die Hände durch das ewige Band verbunden, das in unserem Fall nur 50 Jahre hielt.
Juna küsste ihre Mutter und setzte sich neben mich.
„Mein Mäuschen. Ich habe es bereits mit deiner Ehefrau besprochen. Wann plant ihr Kinder? Ich kann es kaum erwarten in ihre kleinen Bäckchen zu kneifen."
Stocksteif erstarrte meine Liebste. Sie ballte die Hände und grinste verlegen.
„Das hat doch noch Zeit. Mama."
„Ah ah."
Die Mutter wackelte mit dem Finger und tippte Juna auf die kleine Nase.
„Du weißt die Erdenmutter ist wankelmütig. Ihr solltet sofort mit den Fruchtbarkeitsritualen anfangen."
Meine Liebste schüttelte den Kopf. Ihre Stirn gerunzelt packte sie meine Hand.
„Ich werde Iris noch nicht teilen. Nicht in den nächsten hundert Jahren. Kinder können warten."
„Aber Mäuschen. Ich werd auch nicht jünger und möchte meine Enkelkinder noch erleben."
Mit einem Ruck sprang Juna auf und zog mich mit sich. Sie beugte sich vor und drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange.
„Ich weiß. Mama. Schön, dass du hier bist. Ich werde jetzt Zeit mit Iris verbringen. Ihr kennt euch ja jetzt ausreichend."
Obwohl unser Abgang nicht dem Eindruck entsprach, den ich meiner Schwiegermutter von mir vermitteln wollte, folgte ich meiner Liebsten wortlos hinaus.
Allein mit ihr zu sein, wog alles andere auf. Wenn die Welt uns in Ruhe ließ und uns Zeit schenkte, nutzten wir sie gemeinsam.
Doch schon vor der Tür stand ein Minister. Ein schmieriger Geselle, der mich stets abwertend anfunkelte. Er unterschied sich nicht sehr von den anderen Elfen aus dem Regierungsstab meiner Königin.
„Verehrte Königin. Die Hochelfen aus der Hauptstadt sind eingetroffen.", teilte er uns mit.
Nach einer knappen Verbeugung, schickte er mir ein freches Grinsen. Juna merkte es nicht. Fest umklammerte sie meine Hand und starrte frustriert gerade aus. Fast glaubte ich ihre Gedanken zu hören. Sie dachte an Flucht. Genau wie ich.
Schließlich seufzte sie laut und wandte sich zu mir.
„Ich muss wohl gehen. Geh nicht zurück zu meiner Mama. Du kennst sie jetzt und brauchst dir ihre Wünsche nach Enkelkindern nicht anhören."
Meine Liebste küsste mich. Ein bisschen zu lang für einen Abschiedsgruß.
„Ich komm bald wieder."
Erschöpfung lag in ihrer Stimme. Wie gern ich sie in den Garten zu einem Spaziergang entführt hätte. Für eine kurze Pause.
Doch der hohe Besuch hasste es zu warten.
„Wir sehen uns heut Abend."
Tröstend drückte ich ihre Hand. Juna schniefte und schlürfte davon mit hängenden Schultern.
Sehnsüchtig blickte ich ihr hinterher. Wir lebten zusammen und sahen uns jeden Tag.
Dennoch vermisste ich sie zu sehr in letzter Zeit.
Als ich zu Junas Lebensbaum zurückkehrte, in unsere gemeinsamen Räume, erwartete mich erfreulicher Besuch.
Kaum öffnete sich die Tür vor mir, klebte ein kleines Bündel an meinen Beinen und grinste zu mir auf. Seine runden Backen glänzten rot, während Momo mich anstrahlte. Begeistert pflückte ich ihn von meinen Beinen und warf ihn in die Luft.
Der Junge quietschte und ich drückte ihm einen dicken Kuss auf die Wange.
Am voll gedeckten Esstisch saßen Rosalie und mein Papa. Sie lächelten mir zu.
Sofort bemerkte ich die Abwesenheit meiner Mutter. Eine Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung breitete sich in meinem Herzen aus. Das Gefühl verschwand schnell, ob der Freude den Rest meiner Familie zu sehen. Sie hatten mich zuletzt Anfang des Winters besucht.
Mit Momo auf dem Arm trat ich zum Esstisch, der sich unter den Lasten der Schüsseln und Platten bog. Desmon hatte uns eine ganze Reihe seiner Rezepte für Drachen zum Probieren geschickt. Er liebte es, wenn er sich an weiteren Testpersonen versuchen konnte.
Ein verführerisch würziger Geruch stieg mir in die Nase. Doch zuerst begrüßte ich meine Familie. Fest drückte ich Rosalie an mich, die mir Momo wieder abnahm. Dann zerquetschte mich mein Papa.
„Ihr kommt früher als erwartet. Die Hochzeit ist erst in drei Tagen. Ich dachte ihr kommt zusammen mit Vigour kurz vorher."
Mein Papa lachte laut.
„Mein Kleines. Wir konnten in deinem letzten Brief lesen, dass du dringend Unterstützung gegen diese Armee an Elfen brauchst. Deshalb sind wir hier. Vor deiner Hochzeit brauchst du Drachen, die dich ordentlich vorbereiten."
Zwar freute ich mich über ihre frühe Anreise. Doch den Wunsch mich ordentlich vorzubereiten, fasste ich beinah als Drohung auf. Jeder bereitete mich vor. Ich hatte genug davon.
Dennoch lächelte ich nur freundlich. Natürlich versuchte meine Familie mir zu helfen. Auf ihre Art und Weise.
Zusammen verbrachten wir ein wundervolles Essen. Besonders Desmons Kartoffeleintopf mit Kräutern weckte in uns Begeisterung, weil wir Rosalies berühmte Drachenwürste hineinschnitten, mit denen sie mich stets gut versorgte.
Danach setzte sich mein Papa zu mir und begann mich in die Geheimnisse einer guten Drachenehe einzuweihen.
„Manchmal ist es am besten nur zu Nicken und nichts zu sagen. Lass sie reden Kind, bis sie sich den Ärger von der Seele geredet hat. Und stimme ihr zu. So lebt es sich am besten. Besser als in einen wilden Streit auszubrechen. Das führt doch zu nichts. Wenn du sie doch nicht mehr ertragen kannst, weißt du ja diese Ehe hält nur 50 Jahre und du kannst jederzeit zum Winterstein zurückkommen."
Kräftig klopfte er mir auf den Rücken und lachte, dass sein dicker Bauch wackelte.
Ich nickte nur und sagte nichts.
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