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Lebend oder tot!




„Gero. Nehmt Männer und besetzt die Hütte des Schäfers. Wacht auch herum- in Dorf und Feld! Arno, ihr und eure Männer gehen an die kleine Drogfurth. Die liegt ungesehen. Wenn der Mann passieren will, kann es dort zuerst sein. Wacht dort und prüft jede Seele, die sich dort durchbewegen will. Ich beordere die Heimburger zur Wendefurth. Brecht jetzt gleich auf. Bote- ihr berichtet mein Wort auf der Treseburg. Dort und an der alten Braake sollen die Furthen genauso gesichert werden. Mit gleichem Auftrag. Und lasst alle Männer ordentlich Brot fassen vor dem Marsch! Ob lebend oder tot- packt mir diesen Hund!"

Arno lobte die kluge und endlich einmal schnell getroffene Entscheidung vom jungen Sigurd von Regenstein. Dieser hatte nun wohl begriffen, dass sofort zu handeln war!

Schnell ging es mit den Männern hinaus in den Abend, die Dunkelheit zog schon langsam auf. Stephan und Andreas hatten die überlassenen Decken eingesteckt, falls im Wachdienst Ruhe gefunden werden konnte. Zurückbringen wollte man die Decken auch.

Mit Anbruch der Dunkelheit war man an der Drogfurth und nahe der Draburg.

Hier kannten sich die Männer aus.

Tobias war kurz vor dem Ankommen an der Furth zu den nahe lagernden Holzfällern Lurz und Hanjo entsandt worden, um auch diese zwei guten Leute vor Fremden gewarnt zu wissen. Nur der Lurz war an der Lagerstelle. Den Hanjo hatte es nach Hause gezogen vor dem Sonntag. Ritter Arno hoffte, dass die anderen Häscher den guten Hanjo nicht irrtümlich für den Gesuchten hielten.

Bei Anbruch der Nacht waren Arno und seine Männer in Rufweite zur Furth gedeckt im Wald verschwunden, konnten die Furth gut einsehen und alles Ungewöhnliche dort hören.

Arno hatte es untersagt, ein Feuer zu machen. Vorsicht und Wachsamkeit waren geboten. Nur Arno erlaubte sich einen kurzen Schlaf bei der Dunkelheit- eingebettet zwischen zusammengeschobenem Laub und einer Decke, die nach Vieh roch.

Nach kurzem Schlaf lagen dann alle vier Männer hinter den Bäumen an der Furth im Graben- bereit an Waffen und fest entschlossen im Geist, den Mörder zu fassen, so er hier entlang wollte.

„Denkt mir daran, Leute! Wir wollen den Mann greifen, wenn er hier lang will. Um nichts darf er uns entweichen. Wir sprechen nur, wenn es nötig ist. Und taucht die Speerspitzen und Pfeile in den Dreck. Dann blinkt das Eisen nicht. Macht es mit den Gürteln und Nieten auch so- schmiert Euch ordentlich ein."

Arno hatte schon einmal gegen die Ungarn solch einen Hinterhalt erlebt. Mit mehr Männern und besseren Waffen. Damals hatte man ihm diese Ratschläge gegeben. Als die Heiden dann über den Fluss drängen wollten, hatten sie einen hohen Blutzoll zu entrichten und wurden zurück geschlagen und verfolgt.

Hier ging es um einen Mann- entweder zu Pferd, oder zu Fuß.

Die Zeit verging. Tiefe Dunkelheit umfing alles umher und man hörte nur noch den Fluss leise und beruhigend dahin plätschern.

Das Plätschern des Flusses an der Furth sorgte zuerst bei Arno, dann beim Andreas für Unruhe. Nacheinander und ohne Worte zu wechseln krochen sie an die Seiten der Kuhle, um sich dort im Liegen zu erleichtern.

Die Zeit verging.

Arno kämpfte gegen seine Müdigkeit an. Ein Zucken des Stephan verriet dem Tobias und dem Arno, dass Stephan diesen Kampf kurz verloren hatte und weggedöst war.

Dann jedoch ein Klappern am anderen Ufer, wie von einem Pferdegeschirr.

Alle hatten es gehört, wie an der kurzen Unruhe festzustellen war.

Zu sehen war nichts in dieser Dunkelheit.

Arno lauschte weiter.

Dann wieder ein Geräusch. Als wenn ein Huf einen Stein trat.

Dann mehrere Huftritte, als wenn ein Pferd vor etwas zurückscheuen würde.

Ein kurzes, vernehmbares Schnaufen. Von einem Pferd offenbar.

Kurz darauf war eine tiefe, beruhigende Stimme zu hören-nicht zu verstehende, leise Worte wurden gesprochen.

Wer auch immer dort am anderen Ufer stand, war zu Pferd und versuchte, das Tier nach einem Zurückschrecken wohl zu beruhigen- ein Mann vielleicht? Der Stimmlage nach zumindest war dies zu vermuten.

Dann war wieder Stille in der Nacht. Eine lange Stille.

Hatte der Reiter die Furth erreicht? War er zurück gewichen? Hatte man sich getäuscht?

Die Anspannung in Arno war groß. Er war nun sehr aufmerksam, versuchte kein Geräusch von sich zu geben. Andreas schob seinen Bogen näher an sich.

Nichts tat sich. Nichts war zu sehen oder zu hören.

Dann- wie ein Schlag durch die nächtliche Ruhe- wieder ein Hufschlag auf festen Boden! Dieses Mal in direkter Nähe der Furth.

Arno kniff die Augen zusammen. Sie hatten sich an das Dunkel schon lange gewöhnt, dennoch war nichts auszumachen.

Ein Schatten schob sich aus dem Wald gegenüber auf die Furth zu, über die schmale Aue dort- auf dem Drogweg. Der Schatten hielt an der Furth kurz inne.

Vielleicht schätzte der Reiter die Furth ab oder beobachtete den dahinter liegenden Wald? Jetzt nur keinen Fehler machen. Liegen bleiben- Ruhe bewahren.

Der Schatten bewegte sich wieder. Dem Umriss nach trieb der Reiter das Pferd nun mehrfach an, durch die Furth zu gehen.

Wasser klatschte unter den Hufen weg.

Der Schatten kam näher- war in der Furth und bewegte sich langsam vorwärts. Wieder und wieder klatschten die Hufe des langsam vorangehenden Pferdes in das Wasser. Mal fest- dann unsicher- dann wieder fest.

Ohne Zweifel- nur ein Reiter zu Pferd. Mitten in der Nacht.

Kein normaler Mann würde jetzt hier durchreiten- zu dieser nächtlichen Stunde hatten alle ehrbaren Leute schon ein Lager gefunden. Und jeder, der ein Tier hatte, würde hier absteigen und das eigene Pferd führen, damit es sich sicherer fühlt. Wenn man denn gezwungen war, jetzt noch zu reisen.

Der Schatten erreichte die diesseitige Flussseite und stand kurz an der Aue auf dem Weg.

Dann kam er der Stellung der Draburger näher und näher mit jedem Hufschlag. Diese waren schon deutlich zu hören auf dem Wegboden.

Arno stieß den Andreas und den Stephan an. Stephan gab einen Stoß an den Tobias.

Jeden Moment mussten sie sich zeigen- offen aus der Kuhle springen. Arno legte sich schon die Worte an den Reiter zurecht.

Der Reiter war nun ganz nahe.

Arno von Draburg boxte kurz seine Nebenleute, griff dann zu Schild und Speer und kniete sich hoch, um auf den Weg heraus zu springen.

Andreas war als erster oben und setzte flink einige Schritte auf den Weg. Tobias folgte nach, dann Arno und der Stephan fast zeitgleich.

Andreas stellte sich mittig des Weges und schrie heraus: „Keinen Schritt weiter, wenn Euch das Leben lieb ist!"

Das Pferd wieherte und schreckte zurück, sich zur Seite bewegend.

Arno rief auch lauthals, als er aus dem Wald trat: „Bleib sofort stehen Kerl. Ich bin der Draburger Voigt. Bleibt stehen und gebt euch zu erkennen."

Der Reiter hatte offenbar mit dem scheuenden Pferd zu tun, konnte es kaum beruhigen.

Stefan rief: „Halt Mann.  Wir sind Voigtsleute!"

Auch Tobias machte seiner Anspannung nun Luft: „Sofort runter vom Pferd! Sofort!"

Der Reiter sagte kein Wort, versuchte noch, in das Pferd nach dem Schreck Ruhe herein zu bringen. Er zischte irgendetwas.

„Versteh mich recht, Kerl. Ich bin der Voigt hier. Wenn du der bist, den wir suchen- ergib dich sofort, sonst strecken wir dich nieder! Wenn du nichts Unrechtes getan hast, geschieht dir kein Leid! Doch steig jetzt ab und heb die Hände, damit wir sehen können, dass du unbewaffnet bist!"

„Runter vom Pferd!" fauchte Tobias erneut lauthals.

„Haltet die Fressen!" schrie der Reiter zurück, zerrte am Zügel, um sein Pferd wieder auf den Weg zu bringen. das Pferd trampelte wie wild auf der Stelle, um dorthin zurück zu gelangen.

„Männer legt die Pfeile auf!" Befahl Arno in die Nacht.

„Haltet die Fressen!" schrie der Reiter erneut mit kratziger Stimme.

Arno warf den Schild zur Seite in den Wald hinein. Dann packte er seinen Speer fester.

„Mann! Ich hab es satt, dich zu betteln! Runter vom Pferd! Sofort! Oder wir strecken dich und das Tier nieder!" schrie Arno lauthals.

Andreas schrie, legte den Bogen auf den Reiter an: „Aus dem Sattel, du Mörder! Auf der Stelle!"

Auch Tobias war anzusehen, dass er den Bogen schussbereit hatte. Stephan hielt sich hinter seinem Schild, den Speer wild und entschlossen vor und zurück stakend.

„Ihr sollt eure dreckigen Fressen halten!" schrie der Mann krächzend und lauthals zurück. Dem Schattenumriss nach haute er nun seine beiden Beine in die Flanken des Pferdes, um es durch diese Sperre zu bringen- um jeden Preis und wenn es Arno und seinen Knechten dabei schlecht erging.

Arno machte schnell und behände einen Schritt zur Seite, dann ließ er entschlossen seinen Speer in Richtung des Reiters auf dem Pferd vorschnellen. Durch diesen gut gesetzten Schritt nach links kam Ritter Arno auch aus der Bewegungsrichtung des schreckhaften Pferdes, das durch die Flankentritte des Reiters angespornt vorwärts drängen wollte.

Arnos Speerstreich verfehlte. Darum ging Arno noch einen Schritt nach links- ließ den Speer nochmals mit Wucht geführt zu dem Reiter hochschnellen.

Dieses Mal saß der Speerstreich.

„Ah!" hörten alle.

„Runter vom Pferd! Auf der Stelle!" schrie Stephan, der sich nun nach rechts aus der Bewegungsrichtung des Pferdes brachte. Allerdings hatte er weniger gut getreten, geriet ins Taumeln. Der Spieß sank kurz zu Boden, bis Stephan neuen, guten und festen Tritt bekam. Dann versuchte auch er einen Speerstoß anzubringen, der unentschlossen und zu kurz geführt nichts bewirkte.

„Steig ab, Mann- oder du bist des Todes!" warnte Arno nochmals lautstark.

„Los du Mistvieh!" schrie der Reiter krächzend. „Lauf! Lauf! Lauf"

Immer stärker schlugen die Füße des Mannes an das Pferd. Arno musste aufpassen, keinen Tritt zu bekommen.

Erneut steckte Arno entschlossen den Speer nach vorn, dem Reiter zu. Wieder ein Treffer! Aber der Speer verhakte sich irgendwo an seinem Ziel.

„Los! Los! Los!" schrie der Reiter und trat wie besessen in das Pferd, schlug wild die Zügel.

Ein Pfeil sirrte durch die Nacht, verfehlte jedoch sein Ziel.

„Los! Los!" schrie der Reiter. Das Pferd bekam nun langsam wieder Tritt auf dem Weg, wurde schneller.

Arno musste seinen Speer loslassen, sonst hätte es den ganzen Mann mitgerissen.

„Wer kann, schießt! Schießt Männer! Streckt ihn vom Pferd!" schrie Arno.

Der Reiter brach nun durch die Reihen.

Ein Pfeil zischte durch die Nacht. Kurz darauf ein zweiter Pfeil.

Im Gewühl der Schreie, Pferdehufschläge und des Geklirr der Ausrüstungen war jedoch auch zumindest ein Treffer zu hören.

Der Reiter mit Pferd ritten weiter. Ein neuer Pfeil wurde vom Andreas aus dem Köcher gezogen.

Dann ein dumpfer Aufschlag auf dem Weg, wo eben noch der Fliehende war. Das Pferd ritt ohne Reiter weiter.

Auch das Aufschlagen von Arnos Speer war fast zeitgleich zu hören.

Es war getan! Der Kerl war unten am Boden.

Alle sahen fassungslos in die Nacht hinein- dorthin wo der Mann auf den Weg geflogen war. Keiner wagte, sich zu regen- alle standen wie starr. Tobias und Stephan schauten sich bleich von der Aufregung an, kaum dass sie sich erkennen konnten im Dunkel.

Arno war es, der diese Starre durchbrach.

„Hin zu ihm, Männer! Stephan! Gib mir deinen Spieß!"

Die Männer hetzten die zwanzig Meter durch die Nacht auf dem Weg- keiner achtete auf das davonfliehende Pferd. Der weg war das Einzige, was man als helleren Streifen etwas erkennen konnte. Die hohen Bäume an beiden Seiten des Weges schienen wie schwarze Wände in der Nacht zu stehen.

Reglos lag der Mann am Boden. Ein Pfeil ragte aus seinem Rücken.

Arno hielt den Spieß an den Mann, kniete kurz ab und brach das hintere Ende des Pfeiles vor den Augen der Männer ab.

Hierbei gab der Mann am Boden ein kurzes, röchelndes Geräusch von sich.

„Der lebt ja noch!" sagte Andreas.

Tobias machte seiner angesammelten Anspannung und Wut Luft. Mit voller Wucht trat Tobias dem Liegenden in die Seite.

Und wieder ein kurzes Röcheln vom Boden.

Alle waren angespannt nach dieser kurzen, heftigen Auseinandersetzung in der Nacht.

Arno versuchte Regungen am Mann festzustellen. So wie er hier lag, konnte er mit dem rechten Arm etwas vor seiner Brust verbergen, der Mann hatte dort die Hand vor dem Bauch liegen. Aber der Kerl regte sich nicht- lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Weg.

Arno sah weiter rechts den Schatten seines Speeres auf dem Weg liegen.

„Stephan- hier dein Spieß. Halt ihn auf dem Mann. Wenn der sich umdreht und eine Waffe zeigen sollte, stich zu!"

Arno gab den Speer an Stephan zurück. dann holte er sich den eigenen Speer vom Weg.

Andreas stand noch mit einem aufgelegten Pfeil am Bogen auf dem Weg. „Soll ich noch einen Pfeil in ihn jagen?"

Arno schob den Bogen von Andreas langsam zur Seite.

Dann wandte sich Arno dem Mann am Boden zu: „Hör zu, Mann. Ich stehe hier mit 3 guten Knechten unter Waffen. Wenn in dir noch Leben sein sollte und du am Leben bleiben willst, dann streck die Hände von dir weg oder sag was!"

Im Dunkel war keine Regung von Arm und Bein zu erkennen. Auch kamen keine Worte von ihm.

Arno klopfte den Tobias an, der immer noch aufgeregt schien und in tiefen Zügen um Luft rang.

„Tobias. Mach uns ein Feuer hier am Weg. Schnell. Wir wollen uns den Kerl bei Licht betrachten!"

„Ja Herr." sagte Tobias und beugte sich ins Hohlkreuz.

Erst jetzt dachte Arno darüber nach, dass in dem nächtlichen Kampf ja einer seiner Leute etwas abbekommen haben könnte- einen Tritt, einen Pferdehuf vielleicht.

„Männer! Seid ihr alle in Ordnung und bei Gesundheit? Ist wer verletzt?"

Alle verneinten. Auch Arno selbst hatte- bis auf einen tiefsitzenden Schreck und der Angst von dem Pferd überrannt zu werden- keinen Schaden am Körper.

'Ach ja, das Pferd!', dachte sich Arno.

Der Mann am Boden machte ein Geräusch, dann durchfuhr den Mann ein kurzes Zucken.

„Du bleibst liegen!" schrie der Stephan heraus, die Speerspitze direkt am Rücken des Mannes. „Sag, wenn du was willst!"

Tobias hatte in Eile irgendwelche Sachen gerupft und gesammelt und begann, ein Feuer zu entzünden.

Arno drehte im gesunden Abstand eine Runde um den Liegenden. Andreas folgte seinem Voigt und tat es ihm gleich, den Bogen noch bereit.

Der Liegende bewegte sich nicht- auch Geräusche gab es nun keine mehr ab.

„Herr, was ist mit dem Gaul? Der ist bestimmt nicht weit!" fragte Andreas.

„Gut. Such das Tier und bring es her. Und pass auf, dass dich das Biest nicht vor Schrecken tritt. Beruhige es ein wenig!" sprach Arno, die Augen auf dem leblos Daliegenden.

Während Arno den Liegenden betrachtete kamen ihm Zweifel. Was, wenn es nicht der Richtige war? Was, wenn es einer war, der dachte, er wird hier in der Nacht überfallen? Lieber Herrgott, lass es bitte den Richtigen sein, dachte sich Arno.

Tobias hatte ein Feuer entzündet, versuchte eine kleine Fackel zu machen.

Arno konnte es kaum erwarten, Licht hierher an den Liegenden zu bekommen. Arno hatte selbst einmal sicher mit dem Spieß getroffen, ein zweiter Stich mit dem Speer war vielleicht auch ein Treffer- jedoch unsicher, was er traf. Auch hatte zumindest ein Pfeil der aufgeregten Knechte getroffen.

Aber Gottlob, keiner der Eigenen war zu Schaden gekommen.

Als Tobias nun mit dem Licht einer Fackel näher kam, erkannte Arno in Stephans bleichem Gesicht eine sehr starke Anspannung- vermutlich noch vom Gemenge herrührend.

Tobias hielt das Feuer vor das Gesicht des Mannes.

Starre, offene Augen blickten auf den Weg. Der Mund war weit und irgendwie entsetzlich aussehend geöffnet.

„Gut Leute. Der ist dahin- für immer!" sprach Arno.

Die Anspannung wich nun auch aus dem Stephan. Er sagte erst leise, dann immer lauter werdend: „Haltet die Fressen! Haltet die Fressen! Jetzt hältst DU die Fresse!"

Alle zogen sich einige Schritte von dem Toten zurück.

Arno streckte sich nach hinten durch, legte seinen Kopf in den Nacken. „Argh!" entfuhr es ihm- mit aller Anspannung, die aus dem Körper kam.

Die Kleidung des Mannes war einfach, wie man sah. Sie sah fast zerlumpt aus, hatte kleinere Löcher.

„Stephan, bleib mal hier. Ich suche mal meinen Schild."

Arno ging am Weg zurück- zu der Stelle des Gemenges. Jetzt – in kurzer Ruhe für sich- atmete er mehrfach tief durch. Er hatte sich vor den Männern Gott sei Dank bewiesen. Die Leute haben einen guten Kampf geliefert- zum Glück hatte keiner der Knechte gekniffen. Zaghaftigkeit war hier nicht zu gebrauchen gewesen. Wenn man zurück auf Draburg war, würde es Arno den Leuten mit einem Fest danken- dies beschloss Arno für sich selbst. Den Rest des Pfeiles hatte Arno noch im Gürtel. Ohne den Pfeil anzusehen, nahm er ihn und warf ihn weit zu seiner Linken in den Wald hinein.

Irgendwo hier musste auch sein Schild liegen, welchen er vorhin bei Seite geworfen hatte. Ah, da lag ja das gute Stück. Arno nahm den Schild auf und ging noch einige Schritte zur Flussaue weiter. Nochmals atmete er mehrfach tief durch.

Was nun?

Am besten schaffen wir die Leiche zur Susenburg. Sollen die damit machen, was Ihnen beliebt. Da man den Kerl nun ergriffen hatte- konnten die anderen Männer die Suche abbrechen. Ja, so machen wir's- dachte sich Arno.

Hufschläge- vom Weg kommend- holten Arno aus den Gedanken zurück. Er blickte sich zum Weg um. Andreas kam weiter hinten mit dem Pferd am Zügel langsam in Richtung der Feuerstelle.

Arno ging dorthin zurück.

„Bring und den Gaul mal hierher!" rief Arno dem Andreas entgegen.

„Der wollte wohl nicht zu weit allein in die Nacht fliehen, hatte ich den Eindruck. Er stand weiter oben am Weg." Andreas brachte das Tier am Feuerschein vorbei und band es an einen Baum fest.

„Ja, das ist ein Schecke! Dann haben wir den Richtigen geschnappt!" Arno war es beruhigt und tat dies auch Kund, falls einer seiner Männer noch Zweifel daran hegen sollte- so wie er selbst Zweifel hatte. „Kommt ans Feuer! Wir warten den Tag ab und bringen Mörder nach Susenburg! Wer kann, sollte schlafen- versucht es wenigstens. Ich nehme die erste Wache selbst, bin noch zu aufgewühlt!"

Alle kamen nun näher, warfen sich an den Wegesrand in der Nähe des Feuers.

„Ich glaube, ich habe ihn mit dem Pfeil getroffen!" sagte Tobias leise.

„Das gleiche dachte ich auch. Ich dachte, es war mein Pfeil." gab Andreas zu. „Herr, wessen Pfeil war es denn nun?"

„Ihr werdet es nicht erfahren, Männer. Wenn ihr Euch fragt, warum ich den Pfeil abgebrochen habe als Erstes am Mann- ich will nicht, dass ihr euch irgendwann Vorwürfe vor Gott wegen der Sache macht, vielleicht einen Mann zu Boden gebracht zu haben. Glaubt mir, das ist gut für euer Seelenheil- wir haben es im Krieg auch so gehalten. Ich habe den Kerl mit meinem Speer ordentlich erwischt, mindestens einmal saß der Stoß im Mann. Da das Pferd keine Wunde zeigt, hab ich vielleicht auch noch ein zweites Mal getroffen. Tretet vor Gott mit reinem Gewissen über diese Nacht und das Geschehene- sagt einfach, wenn ihr gefragt werdet, der Voigt Arno hat den Mann mit einem ordentlichen Speerstich vom Pferd gebracht!"

„Und wenn's doch der Pfeil war?" fragte Stephan.

„Dann haben wir gute Schützen auf Draburg! Die anderen Knechte werden verschreckt staunen, wie wir den Kerl zugerichtet haben! Ohne den Federring des Pfeils soll sich keiner fragen, wer getroffen hat. Mir hat diese Nacht gezeigt, dass ihr alle hier gute Männer seid! Das ist wichtig. Ihr seid gute Männer! Allesamt! Und ich konnte mich hier auf Euch verlassen! Habt dafür meinen Dank. Selbst gute, gestandene Ritter hätten sich hier eingeschifft vor Angst."

Kurze Ruhe unter den Leuten.

„Aha?" sagte Andreas. „Mich würgt es immer noch im Hals, wenn ich die Leiche dort sehe, Herr. Ein Tier- Schwarzwild oder Rotwild- ist das eine, einen Menschen zu töten...? Das war mein Erster!"

„Meiner auch!" gab Tobias zu.

„Ja, meiner auch!" gestand der Stephan.

Alle sahen ihren Herren an. Vielleicht erwarteten sie auch von ihm eine Anzahl. Arno hatte nicht gezählt, wie viele es waren im Krieg. Den ersten Mann hatte er nie vergessen. Der kam auch durch einen Pfeil zum Fallen. Arno hatte sich damals gemerkt, wo im Kampf der Mann gefallen war. Nach dem Gefecht hatte Arno den Leichnam in der Menge der Toten auf dem Feld gesucht und gefunden. Lange hatte Arno den Toten angestarrt, sich danach übergeben. Auch der eine ungarische Reiter geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Arno hatte das Pferd mit einem Langspieß getroffen und es war samt Reiter umgestürzt. Arno war damals gleich um das Tier herum gesprungen und hat ohne zu Zögern den Dolch in den Reiter gestoßen- am Arm, wo keine Rüstung war. Der ungarische Reiter hatte lange irgendetwas erzählt, bis kein Wort mehr aus ihm kam. Arno wird auch das nicht aus dem Kopf bekommen.

„Ihr werdet diese Nacht hier niemals vergessen, mein Wort darauf!" sprach Arno leise vor sich hin.

Nachdem keiner der anderen Männer schlafen wollte, hatte Arno seine Ruhe genommen. Als er die Augen wieder öffnete, war schon der Tag am Erwachen. Helligkeit kam. Ein Vogel zwitscherte sein einsames Lied im Wald.

Arno besah seine Hände. Blut klebte nicht daran.

Die Männer hockten dösend, aber munter am Feuer- so, wie sie sich in der Nacht hingesetzt hatten.

Arno kramte Brot aus dem Beutel, aß einige Bissen.

Er blickte zu dem Toten herüber, der immer noch an derselben Stelle lag- reglos.

„Kommt Männer! Schauen wir uns den Burschen mal an!" sagte Arno dann und stand langsam und schwer beladen von Gedankenlast hoch.

Die Männer kamen auf die Beine. Alle blickten zu dem Toten. Langsam ging man zu ihm, stellte sich um den Körper. Am unteren Rücken war die Wunde vom Pfeil zu sehen- umrahmt von einem Kranz aus Blut. Der Pfeil war tief eingedrungen. Mit dem Fuß drehte Arno den Mann auf den Rücken.

Was die Leute sahen, ließ das Brot im Magen vergähren.

Der Mann hatte eine riesige Blutlache unter sich versteckt. Am Bauch war eine große, offen klaffende Wunde unter dem sehr blutgetränkten Leinenhemd zu sehen. Diese Wunde ging tief und war recht breit offen. Arnos Speerstich- ohne Zweifel. Eine Risswunde mit Blutkranz war auch am rechten Bein- am Oberschenkel. Wohl auch vom Speer verursacht, jedoch nicht tief.

Arno wendete sich ab. Die Männer beäugten den Toten, wie eine Jagdbeute.

Arno ging zu dem Pferd. Es stand ganz ruhig da. Das Tier zeigte keine Wunden. Es war wohl ein Zugtier, denn einen Sattel trug es nicht. Mehrere Beutel hingen am Hals des Tieres, zwei schwere Pakete waren hinter dem Sitzplatz des Reiters verzurrt. Zwei Stoffballen, wie es schien- einer war beschädigt. Der Zügel war ein einfacher Strick.

Arno band das Tier ab und führte es langsam zu dem Toten herüber.

„Holt die Decken vom Lager und alles was dort noch herum liegt! Machen wir uns auf zur Susenburg- werfen wir den Kerl aufs Pferd- und bindet ihn fest."

Nachdem das Lager im Wald geräumt war, das Feuer am Wegrand aus war und der Tote auf dem Pferd, schritten die Männer langsam in Richtung der Susenburg voran. Stephan und Andreas wechselten sich beim Führen des Pferdes ab. Arno und Tobias gingen hinterher.

„Und der gute Stoff?"

„Darüber soll der Ritter Sigurd von Regenstein entscheiden. Auch wenn es dich verlocken sollte- wir rühren nichts davon an! Es ist Blutware! Zwei Menschen mussten dafür ihr Leben lassen. Wenn man den anderen Schuft auch noch richtet, sind es der Toten drei!"

Damit war dies klar geklärt. Ja, es war verlockend. Niemand würde erkennen, wenn etwas fehlte. Voigt Arno jedoch hatte Recht- Blutware! Wir sind auch keine Diebe, dachten sich die Männer.

Dieses Mal nahmen die Männer um das Pferd nicht die Abkürzung an der großen Drogfurth- sie brachten das Tier auf dem normalen Weg zur Burg hinauf- auch wenn es länger andauerte.

Die Kunde, dass die Draburger ein geschecktes Pferd mit einem leblosen Körper darauf anbringen, hatte schon in der Burg die Runde gemacht.

Das Burgtor wurde im Angesicht der nahenden Draburger weit vorher geöffnet und die Draburger passierten eine schweigsame Wache, die angewurzelt den Toten musterte. Bereits in der Vorburg standen die Regensteiner, Heimburger und Susenburger Herren, sowie einige Waffenknechte und Fronleistende an diesem Sonntagmorgen. Der Burghof war in Stille getaucht.

„Brrrrt!" gebot der Stephan dem Pferd.

Ungläubig kam Sigurd von Regenstein näher heran, andere folgten.

„Guten Tag die Herren! Ritter Sigurd, ich denke- wir haben den Mann! Sein Urteil ist schon durch Gott gesprochen worden!"

Sigurd riss an den Haaren des Toten, um in das Gesicht zu sehen. Dann begutachtete er den Schecken und blickte auf die Stoffbündel. Es gab wohl keinen Zweifel mehr- die Suche hatte ein Ende.

Sigurd baute sich stolz über den Erfolg auf.

Stephan, der das Pferd hielt, wurde von Sigurd angeredet.

„Wie habt ihr den Mann gestellt? Rede!"

„Mitten in der Nacht, Herr. Auf dem Weg bei der Furth. Es gab ein Riesengemenge mit ihm. Im Kampf hat Herr Arno den Mann mit einem Speerstoß vom Pferd gehoben, Herr!"

Sigurd ging stolz um das Pferd, beäugte es zufrieden.

„Voigt Arno! Ihr erfüllt mich mit Stolz!"

Dann winkte Sigurd zwei Waffenknechte heran. „Bindet den Kerl ab und werft ihn dort ins Stroh. Bedeckt die Leiche. Wir entscheiden später darüber."

Dann sprach der Grafensohn zu Voigt Gero. „Sorgt für die Männer! Gebt Ihnen ordentlich zu essen und zu saufen- was immer sie wollen!"

Gero nickte, winkte den Draburger Knechten zu, dass sie ihm folgen sollten.

„Kommt mein Ritter! Gehen wir in den Saal. Berichtet mir von dem Kampf!" Wie einen guten Freund hackte Sigurd den Ritter in einer Umarmung ein. Der siegreiche Mörderhäscher Sigurd von Regenstein und der ruhmreiche Held der Suche- Voigt Arno von Draburg. Gemeinsam gingen sie langsam durch die Menge an Schaulustigen Knechten und Mägden zur Oberburg in den Saal.

„Setzt Euch. Trinkt! Und berichtet mir."

„Ich würde mir gern zuerst die Hände waschen! Und Schlaf wäre auch nicht schlecht!" sagte Arno, als er sich auf einer Bank niederließ.

„Bringt Wasser und ein Tuch für Herrn Arno!" wies Sigurd die am Rand des Saales stehende Edle, Fräulein Heidelinde von Susenburg, an.

Sofort verließ das junge Fräulein den Saal. Die Susenburger Herrin, Voigtfrau Hildegard und auch der Susenburger Waffenmeister, Heinrich von Maarenfels, traten in den Saal.

„Wir haben dem Mann einen Hinterhalt gestellt. Und er war dumm genug, in die Falle zu gehen. Ergeben wollte er sich nicht, wir haben es versucht- ihn lebend zu bringen. Als er uns niederreiten wollte, sind wir auf ihn losgegangen- ja und ein guter Treffer hat den Mann dann vom Pferd geholt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Ich bin froh, dass meine Männer zu mir standen und keiner verletzt worden ist!"

„Sehr gut gemacht!" Sigurd war immer noch voller Stolz. Arno hingegen war nur erschöpft.

„Herr Heinrich von Maarenfels- schickt Boten zur Treseburg und den Männern, die draußen sind. Der Mörder ist gefasst worden, die Suche ist beendet. Und einen Boten zu meinem Vater, dass ich seinen Auftrag erfüllen konnte!"

„Es wird veranlasst, Herr Sigurd!"

Auch Herr Heinrich stürmte hinaus. Das junge Fräulein Heidelinde kam mit einem Holzeimer und einem Tuch zurück und stellte sich neben Arno. Arno wusch sich die Hände von der Bluttat ab.

„Ich danke Euch!" sprach Arno zu der jungen Edlen.

„So können wir jetzt Speisen, mein Ritter!" sprach Sigurd.

Frau Hildegard setzte sich ebenfalls an die Tafel. „Guter Voigt Arno. Ich bin so beruhigt, dass ihr diesen Spitzbuben stellen konntet. Man schläft wirklich schlecht, mit so einem Mann im eigenen Land!"

„Ja Voigtin, seid wieder beruhigt." sprach Arno.

„Guter Arno!" wandte sich Herr Sigurd an Arno. „Als Zeichen meines Dankes- nehmt das Pferd des Händler an Euch- als Geschenk. Die Tücher und Stoffe lassen wir zum Regenstein bringen. Sofern die Familie des Goslarer Händlers Anspruch erhebt, soll sie die Stoffe erreichen."

„Ihr gebt mir den Gescheckten?" fragte Arno nach.

„Ja sicher!" gab sich Sigurd großmütig.

„Und wenn die Goslarer auch darauf Anspruch erheben?" fragte Arno nach.

„Das soll Euch nicht kümmern! Guter Arno- als weiteren Beweis meines Dankes werde ich veranlassen, dass man Euch einige Fässer Bier und Wein zur Draburg schafft. Der andere Spitzbube wird auch alsbald zu Gericht vor den Grafen gebracht werden."

„Danke euch, Herr Sigurd."

Sigurd lächelte zufrieden. er hatte sich bewiesen- und konnte sich in Arnos Nähe an diesem Tage des Erfolges vor dem Leuten mit zeigen.

Nach dem Mittagsmahl gingen die Draburger erschöpft zurück an die heimatliche Burg- mit der Gewissheit, dass ihre Lande von einem Mörder befreit waren.

Die Männer fielen auf ihre Lager. Das scheckige Pferd wurde versorgt- vermutlich seit Tagen mal wieder gut.

Am nächsten Tag- nachmittags- zeigte sich der Holzfäller Hanjo an der Burg. Im Gespräch mit Voigt Arno gestand er ein, die Brüder aus Hüttrode zu kennen- sie hatten keinen guten Ruf, waren als Taugenichtse bekannt.

Doch Hanjo hatte anderen Grund vorzusprechen. Durch die Ereignisse fühle sich Hanjos Frau sicherer auf Draburg in der Siedlung mit den Kindern. Er bat, eine Hütte richten zu dürfen, um im nächsten Frühjahr vor der Aussaat mit der Familie zu kommen- jetzt wo auch ein Geistlicher mit Bruder Ademar hier war.

Arno war erfreut und begrüßte diese Entscheidung sehr.

Hanjo wollte zudem mehr Holz schlagen, für Burg und auch sein Haus. Die Stämme müssten aber von Arnos Tieren heraufgebracht werden, worin Arno kein Hindernis sah.

Also fünf neue Seelen für den Ort an der Draburg.

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