Die Slawen- Burg Wulfesal
Auf der Fahrt in der Kutsche gingen Arno verschiedene Gedanken über die letzten Tage durch den Kopf.
Kaum das Arno zurück zur Draburg gelangt war, wurde er sowohl von Lisbeth, Lukas und Leonhardt als auch von den Knechten- allen voran Christian und Wernherr befragt, was der Graf Kuno von Regenstein für ein wichtiges Begehren hatte, dass den Eilboten dazu brachte, sein Pferd so geschunden zu haben.
Arno hatte zuerst die Leute der Draburg vertröstet, bis er am Abend seiner Rückkehr alle Leute der Burg im Saal des Palas mit offenen Worten informierte über die anstehende Aufgabe.
"Meine lieben Kinder! Ihr lieben Leute. Ich werde für viele Tage in die Ostmark reisen müssen, um dort an einer Hochzeit eines Edlen aus dem Altmärkischen mit einer Slawischen Edlen als Geleitmann beizuwohnen. Es ist, wie es ist- ich kann mich nicht aus der Aufgabe nehmen, da sie mir der Bischof Hildeward von Werl und der Graf Kuno persönlich auftrugen. Die Slawen kenn ich bislang nicht, jedoch sind sie als Wehrbereite bekannt, denen nur ein kleiner Anlass und eine gute Führung genügen können, um die Ostmark zu verwüsten. Die beschlossene Hochzeit soll ein Freundesband schaffen, um slawische Stammesfürsten an den Kaiser zu binden. Für mich selbst habe ich wenig Sorge, falls diese Sache misslingt- doch um Euch meine Kinder- und auch um Euch Leute habe ich Sorge. Ich habe schon lange den Eindruck gewonnen, dass der Graf Kuno von Regenstein die Hand nach dem Draburger Lehen für sich oder seine Anverwandten oder Günstlinge ausstreckt. Sollte der Auftrag fehlschlagen- nun ja, Kinder."
Arno wollte dies nicht aussprechen, doch Offenheit schien der beste Schutz.
"Sollte ich nicht wiederkommen, befehle ich Euch- und alle, die zu mir standen- zur Burg von Leonhardts Vater- auf die Mühlburg. Bei meinen Freunden im Thüringischen solltet ihr sicher sein und auch ein gutes Auskommen haben. Zudem bleibt dann auch der Erbanspruch auf das Lehen gesichert und der Graf kann daran nur mit Vorwand rütteln."
Die leiblichen Kinder als auch die Einfachen der Burg hatten Arnos Ansprache wohl verstanden, wie es schien.
Fast die gesamte letzte Woche vor seiner Abreise führte Arno Gespräche mit Jedem, der das Gespräch suchte- egal aus welchem Grund.
Besonders traurig fand Arno die abendlichen und langen Gespräche im Gemach, wenn die Kinder all ihre Sorgen um den Vater kundtaten.
Die Abreise von der Draburg fiel daher Arno selbst, als auch den Leuten sichtlich schwer.
Nun saß Arno- mit neuen Gewändern in der Truhe- in der Kutsche in Richtung Magdeburg.
Auf vier Kutschen kam der Tross, welcher von 4 Bischöflichen bewacht wurde. Die Weggefährten hatten sich am gestrigen Tag auf Burg Regenstein kurz zusammengefunden und sich austauschen können. Herr Rikdag hatte hierbei noch einmal die Wichtigkeit der Aufgabe den Männern wiederholt.
Arno war für heute in der dritten Kutsche mit Voigt Leno von Stapelburg zusammen unterwegs.
Beide Männer gaben sich einige freundliche Worte. Zumeist wurde über die eigene Familie gesprochen und die anstehende Aufgabe hin und her abgewogen.
Ritter Leno hatte weit weniger Bedenken als Arno. Auch erklärte Leno, persönlichen Vorteil in mehrerer Hinsicht für sich aus dem Geleit ziehen zu können, weshalb er sich auch freiwillig für das Geleit beworben hatte. Wie seine Vorteile aussahen, ließ Leno jedoch noch nicht erkennen.
Arno erkannte für sich in dieser Aufgabe keine Vorteile. Was Arno von Draburg über die Entscheidung des Grafen dachte, wollte er nicht kundtun.
Die Gesellschaft kam gut voran. Hinter Magdeburg hatten bereits die Männer des Magdeburger Bistums ein Lager vorbereitet. Pferde und Männer des Geleites wurden hier ausgetauscht und ein Braten über offenem Feuer für die Reisenden bereitet.
Der Begleiter ins Land der Slawen, ein Bruder Laurenzus von Alsleben, gesellte sich hierbei zum Tross bei der Weiterreise nach Norden. Bruder Laurenzus hatte sich in die Kutsche mit dem vorgesehenen Bräutigam Rowald von Mieste gesetzt für den nächtlichen Reiseabschnitt.
Mit wenigen Pausen gelangte man durch die Wälder der Altmark und konnte gegen Abend des Folgetages das Elbufer bei Seehausen erreichen, wo erneut ein Lager aus Zelten bereits gestellt war.
An diesem Abend kam auch Arno mit dem Bruder Laurenzus zum ersten Mal näher in das Gespräch. Arno wollte mehr über die Slawen erfahren, diesen aufzusuchenden elbslawischen Stamm der Linonen und deren Sitten und Gebräuche. Auch wie diese Hochzeit zu Wege kam, war für Arno von Interesse.
"Die Linonen sind ein Stamm, der von der ostmärkischen Elbseite bis weit ins Landesinnere der Mark siedeln. Die Besiedlung ist abgesehen von deren Hauptburg Lunzini und dem Elbbereich im Landesinneren dünn und zumeist auf wenige Stämme in der Nähe von Burgen nur zu sehen. Sie haben gute Beziehungen zu den Abodriten und Lutzinern, handeln aber auch bis zur Nordsee und nach Polen. Die Waldgebiete sich sehr unwegsam in deren Gebiet. Würde man durch die Ostmark reisen, benötigte man von Brandenburg bis Lunzini gut fünf, wenn nicht gar sechs Tage durch die Wälder." erklärte Laurenzus am Feuer.
"Und das Ziel unserer Reise? Liegt es an der Elbe?" fragte Rowald von Mieste nach.
"Nein. Es liegt einen guten Wegtag im Innenland. Umwaldetes Gebiet."
"Bruder Laurenzus? Was und wer erwartet uns dort?" fragte Klaus von Seehausen, ein weiterer Gefolgsmann dieser Gesellschaft.
"Ihr habt noch keine Slawenburg gesehen?"
Alle Ritter im Rund schüttelten den Kopf oder verneinten- wie Arno es auch tat.
"Burg Wulfesal ist eine runde Palisadenburg, hinter deren Wall sich im Inneren die Häuser geschützt verbergen. Die Burg ist als klein zu bezeichnen, wenn man andere dieser Art gesehen hat oder unsere Burgen wie Brandenburg dagegen sieht. Dennoch sind diese Leute keine Heiden mehr."
"Ihr konntet sie durch Mission zum Glauben bringen?" fragte der jüngste Begleiter der Runde, Ritter Maximilian von Ellertsfeld nach.
"Ja, die meisten Leute schon. Zumindest die Stammesführer und deren Familien und Anverwandten. Der Herr auf Burg Wulfesal, Ritter Domanica Bolko, hat dem Heidentum abgeschworen. Dennoch steht noch eine Götzenstatue in der Burg für die Leute alten Glaubens. Doch bei Tisch werden christliche Gebete gesprochen."
Arno lächelte dem Ritter Rowald zu. "Auf welche Gebräuche darf sich der gute Herr Rowald als Bräutigam einstellen?"
Rowald von Mieste wurde rot, in Angesicht dieser Frage, aber auch er schien auf eine Antwort des Slawenkundigen mit Interesse zu warten.
"Nun. Die Bräuche sind den unsrigen sehr nahe. Der Bräutigam wird am Tag der Hochzeit durch einen noch zu benennenden Stellvertreter im Zug durch Euch Ritter zum Haus der Braut geführt. Von dort geht es zum Kirchhain zur Heirat. Danach zum Haus des Brautvaters zum Mittagsschmaus, der bis in die Nacht gehen kann. Der Bräutigam wird jedoch im Kirchhain von zwei slawischen Brautjungfern zum Altar gebracht, die Braut von deren Vater- also Voigt Bolko in dem Fall. Die Braut ist die Tochter Bolkos, die slawische Edle Barisa."
Rowald von Mieste stellte die Frage, welche ihn wohl am stärksten bewegte. "Kennt ihr das Fräulein Barisa von Angesicht?"
Der junge Ellertsfelder Ritter warf sofort ein- unpassend, wie es Arno erschien: "Wie soll so eine Heidnische Bäuerin schon aussehen?"
"Da irrt ihr, junger Herr. Fräulein Barisa ist keine Bäuerin- noch von unansehnlicher Art. So es mir zusteht, dies zu beurteilen. Nicht groß gewachsen ist sie, gut und gottesfürchtig erzogen!"
"Pah!" Maximilian von Ellertsfeld stand mit kurzer Abwertung auf und begab sich zu seinem Zelt.
"Haben wir Unbillen im fremden Land zu erwarten, guter Bruder Laurenzus?" fragte Arno nach.
"Ich denke nicht. Zwar sind nicht alle Stämme über diese Verbindung erfreut, doch ist Unfriede zu diesem Anlass wohl weniger in Aussicht. Ist die Reise bis dorthin gut gelungen, sollte die Feierlichkeit und Rückreise auch ohne Fehde ausgehen. Voigt Balkos Wort ist hoch geschätzt im Linonen- Land. Er gilt als einer der Stärkeren Voigte hier. Doch um eines bitte ich Euch anwesende Ritter- gebt den Dingen ihren Lauf dort im Slawenland, auch wenn Euch die Bräuche vielleicht heidnisch oder fremd erscheinen. Ich stehe gern mit Rat zur Seite- in Fragen des Glaubens und auch der Bräuche."
Mit diesen Ratschlägen gingen nach und nach die Ritter von der Feuerstelle.
Rowald von Mieste kam Arno nach einigen Schritten zum Zelt hinterher.
"Herr von Draburg? So ich den Stellvertreter für mich aus meinem Geleit zu wählen habe für das Hochzeitsfest- würdet ihr diese Ehre annehmen? Für mich? Und für ein gutes Gelingen der Sache?"
Der Ritter schien genauso unruhig beim Stellen dieser Frage, wie auf Regenstein. Schüchtern lächelnd blickte er Arno von Draburg an.
"So will ich Eurem Wunsch entsprechen, wenn wir dann dort sind. Ich bin sicher, wir bekommen Euch nach derem Brauch verheiratet."
"Ich danke Euch für diesen Dienst, Herr Ritter."
So gingen dann auch die letzten Männer zu ihrer Ruhe.
Am nächsten Morgen lag leichter Frühnebel über den Elbauen.
Die mitreisenden Knechte hatten bereits die Truhen der Gefolgsgefährten auf die Fährkähne geschafft. Die reisenden Männer kamen nunmehr auch hinzu.
Rowald, Arno und der Bruder Laurenzus gingen in den ersten Kahn, auf dem zwei Knechte mit langen Abstoßstangen warteten.
Auch die anderen vier Kähne wurden besetzt.
Kutschen und Pferde, als auch viele der mitgereisten Knechte und die Bischofsknechte des Waffengeleites blieben zum Abschied der Kähne am Ufer zurück.
Ab nun war man demnach auf sich gestellt und vom Wohlwollen der Slawen und der Flußströmung abhängig.
Die Kähne blieben in westlicher Ufernähe und krochen geruhsam dahin. Die Elbe führe gut Wasser, wie der hintere, ältere Schiffersmann erklärte. Das der Fluß in der Mitte stärkere Strömung hatte, konnten die Männer alsbald daran merken, dass ein Händlerkahn lautlos passieren konnte, den man zuvor noch weit hinten wahrnehmen konnte.
Maximilian von Ellertsfeld und Ritter Konrad von Schladen im zweiten Kahn sprachen reichlich dem Weine zu. Bereits nach einer guten Reisestunde musste deren Kahn kurz an das Ufer, damit die Edlen zum Pissen kamen. Deren Kahn fiel kurzzeitig deshalb zurück.
Arno versuchte die andere Uferseite abzuschätzen. Ein Rittersmann im Kahn? So angenehm diese Fährfahrt auch erschien, Arno war hier auf dem Wasser ein wenig unwohl. Am Ufer dort drüben war niemand zu bemerken, nur ein paar Rehe waren auf der weit auslaufenden Aue zu sehen. Arno war kein guter Schwimmer, wie Arno auch dem Bruder Laurenzus eingestand.
Die Schiffersknechte gaben Brot durch das Brot nach einiger Zeit. Bis hier war schon die Mittagsstunde angebrochen, man hatte es kaum bemerkt.
Noch während die Männer am Brot kauten erklärte der ältere Fährknecht "So! Wir werden jetzt langsam einmal hinüber treiben müssen! Weit kann es nicht mehr sein."
Mehrere stärkere Abstöße mit den Stangen brachten den Kahn in die Mitte der Elbe. Die Stangen der Fährknechte gingen schon sehr tief hinab, dann ließ man sich zumeist treiben in dieser langen Biegung des Flusses- doch merklich kam man nun dem östlichen Uferrand näher.
Weit vorn war eine dünne Rauchfahne am östlichen Uferrand zwischen mehreren Bäumen zu erkennen.
Je näher man nun dorthin kam, desto mehr konnte gesehen werden. Zeltplanen zwischen den Bäumen gespannt, Pferde, zwei Karren und einige Männer liefen dort aufgeregt hin und her.
"Die Slawen tragen Waffen!" rief Konrad von Schladen- nun im vorletzten Kahn aufrecht sitzend- laut über die Aue.
"Nur die Ruhe, Ihr Edlen!" beschwichtigte Bruder Laurenzus von Alsleben die Reisenden. "Sicherlich ein bewaffnetes Ehrengeleit für den Bräutigam und Euch- als deren Gäste!"
"Und was, wenn nicht?" fiel Maximilian von Ellertsfeld in die Rufe ein.
Arno beäugte auch das Treiben am Ufer. Doch nichts deutete auf eine Heimtücke hin. Keine Bogenschützen, die nach freier Schussbahn liefen. Keine Männer, die sich wohl für einen Kampf Mut zuriefen- es schien eher gemächlich.
"Es sieht mir nicht aus, wie eine Falle. Ihr guten Leute, so wartet ab!" rief Arno hinaus- ohne auf Antwort zu warten.
"So seh ich es auch!" riefen Klaus von Seehausen und der Leno von Stapelburg in ihrem Kahn. "Alles gut, ihr Ritter!"
Einige Unbewaffnete der Slawen gingen direkt an das Flussufer heran. Sie winkten näher heran zu staken.
Die Kähne verloren weiter an Fahrt.
Bruder Laurenzus kniete sich im Kahn hin, um größer zu erscheinen. Auch er winkte zurück. "Ihr bringt uns zur Hochzeit nach Wulfesal?" rief er nach vorn.
"So ist es! Kommt nur näher hier!" rief ein Knecht vom Ufer zurück.
Dieser stämmig erscheinende Knecht ging dann auch sofort einige Meter in den Fluss hinein, um die Kähne an das Ufer zu schieben.
Als dieser Knecht im Wasser Arnos Kahn griff, ging ein Ruck durch den bereits recht langsamen Kahn. "Mein Herr Bolko hat uns geschickt. Wir laden hier die Kähne aus. Der Bräutigam und seine Gäste können hier noch einmal kurz ausruhen. Wir reisen morgen früh zur Burg weiter, damit wir sie bis zum Abend erreichen."
"Sehr gut!" sprach Bruder Laurenzus laut- hoffend, dass auch die Männer in den hinteren Kähnen diese friedfertigen Worte gehört haben.
Arno betrat nun Slawenland! Als der Erste der Gefährten. Dann half Arno dem Rowald und dem Laurenzus aus dem Kahn. Die Fährknechte hielten den Kahn mit den Stangen ruhig am Ufer- fest dagegen stemmend.
Die anderen Kähne wurden auch an Land gebracht, so dass bis auf Leno von Stapelburg alle trockenen Fußes ans Ufer traten. Leno war unentschlossen, was ein Wegtreiben des Kahnes zur Folge hatte. Kurzes Neutreten endete für ihn mit Wasser bis zu den Knien an beiden Beinen. Erleichtert kam er dennoch ans Ufer.
"Besser, als ganz ins Wasser zu fallen!" sagte Klaus von Seehausen zu Ritter Leno.
"So ist es!" gab dieser zurück.
Drei weitere Slawen kamen unbewaffnet hinzu, zogen die Kähne nach und nach ans Ufer und begannen sofort, die Truhen und Pakete zu entladen.
Arno blickte sich im Lager um. Hier sah nichts so aus, als würden sich die Slawen gegen die Besucher wenden wollen.
Die Bewaffneten blieben abseits zu den Bäumen am Waldrand. Dort standen auch Pferde angezäumt, davor die offenen und einsehbaren Zelte. "Seit uns willkommen, werte Herren!" sprach ein slawischer Mann, der vom Gewand her ein Edler zu sein schien. "Wer von Euch ist Herr Rowald, den ich alsbald meinen Blutsbruder nennen kann? Ich bin Bohumer von Wulfesal, Sohn des Bolko Domanica."
Ritter Rowald hatte in der ganzen Aufregung, die seiner Person wohl inne zu wohnen schien, diese Worte der Begrüßung nicht recht vernommen, wie es schien, denn er klopfte sich sein Gewand noch ab und trat mit den Füßen Wasserspritzer vom Fuß.
Arno musste mit Blick auf Rowald lächeln und gab dieses Lächeln auch gleich an den slawischen Edlen mit einigen Worten weiter: "Herr Bohumer. Ich bin Arno von Draburg- und ich denke, dieser Mann hier- Ritter Rowald von Mieste- ist der Mann, nach dem ihr unter uns sucht- Euer baldiger Schwager, etwas aufgeregt noch von der Reise!"
Der Slawe musste ebenfalls lächeln- sehr zu Arnos Beruhigung.
Ritter Bohumer- so schien es- war gute 30 Jahre alt. Sein Gesicht hatte dennoch schon einige Falten mehr, als Arno. Bohumer war bartlos, hatte aber langes dunkles- fast graues Haar. Auffällig für einen Mann seines Alters. Der Slawe war einen Kopf kleiner als Arno und im roten, einfachen Leinenmantel über einen weißen Leinenhemd, was jedoch einen edel gewirkten Kordel- Kragen hatte mit einigen Verzierungen. Helle Lederschuhe und einen breiten, hellen Ledergürtel, an welchem ein einfaches Kurzschwert hing.
Bohumer ging entschlossen auf Herrn Rowald zu und schloss ihn in eine - für alle- überraschende, kurze feste Umarmung.
"Was erlaubt sich dieser ..." Noch bevor Ritter Maximilian von Ellertsfeld zu Ende sprechen konnte waren Leno von Stapelburg und Klaus von Seehausen zu dem Ellertsfelder näher gegangen.
"Ich gemahne euch zu Sittsamkeit, Ruhe und Ritterlichkeit - Herr Maximilian!" sprach Leno von Stapelburg fest. "Ich schmeiß Euch sonst zurück in den Kahn vor den Augen der Slawen und ihr könnt von eurer Unehre dem Bischof berichten!"
Böse Blicke der zwei Ritter lagen auf Herrn Maximilian von Ellertsfeld.
Auch Arnos finsterer Blick traf den Edlen.
"Wir freuen uns, Eure Gastlichkeit erleben zu dürfen. Ich entbiete Euch auch die Grüße des Markgrafen Dietmar von Haldenslebens. Mein Herr begrüßt dieses Ehebündnis auf das Herzlichste!" sprach nunmehr Bruder Laurenzus zu dem slawischen Ritter Bohumer und seinen Leuten laut in die Runde.
Bohumer löste seine Umarmung nunmehr, er schaute in die Gesichter der Gäste- bei Arno von Draburg und Maximilian von Ellertsfeld länger im Blick verweilend.
"Nun kommt, ihr Herren. Dort zum Feuer. Auf Fleisch und ein gutes Bier. Meine Leute laden derweil die Kähne aus. Was ihr von Euren Sachen heute am Lager haben wollt, das zeigt ihnen- der Rest geht gleich auf die Karren, damit es morgen früh schneller gehen kann."
Rowald, Arno, Laurenzus, die Ritter Klaus und Leno folgten dieser Bitte sofort.
Nur Konrad von Schladen gesellte sich kurz zu dem allein stehenden Maximilian von Ellertsfeld. Sie tauschten einige kurze Worte. Dann folgten auch sie nach.
An einem Drehspieß hing ein junges Rehwild. Ein einfacher Getreidebrei wurde dazu gereicht in kleinen flachen Schalen. Auch mehrere Fische waren auf kleinen Holzspießen am Feuer.
"Wir warten hier schon den dritten Tag. Daher ist meine Freude nun umso größer, Euch hier zu sehen. Wir wussten ja nicht genau, wann ihr ankommt- nun kann der Termin der Hochzeit für Übermorgen doch noch gehalten werden!" Herr Bohumer schien erleichtert.
"Herr Bolko ist guter Gesundheit? Zuletzt sah ich ihn auf der Brandenburg vor einem Monat- um den Bund seiner Tochter mit Ritter Rowald zu besprechen. Sind die Gaben des Markgrafen angekommen?" fragte Bruder Laurenzus den jungen slawischen Edlen.
"Dem Vater Bolko geht es sehr gut. Und die reichen Gaben sind allesamt schon da. Der Markgraf war sehr großzügig mit seinen Geschenkgaben zur Hochzeit. Der Vater zeigte sich sehr zufrieden! Er bedauert es nur, dass meine Schwester Barisa nach der Trauung mit zu Herrn Rowald gehen wird. Ich auch- aber die Freude über das Glück meiner Schwester überwiegt bei meinem Vater und auch mir."
Als Arno dieses Gespräch belauschen konnte, war ihm sofort klar, dass sowohl der Kaiser als auch der Markgraf- und vielleicht auch noch einige Bischöfe- hier wohl sehr viel Gold oder Silber für das Bündnis gegeben haben mussten. Die Erwartungen der Slawen waren wohl noch einmal mehr als übertroffen worden.
Am Abend sangen noch einige slawische Knechte am Feuer mehrere Lieder in slawischer Sprache.
Bruder Laurenzus sagte hierzu, dass dies Lieder über die Jagd und deren Erfolg sind. Doch die Lieder klangen traurig.
Die deutschen Ritter und die Slawischen Gefolgsleute blieben am Abend unter sich.
Unter den offenen Zeltbahnen schlief es sich jedoch erträglich gut. Auch wenn zum Morgen die Kälte unter die Decken kroch- Arno hatte es genügt, so zu ruhen. Er war auch einer der Ersten, die im Lager aufgestanden waren. Auch hatte er heute zum ersten Mal einen der neuen Überwürfe über das eigene Lederwams gezogen, eines der neuen Hemden an. Die neue Hose kniff im Schritt, so dass Arno lieber noch einmal zum Reiten seine eigene Hose anließ.
Zum Morgen wurden die Gäste am Lagerplatz mit einer Grütze bewirtet und danach Pferde gezeigt für die Weiterreise. Große Ansprachen gab es hier nicht mehr- die Slawen drängten zum schnellen Aufbruch.
Den gesamten Tag ritt man nur wenig auf festen Wegen. Zumeist ging es unter Laubbäumen vorwärts. Die Karren kamen auch gut durch- einmal hatte sich ein Karren in Wurzelwerk festgesetzt, konnte jedoch mit Hebeln und Manneskraft der Slawen befreit werden.
Die Slawischen Krieger im Geleit hatten Rundschilde und Speere. Allesamt hatten auch Langbögen am Reittier, Köcher mit mehreren Pfeilen. Armbrüste sah Arno hier nicht, auch keine Kurzbolzen. Nur der Slawenritter Bohumer hatte ein Kurzschwert am Gürtel.
Der Tross wand sich durch den Wald- ab und an über eine Lichtungsebene. Berge schien es hier nicht zu geben, jedoch viele kleinere Rinnsale, die wohl zur Elbe hinliefen.
Irgendwann machte man gegen Mittag eine kurze Rast an einem Fluss, dem man danach am Ufer lange Zeit folgte. Über einen schmalen Weg ging dann die Reise schneller weiter. Dann wieder ein Waldstück, in das man nach links abbog und einem anderen Weg folgte. Links und rechts dieses Weges schienen die Wälder wie in Wasser stehend- alles war sumpfig rundherum.
Dann endlich öffnete sich eine größere Lichtung vor den reisenden Gefährten.
Inmitten dieser Sumpflichtung stand eine runde Palisadenburg.
Nur ein Knüppeldamm mit oben gut und wohl auch mehrfach aufgeschlagenen Brettern führte über die Ebene bis zur Holzburg, die wohl auf einem Damm oder Erdwall hier gebaut worden war. Ein hohes, hölzernes Torhaus war am Ende des Knüppeldammes an der Burg zu erkennen. Leichte Rauchfähnchen stiegen hinter der abweisenden Palisadenwand aus dunklem Holz zum Himmel auf.
"Wir sind da, liebe Gäste. Burg Wulfesal- mein Zuhause und die Burg meines Vaters- Voigt Bolko." sprach Ritter Bohumer im Angesicht dieser Burg.
"Eure Burg scheint wehrhaft, Herr Bohumer! Und auf gut gewählter Stelle, wie mir scheint!" sprach Arno.
Zugang nur über diesen schmalen Damm- nur Sumpf herum- die Burg wohl augenscheinlich auf dieser Insel im nassen Umland leicht erhöht errichtet. Der Wall der Burg gute drei oder vier Meter hoch und obendrauf Palisaden von zwei Metern.
Jeder Angreifer müsste hier einen hohen Blutzoll entrichten. Jeder militärisch geschulte Mann konnte dies alles sofort erkennen.
"Seit mehreren Generationen steht die Burg unserer Familie nun hier. Noch niemand hat gewagt, sie anzugreifen."
So ritt die Truppe des Bräutigams unter dem slawischen Geleit auf der Burg ein. Die Karren wankten noch hinten am Knüppeldamm hin und her.
Es war wirklich nun Abend geworden, wie Bohumer gesagt hatte.
In der Burg fielen nur neugierige Blicke auf die Ankommenden.
Von Feindschaft war hier nichts zu bemerken.
Am Torhaus fielen Arno vier Bewaffnete auf- gerüstet mit einfachem hölzernen Rundschild und Speer.
Im Innenraum der Burg standen gut geordnet viele kleinere Hütten im Rund und ein größerer Holzbau. Einige Slawenkinder sprangen herbei und riefen etwas, lächelten jedoch dabei.
Die Deutschen saßen ab und blickten sich fragend an.
Was würde wohl alle hier in den nächsten Tagen erwarten?
Nur einer wusste dies bereits- Ritter Rowald von Mieste.
Irgendwo hier war dessen Braut.
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