Der Wappenschild
„Hier, Herr Ritter Arno. Euer Wappenschild! Eine meiner besten Arbeiten!"
Der gute Waffenmeister der Burg Regenstein, Carl Bader, war mit Recht stolz auf diese feine Arbeit. Stolz zeigte Bader den Schild vor.
Der Wappenschild war aus Holz, oben mit feinem Weißen Stoff bespannt. Im weißen Feld hob sich die rotbraune liegende Hirschstange ab- das Symbol der Regensteiner Herrschaft. Getrennt durch einen gutglänzenden schmalen Metallbeschlag war das untere grüne Feld in satter Farbe. Hier hob sich im Grünfeld der weiße sechszackige Stern ab- das Zeichen der Erblinie derer von Gebra- dem Hausgeschlecht, aus welchem Arno entstammte. Umrahmt war der Schild von einem gut glänzenden weiteren Metallbeschlag, dem man gute Handarbeit beim Verformen und Bearbeiten ansah. Feine Nägel hielten die Umrahmung als auch den Trennstreifen der Stofffelder. Gute, saubere und feste Lederriemungen waren auf der Rückseite erkennbar, fest verankert am hellen Hartholz.
Arno legte den Schild am linken Arm an, zog die Riemen an Hand und Arm nach.
Dann bewegte Ritter Arno den Wappenschild am Arm mehrmals.
Arno von Draburg war der Stolz über diese gute Arbeit und diese Gabe seines Herrn anzusehen.
„Guter Mann, ihr habt hervorragend gearbeitet! Diese Arbeit ist ein wirkliches Meisterstück und ich versichere Euch, diesem Wappenschild einen würdigen Platz in der Halle des Palas zu geben. Ich danke Euch von ganzen Herzen für diese Arbeit. Es steckt sicher viel Zeit darin."
„Ich danke Euch, Herr Arno." erwiderte der Carl Bader. „Die Gelegenheit, solch Arbeit zeigen zu dürfen, bietet sich mir nicht sehr oft. Im Winter habe ich mir sehr viel Zeit dafür nehmen können. Die Stoffarbeiten haben drei Frauen auf Regenstein gefertigt."
„Diese Arbeit gereicht Euch zu vollen Ehren. Berichtet Eurem Herrn, Grafen Kuno davon, dass ich voll des Lobes über diese schöne Arbeit war."
Der Carl Bader verbeugte sich erkennbar ein kleines Stück, als seinen Dank für diese offene Wertschätzung.
„Nun Herr Arno. Ich freue mich über dieses Lob. Doch bin ich nicht nur mit diesem Wappenschild bei Euch erschienen."
Der Bader ging zu seinem Pferd zurück. An dem hinteren Sattel war noch ein großer Leinensack mit breitem Inhalt befestigt. Diesen Sack zurrte der Carl Bader nun ab, kam damit zurück zu Voigt Arno und zog einen weiteren Wappenschild aus dem Sack hervor.
„Werter Herr Arno, dieser ritterliche Holzschild diente mir als Muster- auch für die Wappengestaltungen, wie ihr sehen könnt. Er ist mir auch gut gelungen. Aber da er nur recht dünn vom Holz war, habe ich den Rahmen späterhin nochmals verstärkt. Es wäre schade, ihn verkommen zu lassen, daher möchte ich Euch diesen Schild ebenfalls überlassen. Auch er ist am Rand gut beschlagen."
Arno war auch von diesem Schild begeistert. Obwohl er aus Holz und etwas kleiner war als der Wappenschild, war hier das Wappen von Draburg mit Farben aufgemalt worden, die kräftig erschienen und lang sichtbar bleiben würden. Auch war der Schild leichter und besser zu handhaben als der Wappenschild. Er würde beim Reiten oder bei einem Kampf guten Dienst leisten können.
„Sehr schön, guter Herr Bader." entfuhr es Arno beim Betrachten des Schildes.
„Und hier, diesen Schild möchte ich euch auch überlassen. Mein Gehilfe hat ihn angefertigt, aber auch eine gut gewordene Arbeit."
Der dritte Schild war auch unten zu einer Spitze zulaufend, aber zwei- Hand- breit kleiner als die anderen Holzschilde. Auch hier war das Wappen der neuen Draburger Herren aufgemalt worden.
Arno sah den Waffenmeister Bader fragend an, wohl weil Arno den Schild für sich ein wenig zu klein und leicht für den Kampf empfand.
Carl Bader erklärte sich aus diesem Grunde sofort.
„Ritter Arno, mein Gehilfe sollte sich auch versuchen, denn er muss es alsbald auch selbst fertigen können. Da ich nun euren Sohn in eurer Begleitung zu Regenstein gesehen habe, habe ich meinen Gesellen beauftragt, ein kleineres Gegenstück für den jungen Herren anzufertigen."
Arno war überrascht, denn dieser kleinere Schild war wirklich auch sehr gut bearbeitet worden und er stand dem großen Schild in nichts nach, nur dass er kleiner und leichter war. Auch hier eine gute Riemenarbeit und eine gute Metallumrandung des Schildes.
„Manthey? Schick mir doch einmal den Lukas heraus."
Der Manthey, der am festgezügelten Pferd des Bader stand und die Übergabe mit angesehen hatte, nickte kurz und ging in den Wirtschaftsbau. Lukas kam kurz darauf durch die Tür ins Freie. Lisbeth und die Magd Barbara folgten, blieben aber an der Tür stehen.
„Lukas, der Waffenmeister Carl Bader hier hat etwas für Dich mitgebracht."
Arno sagte dies und trat danach einen Meter zurück, von Bader weg. Bader stand nun mit dem kleinen Wappenschild allein, als Lukas auf ihn zutrat.
„Junger Herr. Diese Arbeit hat mein Gehilfe gefertigt. Er trägt das neue Draburger Wappen Eures Hauses. Es wäre meinem Gehilfen und auch mir eine Freude, wenn ihr diesen Schild für Eure Dienste als Page und Knappe nutzt. Er wird Euch ein guter Schutz in Kämpfen sein, so ihr dieses Wohl gemeinte Geschenk annehmen möchtet."
Ehrfürchtig blickte Lukas auf den Schild und trat langsam näher- den Blick auf den kleinen Wappenschild gerichtet.
Carl Bader hielt den Schild an den Seiten, so dass Lukas ihn gut sehen konnte. Lukas Augen waren groß geöffnet. Er schien nicht zu glauben, was Carl Bader soeben zu ihm gesagt hatte. Lukas war wie gebannt – mit dem Blick auf den Schild.
Dann lächelte er. Und – so dass nur Arno und der Bader es sehen konnten, fanden kleine Tränen den Weg aus seinen Augen- vor Freude.
Ritter Arno trat zu seinem Sohn Lukas, umfasste dessen Schulter von hinten und schob Lukas etwas zu dem Herrn Bader hin. Durch diesen kleinen Anschub trat Lukas näher, streckte beide Hände dem Schild entgegen.
„Für mich?" fragte Lukas ungläubig nochmals nach.
„Ja, junger Herr. Es würde mich und meinen Gesellen freuen, wenn ihr ihn annehmen würdet."
Arno betrachtete den Carl Bader, der mit seiner tiefen Stimme sehr ehrfürchtig und stolz mit Lukas sprach. Dem Carl Bader glänzten im Angesicht von dem überraschten Jungen Lukas die eigenen Augen, auch ein leichtes Lächeln kam in sein Gesicht.
„Ich möchte diesen schönen Schild sehr gern annehmen, Herr." sprach Lukas.
„Er hat seine Stimme wieder!" rief der Manthey lachend von hinten in die Runde hinein.
Lukas drehte sich um, lächelte vor Glück. Dann nahm Lukas den Schild selbst in die Hand, legte die Riemen am Arm ein. Lukas zeigte seinen Schild nun.
Noch etwas groß für Lukas, wie es Arno erschien- aber diese Freude und der Stolz im Angesicht seines Sohnes ließen keinen Zweifel zu- Lukas würde diesen Schild nie mehr beiseitelegen- womöglich gar ihn mit zu Bett nehmen.
Lukas brachte den Schild- seinen Schild- zu Lisbeth und Barbara und zeigte sich den Frauen damit.
Arno trat zu dem Waffenmeister Bader heran.
„Ich denke, Herr Bader, das Gesicht meines Sohnes hat genug gesagt- nehmt auch von mir den Dank und bitte lobt die Arbeit Eures Gehilfen vor ihm gut."
„Danke Herr. Mein Sohn ist auch im Alter eures Kindes. Seht dies als Gabe auch von Vater zu Vater." Flüsterte Carl Bader mit vorgehaltener Hand zu Arno.
„Danke dafür- von ganzem Herzen. Für alle Schilde, die der Draburg und uns nun Schutz geben werden- die Arbeiten sind allesamt hervorragend, besonders der bezogene Wappenschild. Wenn der Regensteiner einmal keine Verwendung für euch oder euren Gesellen haben sollte- kommt zu mir, hier auf Draburg finden wir ein Tagwerk für Euch! Meinen Handschlag darauf, guter Herr Bader!"
„Danke Herr!"
Der Handschlag des Ritters machte Carl Bader sehr stolz. Und es verwirrte Carl Bader auch ein wenig, denn Ritter von Arnos Stand gaben dem Einfachen- auch wenn er besser angestellt war wie Carl Bader- nicht die Hand zum Versprechen. Was für ein Mann von Ehre- dachte Carl Bader zu sich.
„Nun kommt in die Stube der Guten Magd hier." Arno deutete Richtung Kücheneingang. „Frau Barbara findet bestimmt ein gutes Mahl für Euch- jetzt, da ihr Eure Arbeiten an den Mann gebracht habt."
Arno klopfte dem großen Waffenmeister freundschaftlich auf den Rücken als Beide in dem Wirtschaftsbau eintraten.
„Wusstet ihr, Herr Bader, dass der Lukas vorige Woche seinen 11. Geburtstag hatte? Euer Schild gefällt Lukas sicherlich bei Weitem besser, als die geschnitzte Figur, die ich ihm geschenkt hatte."
In der Küche unterhielt sich Arno noch eine gute Stunde mit dem Carl Bader, auch um zu erfahren, was es Neues auf Regenstein oder im Lande gibt in diesem Frühjahr.
Wernherr versorgte in der Zwischenzeit das Tier des Bader mit Futter und Wasser. Dann konnte Bader nach dem Mahl die Rückreise gut antreten.
Lukas stand bei ihm- seinen eigenen kleinen Wappenschild angelegt.
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