26.
Jungkook
Mitleid.
Das ist alles was ich in den Augen der Gynäkologin erkennen kann, aber lieber nicht sehen würde. Auch Joonyong hat den gleichen Blick drauf. Nur Jimins Ausdruck kann ich nicht deuten. Die Ärztin hat mich gebeten, auf die Couch zu gehen, weswegen ich rüber ins Wohnzimmer gelaufen bin, wo ich nun auf ein paar weichen Handtüchern liege. Mittlerweise habe ich ein T-Shirt von Jimin an und eine Decke über dem Unterleib liegen, da das Blut noch irgendwie abfließen muss und das so besser geht.
"Nicht erschrecken, das könnte jetzt ein bisschen kalt werden.", warnt die ältere Frau mich, bevor sie die kleine Sonde mit Gleitmittel einschmiert und damit meinen Bauch im Ultraschall abscannt. Obwohl mein Kind tot ist, kann es sein, das Reste des Mutterkuchens oder der Plazenta noch in mir verblieben sind. Sollte das der Fall sein, muss ich dann direkt noch einen Termin zur Ausschabung ausmachen. Der Ultraschall an sich ist für mich nichts neues, denn wie Frauen müssen Männer mit Gebärmutter auch regelmäßig zur Untersuchung gehen, lediglich das Bild sieht anders aus.
Gleichzeitig erklärt sie mir was sie dort sieht. "Du hast im Vergleich relativ wenig geblutet und wie ich bereits vermutet habe, ist auch noch b alles soweit drin. Aber irgendwas ist da trotzdem komisch. Fast so als-" Mitten im Satz bricht sie ab, dann springt sie auf und rennt wie von der Tarantel gestochen nach draußen. Verwirrt schaue ich ihr nach. "hat sie den Herd angelassen oder so?" Grinsend schüttelt Jimin neben mir den Kopf. "Sie holt bestimmt das CTG-Gerät aus dem Auto." Das sorgt nicht unbedingt für mehr Aufklärung bei mir.
"Aber das ist doch nur für den Herzschlag des Babys und zum Verzeichnen der Wehen? Beides davon habe ich ja jetzt nicht mehr.", murmle ich, spüre schon wieder, wie mir die Tränen kommen, wenn ich daran denke. Zornig wische ich sie weg, werde sanft von Jimin aufgehalten. "Es ist okay, wenn du weinst. Niemand hier wird dich jemals auslachen, versprochen. Aber bitte friss es nicht in dich hinein, das macht dich nur kaputt.", verzieht er die Mundwinkel zu seinem typischen so unendlich liebevollen Lächeln.
Ich weiß nicht warum, aber irgendwie macht mich das gerade total sauer. "Jetzt tu nicht so als wüsstest du wie es mir geht. Du hast immerhin deinen perfekten Sohn und diesen tollen Babybauch wegen dem dich bestimmt viele beneiden. Diesen Schmerz musste ich spüren! Ich, nicht du!", mache ich meiner Wut Luft und bereue es bereits im nächsten Moment wieder, als ich Jimins verletzten Blick sehe.
Seine Miene verhärtet sich und spätestens jetzt weiß ich, das ich ihn damit wohl mehr verletzt habe, als ich dachte. "Ja, ich habe hoffentlich bald zwei lebendige Kinder. Aber was du bei deiner Anschuldigung vergessen hast, ist, wie viele Verluste es bis dahin gebraucht hat." Damit steht er auf und geht einfach, lässt mich alleine zurück. Joonyong ist schon vor einer Weile verschwunden, hat sich bestimmt zu Haru gesellt, der hier irgendwo in der Wohnung spielt.
Ich bin noch dabei, zu verarbeiten, was Jimin wohl gemeint haben könnte, als sich die Tür öffnet und die Ärztin wiederkommt, deren Namen ich nicht einmal kenne. Das alles ging so schnell, das wir einfach nicht dazu gekommen sind, uns vorzustellen. "Oh, wo ist denn Jimin hin? Er hat dir doch so süß beigestanden.", meint sie überrascht, was ich nur mit einem halbherzigen Lächeln zur Kenntnis nehme. "Ich bin in meiner Wut ausgetickt und meinte, das er nicht weiß, wie ich mich fühle. Das hat ihn scheinbar sehr getroffen.", beiße ich mir auf die Lippe, die bereits wieder verdächtig zu zittern beginnt.
Die Frau setzt sich zu mir, legt mir eine Hand auf die Schulter. "Jimin wirkt zwar immer so taff, aber es gibt durchaus auch Themen, die ihn tief treffen. Dieses Kind in ihm ist ganz gewiss nicht erst das zweite, mein Junge. Über drei Jahre lang habe ich ihn bei insgesamt acht Totgeburten begleitet und trotzdem hofft er jedes Mal aufs Neue, das es überlebt. Er kann dich also besser verstehen als du dich vermutlich selbst." Überrascht sehe ich sie an, weiß nicht ganz, was ich dazu sagen soll. Sie lächelt mich aufmunternd an, erhebt sich wieder und verschwindet kurz.
Wenig später kommt sie mit Jimin im Schlepptau wieder, weswegen ich demütig den Blick senke und meine Lippe weiter malträtire. Ich spüre wie sich das Polster nebne mir senkt, als Jimin sich setzt. "Willst du jetzt schmollen oder ein kleines Wunder erleben?", fragt er, wobei ich sein Schmunzeln quasi hören kann. Verlegen hebe ich den Kopf. "Es tut mir leid. Ich wusste nicht, das ich damit so sehr verletzt habe.", entschuldige ich mich leise, doch er lächelt bloß. "Vergeben und vergessen. Aber jetzt sieh endlich hin." Verwirrt blicke ich zu ihm und dann zu der Ärztin, die mir inzwischen das CTG umgelegt hat. Erst verstehe ich nicht, doch dann sehe ich den winzigen Ausschlag auf dem Gerät.
Ein Herzschlag!
~~
Obwohl ich mich im letzten Chap auf mehr Leser und Feedback eingestellt hatte, weil mir dieses Kapitel eben verdammt wichtig war, lade ich das hier jetzt trotzdem hoch.
Was genau ich mir überlegt habe verrate ich noch nicht, aber ihr dürft gerne schonmal Theorien aufstellen. Ballert meine Benachrichtigung von und lasst mich die kleine Wendung nicht bereuen ;)
안녕❤️
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