18. Serious
Ich fand den vermeintlichen Fotografen auch nicht, als die Türen sich wieder geschlossen hatten, worum ich mir aber keine großen Sorgen machte. Wahrscheinlich hatte ich es mir sowieso nur eingebildet, weil ich schließlich gerade zu Niall fuhr und zu einem Gespräch, das sich wahrscheinlich unter anderem um Kameras drehen würde.
Und deswegen war ich verdammt nervös!
Mit einem freundlichen Lächeln öffnete Niall mir seine Haustür und ließ mich herein. Als die Haustür geschlossen war, begrüßte er mich mit einem ausgiebigen Kuss, bei welchem seine Hand an meine Taille wanderte. Ich genoss es, seine Lippen zu spüren, obwohl das letzte Mal erst einen Tag her war. Trotzdem kam mir dieser Tag viel zu lang vor.
Erst danach hatte ich die Gelegenheit, meine dünne Jacke aufzuhängen und meine Ballerinas abzustreifen.
Zuerst begaben wir uns in die Küche, wo Niall zwei Gläser aus dem Schrank holte.
„Was möchtest du denn trinken?"
„Oh, ich nehme einfach nur Cola, und die kann ich mir auch selbst holen." Schließlich wusste ich inzwischen, wo Niall den Großteil seiner Getränke aufbewahrte. „Möchtest du auch eine?", fügte ich dann noch hinzu.
„Ja", antwortete er mir und wirkte dabei etwas baff, dass ich ihn, wahrscheinlich seiner Meinung nach, in seinem Haus bedienen wollte.
Ich wurde tatsächlich dort fündig, wo die Cola auch bisher immer gestanden hatte, nämlich unter der Treppe neben dem Flur, und trug die Flasche in die Küche, wo Niall immer noch an derselben Stelle stand. Jetzt bewegte er sich aber, nahm die beiden Gläser in die Hand und bedeutete mir, ihm ins Wohnzimmer zu folgen.
Ich mochte Nialls Wohnzimmer wirklich, weil es einerseits schlicht und hell eingerichtet war und andererseits mit seiner Gitarrensammlung eine ganz besondere Ausstrahlung hatte.
Wir setzten uns auf das Sofa und damit ich nicht den Anfang in dem nun folgenden Gespräch machen musste, weil mir unsere gestrige Vertrautheit schon wieder so weit entfernt vorkam, schraubte ich die Colaflasche auf und goss jedem von uns etwas ein.
„Ich habe mir natürlich Gedanken zu unserem gestrigen Gespräch gemacht", begann Niall. Sofort merkte ich, dass eine unbestimmte Nervosität in mir aufstieg.
„Das habe ich auch getan", antwortete ich und nahm einen Schluck von meiner Cola. Auch Niall griff nach seinem Glas. „Ich würde es wirklich gern versuchen, also, weißt du?" Ich kam ins Stocken und wusste nicht mehr richtig, ob ich mir überhaupt Gedanken gemacht hatte. Zum Glück fing Niall das sofort auf und ich lächelte ihm dankbar zu.
„Weißt du, Lena, ich bin ja wirklich schon lange Single. Und für mich ist langsam der Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr versuchen möchte, eine Beziehung mit jemandem zu führen. Diese Versuche sind bisher blöderweise immer recht ungünstig ausgegangen."
Einen Augenblick dachte ich darüber nach, was ich als nächstes sagen wollte, da Niall sich ziemlich schwammig ausgedrückt hatte. Und irgendwie klang das Ganze ziemlich negativ.
„Naja, mein letzter Versuch ist auch ziemlich schiefgelaufen." Worauf wollte er eigentlich hinaus?
„Ich weiß, und das tut mir leid. Aber was ich meine ist, dass ich mir das einfach nicht leisten kann", ergänzte er.
Sprach er jetzt von der Öffentlichkeit? Gestern hatte das alles noch ganz anders geklungen.
„Also habe ich es richtig verstanden, dass du es nicht versuchen möchtest?", fragte ich jetzt nach, denn ich wollte wissen, was Sache war.
„Genau so sieht es aus", antwortete er. „Versuchen möchte ich es auf keinen Fall, denn da kann nur Chaos bei rauskommen. Und Chaos brauche ich nicht mehr in meinem Leben, davon hatte ich schon genug."
Ich ließ mir seine Worte nochmals durch den Kopf gehen. Das war ja wohl mehr als eindeutig.
„Ehrlich, Niall, ich verstehe dich einfach nicht." Langsam stieg die Wut in mir hoch und ich stellte mein Glas auf den Couchtisch. „Gestern willst du noch sonstwas und heute bist du komplett abweisend. Was soll das? Damit kann ich echt nicht umgehen!" Mit diesen Worten stand ich auf und merkte im selben Moment, dass die Tränen in mir hochstiegen. Aus diesem Grund schaute ich ihn nicht weiter an, sondern marschierte erhobenen Hauptes zur Tür.
„Lena, warte!" Niall schien ein paar Sekunden zu spät geschaltet zu haben und kam mir hinterher, als ich gerade meine Jacke überstreifte. Der konnte sich doch echt nicht entscheiden!
Jetzt hielt er mich an meiner Hand fest, als ich schon fast durch die Tür raus war.
„Warte doch mal, warum rennst du jetzt plötzlich weg?" Er schien ganz verzweifelt zu sein. Daraufhin drehte ich mich zu ihm um.
„Du hast mir gerade klar und deutlich zu verstehen zu geben, dass du es nicht einmal versuchen möchtest, mit mir eine Beziehung zu führen und da bin ich weg. Gestern klang das noch ganz anders und verarschen lasse ich mich nicht. Ich war ehrlich mit dir und du scheinst es nicht gewesen zu sein, damit kann ich nicht umgehen, tut mir leid."
„Aber das wollte ich doch gar nicht sagen!" Mit seiner freien Hand fuhr er sich hektisch durch seine Haare. „Ich wollte ausdrücken, dass du mir mehr wert bist, als es nur zu versuchen, eine Beziehung zu führen. Lena, ernsthaft."
So ganz durchblickte ich seine Gedankengänge nicht. Er wollte sozusagen nicht nur versuchen, mit mir zusammen zu sein, sondern es wirklich tun, oder wie sollte ich das verstehen?
In diesem Moment kniete Niall sich vor mir hin, was mir kurzzeitig die Atemwege versperrte.
Was tat er da? Als er dann auch noch mit seinen wunderschönen Augen zu mir schaute war es um meine Lunge geschehen und ich fühlte mich einer Ohnmacht nahe.
„Lena Smith, willst du meine feste Freundin sein?"
Ich konnte in diesem Moment nicht anders, als ihm in die Arme zu fallen. Manchmal war ich wirklich eine Meisterin im Missverstehen! Das sollte dringend aufhören.
Da Niall immer noch hockte, fiel das Fallen in seine Arme etwas holprig aus und er erhob sich grinsend.
„Bekomme ich für diese mega peinliche Aktion jetzt wenigstens ein Ja von dir?", fragte er.
„Ja", nuschelte ich in sein T-Shirt, da mein Gesicht jetzt sicher mal wieder knallrot war.
„Eigentlich wollte ich das nicht machen, vor allem nicht auf der Türschwelle, aber du hast mir keine Wahl gelassen, anders hättest du es sicher nicht verstanden." Er kicherte leise vor sich hin.
„Vielleicht sollten wir wieder rein gehen", schlug ich vor und löste mich ein bisschen von ihm, damit es möglich war, die Tür zu schließen. „Tut mir echt leid, dass ich das gerade so missverstanden habe."
„Ich hätte mich auch besser ausdrücken können." Er zuckte mit den Schultern. „Aber nächstes Mal läufst du bitte nicht wieder einfach so weg, okay?"
„Mache ich nicht", versprach ich.
Wir landeten schließlich wieder auf der Couch, allerdings diesmal halb im Liegen. Niall hatte mich einfach so an ihn ran gezogen, dass mein Kopf jetzt auf seiner Brust lag, was viel bequemer war, als ich gedacht hätte.
Auf jeden Fall war es bequem genug für mich, den verpassten Schlaf der vergangenen Nacht nachzuholen, was ich feststellte, als ich wieder erwachte. Niall lag genauso da wie vorher und hatte eine Hand in meinen Haaren, die mich sanft kraulte, während ich es mir tatsächlich auf seinem Oberkörper gemütlich gemacht hatte.
„Hab ich geschlafen?", fragte ich und war mir währenddessen schon der Antwort bewusst.
„Ja, aber nicht lange", beruhigte Niall mich. Trotzdem setzte ich mich auf.
„Wie spät ist es denn?"
„Wir haben es jetzt halb zehn", kam seine Antwort, nachdem er sich ebenfalls aufgerichtet und auf die Uhr geschaut hatte.
„Oh, dann sollte ich vielleicht ...", murmelte ich.
„Aber du hast noch gar nichts gegessen", beschwerte Niall sich. „Ich lasse dich nicht ohne Essen gehen. Mal abgesehen davon, dass ich dich um die Uhrzeit selbstverständlich rumfahre."
„Aber es dauert doch noch Ewigkeiten, bis wir etwas gekocht haben", wandte ich ein.
„Dann bestellen wir eben etwas." Er schien sich nicht von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.
„Mh, okay, meinetwegen." Ich ließ mich wieder nach hinten aufs Sofa fallen. Irgendwie war ich immer noch echt müde. „Dann bestell einfach irgendwas, ist mir gleich. Ich esse das, was du auch willst."
Damit zog Niall in die Küche, wo das Festnetztelefon stand, und ich machte nochmal kurz meine Augen zu.
Öffnen tat ich sie zum nächsten Mal als es klingelte, ich schien also wieder eingeschlafen gewesen zu sein.
„Bleib ruhig liegen, ich gehe schon", sagte Niall und stand vom Sofa auf, um zur Tür zu gehen und wahrscheinlich das gelieferte Essen zu holen. Er kam kurze Zeit später mit zwei Pizzakartons wieder, die er auf dem Couchtisch ablegte.
„Zum Essen solltest du dich vielleicht hinsetzen", schlug er dann mit einem Lächeln vor. „Würde ich dich füttern, käme ich mir vor als seist du mein Baby und nicht meine Freundin."
Dieses Wort im Zusammenhang mit mir aus Nialls Mund zu hören war total ungewohnt, aber es fühlte sich auch gleichzeitig wunderschön an. Meine Schmetterlinge stimmten da ohne Ausnahme zu.
Ich setzte mich auf und nahm erstmal einen Schluck aus meinem Colaglas, das immer noch auf dem Tisch stand. Vielleicht würde mir das ja dabei helfen, richtig wach zu werden. Der leckere Duft der Pizza tat dann sein Übriges.
Niall hatte natürlich an ein Messer aus der Küche gedachte und begann, die erste Pizza in vier gleich große Teile zu schneiden.
„Guten Appetit", wünschte er mir und nahm sich ein Stück, nachdem er mir bereits eins gegeben hatte.
„Guten Appetit", versuchte ich mich ebenfalls, war aber nicht sonderlich erfolgreich, weil ich bereits ein Stück abgebissen hatte. Bevor es diese Pizza gab, hatte ich gar nicht gemerkt, wie hungrig ich tatsächlich gewesen war.
Auch Niall schien am heutigen Tag noch nicht so viel gegessen zu haben, denn er aß sogar noch schneller als ich das tat.
„Manchmal braucht man das einfach", teilte er mir zwischen zwei Bissen mit, worin ich ihm zustimmte. Außerdem hatten wir schon so oft zusammen gekocht oder wenigstens Selbstgekochtes gegessen, dass wir sicher kein schlechtes Gewissen haben mussten.
Beim Ende des dritten Stücks Pizza begann ich schließlich zu schwächeln und beschloss, mein viertes Stück für Niall dazulassen, der sicher einen größeren Magen besaß als ich das tat. Allein schon weil er größer war als ich. Und männlich.
Ich musste gähnen und trank noch einen Schluck Cola, der aber auch nicht mehr zu helfen schien.
Das schien auch Niall zu merken, der sein angefangenes Pizzastück wieder in die Verpackung zurücklegte und mir anbot, mich jetzt rumzufahren. Es war inzwischen halb elf und ich nickte dankbar.
„Wir behalten das aber erstmal für uns, oder Niall?", wollte ich wissen, als wir im Auto saßen. „Das mit der Verlobung meine ich."
„Aber jetzt bist du wieder wach und kannst dich über mich lustig machen, was?" Scherzend manövrierte er sein Auto von seinem Grundstück.
„Mh", nickte ich und lehnte mich an die Fensterscheibe. „Nach müde kommt doof, wusstest du das etwa nicht?"
Niall musste zugeben, davon noch nie etwas gehört zu haben, was ich ziemlich belustigend fand.
Nach einer kleinen Gesprächspause nahm Niall das Wort wieder an sich. „Ich weiß, dass das super blöd ist, aber wir sollten es wenigstens in diesem Monat nicht zu sehr übertreiben was die Öffentlichkeit angeht, in Ordnung? Ich wollte eigentlich nicht im Knast landen, dafür habe ich noch zu viele Pläne für mein Leben."
„Ich will auch nicht, dass du im Knast landest", stimmte ich ihm zu. Zudem hatte ich doch so ein cooles Geburtstagsgeschenk für ihn, das er dort sicher nicht gebrauchen konnte.
Um diese Uhrzeit waren in London an einem Freitagabend zwar noch viele Fußgänger unterwegs, jedoch hielt sich das beim Autoverkehr in Grenzen, sodass wir ohne einen einzigen Stau bei der Wohnung ankamen.
„Soll ich noch mit hoch gehen oder schaffst du es allein die Treppen rauf und in dein Bett?", erkundigte Niall sich leicht belustigt, als ich es erst nicht richtig schaffte, die Autotür zu öffnen.
„Schaff ich allein. Ich bin vielleicht doof, aber nicht betrunken", ergänzte ich, damit er Bescheid wusste.
„Kannst du mir eine Nachricht schreiben, sobald du in deinem Bett bist, damit ich mir auch sicher bin und keine Sorgen machen muss?" Sein Blick bestand praktisch darauf, sodass ich nickte.
„Klar." Mit einem Schubs öffnete ich die Tür, warf Niall eine Kusshand rüber, knallte die Tür zu und ging zur Haustür. Bis ich den Hausschlüssel in meiner Handtasche gefunden hatte dauerte es eine weitere Ewigkeit, dann jedoch hatte ich das geschafft und stopfte den Schlüssel in das Schloss.
Mist, falschrum. Ich sollte wirklich schnell in mein Bett.
Hinter mir hörte ich, dass sich das Autofenster öffnete. „Brauchst du wirklich keine Hilfe?"
„Ne ne", gab ich zurück und hoffte, dass das auch stimmte. Endlich ging die Tür auf und ich trat ins Treppenhaus. Mit einem letzten Winken ließ ich die Tür zufallen und stapfte die anderen Treppen bis zu unserer Wohnung hoch. Dort dauerte es wieder eine Weile, bis die Tür aufging, aber schließlich hatte ich es geschafft, sodass ich einfach nur geradewegs in mein Zimmer laufen konnte, nachdem ich die Wohnungstür mit dem Fuß zugestoßen hatte. Als ich kurze Zeit später im Bett lag, schickte ich Niall noch eine einzige Nachricht mit drei Wörtern.
„Bett. Nacht. Schlaf."
Ich bin wieder da! Im Gepäck habe ich ein paar süße Koalas und Wombats, ganz viele neue Klamotten und natürlich das neue Kapitel.
Eigentlich habe ich auch angefangen, einen Reisebericht für euch zu schreiben, aber ob das mit meinem Stress noch etwas wird ist eine andere Frage, deshalb möchte ich da nichts versprechen.
Ihr habt wirklich lange darauf warten müssen, aber ich hoffe, dass das Warten sich gelohnt hat. Hier passiert schließlich doch recht viel mit Niall und Lena ;)
Ich hoffe euch ist es in den letzten Wochen auch gut ergangen!
Das nächste Kapitel gibt es in zwei Wochen, am Dienstag, den 15. August.
Liebe Grüße, Catrifa x
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