Kapitel 0 - Prolog
Die Sonne stand hoch am Himmel, jenes zufälligen Tages im Hochsommer, versteckt, hinter einer grauen Wolkendecke, die den Horizont von einer Seite bis zur anderen bedeckte. Nur hin und wieder schien der Dunst dort oben sich zu spannen und das undurchdringliche Grau riss auf um einige unheilvoll goldene Strahlen auf die Erde nieder zu senden, als würden die Engel aus den Wolken geworfen werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde es heute noch regnen, vielleicht sogar gewittern, der schwülen Luft nach zu urteilen, die sich unangenehm dick auf meine Lunge legte und mir das Atmen schon seit knapp einer Stunde nicht leicht machte.
Der alte VW-Bus, den sich meine Mutter in ihrer Jugend gekauft hatte, - und der mit seinen auffälligen Bemahlungen an den Flanken kaum zu übersehen war - mit dem sie und ein paar Freunde damals ihren Trip durch die Staaten gemacht hatte, tuckerte im gemächlichen Tempo die gerade Straße entlang. Vom Rückspiegel baumelten klimpernd zwei Metallherzen. Zu beiden Seiten des mehrspurigen Highway, der uns immer weiter fort von Allentown, meiner bisherigen Heimat, brachte, waren üppige Bäume zu sehen, die ihr wallendes Grün in alle Richtungen streckten und eine scheinbar undurchdringliche Front bildeten. Sie türmten sich wie Wellen auf und waren doch in ihrer Bewegung eingefroren.
Seit etwas mehr als drei Stunden befanden wir uns nun schon auf der Route nach Boston und es würden wohl oder übel noch zwei Stunden mehr werden, denn wir waren gerade erst an der Staatsgrenze zu Massachusetts vorbeigekommen, wo ich und meine Ma kurz Rast an einer Tankstelle gemacht haben, um Cola und ein paar Schokoriegel zu kaufen. Und um natürlich das Auto zu tanken. Seitdem hatte sich die Umwelt hinter den Fenstern des Autos nicht geändet. Grün und Grau. Grün und Grau.
Mit einem gelangweilten Seufzer warf ich einen Blick auf meine Mutter, die mit ihrer übergroßen Sonnenbrille ihren übermüdeten Blick und die vom Weinen geröteten Augen zu verstecken versuchte. Ihre dunklen Haare waren zu ihrem üblichen lockeren Dutt zusammen gefasst, doch einzelne Strähnen waren bereits wieder hervorgerutscht und fielen ihr in die Stirn. Ihre Tränen galten nicht meinem Vater, den wir in Pennsylvania zurück gelassen hatten, als meine Mutter einen anderen Mann kennen gelernt hatte und mein Pa fürchterlich ausgerastet war, als er es razsgefunden hat, wie man leicht vermuten könnte, nein, sie galten meinem Bruder Jake, der seit nun zwei Wochen verschwunden war. Er war zwar schon volljährig und damit unabhängig, aber dass er einfach so, ohne jedes Abschiedswort verschwinden würde, hatte keiner geahnt. Auch ich nicht, die dachte, diesen jungen Mann zu kennen. Schließlich war er immer der Sonnenschein der Familie gewesen, mit seinem unzerstörbaren Humor und Sinn für den richtigen Augenblick. Seine Stärke hatte mich immer beeindruckt. Seit ich denken konnte, wollte ich so sein wie er. Beliebt, schlau, witzig und dickköpfig. Er war sich nie für etwas zu schade und wollte seinen Willen durchsetzen, was ihn durchaus manchmal zu einer sehr anstrengenden Person gemacht hatte. Und nun war er fort, einfach weg.
Bevor sich mein Kopf näher mit dem Ausmaß der Situation befassen konnte, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Highway. Ich bin stark, sprach ich mir in Gedanken zu, als wäre es mein Mantra und straffte die Schultern. Jetzt wo Jake fort war, musste ich mehr denn je meine Stärke zeigen und mir ein Beispiel an seiner Leichtigkeit nehmen.
Auf dem Rücksitz klapperte mein Rollstuhl zwischen zwei Kartons. Eine Tatsache, die die meisten auf Distanz hält. Erwachsene meinen meistens mir mit allem helfen zu müssen und Gleichaltrige befürchten, ich könnte nicht mit ihnen mithalten. So war es an meiner alten Schule gewesen, bevor ich einen Privatlehrer genossen hatte, und so würde es mit großer Wahrscheinlichkeit auch an der neuen sein. Dennoch war in meiner Magengrube eine prickende Vorfreude auf das, was kommen mochte. Schließlich war ich auch daheim in Allentown nicht allein gewesen und hatte oft was mit meinen Freunden unternommen, es konnten also nicht alle so oberflächlich sein, wie die modebewussten It-Girls, deren Mitgefühl und Weitblick auf einen Fingernagel passte. Ein Gedanke, der mir automatisch ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte.
Langsam schloss ich die Augen. Tief atmete ich ein und aus, sammelte mich kurz und wischte dann alle Gedanken fort. Wenn ich mir jetzt zu viel den Kopf zerbrach, bekam ich irgendwann Kopfschmerzen und das wollte ich auf einer so langen Autofahrt wirklich nicht. Also kurbelte ich das Fenster ein Stück runter, wodurch jedoch nur noch mehr schwüle Luft herein kam und lehnte mich entspannt zurück. Komme was wolle, dachte ich. Je suis preste! Ich bin bereit... Und im Radio begann das Lied Try everything von Shakira zu spielen.
Hey ho :)
Ich hoffe dir hat der Prolog gefallen, und hast Lust bekommen mehr zu lesen.
Wenn du magst, kannst du mir ja einen Kommi hinterlassen, oder einfach schwarz weiter lesen ;) Was dir besser gefällt.
Mit freundlichen Grüßen Sahara-sama
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro