9 - Gefangen in Erinnerungen
Es fällt mir schwer zu realisieren, dass ausgerechnet Kaden derjenige ist, der mich in eine Umarmung verwickelt, als er mein tränenverquollenes Gesicht sieht.
Behutsam, fast schon zärtlich, streichelt er mir über den Rücken.
In diesem Moment vergesse ich alles.
Ich vergesse den Spott in seinen Augen. Vergesse das teuflische Grinsen auf seinen Lippen. Vergesse die unverschämten Sprüche, die er mir an den Kopf wirft.
Ich bin einfach nur froh, dass mich jemand in seinen Armen hält. Dieser Halt, den er mir gibt, ist gerade genau das, was ich gebraucht habe.
Für ein paar Minuten genieße ich Kadens Nähe und die Kraft, die er auf mich überträgt, doch sobald sich das Gefühlschaos in meinem Kopf lichtet und ich begreife, dass ich in den Armen eines frauenfeindlichen Polizisten liege, stoße ich ihn unsanft von mir.
Plötzlich sind mir der Spott in seinen Augen, das teuflische Grinsen auf seinen Lippen und die unverschämten Sprüche nicht mehr egal.
Vor Kaden Schwäche zu zeigen, könnte mein persönlicher Untergang werden.
„Was willst du hier?", fauche ich möglichst distanziert, während ich mir die letzten Tränenreste von den Wangen streiche. „Mir die Rechnung für den Schaden an deiner Polizeikarre vorbeibringen?"
Daraufhin zieht Kaden nachdenklich seine Augenbrauen in die Höhe. Statt etwas Sarkastisches auf meine Frage zu erwidern, wie ich es bereits von ihm gewohnt bin, möchte er besorgt wissen: „Ist alles okay bei dir, Helin?"
Ich kann es nicht verhindern, ein verächtliches Lachen auszustoßen.
Diese Frage war noch überflüssiger als der Matheunterricht in meiner Schulzeit.
„Klar", raune ich verbittert. „Ich heule mir immer die Seele aus dem Leib, wenn es mir gut geht. Alles bestens, Kaden."
Der Polizist soll mir einfach sagen, was er hier zu suchen hat, und dann wieder verschwinden. Er ist schließlich die letzte Person, die ich gerade sehen möchte.
Den Geburtstag meiner verstorbenen Mutter in seiner Anwesenheit zu verbringen, fühlt sich nicht richtig an.
„Okay, die Frage war dämlich", seufzt Kaden mit einem Hauch von Einsicht in der Stimme. „Können wir vielleicht reden, Helin? Na ja, reden ist eigentlich das falsche Wort. Ich muss mich bei dir entschuldigen."
Das ist der Moment, in dem ich vermutlich wie ein verschrecktes Reh aussehe. Meine Augenbrauen ziehe ich beinahe bis zum Haaransatz hoch, meine Pupillen sind geweitet und mein Mund steht einen Spalt offen.
Habe ich mich gerade verhört oder möchte sich der frauenfeindliche Idiot tatsächlich bei mir entschuldigen?
Ich wusste nicht einmal, dass er dieses Wort in seinem Wortschatz besitzt.
Scheinbar meint Kaden das Gesagte ernst, denn er fährt unsicher fort: „Es war falsch von mir, dass ich mich über deine Eltern informiert habe. Dazu hatte ich kein Recht und es geht mich auch schlichtweg nichts an. Außerdem hätte ich dich nicht darauf ansprechen sollen."
In seinen giftgrünen Augen spiegeln sich Aufrichtigkeit und Reue wider. Von dem Mann, den er in den letzten Wochen verkörpert hat, ist auf einmal nichts mehr übrig.
Ich sehe keinen frauenfeindlichen Polizisten, sondern einen jungen Mann, der zu seinen Fehlern steht und diese zu beseitigen versucht.
Es muss ihn enorm viel Mut gekostet haben, hierher zu fahren und sich bei mir zu entschuldigen.
„Kannst du mir vielleicht verzeihen, Helin?"
Falls das überhaupt möglich ist, klappt meine Kinnlade noch weiter nach unten.
Es ist die eine Sache, sich zu entschuldigen, aber eine ganz andere, um nach Vergebung zu bitten.
Woher kommt Kadens plötzlicher Sinneswandel? Zuvor scheint es ihn auch nie gestört zu haben, mich zu demütigen oder gar mit seinen Worten zu verletzen.
Fast schon hat er mich an die ganzen gefühlskalten Bad Boys aus Liebesfilmen und Romanen erinnert. Gott sei Dank scheint er aber doch ein Herz zu besitzen.
„Meine Mum ist auch gestorben", murmelt Kaden beinahe tonlos, nachdem ich ihm keine Antwort gebe. „Hätte jemand so über sie hergezogen, wie ich es bei deinen Eltern getan habe, hätte ich dieser Person auf jeden Fall einen Kinnhaken verpasst."
Kadens Ehrlichkeit überrascht mich. Mit dem Tod seiner Mutter macht er sich angreifbar und verletzlich.
Da ich allerdings nicht länger über den Tod von geliebten Menschen sprechen möchte, beschließe ich lediglich auf seine zweite Aussage einzugehen. „Meine Option war eine Backpfeife, aber du Idiot warst ja leider schneller."
„Hey!" Gespielt entrüstet stemmt Kaden seine Hände in die Hüften. „Pass lieber auf, was du sagst, Fräulein. Ansonsten hast du gleich eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung am Hals, meine Liebe."
„Du hast ja nicht mal deine protzige Angeberuniform an."
Ich muss zugeben, dass Kaden in seiner Polizeiuniform immer eine sehr gute Figur abgegeben hat, doch auch in seiner Alltagskleidung sieht er extrem attraktiv aus.
Der cremefarbene Pullover schmiegt sich perfekt um seinen Oberkörper und lässt die Muskeln darunter erahnen. Auch die zerrissene Jeans, die Lederjacke und die hellen Sportschuhe schmeicheln ihm.
Kaden ist ein verdammt gutaussehender Mann – so viel steht fest.
Als ich merke, dass ich ihn nicht gerade unauffällig mustere, wende ich peinlich berührt meinen Blick ab. Sofort schießt mir vor lauter Scham Hitze in die Wangen.
Innerlich rechne ich damit, dass mich Kaden nun mit einem dämlichen Spruch aufziehen wird, doch stattdessen murmelt er hoffnungsvoll: „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Verzeihst du mir, Helin?"
Unschlüssig, wie ich den neuen, deutlich netteren Kaden einschätzen soll, schaue ich in seine Augen. Aufrichtigkeit, Hoffnung und ein winziger Funke Angst verschleiern seine Pupillen.
Eigentlich hat Kaden Thompson nichts in meinem Leben verloren. Es sollte mir also egal sein, ob wir gut miteinander auskommen oder nicht – nur leider ist mir das nicht egal.
Meine Eltern haben mich schon früh so erzogen, jedem Menschen eine zweite Chance zu geben. Das sollte ich auch bei Kaden tun.
Tief in seinem Inneren scheint er ein guter Mensch zu sein.
Vermutlich ist es den emotionalen Ereignissen der vergangenen Stunden und meinem schlechten Gewissen zu verschulden, dass ich langsam nicke. Aus purer Überzeugung tue ich es nämlich nicht.
Kaden atmet erleichtert auf.
Das ehrliche Lächeln, das seine Lippen umspielt, lässt ihn direkt viel sympathischer erscheinen. Erneut beweist er mir, dass nicht nur das frauenfeindliche Arschloch in ihm steckt.
„Danke, Helin", wispert er leise. „Ich bin übrigens ein sehr guter Zuhörer. Also wenn du reden möchtest, bin ich da und höre dir zu."
Ein weiteres Mal überrascht mich Kaden mit seinen Worten. Sein Angebot, mir eine Schulter zum Ausweinen zu bieten, sehe ich nicht als selbstverständlich an.
Trotzdem vertraue ich ihm nicht, immerhin kenne ich ihn so gut wie gar nicht.
„Danke, aber nein danke", winke ich sein Angebot ab. „Wenn ich mit jemandem reden möchte, dann gehe ich zu Hutson oder Carry."
Meine Lippen handeln schneller als mein Verstand.
Schmerzlich wird mir bewusst, dass ich weder mit Hutson noch mit Carry reden kann. Mein Freund versteht mich nicht und meine beste Freundin ist immer noch wütend auf mich.
Die Zeit, in denen ich beiden meine Seele und mein Herz offenbaren konnte, liegt leider weit in der Vergangenheit zurück.
Ich bin allein mit meinen Problemen und kann mich niemandem mehr anvertrauen. Höchstens meiner Granny, aber ich möchte sie ungerne mit meinen Dämonen belasten.
Kurz ziehe ich es in Erwägung, Kaden von dem Geburtstag meiner Mutter zu erzählen, doch letztendlich entscheide ich mich dagegen. Je weniger er über mich und mein Leben weiß, umso besser.
Es ist schön und gut, dass wir uns ausgesprochen haben, aber ab jetzt sollten sich unsere Wege wieder trennen.
„Also dann", klatsche ich deshalb in die Hände. „Wenn du sonst nichts mehr zu sagen hast, kannst du ja wieder gehen, oder?"
Zwar klingen meine Worte ziemlich abgestumpft, allerdings sind sie nicht böse gemeint. Glücklicherweise scheint Kaden das zu verstehen, denn er lacht leise.
„Ganz schön direkt, Miss Wright", gluckst er belustigt. Ich kann ihm ansehen, dass er seiner Aussage noch etwas hinzufügen möchte, da ertönt plötzlich die Stimme meiner Granny hinter mir.
„Helin, Schätzchen, das Mittagessen ist fertig."
Das nenne ich mal perfektes timing. Dann hält Kaden jetzt offiziell nichts mehr davon ab, wieder zu verschwinden.
Außer Granny natürlich, wie ich in diesem Moment bedauerlicherweise feststellen muss.
„Oh, du hast Besuch?" Mit einem glücklichen Funkeln in den Augen stellt sie sich neben mich, um Kaden ihre Hand reichen zu können. „Ich bin Naemi. Helins Großmutter", stellt sie sich lächelnd vor.
Ganz der Gentleman nimmt Kaden ihre Hand an und haucht ihr sogar einen federleichten Kuss auf die Haut. Granny mag er damit vielleicht imponieren, aber mich lässt seine Handlung bloß die Augen verdrehen.
„Kaden Thompson", säuselt der Polizist freundlich. „Sehr erfreut, sie kennenzulernen, Naemi. Ihre Enkelin ist wirklich ganz bezaubernd."
Ich muss Granny gar nicht erst anschauen, um zu wissen, dass sie schockverliebt in Kaden ist. Alle Männer, die anständig und zuvorkommend sind – also das genaue Gegenteil von Hutson – schließt sie binnen weniger Sekunden in ihr Herz.
Vermutlich hält sie immer noch an der Hoffnung fest, dass ich mich eines Tages von Hutson trenne und stattdessen einen besseren Freund finde – jemanden wie Kaden.
Mir selbst ist natürlich auch bewusst, dass Hutson kein Ritter in goldener Rüstung ist, aber es hätte mich auch deutlich schlechter treffen können.
Oder?
Plötzlich bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich jemanden wie Hutson an meiner Seite verdient habe. Ich möchte einen verständnisvollen, humorvollen und loyalen Freund haben, nicht aber jemanden, der mich nur auf meine Fähigkeiten im Bett reduziert.
„Wissen sie was, Mister Thompson?", befreit mich Grannys euphorische Stimme aus meinem Gedankenkarussell. „Ich habe genug Essen für alle gemacht. Warum bleiben sie nicht und leisten uns Gesellschaft?"
Während Granny bis über beide Ohren strahlt, verschlucke ich mich an meiner eigenen Spucke.
Ein weiteres Essen mit Kaden? Das wird nicht gut enden.
Hoffentlich bin nicht wieder ich diejenige, die sich abschließend übergeben muss.
„Wenn es keine Umstände bereitet, würde ich sehr gerne bleiben." Mit einem Lächeln, das heller als die Herbstsonne am Horizont erstrahlt, schaut Kaden zu mir. „Natürlich nur, wenn es auch für dich okay ist, Helin."
Ist es das? Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung.
Bis heute Morgen habe ich Kaden noch bis in die Hölle und zum Teufel höchstpersönlich verflucht. Jetzt, wo er mir eine ganz andere Seite von sich zeigt, schwindet meine Abneigung ihm gegenüber.
Außerdem habe ich mir vorgenommen, ihm eine zweite Chance zu geben.
Da mich die niedlichen Grübchen, die sich an Kadens gehobenen Mundwinkeln gebildet haben, ein bisschen aus dem Konzept bringen, schaffe ich es bloß, schwach zu nicken.
Wie kann es sein, dass sein gutes Aussehen zuvor beinahe spurlos an mir vorbeigegangen ist und mich plötzlich der leiseste Anflug seines Lächelns aus der Bahn wirft?
Bestimmt hängt das mit meinem Gefühlschaos zusammen, das schon den ganzen Tag in meinem Inneren tobt.
Genervt von meinen eigenen Gedanken mache ich einen Schritt zur Seite, damit Kaden das Haus betreten kann. Vorbildlich zieht er sich die Schuhe aus, ehe er von Granny in die Küche geführt wird.
Bei dem Anblick seiner roten Kringelsöckchen muss ich schmunzeln.
Mit rasendem Herzen tapse ich Granny und Kaden hinterher und bete innerlich, dass das Mittagessen nicht in einer Katastrophe enden wird.
Ich kenne meine Granny schließlich und weiß, wie gerne sie Hutson vor anderen Männern in die Pfanne haut. Bei Kaden muss sie aber aufpassen. Nicht, dass er ihre Aussagen noch falsch aufnimmt und meinem Freund im Nachgang irgendeine Strafe droht.
„Setzt euch doch schon mal hin, ihr Zwei. Ich gieße nur noch schnell die Nudeln ab."
Während Granny an der Küchenzeile herumwuselt, nehmen Kaden und ich an dem gedeckten Tisch Platz. Wie auch schon bei unserem letzten Dinner sitzen wir uns gegenüber, sodass ich perfekt in seinen giftgrünen Augen versinken kann.
Ich gebe es nicht gerne zu, aber in seine Augen zu schauen, beruhigt mich. Sie strahlen eine enorme Wärme aus, die ich bisher nicht gewohnt bin.
„Ich habe extra Nudeln mit Gulasch gekocht", erzählt Granny stolz, wodurch sie unseren Blickkontakt zerstört. „Das war Claudias Lieblingsessen."
„Claudia?", hakt Kaden sofort neugierig nach.
Ob sein Interesse gespielt ist oder nicht, kann ich nicht sagen. Eigentlich müsste er wissen, dass Claudia meine Mutter ist, schließlich hat er sich ja über sie informiert.
„Oh", lächelt Granny traurig. „Claudia war meine Tochter – Helins Mutter. Sie wäre heute fünfzig Jahre alt geworden, wenn sie nicht bei dem grausamen Terroranschlag vor acht Monaten ums Leben gekommen wäre."
Ich bin beeindruckt, wie leicht es Granny fällt, über Mum zu reden. Statt Tränen in ihren Augen zu finden, sehe ich bloß ein stolzes Lächeln, das Mum gilt.
Ich hingegen fühle mich schon wieder in tausend Stücke zerrissen. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und mein Herz wird schwer wie Blei.
Dass Granny solche intimen Momente mit einem Fremden teilt, fühlt sich nicht richtig an.
Kaden kannte meine Mutter nicht. Er weiß nicht, wie liebevoll sie war. Er weiß nicht, dass ihre Witze die besten waren. Er weiß nicht, was ihre Augen zum Strahlen gebracht hat.
Und genau deshalb wird er nicht verstehen können, warum sie mir so sehr fehlt.
Wie falsch ich mit meiner Vermutung liege, wird mir lediglich ein paar Sekunden später vor Augen geführt.
„Das tut mir leid", erwidert Kaden bedrückt. „Meine Mutter ist damals auch bei dem Anschlag gestorben."
Mit einem Mal verpufft der Schmerz in meiner Brust und weicht Mitleid.
Am liebsten würde ich Kaden in meine Arme schließen, da er plötzlich wie ein verlorener kleiner Junge wirkt. Der Glanz in seinen Augen ist erloschen und auch das freche Grinsen zupft nicht länger an seinen Mundwinkeln.
Er sieht traurig und gebrochen aus.
Wahrscheinlich ist er doch der Einzige, der meinen Schmerz nachempfinden kann, schließlich wurde ihm dasselbe Loch ins Herz gerissen, wie mir.
„Wissen sie, Naemi, ich arbeite als Polizist. An jenem Tag war ich im Dienst und musste meiner Mutter dabei zusehen, wie sie stirbt. Ihren letzten Atemzug hat sie in meinen Armen gemacht."
Kaden wagt es nicht, mich anzuschauen. Granny wagt es nicht, etwas zu sagen. Und ich wage es nicht, in Tränen zu zerfließen.
Die ganze Zeit über dachte ich, dass ich mit einem schrecklichen Schicksal leben müsste, dabei gibt es auch noch andere Menschen auf dieser Welt, die viel Grausameres erlebt haben.
Kaden zählt zu diesen Menschen.
Nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen möchte ich mir ausmalen, wie schrecklich es sein muss, wenn die eigene Mutter in den eigenen Armen stirbt.
Dieses Trauma zu verarbeiten, wird mehrere Jahre dauern – wenn nicht sogar ein Leben lang.
„Ihr Lieblingsessen war Hummer", fährt Kaden nach einer Weile mit Tränen in den Augen fort. „Seit sie tot ist, gibt es dieses Gericht nur noch zu ganz besonderen Anlässen."
Für den Bruchteil einer Sekunde treffen unsere Blicke aufeinander. Wie bei einem Blitzeinschlag zucken lauter elektrisierende Schläge durch meinen Körper, die meinen Herzschlag erhöhen.
Das Blut rauscht so laut in meinen Ohren, dass ich nicht mehr höre, was Kaden sagt. Ich sehe nur, wie sich seine Lippen bewegen.
Erst als Granny einen dampfenden Teller vor mir abstellt, verschwindet das Rauschen.
Benommen greife ich nach meinem Wasserglas und leere dieses in nur einem einzigen Zug.
Ich fühle mich miserabel, dass ich den Hummer damals erbrochen habe. Damit verletze ich in gewisser Weise das Andenken, welches Kadens Mutter hinterlassen hat.
Obwohl es gerade mal mittags ist, hat mich der heutige Tag schon jetzt emotional an meine Grenzen gebracht. Sollten wir also noch länger über Terroranschläge oder tote Menschen reden, kann ich nicht dafür garantieren, wie ein Schiff in meinem eigenen Meer aus Tränen unterzugehen.
„Wie habt ihr zwei euch eigentlich kennengelernt?", wechselt Granny glücklicherweise just in diesem Moment das Thema.
Kurz tausche ich einen Blick mit Kaden aus, ehe ich seufzend antworte: „Kaden war der Polizist, der nach meinem Autounfall meine Aussage aufgenommen hat."
Eigentlich möchte ich es bei diesen Worten belassen, allerdings fügt mein Gegenüber grinsend hinzu: „Seitdem werde ich Helin einfach nicht mehr los. Sie ist wie eine Klette, die sich an meinem Hintern festgebissen hat."
Während ich schockiert die Augen über seine Wortwahl weite, kichert Granny vergnügt.
Wenn Kaden sie weiterhin mit seinem Charme um den kleinen Finger wickelt, muss ich mir mindestens die nächsten fünf Tage Grannys Schwärmereien anhören.
Und darauf würde ich gerne verzichten.
Warum muss Kaden auch auf einmal so perfekt sein? Als er noch der frauenfeindliche Polizist mit den dämlichen Sprüchen war, ist es mir deutlich leichter gefallen, ihn zu verabscheuen.
„Helin ist ein gutes Mädchen", übergeht Granny den Part mit der Klette. „Sie hätte jemanden wie sie an ihrer Seite verdient."
Ohne es verhindern zu können verschlucke ich mich an einer Nudel, sodass ich kläglich husten muss.
„Granny!", schimpfe ich mit ihr. „Du weißt doch, dass ich einen Freund habe! Hör auf, Kaden und mich in Verlegenheit zu bringen!"
„Hutson ist ein Idiot, Schätzchen. Keine Ahnung, warum du immer noch an ihm festhältst, obwohl er dir nicht guttut." Granny schüttelt verständnislos den Kopf. „Vielleicht können sie ja nachhelfen und den Halunken hinter Gitter bringen, Mister Thompson?"
Zwar klingt ein Hauch von Belustigung in Grannys Stimme mit, aber ich weiß genau, dass sie ihre Worte ernst meint.
Wenn sie könnte, würde sie Hutson auf der Stelle aus meinem Leben verbannen. Dass mich sehr viel mit ihm verbindet, ist ihr egal.
Zum Glück scheint Kaden zu bemerken, wie unangenehm mir dieses Thema ist, denn er lenkt Granny ab, indem er säuselt: „Das Essen schmeckt übrigens fantastisch, Naemi. Sie müssen mir unbedingt das Rezept verraten."
„Das gibt es erst, wenn sie mit Helin zusammen sind", grinst Granny verschwörerisch. „Familiengeheimnis."
Darauf kann sie noch lange warten, denn das wird niemals passieren.
Kaden und ich als Paar?
Nein danke!
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