12 - In Sicherheit
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schluchzend vor Hutsons Auto knie und versuche, die Scherben meines Herzens zusammenzukleben, doch irgendwann ertönt Carrys besorgte Stimme.
„Ist alles okay, Helin?", möchte sie wissen, während sie sich neben mich hockt und mir tröstend über den Rücken streicht.
Sofort lasse ich mich in ihre Arme fallen und schluchze unkontrolliert.
Da ist so viel Schmerz in meiner Brust, dass ich nicht mehr klar denken kann. Ich habe das Gefühl, in meinem eigenen Meer aus Tränen und Selbstmitleid zu ertrinken. Einen Anker, der mich über Wasser hält, gibt es nicht, denn der existiert auch im echten Leben nicht.
Zwar gibt es einige Menschen, die mir ihren Halt und ihre Unterstützung geben, doch den Schmerz kann mir niemand nehmen.
Keine Granny.
Keine Carry.
Kein Rider.
Und auch kein Kaden.
Es ist egal, wie sehr ich mich versuche abzulenken, denn der Schmerz findet seinen Weg immer wieder zurück in mein Herz.
„Helin?" Carrys moosgrüne Augen schauen besorgt in meine.
Erst jetzt bemerke ich, dass ich ihr immer noch eine Antwort schulde.
„H-H-Hutson", schniefe ich leise. „E-Er... Po-Polizei." Ich schaffe es nicht, zusammenhängende Sätze von mir zu geben. Dafür dreht sich das Gedankenkarussell in meinem Kopf viel zu schnell.
Noch ein bisschen mehr Geschwindigkeit und alles explodiert.
„Ganz ruhig." Carry zieht mich enger an ihre Brust. „Ich habe Kaden geschrieben, dass du Hilfe brauchst. Er ist gekommen und hat dich beschützt. Alles wird gut werden, Helin."
Das bezweifele ich, denn die Fragezeichen in meinem Kopf werden immer größer.
„Ge-Gesch-schrieben?", hake ich verwirrt nach.
Für einen kurzen Moment lässt der Schock, den Hutson in meinem Inneren hinterlassen hat, nach. Stattdessen mischen sich neue Fragen in mein Chaos an Gedanken, welche meine Kopfschmerzen bloß verstärken.
Bei dem Abendessen von Mister Thompson hat es nicht den Anschein erweckt, als würden sich Carry und Kaden kennen. Ob sie wohl ihre Nummern ausgetauscht haben, um einander besser kennenzulernen?
In Anbetracht von Carrys Sexualität würde das aber keinen Sinn ergeben. Sie ist schließlich nicht an Männern interessiert.
Oder ist sie eventuell bisexuell?
„Kaden hat mir seine Handynummer gegeben, damit ich ihn im Notfall erreichen kann", bringt Carry etwas Licht in die Dunkelheit. „Sozusagen als Dank, dass ich seinem Vater das Leben gerettet habe."
Mehr als ein schwaches Nicken bringe ich nicht zustande. Die letzten Tage und vor allem die letzten Stunden haben mich so sehr ausgelaugt, dass ich nur noch tot in mein Bett fallen möchte.
Einfach die Gedanken ausschalten und schlafen.
Und am besten erst dann wieder aufwachen, wenn das ganze Chaos beseitigt wurde.
„Hutson kann dir jetzt nichts mehr antun", versucht mich Carry zu beruhigen, obwohl meine Gedanken ganz woanders sind. „Dafür wird Kaden schon sorgen."
Ich wünschte, ich könnte ihr glauben, aber das kann ich leider nicht. Die Angst, dass Hutson zurückkehrt, um seinen Rachefeldzug zu beenden, bleibt bestehen.
Was, wenn die Polizei nichts gegen ihn ausrichten kann?
Ich schaffe es nicht noch einmal, mich von ihm einengen zu lassen. In den vergangenen Monaten hat er mich so lange psychisch gequält, bis meine Seele auseinandergefallen ist.
„Komm, ich bringe dich nach Hause, Helin."
Carry schnappt sich meine Sporttasche, ehe sie mir vorsichtig auf die Beine hilft. Dann kramt sie ein Taschentuch aus ihrer Jackentasche, mit dem sie mir die Tränen von den Wangen wischt.
„D-Danke."
Auch wenn ich es gerade nicht in Worte fassen kann, rechne ich es Carry hoch an, dass sie mir zur Seite steht. Obwohl ich ihr Vertrauen missbraucht habe, ist sie für mich da.
Und genau deshalb werde ich niemals eine bessere Freundin als sie finden. Das möchte ich auch gar nicht.
Arm in Arm begeben sich Carry und ich auf den Rückweg zu Grannys Haus. Keiner von uns wagt es, noch ein weiteres Wort über Hutson oder Kaden zu verlieren.
Im Moment bin ich einfach nur froh, dass mein Freund nicht mehr bei mir ist. Natürlich ist da immer noch die Angst, dass er morgen früh wieder vor mir stehen wird, aber für diese kurze Zeit überwiegt die Erleichterung.
Ich hätte mir eher eingestehen müssen, dass Hutson verloren war. Dass unsere Beziehung kaputt war. Dass wir uns zu sehr verändert haben.
Die Liebe macht wirklich blind, das weiß ich jetzt.
Und mit dieser Erkenntnis ziehe ich endlich den Schlussstrich, den ich schon vor ein paar Monaten hätte ziehen sollen: Hutson ist nicht mehr mein Freund, sondern mein Ex Freund. Er gehört meiner Vergangenheit an, doch in meiner Gegenwart und in meiner Zukunft wird er nichts mehr zu suchen haben.
Pure Erleichterung durchflutet mich. Hutson loszulassen, ist die einzige und vor allem richtige Entscheidung.
„Oh, hallo Mädels", begrüßt uns Granny eine Viertelstunde später mit einem Lächeln, als sie Carry und mir die Haustür öffnet. Sobald ihr Blick allerdings auf mein verweintes Gesicht trifft, fällt ihr Lächeln. „Was ist passiert, Schätzchen?", möchte sie besorgt wissen, während sie mich in ihre Arme zieht.
Ohne es kontrollieren zu können, brechen die Staudämme, sodass die Tränen erneut in Sturzbächen über meine Wangen fließen.
Würde mich Granny nicht fest umschlungen an sich drücken, würde ich jetzt zusammenbrechen.
Ich kann nicht mehr.
Ich habe einen Punkt in meinem Leben erreicht, an dem ich nicht mehr weitermachen möchte.
Wozu soll ich auch jeden Tag aufwachen, wenn doch sowieso nur Kummer und Schmerz auf mich warten?
Wie in Trance bekomme ich mit, dass mich Granny und Carry auf das Sofa im Wohnzimmer verfrachten. Während mich meine Freundin liebevoll zudeckt, bereitet Granny Tee und Kekse zu.
Selbst Rider lässt sich kurz bei mir blicken, allerdings ist er so betrunken, dass er den Ernst der Lage überhaupt nicht zu begreifen scheint. Statt mich zu trösten oder zumindest Hutson bis in die Hölle zu verfluchen, lacht er mich bloß für meine Haut, die von den vielen Tränen ganz fleckig geworden ist, aus.
„Hör nicht auf Rider", murmelt Carry, die an meinen Füßen sitzt, leise. „Er ist ein Idiot."
„Ein betrunkener Idiot", korrigiere ich sie mit einem schwachen Lächeln.
Rider ist die nächste Baustelle, die ich in Angriff nehmen muss. Sobald sich die ganze Sache mit Hutson geklärt hat und ich weiß, ob ich mich weiterhin vor ihm fürchten muss, werde ich meinen Bruder zu einer Psychotherapeutin schleppen – ganz egal, ob er das möchte oder nicht.
Er benötigt ganz dringend Hilfe, ebenso wie ich.
Nur wenn wir lernen, wie wir mit dem Schmerz leben können, kann wieder Normalität in unser beider Leben einkehren.
Den ganzen Nachmittag verbringe ich zusammen mit Carry und Granny auf dem Sofa. Wir schauen uns eine Komödie nach der anderen an und stopfen uns dabei mit Keksen voll.
Zwar kann ich sowohl Granny als auch Carry ansehen, dass sie gerne mit mir die Geschehnisse der vergangenen Stunden thematisieren würden, doch mir zuliebe halten sie sich zurück.
Ich bin noch nicht so weit, um darüber zu reden.
Gegen achtzehn Uhr verabschiedet sich Carry dann von uns, sodass nur noch Granny und ich zurückbleiben.
„Kann ich noch etwas für dich tun, Schätzchen?", fragt sie mich besorgt. „Brauchst du irgendetwas?"
Ich schüttele den Kopf. Granny hat schon genug für mich getan.
Und damit meine ich nicht nur heute, sondern auch in den letzten neun Monaten.
Sie war der einzig konstante Anker in meinem Leben, der mich vor dem Ertrinken bewahrt hat. Den Schmerz konnte sie mir nicht gänzlich nehmen, aber wenigstens bin ich nicht daran erstickt.
Hoffentlich bin ich irgendwann stark genug, um ihr meine Dankbarkeit angemessen auszudrücken.
„Na schön. Dann werde ich mich mal um das Abendessen kümmern, okay? Wenn etwas ist, ruf einfach nach mir."
Mit diesen Worten möchte Granny in die Küche verschwinden, doch ein Klingeln an der Haustür hält sie zurück. „Ich gehe schon", lässt sie mich wissen, ehe sie den Weg in den Flur antritt.
Automatisch verschnellert sich mein Herzschlag. Wie ein Maschinengewehr pulsiert es unter meiner Haut.
Was, wenn das Hutson ist? Was, wenn er bereits von der Polizeiwache entlassen wurde? Was, wenn er gekommen ist, um mir weh zu tun?
Noch bevor ich Granny warnen kann, höre ich, wie sie die Tür öffnet. „Oh", stößt sie einen erstaunten Ton aus. „Das ist ja eine Überraschung."
In Anbetracht ihrer Stimmlage, die keineswegs panisch oder ängstlich klingt, gehe ich mal davon aus, dass nicht Hutson derjenige ist, der gerade vor der Tür steht. Rider kann es aber auch nicht sein, denn sonst hätte Granny bereits mit ihm geschimpft.
Wer zum Teufel steht also vor unserer Haustür?
Etwa Carry, die etwas vergessen hat? Aber warum sollte das dann eine Überraschung sein?
Meine Ungewissheit verpufft nur zwei Sekunden später zu Staub, als eine rauchige Stimme, die mir unverzüglich eine Gänsehaut verpasst, ertönt. „Hallo, Naemi. Ist Helin da? Ich würde gerne mit ihr sprechen."
Die Besorgnis in Kadens Stimme ist nicht zu überhören.
Vermutlich ist es falsch, aber bei dem Gedanken daran, dass es auch außerhalb meiner engsten Bezugspersonen einen Menschen gibt, der sich um mich sorgt, macht mein kaputtes Herz einen freudigen Hüpfer.
„Natürlich. Kommen sie doch rein."
Kaum hat Granny die Haustür wieder geschlossen, tritt sie gemeinsam mit Kaden zu mir ins Wohnzimmer. „Du hast Besuch, Schätzchen", spricht sie das Offensichtliche aus. „Ich lasse euch zwei Mal allein. Ein Kartoffeleintopf kocht sich schließlich nicht von selbst."
Während Granny in die Küche verschwindet, hockt sich Kaden vorsichtig vor mich. Seine giftgrünen Augen bohren sich in meine und sorgen merkwürdigerweise dafür, dass ich mich sicher fühle.
Die Angst, die noch bis vor wenigen Sekunden an meinem Herzen geklammert hat, löst sich in Luft auf. Stattdessen wird angenehme Wärme durch meinen Körper gepumpt.
Auch dieser Gedankengang ist vermutlich falsch, aber ich denke, dass ich Kaden vertrauen kann.
„Hey." So leise, dass seine Worte auch bloß eine Einbildung gewesen sein könnten, begrüßt er mich. Mit Vorsicht legt er seine rechte Hand an meine Wange, um mir zärtlich über die Haut zu streichen. „Es tut mir unfassbar leid, was dir passiert ist, Helin."
Wie in Zeitlupe wandern seine Finger zu meinem Kinn, wo sie kurz verweilen. Danach ziehen sie noch tiefer, bis sie die roten Striemen an meinem Hals nachfahren.
Ich weiß nicht, warum ich diese Nähe zwischen uns zulasse, aber in diesem Moment fühlt es sich gut an.
Kadens Berührungen sind zärtlich und sanft. Fast schon könnte man meinen, er hätte Angst, dass ich unter seinen Fingern wie Glas auseinanderbreche.
Diese Vertrautheit, die zwischen uns knistert, verstärkt mein Gefühl der Sicherheit.
Kaden ist ein Polizist. Zwar war er am Anfang ein idiotischer und frauenfeindlicher Polizist, doch mittlerweile weiß ich, dass er das Herz am rechten Fleck hat.
Wir sind uns damals einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort begegnet.
Umso mehr freut es mich, dass er gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist – bei mir.
„Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, wie hart das alles für dich sein muss, aber du wirst morgen auf dem Polizeirevier aussagen müssen."
Es bedarf nur wenige Worte und schon platzt die Seifenblase, in der ich mich noch bis gerade befunden habe.
Mein Herz beginnt ungewöhnlich schnell gegen meine Brust zu hämmern und mein Körper wird von einem Erdbeben heimgesucht. Angst bricht wie ein riesiges Gewitter über mir zusammen und nistet sich dann in meinen Venen ein.
Ich soll eine Aussage machen?
Nochmal erzählen, was mir Hutson angetan hat?
„I-Ich", stammele ich verzweifelt. „Ich kann das nicht."
Voller Panik schaue ich in Kadens Augen. Statt mir wieder Halt zu geben, stoßen sie mich bloß tiefer in die Fluten meiner Angst.
„Hör mir zu, Helin." Kaden legt seine Hände an meine Wangen, um meinen hilflosen Blick auffangen zu können. „Wenn wir eine Chance haben wollen, dass dein Freund hinter Gittern landet, musst du eine Aussage machen. Und damit meine ich nicht nur eine Aussage über den heutigen Vorfall im Fitnessstudio."
Ich schlucke schwer, als mir bewusst wird, was Kaden von mir verlangt.
Ich soll fremden Menschen erzählen, was mir Hutson in den vergangenen Monaten angetan hat – sowohl körperlich als auch seelisch.
„Du möchtest doch, dass er für seine Taten bestraft wird, oder?"
Kadens selbstbewusster Blick bröckelt und weicht einem Ausdruck der Unsicherheit. Ein Fünkchen Angst, ich könnte Hutson beschützen wollen, flammt auch in seinen Augen auf.
„Ja."
„Gut." Kaden nickt erleichtert. „Dann werden wir aber noch ein paar mehr Zeugen brauchen."
Sobald diese Worte schwer wie Blei zwischen uns hängen, streckt meine Granny ihren Kopf aus der Küche, um uns zuzurufen: „Ich melde mich freiwillig als Zeugin. Ich habe schließlich monatelang mitansehen müssen, wie schlecht dieser Kerl meine Enkelin behandelt hat. Ich werde also mit dem größten Vergnügen gegen ihn aussagen."
„Vielen Dank, Naemi. Das würde uns sehr weiterhelfen." Kadens Blick richtet sich wieder auf mich. „Denkst du, dass Carry auch aussagen würde?"
Dieses Mal liegt es an mir, zu nicken.
Carry konnte Hutson noch nie sonderlich gut leiden – selbst vor zwei Jahren nicht. In ihren Augen war er ein arroganter Schnösel, der nicht an Liebe, sondern nur an Sex glaubt.
Nachdem Hutson dann vor drei Monaten seine dunkle Seite gezeigt und sie öffentlich geoutet hat, hat ihr Hass auf ihn nur noch mehr an Größe gewonnen.
„Sehr gut", murmelt Kaden. „Ich kann dir nicht versprechen, dass dein Freund im Gefängnis landen wird, aber ein Annäherungsverbot wird das Mindeste sein, das wir herausschlagen können. Und das kann ich dir auch ganz ohne Jurastudium versichern."
Hoffentlich behält Kaden recht. Andernfalls werde ich nämlich nicht nur um meine eigene Sicherheit, sondern auch um die meiner Familie bangen müssen.
Granny und Rider in das Drama rund um Hutson mitreinzuziehen, ist das Letzte, was ich möchte.
„Was hat er dir alles angetan, Helin?", fragt mich Kaden vorsichtig, nachdem wir mehrere Minuten geschwiegen haben. Seine Hand ruht immer noch an meiner Wange und zeichnet dort kleine Kreise auf meine Haut.
Wieder einmal überkommt mich das Gefühl von Sicherheit. Einen Polizisten, der mich beschützen kann, an meiner Seite zu wissen, erleichtert mich.
Bei den Erinnerungen an all die schrecklichen Dinge, die mir Hutson angetan hat, sollte ich in Tränen schwimmen, aber stattdessen gibt mir Kaden gerade unheimlich viel Kraft.
Er zeigt mir, dass es Hoffnung gibt.
Dass die Gerechtigkeit vielleicht doch noch siegen kann.
Für einen kurzen Augenblick zögere ich noch, ehe ich mich Kaden anvertraue. Lieber erzähle ich ihm von meiner Vergangenheit, als diese vor fremden Polizisten niederlegen zu müssen.
„Er hat mich bedroht", beginne ich zögerlich, Kaden in meine düstere Beziehung mit Hutson eintauchen zu lassen. „Und meine Familie. Er hat mir körperlich wehgetan: Mich gewürgt, meine Handgelenke gequetscht und mich grob an den Schultern gerüttelt. Außerdem hat er mich zu Sachen gezwungen, die ich nicht machen wollte."
Ich stocke, da es mir unangenehm ist, dass ich so schwach war. Statt mich gegen Hutson zu wehren, habe ich mich von ihm ausnutzen lassen.
Tag für Tag habe ich an das Gute in ihm geglaubt, obwohl ich diejenige war, die ihm das Gute genommen hat.
„Sex, Blowjob und Handjob", murmele ich leise, ohne Kaden dabei anzuschauen.
Es ist mir furchtbar peinlich, laut auszusprechen, was Hutson mit mir gemacht hat. Dadurch fühlt es sich auf einmal so verdammt real an.
Ständig habe ich mir selbst eingeredet, dass Sex normal in einer Beziehung sei. Ich habe versucht, Hutsons Taten zu rechtfertigen, dabei konnte ich das gar nicht.
Das, was er mir angetan hat, ist nicht zu rechtfertigen.
„Wenn ich mich geweigert habe, hat er mir entweder wehgetan oder meine Familie bedroht. Also habe ich jedes Mal nachgegeben", beende ich meine Erzählung.
Tatsächlich bahnen sich nun auch ein paar Tränen an die Freiheit.
Bisher war mir überhaupt nicht bewusst, wie sehr mich Hutsons Verhalten belastet hat. Auch dass er mich manipuliert hat, um seinen Willen zu bekommen, habe ich nicht bemerkt.
Ich war blind. Vielleicht ein bisschen blind vor Liebe, aber hauptsächlich blind vor Hoffnung.
„Danke für deine Ehrlichkeit, Helin", befreit mich Kadens Stimme aus den düsteren Tiefen meiner Gedanken. „Wäre ich kein Polizist, hätte ich deinen Freund schon längst grün und blau geprügelt."
„Ex Freund." Das ist das Einzige, was ich auf seine Worte erwidern kann.
Seit dem Tod meiner Eltern war unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt. Ich hätte mir ein anderes Ende für uns gewünscht, aber wichtig ist nur, dass es ein Ende gefunden hat.
„Du bist sehr stark, Helin. Gemeinsam werden wir das durchstehen, okay?" Kaden drückt aufmunternd meine Hand und lächelt mir dabei zu.
Obwohl er versucht, mir ein Anker zu sein, kann ich in seinen Augen sehen, dass ihn mein Schicksal mehr mitnimmt, als er möchte.
Sein Lächeln ist bloß eine Fassade und seine optimistischen Worte verstecken den Hass, der in seinem Inneren brodelt.
Wie Kaden schon gesagt hat: Wäre er kein Polizist, würde Hutson jetzt mit mehreren Knochenbrüchen im Krankenhaus liegen.
„Ich muss jetzt leider wieder los, Helin. Meine Pause ist gleich zu Ende", lächelt mich Kaden entschuldigend an. „Kommst du klar?"
Zum ersten Mal an diesem Abend nicke ich, weil es die Wahrheit ist. Kaden gibt mir Hoffnung, dass alles gut werden wird.
„Okay. Dann sehen wir uns morgen auf dem Polizeirevier, richtig? Kommt einfach vorbei, wenn es euch passt." Mit diesen Worten erhebt er sich vom Boden und möchte in Richtung Flur verschwinden, als ich ihn mit einem „Warte!" zurückhalte.
Sofort dreht sich Kaden wieder zu mir und schaut mich mit gehobenen Augenbrauen an.
Das, was ich jetzt sagen möchte, entspricht der puren Wahrheit. Außerdem ist es ein Versprechen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und nur noch den Kaden in ihm zu sehen, der sich am Wochenende bei mir entschuldigt hat.
„Danke!", murmele ich aufrichtig. „Für alles."
Daraufhin lächelt Kaden. „Für dich immer wieder gerne, Helin."
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