20: Uni
"Guten Morgen, Baby."
Ich stöhnte unzufrieden auf. Vishous sanfte Stimme, die mich aus wilden, fantasievollen Träumen weckte, hätte ich immer, außer in diesem Moment, gerne gehört.
"Wir müssen zur Uni", raunte er in mein Ohr und leckte meine Ohrmuschel entlang.
Seine Worte gingen an mir vorbei.
"Lass uns weiterschlafen", murmelte ich und machte den Fehler, mich auf ihn zu rollen und versuchen auf ihm wieder bequem zu werden.
Vishous hatte mich nun gar freiwillig in seinen Armen gefangen und stand einfach auf, um mich ins Bad zu tragen.
Ich wehrte mich, doch konnte ich nichts gegen ihn ausrichten.
"Ich hasse dich", murrte ich in Erinnerung an den letzten Abend und presste mich an ihn.
"Hab dich auch lieb, baby."
Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe, stellte mich vor der Dusche ab und ich sah ihn einfach nur kopfschüttelnd an.
"Entweder du duscht jetzt schön warm oder ich komme mit und wecke dich etwas mit kaltem Wasser auf."
Ich sah an seinem feuchten Haar, dass er bereits gebadet hatte und in der Küche womöglich Frühstück auf uns wartete, weswegen ich mich seufzend unter die Hölle am Morgen namens Dusche begab.
Nackt war ich ja immer noch.
Ich wusste, dass die kalte Dusche viel mehr mit Sex im Zusammenhang stand als das Wasser, weswegen ich mich so schon lieber unter dem warmen Wasser rekelte.
Nach gestern brauchte ich eine Pause. Denn auch wenn in meinem Kopf alles viel perverser zu sein schien, war Vishous derjenige, der erst nach drei oder vier Mal zufrieden war.
Genauso enttäuscht sah er auch aus, als ich ihm vor der Nase die durchsichtige Duschtür zuzog und meine Zunge rausstreckte. Doch er grinste mich nur an und verschwand mit einem Lächeln aus dem Bad.
Es gab Sandwiches die Vishous mit einem Sandwich-Maker zubereitet hatte, von dessen Existenz ich mir nicht bewusst war, bis Vishous ihn rausgeholt hatte um dieses heilig scheinende Frühstück zu machen.
Es war warm und gab mir Energie, was wollte man mehr?
"Wann hast du deinen nächsten Termin bei Isaac?", fragte mein Freund plötzlich und das ganze Wunderland riss wieder zusammen.
"Morgen Abend."
Vishous sah mich nachdenklich an.
"Hast du was dagegen wenn ich mitkomme? Es ist okay wenn das zu persönlich ist.."
Ich legte das Sandwich ab, seufzte.
Ich hatte die Termine so gewählt, dass Vishous währenddessen immer weg bei der Arbeit und unwissend war.
Es war schon eine Überwindung mit ihm davor zu reden und jetzt wollte er auch noch mit?
Ich sah in seine eisblauen Augen und wieder zurück auf mein Sandwich, welches nun sehnsüchtig darauf wartete, in meinen Magen zu kommen.
"Von mir aus.."
"Es muss nicht sein wenn du nicht willst", entgegnete Vishous und nahm meine Hand.
Ich sah ihn wieder an.
"Es ist okay. Wirklich."
Ein Lächeln formte sich auf seinen Lippen und er stand auf um mich zu umarmen.
Ich wusste nicht wieso ich das plötzlich verdient hatte, aber er konnte ruhig weitermachen.
Er drückte mir einen Kuss auf die Lippen, lächelte immernoch sanft.
"Ich liebe dein Lächeln", murmelte ich und strich über seine Wange.
"Ach, mich hasst du, aber mein Lächeln nicht?", fragte er beleidigt und ich schlang lachend die Arme um seinen Nacken.
"Ich liebe dich, Vishous", sagte ich liebevoll, starrte in seine wunderschönen Augen.
"Ich weiß", grinste er, hob mich hoch und warf sich mit mir auf die Couch.
Ich versuchte aufzustehen, doch Vishous war schon dabei mir mein gerade erst frisch angezogenes T-Shirt vom Leib zu ziehen und über meinen empfindlichen rechten Nippel zu lecken.
Ich erzitterte mit einem unterdrücktem Stöhner und krallte mich in seine Arme, die mich gegen das Polster drückten.
"Wir müssen zur.. nh-Uni!", versuchte ich mich raus zu reden, doch Vishous war nicht mehr aufzuhalten.
____________
"Fuck, Lynel, du siehst schrecklich aus", meinte Lisa, die ich atemlos noch vor Beginn der ersten Vorlesung erreichte und mich neben ihr auf den Stuhl sinken ließ.
Ich hatte rennen müssen, um nicht vollkommen zu spät zu sein.
Denn erst hatten wir Sex und dann hatte sich Vishous etwa fünf Minuten in einem Lachanfall verloren, da ich dank ihm nur noch humpeln konnte.
Wenigstens hatte er ein Kondom benutzt.
Demnach war es jedoch auch die Hölle gewesen, zu rennen, nachdem er bemerkt hatte, dass kein Benzin mehr übrig war um kurz rüber zu fahren.
Langsam hatte ich das Gefühl, er machte das alles mit Absicht, nur um mich mit einem schmerzenden Hintern durch den Tag laufen zu lassen.
Da half auch nicht das 'Sorry, baby', welches er mir mit einem Zwinkersmiley per SMS schickte.
Auch nicht das Versprechen, dass er mich später mit dem Auto abholte.
Es war mehr als zu viel - und zu hart - gewesen und Vishous spürte keinerlei Reue.
Dieser Arsch.
"Alles gut", murmelte ich genervt und benutzte meine Jacke um den Kontakt der Holzbank mit meinem Hintern etwas zu Federn.
"Ungedehnter Sex?", fragte Lisa grinsemd und ich warf ihr einen tödlichen Blick zu.
Sie hob beschwichtigend die Hände.
"Zu viel Sex?", fragte sie weiter und ich vergrub seufzend das Gesicht in meinen Armen, die auf dem kleinen Tisch zusammengefaltet waren.
Lisa streichelte meinen Rücken, als würde sie verstehen, wie sadistisch Vishous sein konnte.
Und ich konnte nicht leugnen, dass ich irgendwie darauf stand. Zumindest bis es zu dem Teil kam, an dem ich mit schmerzendem Hintern vier Stunden in einem Saal mit anderen Leuten sitzen musste.
Und es waren lange vier Stunden, bis ich mit leicht angewinkelten Beinen irgendwie versuchte unauffällig Vishous auf dem Parkplatz zu finden und mehr als erleichtert war, als ich zu Mittag in meinem Bett liegen konnte und nichts mehr tun musste, außer Vishous herum zu kommandieren mich mit Essen und Trinken zu versorgen, bis dieser zur Arbeit musste und ich mich in Ruhe auf der Couch in ein Buch stürzen konnte.
Als ich einmal, wie so oft, gedankenverloren auf die Wand starrte, merkte ich, als ich wieder etwas zu mir kam, wie leer unsere Wande waren, abgesehen von den Regalen, wo das Bild meiner Eltern stand, dass früher in der alten Wohnung auf meinem Nachttisch gewacht hatte.
Ich konnte sie nicht weiter zusehen lassen, wie wir diese.. Sachdn im Bett trieben.
Und ich bemerkte, dass ich in Vishous Sachen auch kein einziges Foto seiner Familie oder sich selbst gesehen hatte.
Ich rollte mich fluchend in eine sitzende Position und starrte auf den Fernseher, den Vishous mitgebracht hatte.
Hatte er einfach keine Fotos von seiner Familie? Wo war der Kontakt zu ihnen? Mochte er sie nicht?
Es waren fragen, die ich eigentlich nie wirklich gefragt hatte, denn obwohl wir oft über meine Familie redeten, redete er nie über seine.
Ich dachte nach, nahm mir vor unsere Wände mit Bildern zu füllen. Das war nämlich etwas, was mir Freude bringen würde, wenn es mir wieder schlecht ging.
Zufrieden mit meiner Entscheidung legte ich das Buch auf den Couchtisch und schob mich mit meinen Armen langsam vom Bett, um die Bilder die ich vor Jahren mit Lisa gemacht hatte, auszupacken und ein schönes auszuwählen, für das ich einen Rahmen bestellen wollte.
Und als ich mitten in der Nacht es endlich ins Bett gechafft hatte, mit dem Laptop im Schoß und das world wide web nach Rahmen in richtiger Größe durchsuchte, schweiften meine Gedanken ab zu heute morgen.
Und ich wollte Vishous irgendwie büßen lassen. Sexuell büßen lassen.
Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich die Haustür hörte und klappte den Laptop zu.
Meine Rache konnte warten - ich wollte noch mit ihm über morgen reden, wollte nicht konfrontiert werden und kurz davor auch noch weinen, wenn ich danach Isaac sehen musste.
Mir graute es davor, noch mehr von Isaac ausgefragt zu werden, wenn ich aussah als hätte ich grad einen neuen Anfall hinter mir.
"Baby, schläfst du noch nicht?", fragte Vishous, so wie er gerade das Zimmer betrat.
Ich stellte den Laptop auf dem Teppich ab und zog die Decke über mich.
"Kommst du ins Bett? Ich will über morgen reden", fragte ich und Vishous nickte leicht.
"Gib mir fünf Minuten."
Damit verschwand er im Bad und putzte sich wahrscheinlich die Zähne.
Als er sich, nur in Boxershorts bekleidet, endlich neben mich legte, waren nicht einmal zwei Minuten vergangen.
Ich kuschelte mich an ihn und schloss die Augen.
"Du meintest du willst wissen wie es mir geht, bevor ich zu einem Termin gehe. Aber da wir zusammen gehen, weißt du das ja dann. Willst du wissen wie es mir jetzt geht?"
Vishous streichelte durch mein Haar und lächelte.
"Wenn es für dich okay ist, darüber zu reden, gerne."
"Ich bin glücklich", meinte ich ehrlich, verzweigte unsere Finger mit einem festen Händedruck ineinander.
"Aber ich habe Angst."
"Wovor hast du Angst?"
Ich drehte mich so, dass ich ihn ansehen konnte.
"Ich bin vollkommen ausgerastet, was denkst du, was er denkt? Er würde mich bestimmt am liebsten in eine Anstalt stecken."
Vishous strich über meine Wange und ich genoss die Wärme, die von seiner Hand ausging.
"Ich glaube wenn du dich mehr auf die Therapie einlässt und ein wenig auf seine Empfehlung hörst, wird alles gut werden. Mach dir keine sorgen darüber."
Ich seufzte leise auf, wusste aber, dass Vishous recht hatte.
"Ich versuche es."
Vishous lehnte sich runter und küsste mich kurz.
"Alles wird gut, baby. Noch etwas, dass dir auf dem Herzen liegt?"
Ich sah ihn an und nickte.
"Willst du mir mehr von deiner Familie erzählen? Irgendwann?"
Vishous Blick blieb unverändert.
"Mal sehen wie es dir morgen Abend geht, sonst verschieben wir das aufs Wochenende, ja?"
Seine Lippen striffen meine Schläfe und seine Hände fuhren über meine Seiten.
Ich nickte leicht und legte lachend die Hände an seine Wangen.
"Und kein Sex mehr diesen Monat."
Vishous setzte sich perplex auf und sah mich fassungslos an.
"Was?"
"Kein Sex mehr diesen Monat", wiederholte ich mich und küsste ihn auf die Nasenspitze.
"Lynel-"
Ich schüttelte den Kopf.
"Dazu gehört auch jegliche Art von sexuellem anfassen."
Vishous schmollte. Er dachte ich wusste nicht, wie ich ihn aufhalten konnte.
"Für jede falsche Berührung bekomme ich einen Blowjob und darf dich am Ende des Monats nehmen."
Seine Augen wurden immer größer, bis er in ein Lachen ausbrach.
"Das ist ein Scherz, oder?"
Ich schüttelte den Kopf und sah ihn ernst an. Sein Lachen verging ihm schnell.
Wir liefen zwar schon geradewegs auf das Ende des Monats zu, doch Vishous schien innerlich vollkommem zerstört.
Es war lustig, ihn so zu sehen.
Einmal durfte ich derjenige sein, der die Kontrolle hatte.
Zumindest bis Vishous plötzlich gefallen an der Idee gefunden zu haben schien.
"Heißt das auch ich bekomme am Ende des Monats eine Belohnung?"
"Das habe ich nicht ge-"
"Oh, ich weiß schon was!"
So grub ich mir für den nächsten Monat selbst ein Grab.
Doch im Moment hatte ich noch andere Sorgen - wie der Termin mit Isaac am morgigen Abend, zu dem Vishous wirklich mitkommen würde.
Womöglich hätte ich gerührt sein sollen, wie sehr Vishous mir helfen wollte, doch konnte ich das nervöse Gefühl einfach nicht loswerden.
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