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„Hey!"Lässig hebt Jason die Hand und sieht mich an, als wäre nie etwas gewesen. Als hätte er mich nie vor einem Spinnenfanatiker gerettet und mir ein paar Drinks spendiert, um mich am Morgen danach ohne Erinnerung in seinem Bett aufwachen zu lassen.

Erwartungsvoll sieht er mich an, während Mara sich grinsend abwendet. „Hab ihnen ja gesagt das sie schüchtern ist" trällert sie, bevor sie in ihrem Büro verschwindet. 

„Luna?" Wie durch Watte dringt Lucas Stimme an mein Ohr. Fragend huscht sein Blick zwischen uns hin und her. 

„Alles in Ordnung?"

Die Worte reissen mich aus der Erstarrrung. Abrupt springe ich auf und stürze aus dem Büro Richtung Toilette, wo ich mich in der Kabine einschliesse.

Zitternd setzte ich mich auf den geschlossenen Klodeckel und versuche die Ereignisse der vergangenen Minuten irgendwie zu verarbeiten. 

Die Bilder des schrecklichen Samstagmorgens habe ich inzwischen in eine Art Paralleluniversum verbannt. Die letzten zwei Tage haben sie dort ihre Bahnen gezogen, unablässig, jedoch ohne zu nah an die Oberfläche zu gelangen. Doch das Paralleluniversum hat sich in Luft aufgelöst, als mein personifizierter Alptraum in der Redaktion erschienen ist. Ungefiltert strömen die Erinnerungen auf mich ein und lassen meine Fingerspitzen taub und meine Haut eiskalt werden. 

Ich weiß nicht, wie lange ich dasitze und das triste Beige der Kabinentür anstarre, aber irgendwann wird mir klar, dass ich nicht ewig hier sitzen kann. 

Ich mache mir nicht die Illusion, dass meine Reaktion auf Jason unauffällig oder gar normal rüberkam. Aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen und muß mir notfalls eine Ausrede einfallen lassen. 

So würdevoll wie es auf meinen zittrigen Beinen möglich ist, stakse ich zurück in die Redaktion. Sicherlich werden mich alle neugierig anstarren und wissen wollen was mit mir los ist. Schliesslich weiß keiner von meiner Nacht mit Jason.  Zumindest hoffe ich das. Falls doch, muß ich mir wohl einen anderen Job suchen, aber inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher , ob das nicht ohnehin das Beste wäre.

Leider steht Luca mitten im Korridor, sodass ich geradewegs in ihn hineinlaufe und mit der Wange an seine harte Brust pralle. „Luna...oh...sorry..."stammelt er und lässt seine Hand kurz auf meiner Taille ruhen. Verwirrt und schuldbewusst zugleich, blicke ich in sein Gesicht. Einen absurden Moment lang strecke ich die Hand nach seiner stoppeligen Wange aus. Doch im letzten Moment zucken meine Finger zurück, als hätte ich Angst davor, mich ein weiteres Mal zu verbrennen. Wenn ich wieder einen Schritt zu weit gehe, wird er mich erneut zurückweisen. Schliesslich ist er nur so freundlich zu mir, weil er weiß, dass ich eingesehen habe, dass er Nichts von mir will. Ich habe keine Lust, mir wieder miese Aufträge einzuhandeln, weil ich zu viel in die Situation hinein interpretiere. Immerhin habe ich ihm erst vor wenigen Stunden klar gemacht, dass ich von nun an respektvoller von ihm behandelt werden möchte.

„Tut mir leid, Luna," entschuldigt er sich nochmals. Die Andeutung eines Lächelns umspielt seine Mundwinkel, während in den Augen ein matter Funke liegt, der das eisige Blau trübt. 

„Schon gut, ich hätte aufpassen sollen , wo ich hinlaufe." Verwirrt sreiche ich mir das Haar aus der Stirn und weiche seinem Blick aus. „Ich gehe jetzt besser nach Hause."

„Ja," Luca deutet auf die Uhr seitlich an der Wand des Korridors. „Sie haben sowieso längst Feierabend. Und...nein Luna..es war nicht Deine Schuld..."haspelt er zusammenhanglos. Ihm scheint nicht aufzufallen,dass er wieder auf das "Du" verfallen ist.

Ich nicke beiläufig, während meine Augen dabei sind, das Ende des Ganges nach Jason abzusuchen. 

„Ist... der Mann... von vorhin schon gegangen?" Erkundige ich mich mit so unbeteiligter Miene wie möglich. Auch wenn mir bewusst ist, dass ich mich immer noch merkwürdig verhalte. Ich will diesem Menschen heute nicht nochmal begegnen. Genau genommen nie wieder, aber er hat es sich offenbar zu seiner persönlichen Aufgabe erklärt, mich durch seine Präsenz an meine verkommene, willenlose Seite zu erinnern.

Luca schiebt die Augenbrauen zusammen und betrachtet mich mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht.

„Ja, gerade gegangen. Die anderen auch."

„Okay, dann hole ich eben meine Tasche und dann bin ich weg." Ich setze ein Lächeln auf und Luca macht einen Schritt zur Seite. 

„Okay...dann bis Morgen Luna. "Als ich an der Tür nochmals innehalte und mich umdrehe, steht Luca immer noch im Korridor und sieht mich an.

Wortlos hebe ich die Hand. Ein warmes Kribbeln rieselt über meine Haut, als er die Geste ebenso stumm erwidert. 


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Mit schlechtem Gewissen mache ich mich auf den Weg zum Tierheim. Armer Lucky, sicherlich hat er heute Morgen auf mich gewartet. Das bedeutet eine Extrarunde und jede Menge Bonusleckerlies.

„Hier bin ich," keuche ich völlig außer Atem, weil ich so kräftig in die Pedale getreten bin. Achtlos lehne ich mein Fahrrad an die Wand neben dem Zwingergebäude,  aus dem wie immer lautes Hundegebell dringt. 

Doch Luckys Zwinger ist leer. Ratlos lasse ich meinen Blick über die anderen Hunde schweifen. Aber in keinem der Zwinger ist Lucky zu sehen. Außerdem wäre er längst angelaufen gekommen, sobald er mich gesehen hätte. „Lucky?" Rufe ich sinnlos den Namen des Hundes, bevor ich im Aufenthaltsraum auf Audra treffe, die gerade dabei ist, einen Futtereimer zu öffnen. 

„Guten Abend Audra." 

„Lunchen. Da bist du ja." Sie hebt die Mundwinkel , doch ihr Lächeln wirkt ungewohnt aufgesetzt.

„Wie geht es dir?"

Ich rede mir ein, dass ihr trauriger Gesichtsausdruck mit der Story von mir und Jason zusammenhängt, die ich ihr anvertraut habe. Aber im Grunde weiß ich, dass sie schon vorher betrübt war. 

„Es geht so," erkläre ich, weil die Wahrheit keinem von uns weiterhelfen würde. Erstmal will ich wissen, wo Lucky ist und warum ihre Augen in letzter Zeit ständig so gerötet sind, als hätte sie geweint.

"Sie fängt an die Näpfe, die sie auf dem Tisch aufgereiht hat mit Futter zu befüllen."

Ich eile zur Hilfe und nehme ihr die Schaufel aus der Hand.

„Komm ich mach das, ruh dich erstmal aus, du siehst erschöpft aus." 

Ohne zu protestieren, lässt sie sich auf die hölzerne Eckbank fallen. Eine Weile ist nur das malmende Rauschen zu hören, während ich die Schaufel in das Trockenfutter schiebe und das Futter in die Näpfe verteile. 

Die ganze Zeit will ich sie fragen, wo Lucky ist, aber die Angst vor der Antwort lähmt meine Zunge wie ein hartnäckiges Gift.

„Sag mal Lunchen, was hast du jetzt eigentlich vor wegen diesem Mistkerl...du weißt schon, Jason?" 

Augenblicklich beginnt die Hand mit der Schaufel zu zittern. Die Sorgen, welche ich zusammen mit Jason in das inzwischen zerstörte Paralleluniversum verbannt habe,  lassen mein Kehle enger  werden. 

„Du mußt rausfinden, was in jener Nacht passiert ist, Luna. Du hast ein Recht auf die Wahrheit," fährt die alte Dame fort und streicht sich mit einer Hand über das Gesicht.

Ihre Worte lassen automatisch Bilder aus Marcios Pizzeria vor meinem inneren Auge aufflackern und bringen die verhassten Gefühle zurück. Scham , Wut und vor allem eins: Selbsthass und Schuldgefühle. Ich habe mich betrunken, offenbar hat die Alkoholmenge ausgereicht, um einen Filmriss herbeizuführen und eine bisher unerkannte Seite an mir hervorzubringen.  Wie ein Roboter beende ich meine Tätigkeit und trage wortlos zwei Näpfe zu den Zwingern. 

Ich stelle die Schalen auf den Boden, wo sich die Hunde sofort mit schmatzenden Geräuschen über das Futter hermachen. Als jeder Hund versorgt ist , gehen wir zurück in den Aufenthaltsraum. Eigentlich müßte dieses Tierheim Hundeheim heißen, denn Nager werden schon lange nicht mehr aufgenommen, und für Katzen gibt es ein separates Heim, welches von einer Tierschutzorganisation geleitet wird. 

Als ich mich zum Verschnaufen auf der Eckbank niederlasse und Audra die alte Kaffeemaschine in Gang setzt, kann ich die Frage nicht mehr zurückhalten.

„Wo ist Lucky?"

Schweigend häuft Audra das Pulver in den Filter.

„Ist heute jemand Anderes mit ihm spazieren?" Bohre ich nach. Doch die rüstige Frau drückt nur den Knopf an der Kaffeemaschine, lehnt sich an den maroden Küchenschrank und betrachtet ihre von Altersflecken übersäten Hände.

„Oder wurde er vermittelt?"

Diese Möglichkeit geistert mir seit dem Moment im Kopf herum, seitdem ich Luckys verwaisten Zwinger vorgefunden habe. 

„Das geht doch nicht so schnell, Lunchen." Erinnert mich Audra. Kopfschüttelnd sieht sie mich an.

„Du hast momentan genug um die Ohren. Aber ich schätze wenn, dann kommt alles auf einmal. Ich kann dir ein Lied davon singen, mein Kind." Sie winkt ab, „aber ich will dich nicht dem besserwisserischen Gerede einer einsam alten Witwe nerven."

Schuldbewusst richtet sie den Blick auf ihre matschverkrusteten Gummistiefel.

„Der Tierarzt ist da gewesen," kommt sie endlich zur Sache, "Lucky ist vollkommen ausgerastet. Er wollte sich partout nicht untersuchen lassen. Nachdem Dr. Gardener und Kendra, die Aushilfe, ihm den Maulkorb umgelegt haben, war er noch unruhiger. Langsam hebt sie den Kopf, „um das jetzt mal ganz vorsichtig auszudrücken."

„Jedenfalls hat die Tierheimleitung sich mit Dr. Gardener darauf geeinigt, dass es das Beste für ihn wäre...wenn er...ach verdammt." Sie kaut auf der Unterlippe herum, während ihr Gesicht vor meinen Augen verschwimmt.

„Nein..sag jetzt bitte nicht sie wollen..."Den Rest des Satzes bringe ich nicht fertig auszusprechen. 

„Luna. Lucky ist seit zwei Jahren hier. Er ist ein Bullterrier und somit ein Kampfhund. Ein Listenhund um genau zu sein. Noch dazu hat er wegen seiner Kieferfehlstellung Probleme beim Fressen und ist auf teures Spezialfutter angewiesen. Alles keine Vorteile , wenn es darum geht die Leute von sich zu überzeugen."

„Und da hälst du es für richtig ihn zu töten? Einfach weil er nicht in das Bild eines perfekten unkomplizierten Hundes passt? Weil er kein hirnloser Golden Retriever ist, der brav Pfötchen gibt, sich fett frisst und nur noch in seinem Hundebett herumliegt, bis er für seine Familie irgendwann zum eigentlich gar nicht mehr so notwendigen Übel mutiert?" Brause ich auf. 

Geduldig lauscht Audra meinen Worten. Wie immer ist sie nicht aus der Ruhe zu bringen. Sie kauert einfach nur auf der tristen Eckbank und sieht mich an. Von draussen dringt Hundegebell heran. Ich weiß, dass ich der alten Frau mit meinen harschen Worten Unrecht getan habe. Seit Jahren leidet das Tierheim unter Personalmangel. Ohne Audra, ihre unermüdliche Hilfe und die großzügigen Spenden, die sie monatlich beisteuert,  hätte es vielleicht längst schliessen müssen. Das wäre das Todesurteil, nicht nur für Lucky, sondern für sämtliche Hunde des Tierheims.

„Wo ist er jetzt?" Ein eisiges Stechen durchzuckt meinen Körper. Es ist dasselbe Gefühl, dass ich hatte, als ich in Jasons Bett aufgewacht bin. Das Gefühl, keine Kontrolle mehr über die Situation zu haben. Und ich hasse es. Es ist, als wäre ich gezwungen, an einem makaberen Spiel teilzunehmen. Von einem sadistischen Spielmacher dazu verdammt, in das gläserne Innere eines Raumes zu blicken, in dem sich genau die Dinge abspielen, vor denen ich am meisten Angst habe. Ohnmächtig werde ich zum Zeugen meines eigenen Untergangs. Meine Fassungslosigkeit wird vom Spielmacher mit einem Schulterzucken hingenommen. Doch was noch schlimmer ist , ist die Art wie er nickend einen Mundwinkel in die Länge zieht , als hätte er die ganze Zeit vorausgesehen, dass ich dieses Spiel niemals gewinnen würde. Das ich jedesmal aufs Neue die Kontrolle bereitwillig abgebe, weil ich schwach bin und es nicht schaffe, für mich  einzustehen. Diese Tatsache wird mich zum ewigen Zuschauer meines eigenen Untergangs machen.

„Er ist noch in der Aufwachbox. Sie mußten ihm ein Schlafmittel geben," durchbricht Audras sanfte Stimme meinen Gedankenstrom. „Sicher wäre es gut, wenn du jetzt für ihn da bist und ihm in seinen letzten Tagen ein Gefühl von Sicherheit gibst."

„Wann?" Bringe ich schliesslich hervor. Audra wirft einen Blick auf ihre Armbanduhr. „In ungefähr einer Stunde müßte er aufwachen."

„Ich meine, wann soll er eingeschläfert werden?"

Mit einer Hand dreht Audra den goldenen Ehering, den sie im Gegensatz zu den meisten anderen, am Zeigefinger trägt.

„Sollte nicht wie durch ein Wunder bis Ende nächster Woche jemand auftauchen, der ihm ein passendes Zuhause bieten kann, bleiben ihm noch neun Tage."

1920 Wörter


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