„ Ähh...nein..."stammle ich. Der Bürostuhl ächzt protestierend als ich meinen Oberkörper nach hinten in die Lehne presse. Verdammter Mist, fluche ich innerlich. Warum habe ich nicht einfach die Klappe gehalten?!
„Ich habe noch etwas vergessen..."
Offenbar unbeeindruckt von meinen Worten, geht Luca an mir vorbei und stellt sich an das Fenster. Mit dem Rücken zu mir steht er da und schweigt.
„Was denn?" Frage ich vorsichtig nach, als das Schweigen anfängt unbehaglich zu werden.
Abrupt dreht Luca sich um.
„Nach dem Date werden sie mich anrufen und mir berichten wie der Abend verlaufen ist."
„Okay...," bringe ich hervor.
„Soll ich hier im Büro anrufen?"
Mit verschränkten Armen lehnt Luca an der Fensterbank und starrt auf seine Schuhspitzen. Am liebsten würde ich ihn fragen, warum er mich so ungern ansieht. Auch wenn er mich häßlich findet, könnte er doch zumindest so höflich sein, mir ins Gesicht zu sehen, wenn wir miteinander reden. Das war doch vor drei Monaten auch kein Problem. Aber verdammt, ich sollte aufhören, an diesen Abend zu denken. Er ist vorbei und war vollkommen bedeutungslos. Das hat Luca mir mehr als einmal unmissverständlich klar gemacht.
„Natürlich bin ich Abends nicht mehr im Büro." Mit abfälligem Grinsen streckt er die Hand aus. „Geben sie mir ihr Handy.Ich tippe meine Nummer ein."
Überrascht schnappe ich nach Luft.
„Aber...wieso?"
Luca hebt den Kopf und verengt die Augen. „Das Handy, Kirschenschneider!"
Mit zittrigen Fingern ziehe ich mein Smartphone aus der Tasche zu meinem Füssen und reiche es ihm.
Zum Glück gibt es nichts Peinliches dort zu entdecken. Ausser vielleicht dem Bildschirmschoner der mich und Lucky zeigt, wie ich dem Hund einen Kuss auf den Kopf drücke.
„Der Code?"
„Was?" Ich blinzle verwirrt.
„Ach so, ja. 2784."
„Schade." Scherzt Luca. „Ich dachte, es wäre mein Geburtsdatum."
Stirnrunzelnd nehme ich das Handy entgegen, nachdem er seine Nummer eingegeben hat.
„Wieso sollte ich ihr Geburtsdatum als Sperrcode verwenden? Ich kenne es ja nichtmal." Meine Stimme zittert nun vor Empörung. Was bildet dieser arrogante Heuchler sich eigentlich ein?
Ohne zu antworten steht er einfach nur da und sieht mich an. Diesmal sogar direkt in meine Augen. Ich rede mir ein, dass der aufgeregte Schlag meines Herzens einzig und allein mit der Wut zu tun hat, die ich in diesem Moment auf meinen Chef verspüre.
Er klappt den Mund auf, als wolle er etwas sagen, bevor er dann ohne ein Wort einfach aus meinem Büro verschwindet.
„Bescheuerter Kerl!" Fluche ich innerlich, während ich langsam zu begreifen versuche, dass Luca mir soeben seine Handynummer gegeben hat.
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Luca
„Hey Mann, Luke, was ist denn los mit dir?" Jason mustert mich fragend und nimmt einen großen Schluck aus seiner Bierflasche.
„Was?" In Gedanken ganz woanders streiche ich mir mit einer Hand durch das Haar.
„Nix is los."
„Hat diese Kleine dich wieder geärgert?" Bohrt mein ehemaliger Studienkollege weiter nach. „Weißt schon, dieses verpeilte Mauerblümchen?"
Beiläufig ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und werfe einen Blick auf das Display.
Mann, ich könnte echt noch ein Bier gebrauchen. Hastig winke ich dem Kellner. Er antwortet mit einem Nicken, ohne auf meine Aufforderung einzugehen. Was für ein Saftladen!
„Luna ist nicht wirklich...verpeilt," verteidige ich meine Redakteurin. Sie ist in letzter Zeit nur etwas..naja sagen wir mal geistesabwesend."
Jason prustet los. „Ist ja noch schlimmer. Jedenfalls...hat sie dich wieder geärgert, oder was?"
„Wenn ich mit Luna fertig bin, ärgert die mich nie wieder," ich setze ein möglichst fieses Grinsen auf.
„Oh wow, was soll das nun wieder heißen? Er schiebt den Siegelring an seinem Zeigefinger hin und her. Hast du vor sie fertig zu machen, oder willst du sie einfach nur von heute auf morgen entlassen?"
„Weder noch. Ich will nur, dass sie wieder die konzentrierte und effiziente Mitarbeiterin wird, die sie vor drei Monaten war. Das ist alles. Zu diesem Zweck habe ich sie auf einen Dating Abend in Marcios Pizzeria geschickt. Sie soll mir dann über den Abend und das Dating Event einen Artikel schreiben . Mit etwas Glück trifft sie dort einen netten Kerl und hört auf mich anzuschmachten."
„Fuck, Alter. Da ist fies. Selbst für deine Verhältnisse. Wieso sagst du ihr nicht einfach, dass du nichts von ihr willst und gut?" Jasons Augen mustern mich mit unverhohlener Neugierde.„Falls du überhaupt der Grund für ihr verschlechtertes Arbeitsverhalten bist," fügt er mit einer Spur Verachtung in der Stimme hinzu.
„Bin ich," erkläre ich und leere die Bierflasche.
„Also ich finde die Kleine ziemlich süß, mischt sich Dexter, ebenfalls ein ehemaliger Studienkollege von mir, ein. „Als ich bei deiner Zeitung gearbeitet habe , war sie quasi meine Motivation überhaupt zur Arbeit zu kommen. Aber sie wollte ja nichts von mir. Hat mich eiskalt abblitzen lassen und mich mit ihren Karamellaugen angefunkelt, als wollte sie mich gleich lynchen."
Offenbar nun doch bereit meine Bestellung aufzunehmen, steht der Kellner vor mir, aber ich ignoriere ihn. „Du wolltest was von Luna?"
Dexter lässt die Augenbrauen tanzen.„Klar, ich wette die Kleine ist noch total unerfahren. Wie gesagt, ein Mauerblümchen eben. Du weißt ja, wie sehr mich das reizt. Ich hätte sie gerne davor bewahrt, als alte Jungfer zu enden. Aber sie hat ja noch ein paar Jahre Zeit bis dahin. Mal sehen ob ich noch zum Zug komme."
„Vergiss es," höhnt Jason. „Die Kleine ist sicher total wählerisch, wenn sie bisher noch keinen rangelassen hat und einzig und allein unseren Supermacho anhimmelt. Vielleicht sollte ich mal mein Glück versuchen," scherzt er mit dämlichem Grinsen im Gesicht.
Ein schmerzhaftes Ziehen saust durch meinen Schädel als meine Kiefermuskeln sich anspannen.
„Lasst uns das Thema wechseln, okay?" Presse ich hervor.
„Drei doppelte Tequila," befehle ich dem Kellner. Und wende mich dann wieder der Runde zu. „Ich geb Einen aus!"
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Luna
Unter normalen Umständen würde ich mich freuen, endlich mal wieder Marcios Pizzeria zu besuchen. Auch wenn meine Befürchtungen sich bestätigen und sich ein mulmiges Ziehen in meinem Magen ausbreitet, sobald ich das Lokal betrete.
An der Decke schweben pinke Herzen mit der Aufschrift "Love". Sämtliche Hocker an der Theke sind bereits voll besetzt. Marcio und seine Crew haben alle Hände voll zu tun und der Zapfhahn steht nicht still.
Dort drüben an der Theke habe ich vor drei Monaten mit Luca gesessen. Wir haben zusammen gelacht und er hat mir erzählt das er...okay, stop, nicht daran denken! Der Typ ist nichts weiter als ein sadistischer Heuchler.
Erhobenen Hauptes stolziere ich an der Theke vorbei.
Dabei fällt mir auf, dass die Tische mit Namenskärtchen bestückt sind.
"Luna Krischenschneider" steht auf einem Kärtchen am Tisch unweit des Tresens. Es ist das Einzige an dem noch ein Platz frei ist.
Ein Mann um die Fünfzig mit unsicher hin und her huschendem Blick sitzt dort. Als er mich sieht, hellt sein Gesicht sich augenblicklich auf. Die Kahlfläche unter dem spärlich zurückgekämmten Haar glänzt im Licht der zahlreichen Wandleuchten, als er schwerfällig aufsteht und mir seine kleine wulstige Hand entgegenstreckt. „Frau Krischenschneider, nehme ich an?"
Sekundenlang bin ich versucht einfach nur "Nein" zu sagen und schnurstracks wieder zu verschwinden. Aber der Gedanke an die Kolumne zwingt mir ein Lächeln auf das Gesicht und lässt mich freundlich Nicken. „Ja. Hallo."
„Smith. George Smith." Erklärt mein Dating Partner daraufhin .
„Okay." Zögernd nehme ich platz und versuche die Tatsache zu ignorieren, dass George meine Brüste anstarrt, als hätte er noch nie zuvor weibliche Rundungen gesehen.
„Die wollen gleich noch ne Ansage machen." Endlich reisst er seinen Blick von mir los und deutet mit dem Daumen Richtung Theke, wo Miko der Pizzabäcker und Marcio stehen und freudig grinsen. Offenbar hatten sie diese bescheuerte Idee. Ich sollte Marcio dafür zur Rede stellen, wenn ich ihn das nächste Mal unter vier Augen sehe. Aber ich darf nicht vergessen , wer wirklich Schuld daran ist, dass ich mich in dieser Situation befinde.
„Aha" entgegne ich kühl und starre zur Theke hinüber um Marcio und Miko bei der Arbeit zu beobachten.
„Erstes Blind Date?" will George wissen.
Ich nicke. „Ja." Und garantiert auch das Letzte, füge ich in Gedanken hinzu.
„Und was machst du, oh entschuldige, ich darf doch du sagen, oder?"
„Ähh, ja...klar." Das Grinsen schmerzt zunehmend in meinen Mundwinkeln.
„Also," fährt George fort..„was machst du so, in deiner Freizeit?"
Widerwillig löse ich den Blick von Marcio und Miko, um geradewegs in Georges fragendes Gesicht zu blicken. Ich sollte nicht so unfreundlich sein. Er kann ja nichts dafür, dass Zufall und Matching nichts miteinander zu tun haben. Und das mein Chef mich hasst .
„Ich gehe gern spazieren," erkläre ich in der Hoffnung, dass er nicht weiter nachhakt.
Wie naiv von mir.
„Spazieren gehen klingt toll. Mein Arzt rät mir auch immer dazu, dass ich mich mehr bewegen soll."
„Das glaube ich ihnen..aääh dir gerne," rutscht es mir heraus. Sekundenlang ist nur das Stimmengewirr um uns herum zu hören , bis die Türglocken verraten, das ein weiterer Gast die Pizzeria betreten hat. „Wasn' das fürn eingebildeter Schönling?" Bemerkt George, der meinem Blick zur Theke gefolgt ist. Ein dunkelhaariger Mann, ungefähr in Lucas Alter, steht da. Die Hände in den Taschen eines teuer aussehenden Mantels versunken, lässt er seinen Blick über die Tische schweifen. Widerwillig wende ich mich wieder meinem Gesprächspartner zu.
„Du findest mich also dick," bemerkt er in gekränktem Unterton.
„Naja..."starte ich einen Versuch mich herauszureden. Trotz der peinlichen Situation, oder vielleicht gerade deswegen, kann mich nur mühsam davon abhalten, laut loszuprusten . Der empörte Ausdruck in Georges Gesicht ist einfach zu komisch. „Aber du hast Recht, ich gebe zu, mit deinem schlanken Figürchen kann ich es nicht aufnehmen," witzelt er mit süffisantem Lächeln.
„Was sind denn deine Hobbys?" lenke ich die Aufmerksamkeit von mir ab und unterdrücke einen Anflug von Übelkeit.
„Ich sammle Insekten," erklärt George, nicht ohne eine Spur von Stolz in der Stimme.
„Oh, wie spannend. Lass mich raten ,Spinnen?" Das Thema ist zwar nicht sonderlich ansprechend, aber immerhin besser, als sich mit diesem fremden alten Kerl über meine Figur zu unterhalten.
„Ja, und zwar sämtliche Arten. Aber meine unangefochtenen Favoriten sind Vogelspinnen."
Er beugt sich seitlich nach unten und zieht etwas aus seiner ledernen Tasche hervor. „Ich hab sogar eine dabei."
1610 Wörter
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