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Niemals hätte ich geglaubt, mehr Schmerz empfinden zu können, als nach der unfreiwilligen Nacht mit Jason.
Dieses Gefühl der Ausweglosigkeit, welches einem die Luft zum Atmen nimmt und gleichzeitig den Wunsch entstehen lässt, an dieser Atemlosigkeit zu sterben. Aber das hieße auch, dass ich aufgebe und dazu bin ich nicht bereit. Denn es gibt Jemanden, der mich braucht und der arglos darauf wartet, dass ich ihn für ein paar Stunden in die Freiheit entführe.
Ich gehe den ganzen Weg zu Fuß. Zuerst renne ich. Die gleichgültigen Blicke der Passanten verwandeln sich in Neugierde, doch anders als sonst perlen sie an mir ab. An einem schmalen Flusslauf verlangsame ich mein Tempo und bin dankbar für das Brennen in meiner Lunge, das sich über den dumpfen Schmerz legt, der mein Herz gefangen hält wie eine eiserne Faust.
Einmal mehr hat Luca mir zu verstehen gegeben was geschieht, wenn ich ihm meine Zuneigung zeige. Ich habe doch gewußt, dass das passieren würde. Warum tut es trotzdem so weh?
Fragen prasseln auf mich ein und lassen Wahrheit und Lüge zu einer grausamen Einheit verschwimmen. Ob Luca diesen George in die Redaktion bestellt hat? War das Szenario heute Morgen von ihm arrangiert? Ist Jason auch Teil des Plans mich zu Grunde zu richten? Sekundenlang kommt mir ein furchtbarer Gedanke, der den Boden unter meinen Füßen in Wasser verwandelt. Was wenn Luca nicht nur George zu dem Dating Abend geschickt hat, sondern auch Jason? Er hat selber gesagt, ich könne auf dem Abend vielleicht das Nützliche mit dem Praktischen verbinden. Wie dumm von mir zu glauben, er hätte Gefühle für mich. Niemand der jemandem auch nur ansatzweise mag, tut ihm so etwas an. Stumme Tränen fließen meine Wangen herunter und tropfen in das verdorrte Gras, als die Beine nachgeben und ich zu Boden sinke.
Wie lange ich einfach im Gras liege und den Schmerz durch mich hindurch rasen lasse wie ein alles zerfressendes Gift, lässt sich nicht sagen. Doch die Sonne steht tief, als ich das Tierheim erreiche. Wortlos und mit trockener Kehle gehe ich der üblichen Routine nach. Zuverlässig und kraftvoll, wie die Wucht einer Abrissbirne trifft mich die Erinnerung an Luca als ich Luckies Zwingertür öffne und er sich suchend umsieht. Er ist nur ein Hund. Er kann diesen Mann nicht nach zwei Tagen schon vermissen. Alles wonach dieses Tier Ausschau hält sind seine Leckerlies. Nichts weiter. Mürrisch lege ich ihm die Leine an und verzichte darauf, meine Sneakers gegen die matschverkrusteten Gummistiefel zu tauschen. Erleichtert stelle ich fest ,dass Audra nicht da ist. Es wundert mich nichtmal, dass sie keinen Zettel hinterlassen hat. Was Solls? Hauptsache ich muß heute niemanden mehr sehen.
Doch schon auf dem Rückweg werden meine Hoffnung enttäuscht. Mitten auf dem Hof steht Audra. Die Augen mit der Hand abgeschirmt, sieht sie in sämtliche Richtungen, bis ihr Blick an mir haften bleibt. Sie rafft ihre Strickjacke vor der Brust zusammen und läuft in großen Schritten auf mich zu. „Da bist du ja endlich." Die faltigen Hände legen sich eiskalt an meine Wangen. „Dieser Luca war hier. Er hat mir gesagt, dass er dringend mit dir reden muß. Aber ich habe ihm erzählt, du wärst bei der Arbeit. Er wirkte sehr verzweifelt und erklärte mir in groben Zügen was dort heute passiert ist," haspelt sie, während ich sie einfach nur anstarre. In meinem Kopf hat sich ein Schleier aus Nebel ausgebreitet, der mich wie in Zeitlupe an Audra vorbeigehen lässt um sie einfach stehen zu lassen. Doch sie wäre nicht Audra wenn so schnell aufgeben würde.
„Luna. Er hat gesagt das er...ach verdammt. Das sagt er dir besser selbst...Jedenfalls..." zum ersten Mal seit ich sie kenne, scheinen Audra ernsthaft die Worte zu fehlen. Oder sie hat Angst sie auszusprechen. Wie damals , als sie mir nicht sagen wollte, dass Lucky bald sterben wird.
„Mir ist einfach der Kragen geplatzt, schon als er sich mit Namen vorgestellt hat. Da hab ich ihm von diesem Jason erzählt. Und von dem Verdacht, den ich hege. Schliesslich ist dieser Blackwater mitschuldig an der ganzen Misere. Und genau das habe ich ihm auch gesagt."
Es überrascht mich selbst, dass ihre Worte keinerlei Wirkung auf mich haben. Was macht es schon, dass Luca nun weiß wie leicht ich rumzukriegen bin? Er hat es ja selbst so gewollt.
Lakonisch ziehe ich die Schultern nach oben und lasse sie wieder sinken.„Es ist egal, Audra. Luca wollte mich loswerden. Das ist alles. Und nein, er ist nicht Schuld . Die einzig Schuldige an der Sache bin ich. Und jetzt lass mich in Ruhe nach Hause gehen, ja?" Ich zerre an Luckies Leine und eile im Laufschritt zu seinem Zwinger , wo ich ihn ohne Umschweife einsperre, um ihn winselnd zurückzulassen und mich auf den Rückweg zu machen. Ich weiß, dass mir das später Leid tun wird. Aber dieser Tag ist nichts wert, außer das man ihn ganz schnell vergisst.
„Luna. Bitte!" Unsanft packt Audra mich am Handgelenk. „Blackwater ist zu deiner Freundin Josy gefahren. Sie hat dich nicht erreichen können und hat mich auf dem Handy angerufen, als er hier war. Er wollte sie sprechen und ich hab ihm das Handy gegeben.Dabei hat er mitbekommen, dass dieser Jason bei Josy im Laden ist. Ohne ein Wort ist er in sein Auto gestiegen und davon gerast.Ich glaube er hat irgendwas sehr Dummes vor. "
879 Wörter
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