Chase Sullivan
Meredith
Ich war wirklich gut mit Mr. Sullivan Senior ausgekommen und auf mich hatte er überhaupt keinen kranken Eindruck gemacht, doch vor acht Wochen war er still und heimlich verstorben. Und während sein Testament vorgelesen wurde, hatte man mein Todesurteil unterschrieben. Wirklich. Denn eine Woche nach der Beerdigung kam Chase Sullivan in die Kanzlei stolziert und hatte den Großkotz raushängen lassen, da er nun der neue CEO von Sullivan Enterprises war. Im ersten Moment hatte ich es der Trauer um seinen Vater zugeschrieben. Aber selbst jetzt war er noch unausstehlich. In seiner Vorstellung war ich anscheinend keine Anwältin, sondern eine Sekretärin. Gefühlte 28-Mal am Tag pfiff er mich in sein Büro und bat mich um einen Kaffee. Obwohl bitten noch übertrieben war. Er forderte es. Einmal hatte er mich tatsächlich zur Reinigung geschickt um eines seiner Hemden abzuholen. Unnötig zu sagen, dass ich ihn nicht ausstehen konnte. Da machte auch sein perfektes Aussehen nichts mehr wett. Na gut, vielleicht ein bisschen.
Auf jeden Fall durfte ich jetzt in seine unterkühlten, eisblauen Augen blicken, als ich meine Akten zusammenpackte und meiner Mandantin die Hand schüttelte. Was wollte der denn jetzt noch von mir? Heute hatte ich einen Gerichtstermin gehabt. Also einen der Tage, die ich herbeisehnte, da ich mich dann mit anderen Fällen beschäftigen durfte, als mit den Problemen von Chase Sullivan. Auch wenn ich der Meinung war, dass sein größtes Problem nicht das der Firma war, sondern seine Unfähigkeit seinen Schwanz in seiner Hose zu lassen.
Ich zwang mir ein schmales Lächeln auf die Lippen und ging auf ihn zu. Er hatte die Hände in die Taschen seiner dunkelblauen Anzughose gesteckt und sein Jackett spannte sich über der breiten Brust und den kräftigen Schultern. Das Licht der Deckenbeleuchtung ließ seine hellbraunen Haare seltsam blass wirken und warf seinen Schatten auf mich. Tatsächlich war ich nicht gerade groß mit meinen 1,67m. Trotzdem hatte ich mich nie richtig klein gefühlt, bis ich Chase Sullivan kennengelernt hatte. Er war mit seinen guten 1,85m einfach ziemlich groß.
"Ich habe Sie im Büro erwartet", sagte er und sein Stimme war vollkommen emotionslos. Ich widerstand den Drang mit den Schultern zu zucken und lächelte stattdessen entschuldigend.
"Ich war vor Gericht eingebunden, Mr. Sullivan", erwiderte ich und ging Richtung Ausgang. Er verschränkte die Arme vor der Brust und folgte mir.
"Sie sind meine Anwältin, also müssen Sie auch für mich erreichbar sein", empörte er sich und ich blieb ruckartig stehen.
"Meine Sekretärin nimmt immer gerne Ihren Anruf entgegen", meinte ich und hielt seinem blauen Blick stand. Verdammt, wenn er nicht so arrogant sein würde...
"Auf Ihre Sekretärin kann ich pfeifen."
"Niemand hindert Sie daran." Seine Augen weiteten sich und er beugte sich zu mir runter. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte und seine Haltung wirkte bedrohlich. Das war mir so vollkommen scheißegal. Ich war doch nicht sein persönlicher Fußabtreter.
"Was war das?", fragte er mich und ich verdrehte die Augen.
"Ich war heute nicht für Sie erreichbar, da heute einer meiner angemeldeten Tage auswärts waren. Es tut mir leid, dass es so war. Aber ich kann nichts daran ändern", sagte ich etwas versöhnlicher. Es tat mir so was von gar nicht leid, aber ich wollte die Partnerschaft. Chase richtete sich erneut auf und warf mir noch einen abschätzigen Blick zu. Vollidiot.
"Morgen werden Sie länger arbeiten, Ms. Cross", informierte er mich und ging ohne ein weiteres Wort. Ich stand da wie behindert und konnte meinen Mund nicht mehr schließen. So ein Arschloch. Leise schimpfend zeigte ich seinem Rücken den Mittelfinger und genau in diesem Moment drehte er sich noch mal um. Fuck. Chases Augen verengten sich und seine vollen Lippen bekamen einen harten Zug. Ich strafte meine Schultern, zog eine Augenbraue hoch und drehte mich um. Mit selbstsicheren Schritten ging ich davon und tat dabei so, als hätte diese Situation gerade nicht stattgefunden. Die Kraft um das zu durchdenken, fehlte mir schlicht und einfach.
Müde schloss ich meinen Mercedes auf und pfefferte meine Aktentasche auf den Beifahrersitz. Ich schnallte mich an und fuhr nach Hause. Während der Fahrt ließ ich meine Gedanken abschweifen und dachte über alles und nichts nach. Als ich durch die Tiefgarage zum Aufzug ging gähnte ich herzhaft und realisierte, dass mit mir heute nicht mehr viel anzufangen war. Die Tage vor Gericht machten mir immer am meisten Spaß, lutschten meinen Akku aber auch immer komplett aus. Seufzend trat ich durch die goldenen Türen und erschrak, als Brandon aus den Schatten trat und sich vor meine Haustür stellte.
"Brandon? Was machst du denn hier?", fragte ich ihn und schulterte meine Tasche. Er lächelte und hielt mir eine Kette hin. Verdutzt sah ich in an und sein Lächeln wurde breiter.
"Ich hab mit Janet Schluss gemacht", verkündete er und ich rieb mir die Stirn. Ich hatte damals die Sache mit ihm beendet, weil ich zwar keine Beziehung wollte, aber es trotzdem exklusiv halten wollte. Für mich kam es nicht in die Tüte mit einem vergebenen Mann rumzumachen.
"Das hättest du nicht tun sollen", meinte ich und steckte meinen Schlüssel ins Schloss. Verwirrt starrte er mich an.
"Aber, Meredith. Das war es doch, was du wolltest."
"Nein. Das wollte ich nicht. Die Sache zwischen uns ist aus", sagte ich mit Nachdruck und trat in meine Wohnung.
"Wenn du deine Meinung änderst, dann weißt du ja wo ich zu finden bin. Und glaub mir, das wirst du", bemerkte er, grinste breit und ging pfeifend davon. Kopfschüttelnd schloss ich die Tür und lehnte mich mit der Stirn gegen das kalte Holz. Was für ein Tag.
Den Rest des Abends verbrachte ich mit einer Packung Eiscreme und der ersten Staffel Vampire Diaries auf dem Sofa. Ich hatte zwar schon die siebte Staffel gesehen, doch überbrückte die Zeit bis zur achten Staffel mit den alten Folgen. Das war meine persönliche Version von Netflix & Chill. Damon tanzte gerade mit Elena und ich seufzte selig. Hach, ich bekam Glücksgefühle, als würde ich gerade selber in dieser Situation sein. Und auf einmal schob sich ein Bild von Chase Sullivan auf meine innere Leinwand und ließ sich nicht mehr vertreiben. Bei jedem schmachtenden Blick, den Damon Elena zuwarf, musste ich an Chase denken. Entschlossen schaltete ich den Fernseher aus, warf die Fernbedienung aufs Sofa und ging ins Bett. Ich musste damit aufhören. Ich durfte nicht an ihn denken. Er war nicht nur mein Boss, sondern auch der größte Arsch, den Seattle je begutachten durfte. Ich war so was von gefickt.
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