25
Das letzte Mal habe ich Louis vor zwei Tagen gesehen. Jetzt ist es Wochenende, heißt kein Unterricht, aber vielleicht kommt er auch heute nicht zurück. Auf meine Nachrichten hat er auch nicht geantwortet. Noch nichtmal gelesen hat er sie.
Schluchzend drehe ich mich in meinem Bett um und versuche einfach nur zu schlafen. Auch, wenn es gerade mal mittags ist.
Als es an der Tür klopft, die ich jedoch abgeschlossen habe, hieve ich mich aus meinem Bett und gehe mit der Decke um meine Schultern zur Tür, um diese zu öffnen.
„Was willst du?", frage ich Paul etwas gereizt und streiche mir meine Tränen weg. „Louis ist nicht hier." Ich will die Tür schließen, werde jedoch von ihm aufgehalten. „Er ist bei mir. Zieh dich an, ich entführe dich jetzt." Er drängelt sich zwischen mir und der Tür durch und lässt sich auf Louis' Schreibtischstuhl fallen.
„Wohin willst du mit mir? Ich habe echt nicht die Kraft, dir heute eine reinzuhauen.", seufze ich und lasse mich wieder auf meine Matratze fallen. „Lass dich überraschen. Aber zieh dich an. Sonst kriege ich von Louis eine drüber.", antwortet er und ich schüttele nur den Kopf.
„Ich habe es verkackt. Du musst mir nicht noch extra reindrücken, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe.", fange ich wieder an zu weinen und schreie frustriert auf.
„Das wird schon wieder, Kleiner." Ich merke, wie sich die Matratze neben mir senkt. „Wie denn? Er wollte sich doch gar nicht outen. Ich bin Schuld, dass jetzt alle seine Freunde wissen, dass wir zusammen waren.", heule ich und lasse mich von Paul aufziehen, dass ich schließlich an seiner Brust liege.
„Ihr seid immer noch zusammen, Harry. Es tut mir Leid, wie ich dich das erste Mal behandelt habe, aber ich bin auch schwul. Ich habe ein gaydar. Ich merke es, wenn Leute auf meiner Seite sind. Und bei Louis war es auch der Fall. Ich wusste, dass die Knutschflecke von ihm sind und wollte ihn somit auf die richtige Bahn lotsen. Aber er hat es nicht gecheckt. Vielleicht war es nicht die richtige Art, dich ohne deine Zustimmung anzufassen.", entschuldigt Paul sich und ich nicke nur.
„Gib mir Zeit, vielleicht mag ich dich dann irgendwann auch. Das mit dem Auge tat mir übrigens nicht leid.", kichere ich und schluchze auf. „Schon verziehen. Ich habe gemerkt, dass du auf dich selbst aufpassen kannst.", grinst er und streicht über meinen Oberarm.
„Aber jetzt zieh dich mal langsam an. Louis wartet nicht ewig.", wechselt er das Thema und schiebt sich ein wenig von sich.
„Er will mich wirklich sehen?", frage ich ungläubig nach und wische mit über die Augen. „Natürlich will er. Er liebt dich.", grinst Paul und ich stehe langsam von meinem Bett auf.
„Könntest du dich kurz umdrehen, während ich mir eine Hose anziehe?", frage ich vorsichtig und zum Glück nickt Paul sofort.
Schnell ziehe ich mir eine schwarze Jeans an und krame dann in meinem Schrank nach einem Hoodie. Doch den, den ich anziehen wollte, finde ich nicht und die anderen passen für heute nicht.
Deshalb gucke ich bei Louis im Kleiderschrank nach, ob er einen Hoodie hat, den ich mir ausleihen könnte, da wir in etwa die gleiche Größe haben.
Schließlich entscheide ich mich für einen schwarzen Kapuzenpulli mit irgendeinem komischen Muster vorne. Aber er riecht nach Louis.
„So schwarz?", nörgelt Paul, als ich mich wieder umdrehe. „Bin nicht in der Stimmung, was anderes anzuziehen.", sage ich schulterzuckend und deute auf das Bandana an seinem Handgelenk. „Kann ich mir das ausleihen?" Verwirrt nickt er und reicht mir das dunkelblaue Band.
Ich lehne meinen Kopf nach vorne und binde es um meine Haare, dass die vorderen Haare aus meinem Gesicht bleiben. Es hört sich ein wenig windig an, weswegen das wohl die beste Entscheidung ist.
„Steht dir.", kommentiert er, als ich es noch ein wenig richte und dann fertig bin. „Danke.", lächele ich mit roten Wangen und schnappe mir eine Jacke, doch Paul hält mich davon ab. „Es ist warm draußen. Du brauchst keine." Ich nicke und schlüpfe dann in meine Sneaker. Dass ich noch meine grauen Plüschsocken anhabe, ignoriere ich und folge Paul langsam aus dem Zimmer.
„Eigentlich war das Bandana dazu gedacht, dir die Augen zuzubinden, also kannst du jetzt einfach so die Augen schließen? Ich vertraue dir dann einfach mal.", grinst Paul, als wir draußen stehen.
„Ob ich dir vertraue, ist eine andere Sache.", antworte ich kritisch und verschränke die Arme vor der Brust. „Ich könnte dich tragen. Ich bin stark genug, glaub mir." Schnell schüttele ich den Kopf und schließe die Augen. Von Paul getragen zu werden, ist dann doch ein bisschen zu viel verlangt.
„Ich führe dich. Wenn du hinfällst, darfst du mich wieder schlagen." Ich lache auf und gehe langsam neben Paul her, dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, den Boden gleich abzuknutschen.
„Stufe.", weist Paul mich plötzlich hin und ich stolpere fast. „Arschloch.", beschwere ich mich und stelle mich langsam wieder aufrecht hin. „Wenn du so spät reagierst, kann ich ja nichts für.", entgegnet er lachend, während wir langsam weitergehen. „Wenn du mir erst eine Sekunde vorher sagst, dass da eine Stufe ist-" „-aufpassen!", sagt er schnell, bevor ich in einen Stuhl reinlaufe und erschrocken die Augen öffne. „Warum steht da auch ein beschissener Stuhl?", beschwere ich mich, als ich mich in seine Richtung gedreht habe.
„Dreh dich einfach um.", sagt er und erst jetzt sehe ich, dass wir in dem Restaurant stehen,
in dem ich Paul ein blaues Auge verpasst habe.
Gegenüber von mir, ein paar Meter weiter weg, steht Louis und kommt auf mich zu, als er meinem Blick begegnet.
Paul klopft mir auf die Schulter, bevor er Louis entgegenkommt und zu den anderen geht, die an dem großen Tisch sitzen und alle lächelnd zu mir gucken.
Geschockt schaue ich wieder zu Louis, der nur noch ein paar Schritte von mir entfernt ist. Zitternd atme ich aus, als er vor mir stehen bleibt und meine Hände in seine nimmt.
„Ich habe den Pulli gesucht.", sage ich als erstes und deute auf den Olivfarbenen Hoodie, den er trägt. „Und du trägst meinen.", lächelt er und streicht über meinen Handrücken.
„Hör zu, so wie ich mich am Donnerstag verhalten habe, tut mir leid. Es war egoistisch von mir zu denken, dass meine Freunde mich nicht akzeptieren werden, wenn ich ihnen sage, dass ich auf Männer stehe. Aber ich habe jetzt verstanden, wie es dir damit geht, deine Gefühle zu verstecken. Gibst du mir noch eine Chance um die zu zeigen, dass du der einzige für mich bist? Die zwei Nächte waren der Horror für mich und ich möchte wieder neben dir einschlafen können. Dich berühren können, wann und wo ich will. Den Leuten zeigen, dass ich den besten Freund habe, den man sich vorstellen kann und dich, wann immer ich will, küssen zu können. Weil mein Herzfür dich, und nir für dich schlägt, Harry.", entschuldigt er sich, während ein paar Tränen über seine Wangen laufen.
„Nicht weinen.", schluchze ich und streiche ihm die Tränen weg. „Ich liebe dich Louis. Ich wäre dumm, dich gehen zu lassen.", schluchze ich erstickt und ziehe ihn dicht an mich. „Also gibt du mir noch eine Chance?", fragt er an meiner Halsbeuge, während seine Arme sich um meinen Torso schlingen.
Ich kann nur nicken und schluchze im nächsten Moment auf, als Louis mich vor all seinen Freunden auf den Mund küsst. Mit Zunge.
Zum Glück stehen wir so, dass man nur Louis' Rücken sehen kann, trotzdem hört man unsere Freunde pfeifen oder klatschen.
„Ich hatte schon Angst, dass du nicht kommst.", nuschelt er und denkt nicht dran, mich loszulassen. „Paul zu schicken war auch nicht deine beste Idee, aber er ist okay.", entgegne ich und löse meine Hände ein wenig von seinem Nacken. „Er hat sich vorgeschlagen.", grinst Louis und streicht mit einer Hand die Tränen von meiner Wange.
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