12
Zuhause angekommen, steige ich aus dem Wagen und gehe zur Tür, um zu klingeln. Meinen Schüssel habe ich Zuhause liegen gelassen, weswegen ich hoffe, dass jemand da ist und nicht gerade einkaufen.
„Harry!", begrüßt Gemma mich überschwänglich und zieht mich in eine feste Umarmung, die ich so gut wie möglich erwidere. „Wolltest du nicht eigentlich einen Freund mitnehmen?", lächelt sie und späht hinter mich.
Vielleicht habe ich noch niemandem erzählt, dass Louis dieser Freund und unter anderem mein Zimmernachbar ist. Aber vielleicht war genau das besser so.
„Er konnte doch nicht.", lenke ich ab und schlüpfe neben ihr ins Haus. „Sind Mom und Robin nicht da?", frage ich und ziehe mir meine Schuhe aus. „Nein, einkaufen. Sie wollten eigentlich da sein, wenn du kommst, aber du bist ziemlich früh. Ist irgendwas passiert?" Ich schüttele den Kopf und verschwinde direkt ins Wohnzimmer, wo ich mich direkt auf die Sitzbank vor dem Fenster setze, auf der ich fast die meiste Zeit in diesem Haus verbracht habe.
„Erzähl doch mal. Wie läuft es auf dem College?" Gemma setzt sich mir gegenüber auf die Bank und legt direkt eine Decke über meine Füße, was mich lächeln lässt.
„Gut, ziemlich stressig, aber man hält es aus. Mein Zimmernachbar und seine besten Freunde sind auch alle ziemlich cool. Wir waren letztens am Strand und ich habe dort ein Mädchen kennengelernt. Wir haben uns gut verstanden, gehen sogar in den gleichen Englischkurs und schreiben ab und zu. Wir wollten am Mittwoch nach dem Kurs einen Kaffee trinken, aber sonst ist eigentlich nichts passiert. Naja, ich habe jemanden getroffen, aber das erzähle ich erst, wenn Mom und Robin wieder da sind.", erzählte ich und grinse ein wenig.
„Läuft da was zwischen euch?", fragt Gemma aufgeregt, doch ich schüttele den Kopf. Gerade will ich antworten, als mein Handy fast durchdreht, als ich viel zu viele Nachrichten hintereinander bekomme. „Ist er es?", grinst Gemma, als ich mein Handy aus meiner Hosentasche hole.
„Uhm, nein. Ein Freund von meinem Zimmernachbarn.", antworte ich und lese mir die vielen „Harry"s oder die „ruf mich an" Nachrichten durch.
„Ich muss kurz jemanden anrufen.", murmele ich und drücke auf den grünen Hörer, bevor ich meinen Kopf an die Wand hinter mir lehne. „Hey Niall.", begrüße ich ihn und beiße mir auf die Lippe.
„Ist das der Junge?", fragt meine Schwester so laut, dass Niall es in der anderen Leitung hört und mich direkt fragt, über welchen Jungen wir gerade reden würden.
„Wir reden über keinen Jungen. Das ist meine Schwester.", erkläre ich, doch Gemma hat was anderes vor. „Harry hat einen Crush und will mir nicht sagen, auf wen!", ruft sie wieder und ich schaue sie böse an.
„Halt die Klappe. Ich werde hier niemandem sagen, in wen ich verliebt bin. Ich kann auch gerne in mein Zimmer, wenn du nicht leise bist.", drohe ich und will aufstehen, doch Gemma hält mich zurück. „Ich bin ruhig, ich werde es ja sowieso nachher erfahren.", lächelt sie und wuschelt mir durch die Haare, bevor sie aufsteht.
„Vielleicht werde ich es auch nur Mom erzählen.", entgegne ich und strecke ihr die Zunge raus. „Ich liebe dich auch." Dann geht sie in Richtung Küche und ich kann mich wieder auf Niall in der Leitung konzentrieren.
„Sorry, bin jetzt vollkommen bei dir. Was gibt es so dringendes?", melde ich mich wieder bei Niall.
„Kann ich ehrlich sein?", fängt er an, was mich schlucken lässt. „Ja?", antworte ich eher fragend und knabbere an meinem Fingernagel, was genau so eine schreckliche Angewohnheit ist, als wenn ich auf meiner Lippe herumkaue. „Beantworte mir erst dir Frage, bevor ich mit dem eigentlichen Thema anfange. Als wir den einen Tag am See waren und ich abends in euer Zimmer geplatzt bin, habt du und Louis, euch geküsst?" Ich seufze, murmele nach ein paar Sekunden aber ein leises „Ja."
„Kam der Kuss von dir oder von Louis?", hakt er nach. „Hör zu, Niall. Ich möchte wirklich über nichts reden, was Louis und mich angeht. Er hat mich gefragt und ich habe eingewilligt. Vielleicht will er dir noch nichts sagen, aber vielleicht fragst du ihn einfach selbst, was mit Liam ist.", antworte ich verletzt und schließe die Augen.
„Hä? Was ist denn jetzt mit Liam? Zayn, weißt du, was mit Liam ist?", fragt Niall und wartet anscheinend auf eine Antwort von Zayn. „Louis ist bei ihm. Harry meinte, dass ich Louis ausrichten soll, dass er bei seiner Mom ist. Er hat geweint, aber keine Ahnung, was los ist.", kommt es von Zayn, der sich nicht bewusst ist, dass ich ihn höre.
„Du hast geheult, warum das?", fragt Niall und ich seufze nur. „Ich hatte was im Auge. Muss jetzt auflegen. Bis Montag oder so.", wimmele ich ihn ab und lege direkt auf, bevor er noch antworten kann.
Direkt nachdem ich mein Handy weggelegt habe, höre ich schon die Stimme meiner Mutter, welche mich lächeln lässt. Sofort stehe ich auf und gehe in den Flur, wo sie gerade mit Robin steht.
„Harry mein Schatz! Was habe ich dich vermisst. Du bist groß geworden.", freut sie sich und zieht mich direkt in ihre Arme. „Ich dich auch, Mom. Es war noch nicht mal ein ganzer Monat, den ich weg war. Also, so viel bin ich nicht gewachsen.", antworte ich und merke, wie meine kleine Mauer um mich herum zu bröckeln beginnt.
„Was ist los, Schatz?", fragt sie sofort und löst sich von mir. „Ich muss euch was sagen.", flüstere ich und beiße mir auf die Lippe. „Ist irgendwas passiert?" Ich zucke mit den Schultern und gehe mit Mom zur Couch, wo sie mich direkt in ihre Arme zieht.
Robin und Gemma kommen auch direkt und setzen sich uns schräg gegenüber, während meine Schwester ihre Hand auf meinen Oberschenkel legt.
„Ich habe euch ja nie erzählt, wer mein Zimmernachbar war, aber ich halte es nicht mehr aus.", fange ich an und kuschele mich näher an die Brust meiner Mom. „Es ist Louis. Mein Louis. Louis, wegen dem ich wusste, dass ich auf Jungs stehe und die Gefühle von damals sind immer noch nicht weg. Irgendwie steht er jetzt auch auf Männer, was ihm anscheinend klar wurde, nachdem wir uns vor zwei Wochen geküsst haben. Aber das war kein normaler Kuss. Es war so einer, der einen alles andere um sich vergessen lässt. Heute morgen hat er, nachdem er in meinem Bett geschlafen hat, mir dann erzählt, dass er Gefühle hat, diese jedoch falsch sind oder so. Als ich ihn dann gefragt habe, was er meinte, hat er gesagt, dass er Gefühle für seinen besten Freund hätte, dieser die Gefühle angeblich nicht erwidern würde. Damals war ich sein bester Freund und ich hätte mich viel zu sehr gefreut, wenn er mich gemeint hätte. Aber die Jahre sind vergangen und er hat neue Freunde gefunden. Anscheinend bin ich nicht mehr sein bester Freund, während er alles für mich ist. Als ich ihn dann gefragt habe, ob es Liam sei, meinte er ja und ist kurz darauf aus dem Zimmer verschwunden. Zwanzig Minuten später habe ich die beiden auf dem Parkplatz gesehen, wie sie sich umarmt haben. Aber keine normale Umarmung, sondern viel inniger. Anscheinend hat er Liam seine Gefühle gestanden und sie sind jetzt zusammen. Ich freue mich ja für Louis, aber es ist unfair. Ich liebe ihn womöglich schon mein halbes Leben und dann kommt er mit jemandem zusammen, den er etwas mehr als ein Jahr kennt. Das ist unfair und mein Herz hält es nicht aus.", rede ich wie ein Wasserfall und gestikuliere wild mit meinen Händen herum.
„Du redest jetzt aber nicht von Louis Tomlinson, deinem besten Freund, seit du denken kannst, den du geküsst hast, um dir klar zu werden, ob du schwul bist und seitdem einen verdammt großen Crush auf ihn hast?", fragt Gemma schockiert und ich nicke nur.
„Eigentlich wollte ich ihn heute mitnehmen, aber er ist ja jetzt bei Liam, wo er bestimmt mehr Spaß hat, als mit seinem ehemals besten Freund.", schluchze ich und ziehe meine Beine an meinen Oberkörper.
„Und ihr seid echt in einem Zimmer?", meldet sich Robin zu Wort und ich nicke. „Ich habe ihn sofort wiedererkannt, als er ins Zimmer kam. Er war immer noch der Louis, den ich vor fünf Jahren gehen lasen musste. Nur größer und erwachsener. Reifer.", erkläre ich und seufze leise. „Versteht ihr euch denn sonst gut?"
„Es ist genau so wie früher. Wirklich alles. Er behandelt mich mich so wie damals und alles ist gleich. Es ist so wie früher, nur, dass ich jetzt größer bin, als er. Auch, wenn es nur wenige Zentimeter sind. Maximal drei.", kichere ich und drehe meinen Kopf zu Mom, die durch meine Haare streicht.
„Das wird schon wieder zwischen euch, das verspreche ich euch. Ihr wart damals schon unzertrennlich und vielleicht hast du ihn auch einfach missverstanden, dass er auf diesen Liam steht.", lächelt sie und haucht mir einen Kuss auf die Schläfe.
„Er hat mit Zayn und Niall über sein Problem gesprochen, als die drei dachten, ich schlafe. Ich sollte es nicht mitbekommen, war aber wach, habe also jedes Wort mitbekommen. Erst habe ich gedacht, dass es ein Traum war, aber als Louis mich dann abends gefragt hat, ob er mich küssen kann, wurde mir bewusst, dass das kein Traum war. Ich meine, vielleicht wollte er lieber mich küssen, da er keine Gefühle für mich hat und das mit Liam nicht zerstören wollte. Immerhin wissen die vier, dass ich schwul bin.", sage ich und stehe kurz auf, um mein Handy leise zu schalten, da es wieder angefangen hat, zu klingeln. Schließlich lege ich es auf den Wohnzimmertisch und lehne mich wieder zurück.
„Willst du da nicht dran gehen? Dieser Liam und die anderen beiden scheinen dich öfters angerufen zu haben." Ich schüttele nur den Kopf und lege mich mit dem Kopf auf Gemmas Schoß, während meine Beine Platz auf den Beinen meiner Mom finden.
„Alle wissen, wo ich bin. Es wird schon nichts passiert sein.", murmele ich und gähne leise. „Das klärt sich schon noch.", spricht Gemma mir Mut zu und streicht durch meine Haare.
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