13. Kapitel
"Bin und bleib' ein Badboy, weil der Gute nur in Märchen siegt"
-Jalil
Abrupt löste sich der Rapper von mir. Fast schon geschockt, so als ob er erst realisierte, was er da tat, starrte er mich an. "Sorry" murmelte er jetzt verlegen. Sorry? Wäre ich nicht selbst so verwirrt, würde ich ihm jetzt die Hölle heiß machen. "Ich wollte nur etwas sehen" etwas sehen? Oh das wurde ja immer besser. Verlegen blickte ich auf meine Füße. Dann sprang ich mit meinen Schuhen in der Hand, auf. "Ich glaube ich sollte jetzt gehen" wow und das klang verdammt schwachsinnig von mir. Ratlos nickte er. "Ja...ich...komme dann Mittwoch wieder zu euch in die Station und bleibe wieder bis Freitag, also alles wie immer" war das sein ernst? Er sprach jetzt von Arbeit? Ich biss mir so fest auf die Zunge, dass ich Blut schmeckte. Auch wenn eigentlich nichts weiter als ein Kuss passiert war, fühlte ich mich mies. "Gut" meinte ich schlicht und drehte mich dann um. Das Gras unter meinen Füßen kitzelte und war eine nette Abwechslung zu meinem Schamgefühl. Ich hatte mich benutzen lassen. Aber wer hätte auch ahnen können, dass Mr. Phantom mich küsste? Gott ich hätte ihm in den Arsch treten sollen, anstatt wie ein feiges Mäuschen davon zu rennen! Wütend blieb ich stehen und drehte mich um. Ich marschierte wieder die wenigen Schritte zu Christopher, dieser saß am Steg und murmelte irgendetwas vor sich hin. Ich wollte mir das von ihm nicht gefallen lassen. Wahrscheinlich glaubte er ich wäre einer seiner Flittchen, was ich eindeutig nicht war. "Christopher!" brüllte ich deswegen. Erschrocken drehte er sich zu mir. "Was machst du hier noch?" was für eine dämliche Frage! Nun stand er auch auf. Als ich vor ihm stehen blieb scheuerte ich ihm eine. Geschockt fasste er sich an seine rechte Wange. "Alter geht's noch?" kreischte er. "Das war nicht in Ordnung, deine beschissene Aktion von eben! Ich bin nicht eine deiner beschissenen Sidechicks oder Prada-Bitches, haben wir uns verstanden?"
Immer noch mit schmerzender Wange, blickte er auf seine Schuhe. "Ich hab mich doch entschuldigt, ich...verdammt ich wollte nur etwas wissen"
"Und was bitte?" meinte ich immer noch außersich vor mir. Er seufzte, dann starrten mich seine braunen Augen an. "Naja...ich wollte mal wissen, wie es ist eine...keinen Verpackungsbetrug zu küssen. Keine Prada-Bitch"
"Bin ich jetzt auch noch dein Versuchskaninchen?" kreischte ich ein paar Oktaven zu hoch, doch das war mir egal. Das gab es doch nicht! Sah ich aus wie ein wissenschaftliches Experiment?
Ohne das er mir antworten konnte, stapfte ich davon. "Arschloch" brüllte ich noch nach.
Als ich wieder an dem Geburtstagstisch angekommen war, waren die drei Serienjunkie-Damen ebenfalls zurück. "Ella, Schätzchen du siehst mitgenommen aus. Was ist passiert? Und wo ist Christopher?" fragte Frieda besorgt und runzelte die Stirn. Falsches Thema. "Er ist glaube ich eine rauchen" nuschelte ich und zog mir meine Schuhe wieder an. Nun kam auch noch Can wieder aus der Villa. Natürlich musste ein neuer Idiot auftauchen, wenn man den einen gerade losgeworden war. Bitte sprich jetzt nicht mit mir. "Hey, Ella, weißt du wo Christopher ist? Ich muss ihn mal was fragen" fragte mich Can. Natürlich musst du jetzt mit mir sprechen. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. "Nein, keine Ahnung. Er ist irgendwo rauchen, das ist meine letzte Information" oder auch nicht. Mit runzelnder Stirn nickte der schwarzhaarige. Er glaubte mir nicht. Das würde ich bei meinem aktuellen Anblick auch nicht. "Dann such ich mal nach ihm" ob das nun eine Drohung oder Feststellung war, wusste ich nicht. Und ehrlich gesagt war es mir auch egal. Der Rapper verschwand hinter mir und als ich ihm nach starrte, wollte ich ihn am liebsten aufhalten. Denn er lief genau zu der Stelle, wo der Bootssteg lag. Verdammte scheiße, wieso musste er dorthin gehen? War das irgendwie ein Treffpunkt der beiden? "Ella, ist wirklich alles in Ordnung?" riss mich Gretas Stimme aus meinem starren. Sofort drehte ich mich wieder zu den drei Freundinnen, die mich nun mit Argus Augen anstarrten. "Klar, ich hätte gerne noch ein Stück Kuchen" lenkte ich geschickt ab.
Ich kratzte gerade die letzten Brösel meines Kuchens zusammen, als ich seine Stimme hörte.
"Ja, geil, Bro! Dann machen wir 'n Feature mit Bruda" mein Körper zuckte fast schon zusammen, mir war das einfach unglaublich peinlich. Und dann spürte ich den stechenden Blick auf meinem Rücken. Nur widerwillig sah ich zu demjenigen, der mich so anstarrte, Christopher. Seine braunen Augen musterten mich, suchten irgendetwas. So stolz wie möglich hielt ich seinem Blick stand. Ich wollte mir nicht die Blöße geben vor diesem Idioten.
Dann wendete er sich abrupt ab und blickte wieder zu Can. Dieser nickte mit runzelnder Stirn zu Christopher. Bevor ich verhindern konnte, was ich da von mir gab, hatte ich es schon ausgesprochen "Frieda, entschuldige dass ich schon gehen muss, aber meine Mutter hat mich heute Abend noch zu einer ihrer Dinner eingeladen" lächelte ich verlegen. Und am liebsten wollte ich mich selbst schlagen. Denn das war der eindeutige Beweis, dass mir dieses kleine Malheur eben doch peinlich war. Und außerdem sah es aus, als wäre ich ein kleines graues Mäuschen. Aber Frieda bemerkte es nicht. Lächelnd stand sie auf und umarmte mich. "Das macht doch gar nichts, Kindchen! Schön war es dich mal wieder zu sehen! Vielleicht bist du ja in ein paar Wochen wieder bei mir eingeteilt. Vielleicht kann mein Christopher ja etwas machen" automatisch glitt mein Blick zu dem Rapper. Er starrte mich erneut an. Spielte mit seiner Gabel unruhig und fuhr sich manchmal durch seinen Vollbart. "Vielleicht, ja" war meine einzige Antwort die ich herausbrachte. "Es war auf jedenfall ein schöner Tag" bedankte ich mich dann wieder bei meiner alten Patientin. Das was mit Christopher war, vergas ich einfach. Es war keine große Sache. Er hatte mich als eines seiner beschissenen Experimente benutzt. "Ich begleite dich noch zur Tür" donnerte plötzlich die Stimme des Rappers und nun zuckte ich wirklich zusammen. Schluckend lugte ich wieder zu dem Mann, der gerade aufstand. Neugierig beobachtete uns sein Kumpel. "Das ist aber nett von dir, Christopher" strahlte Frieda. Ihr Enkel nickte nur träge. "Gern doch, Momma"
Mein Leben hasst mich wirklich. Mit schnellen Schritten machte ich mich zur Terrassentür der Villa, Chris war mir dicht auf den Fersen. Kaum hatte ich das Wohnzimmer betreten, wurde ich herumgerissen. "Warte doch mal" mit hochgezogener Augenbraue starrte ich ihn abwartend an. "Gut und jetzt?" er seufzte und fuhr sich durch sein zerzaustes Haar.
"Man das war vorhin echt nicht geplant, also mach jetzt bitte nicht so 'ne Szene" Szene? Wo machte ich bitte eine Szene? "Also ich weiß ja nicht was du unter 'Szene machen' verstehst, aber ich mache keine Szene. Du hast mich als Experiment benutzt, das finde ich zwar echt abartig, aber ich vergesse das von vorhin. Also bitte lass mich jetzt in Ruhe. Du kommst kommenden Mittwoch wieder und bis dahin hattest du schon wer weiß wie viele Flittchen und bist hoffentlich nicht mehr auf dem Trip, dass ich eine Szene mache" argumentierte ich. Etwas überfordert nickte er. "Okay, ich wollte nur klarstellen, dass das nichts großes war"
Ich zischte und verdrehte die Augen. "Danke, das weiß ich selbst" er nickte erneut. "Cool, dann...bis Mittwoch" lächelte Christopher dann und drehte sich auf dem Absatz. Ernsthaft? Er ließ mich hier mitten in seinem Wohnzimmer stehen? Ich musste mich zusammenreißen, ihm nichts hinterher zu schreien. Aber das wäre außerdem kindisch. Genervt verließ ich die Protz Villa.
Als ich wieder bei mir Zuhause war, wartete schon Hugo gespannt. Grummelnd vergrub ich mein Gesicht in seinem Fell. "Ach Hugo, der Arsch war heute noch arschiger. Er war heute ein Oberarsch" auch wenn mir natürlich klar war das 'arschiger' kein Wort war und von meinem Hund würde ich ebenfalls keine Antwort bekommen, fühlte ich mich so besser.
Mein Handy fiel in mein Blickfeld. Und dann kam mir die Idee. Schnell tippte ich die Nummer von Tessa ein. Keuchend nahm sie ab. "Hallo?" automatisch musste ich grinsen. "Warum stöhnst du so?" stellte ich die erste Frage. "Oh Gott Ella, du bist es! Ich sag's dir, ich hätte nie mit diesem joggen anfangen sollen! Horror!" lachend ließ ich mich auf meine Couch fallen. Hugo platzierte seinen Kopf auf meinen Oberschenkeln. Beruhigend kraulte ich seinen Kopf. "Weißt du noch, als du sagtest, du könntest meinen Begleiter übernehmen?" kurz war es still, selbst das Gekeuche stoppte. "Was hat unser Milchbubi gemacht?" Milchbubi war eindeutig der falsche Ausdruck für Christopher. Seufzend schüttelte ich den Kopf, erst da fiel mir auf, dass es Tessa durch das Telefon nicht sehen konnte. "Nichts, wirklich. Also...naja, er hat mich heute kurz geküsst. Und mir danach gesagt, ich sei nur ein Experiment gewesen. Und ich glaube wenn ich Mittwoch diesem Oberarsch begegne, dann knalle ich ihm eine. Ich musste mich schon vorhin beherrschen. Also...wärst du so lieb?"
"MOMENT MR. RAPTALENT DES JAHRES HAT DICH GEKÜSST?" kreischte meine beste Freundin so laut, dass ich mein Telefon von meinem Ohr halten musste, ebenso blickte Hugo fragend mein Handy an. "Tessa! Könntest du etwas leiser reden? Ich brauche keinen Hörschaden! Ja der Idiot hat mich geküsst. Er hat irgendetwas über Verpackungsbetrüger und Schlampen geschwafelt und dann lagen seine Lippen plötzlich auf meinen" erklärte ich, um keine Spekulationen zuzulassen. Denn das war das letzte was ich momentan gebrauchen konnte. "Uih! Klar kann ich ihn übernehmen. Aber sag mir: Küsst er gut? Haben die Groupies recht?"
"Tessa, woher weißt du bitte was Groupies sagen?" meinte ich entsetzt. Nur nicht auf die erste Frage eingehen. "Ach, unwichtig. Ich hab den Typen eben mal gegooglet. Und lenk nicht von der Frage ab, junge Dame!" ermahnte sie mich und selbst durch den Hörer wusste ich, dass sie schmunzelte. Dann hörte ich es rascheln und Stimmen. "Wo bist du?" lenkte ich ab. "Eis kaufen, aber nun beantworte meine Frage!" ich hatte keine Chance gegen Tessa. Da war sie wie ich, wenn ich etwas wissen wollte, gab ich nicht nach. "Okay, also gut! Christopher küsst gut" sehr gut sogar. "Na ich hatte nichts anderes erwartet" meinte sie nun nüchtern. "Also kannst du ihn dann Mittwoch übernehmen, bis ich sicher sein kann, ihn nicht zu schlagen?" sie lachte. "Ja, geht klar" erleichtert atmete ich aus. "Danke, du bist die beste"
"Kein Ding" nuschelte sie, wahrscheinlich aß sie gerade ihr Eis. "Gut dann bis Morgen" verabschiedete ich mich. "Ella?" unterbrach sie mich. "Ja?" seufzte ich, wohl wissend das da noch etwas kam. "Ich bin stolz auf dich, dass du nach deinem Arsch von Ex wieder mal etwas...naja du weißt schon" okay, Tessa interpretierte schon wieder zu viel. "Tessa, wir haben uns nur geküsst, mehr war da nicht. Also bitte steigere dich da nicht rein" brachte ich sie wieder auf den Boden der Tatsachen. Sie dachte sich mehr dabei, als ich selbst. Obwohl ich in diesem Schlamassel steckte. "Ja, schon verstanden. Zwischen euch ist alles cool, oder wie würde Mr. Profirapper sagen?"
"Keine Ahnung" und ging damit nicht auf ihre rhetorische Frage ein. Nun seufzte meine beste Freundin. "Na gut, dann bis Morgen" damit legte sie auf.
Ich war froh Christopher nicht Mittwoch sehen zu müssen. Denn ich war wirklich wütend auf ihn. Er konnte mich nicht leiden und missbrauchte mich als Experiment. Idiot eben. Jaulend riss mich Hugo aus meinem Dilemma. "Du hast Hunger, stimmt's?" grinste ich und spielte mit seinen Ohren. Er bellte als Bestätigung. "Na dann komm, mein Junge" ich stand von der Couch auf und mein Hund folgte mir brav. Hechelnd beobachtete er mich dabei, wie ich sein Futter neu auffüllte. "Bitteschön, Großer" stellte ich ihm den Futternapf auf den Boden. Kaum hatte ich mich aufgerichtet, klingelte es. Welcher Idiot war das denn schon wieder? Erst meine Mutter, dann Friedas etwas anderer Geburtstag, konnte man nicht einfach einmal seine Ruhe? Zähneknirschend trat ich wieder in meinen kleinen Flur und öffnete die Tür. Dann runzelte ich die Stirn. "Was machst du denn hier?" stellte ich die Frage. Entschuldigend sah er mich an.
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Na wer ist der unbekannte an der Tür?
LG pink-lilly
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