
11. Kapitel
"Was deine Wörter gut verstecken, werden deine Augen mir erzählen"
-Kontra K
Immer noch verdattert von seiner Aussage, dass er etwas von meinem Leben wissen wollte, blieb ich still. Ich wusste einfach nicht was ich sage sollte. Christopher bemerkte wohl, dass ich nicht so schnell etwas sagen würde. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück und öffnete das Fenster. Dann holte er seine Zigaretten raus. "Untersteh dich im Auto zu rauchen" knurrte ich. Grinsend drehte er seinen Kopf zu mir und steckte seine Zigaretten wieder in seine Kitteltasche. "Wieso?" "Weil das stinkt" meinte ich schlicht. Das verwirrte ihn anscheinend. "Nur deswegen?" was dachte er denn schon wieder? "Ja, nur deswegen. Was denkst du denn?" er zuckte mit den Schultern. "Vielleicht machst du dir ja Sorgen um meine Gesundheit" ich lachte. "Bitte, du bist weder mein Freund, Bruder oder gar sind wir befreundet" das schien den Rapper zu treffen den er knirschte mit den Zähnen. Dann holte er erneut seine Zigarettenpackung heraus. Finster sah ich zu ihm, doch er lächelte nur. "Wenn es nur stinkt, dann kann man das mit ein bisschen Lüften und Deo lösen" Wie ich deine arrogante Art hasse. Na warte. Ich blickte in den Rückspiegel und sah das niemand hinter mir war. Perfekt. Konzentriert wollte sich Mr. Arrogance seine Zigarette anzünden, aber nicht mit mir. Ich trat auf die Bremse. Mit einem Ruck wurden wir etwas nach vorne geschleudert und er verlor seine Zigarette, sie fiel genau aus dem Fenster. Zufrieden grinste ich. "Alter geht's noch?" brüllte er wie ein kleines Kind und schaute mich mit einem Mörderblick an. Unschuldig klimperte ich mit den Wimpern. "Da war eine Katze auf der Straße" sein rechtes Auge zuckte kurz und er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. Dann atmete er tief ein und aus. Er schloss das Fenster und setzte sich wieder tiefer in seinen Sitz. Damit fuhr ich wieder los und musste mir ein Grinsen verkneifen. Grimmig hatte er seine Hände vor seiner Brust verschränkt und starrte aus dem Fenster. Er schmollte wie es kleine Kinder taten. "Mein Lieblingsfilm ist Deadpool" kam ich schließlich seiner bitte nach, ihm etwas über mich zu erzählen. Verwirrt starrte er mich an. "Und meine Lieblingsserie ist Outlander, das ist auch die einzige Serie die ich eigentlich ansehe. Mich fasziniert das Mittelalter" machte ich unbeeindruckt weiter. "Und wie steht es mit dir?" er musterte mich kurz noch einmal, dann antwortete er "Ich mag Fast and the Fourius und Serien gehen mir eigentlich echt auf die Nerven" ich nickte. "Gut zu wissen" damit beendete ich unseren kleinen Ausflug in den Interessenbereich des jeweiligen anderen. Auch ihm schien das zu genügen. Er interessierte sich eben nicht wirklich für seine Mitmenschen, zumindest kratzte er nur Oberflächlich.
Als wir erneut vor einer Haustür heute standen, sagte ich: "Okay, ich habe dir etwas verschwiegen" die braunen Augen von dem Rapper wurden dunkler. "Und was?"
ich biss mir auf die Lippe und starrte auf den Boden. "Wir müssen heute noch Frau Henning wickeln" es war kurz still, dann brüllte er "WICKELN?" ich verdrehte die Augen. "Still! Ja, wickeln! Du wirst mir helfen, haben wir uns verstanden? Es ist mir egal was du sagst. Ihr Mann kann das schon alles nicht mehr sehen. Und du wirst dich aufführen! Das dort innen ist eine Demente im Endstadion. Sie bekommt von ihrer Außenwelt nichts mehr wirklich mit. Sie hat das sprechen verlernt und das Laufen. Auch wie man auf die Toilette geht. Du wirst dich aufführen, wie man es von einem Erwachsenen erwartet. Haben wir uns verstanden? Ansonsten trete ich dir so in den Arsch, dass du von deinem hohen Ross, auf dem du schon ewig sitzt, fliegst" machte ich ihm eine Ansage. Christopher sah mich mit großen Augen an und schluckte. Dann nickte er. "Gut, packen wir's" Na endlich. In dem großen Haus angekommen sah ich schon ihren Mann mit seinem Gehstock. Er hatte Jogginghose und ein Shirt an. Seine wenigen Haare noch auf dem Kopf, standen in allen Richtungen. "Guten Morgen, Ella!" begrüßte er mich mit einem Lächeln. Dann blickte er zu dem Rapper. "Oh haben Sie einen Praktikanten?" ich lächelte ebenfalls freundlich. "So ähnlich" antwortete ich. "Ist ihre Frau schon auf?" Herr Henning nickte. "Wir haben schon die Morgennachrichten zusammen angesehen" strahlte er. "Na das ist ja toll" ich atmete noch einmal tief ein und aus und lief dann ins Wohnzimmer, wo die Frau lag. Sie hatte sich in der Decke vergraben und starrte jetzt die Decke an. "Guten Morgen, Frau Henning" ihre grünen Augen wanderten zu mir. Sie begann zu lächeln, dann erblickte sie Christopher und lächelte noch mehr. "Machen wir sie mal frisch, dass sie gut in den Tag starten, was?" sprach ich weiter. Ich machte die Decke zurück und ihr Pullover war voller Haferbrei, wie ich sah. "Chris hol du mal neue Klamotten, sie sind gleich links neben dem Wohnzimmer" murmelte ich. Aber anstatt das sich der Mann bewegte starrte er mich wieder an. Herrje, was hatte er denn? "Chris?" echote er. Hatte ich ihm ernsthaft einen Spitznamen gegeben? Ich wurde rot. "Ja, Chris. Ab jetzt nenne ich dich so, hast du ein Problem damit?" er schüttelte lachend den Kopf. "Ich habe nur noch nie einen Spitznamen bekommen, aber gefällt mir" Dann tut es mir leid. "Na dann beweg deinen Arsch, Christopher" meinte ich nun süffisant. Der Rapper verdrehte die Augen und machte sich an die Arbeit.
"Vergiss es, ich werd das nicht tun" schrie Christopher halb. "Stell dich doch nicht so an, du musst sie doch nur an der Hüfte hier halten und ihre Hand. Den Rest mache ich doch schon" zischte ich. Frau Henning blickte währenddessen fasziniert den Mann an. Er gab nach und legte seine eine Hand auf ihre Hüfte während er mit der anderen ihre Hand hielt. Meine Patientin gab ein paar Geräusche von sich, als ich ihre Windel wechselte, aber ansonsten machte sie mit. Zum Glück. An manchen Tagen schrie sie oder kratzte. "Boah stinkt das" schniefte Mr. Arrogance. "Na du gibst garantiert auch keine Blümchen und Regenbögen von dir, wenn du auf dem Klo bist" konterte ich. "Du bist heute wirklich sehr freundlich" antwortete er mir. "Es ist nur langsam anstrengend, dass du dich bei jedem bisschen Arbeit anstellst, wie als wärst du ein verwöhnter kleiner Bengel. Natürlich ist diese Arbeit hier anders, als du sie gewöhnt bist, aber dennoch bist du nun hier und musst dich eben etwas überwinden. Dafür lernst du ganz andere Seiten von dir kennen, die du vorher noch nicht kanntest" versicherte ich ihm. Auch ich hatte das schon hinter mir. In diesem Beruf kamst du manchmal an deine Grenzen, aber lernst dennoch Seiten von dir kennen, die dir noch nie bewusst waren. Zufrieden endlich die Windel angelegt zu haben deckte ich Frau Henning wieder zu. "So du darfst ihr jetzt noch ein anderes Oberteil anziehen, ich hole währenddessen schon einmal ihren Trinkbecher" fassungslos starrte der Mann auf den grünen Pullover. "W-was? I-ich..." stotterte er. Mit warnendem Blick sah ich zu ihm. "Christopher, du kannst nicht auf dicke Hose machen und dann den Schwanz einziehen. Wenn du nicht einmal ein Kleidungsstück anziehen kannst, dann werden diese Monate noch lustig" er nickte einfach nur. Und ich lief in die Küche. Dort saß Herr Henning und las in seiner Zeitung. "Ihr Praktikant ziert sich etwas, was?" Das ist die Untertreibung des Jahres.
"Ja, aber den habe ich schon unter Kontrolle" grinste ich während ich die Trinkflasche aus der Spüle holte. "Das höre ich, aber lieber so, als anders" zwinkerte er, dabei sah er von seiner Zeitung auf. Schmunzelnd holte ich den Kirschsaft aus dem Kühlschrank und schenkte ihn in den Plastikbecher ein. "Na dann wünsche ich ihnen noch viel Glück mit ihm" das werd ich brauchen. Ohne darauf zu antworten lief ich wieder in das Wohnzimmer. Christopher hatte es mittlerweile geschafft den Pullover anzuziehen. Nun starrte er unschlüssig meine Patientin an. "Na ihr beide habt euch doch angefreundet" durchbrach ich die Stille mit einem Lächeln. "Möchtest du ihr noch etwas zu trinken geben?" fuhr ich fort. Wieder sah er zu meiner Patientin. Dann seufzte er und gab mir ein Zeichen das ich ihm die Flasche reichen sollte. Hatte ich ihn geknackt?
"Okay, ich muss eins zugeben: Ich habe Respekt vor dir" nuschelte Christopher leicht beschämt und schloss die Haustür von dem Ehepaar. Ich runzelte die Stirn. "Moment, du hast Respekt vor mir? Der einfachen Altenpflegerin? Verwechselst du mich nicht gerade mit irgendjemanden?" er schüttelte den Kopf und holte sich eine Zigarette aus seiner Tasche. "Nein, ich meine es ehrlich" fuhr er fort und steckte sich die Zigarette in den Mund, dann zündete er sie mit einer fließenden Bewegung an. "Ich habe echt Respekt vor dir, dass du Menschen wickeln kannst und all das ertragen kannst" dabei schenkte er mir sogar ein Lächeln. "Danke" meinte ich ehrlich und fummelte an meinem Autoschlüssel herum. "Kein Ding, das musste mal gesagt werden" aber sein Kompliment warf eine Frage auf. "Und habe ich als poplige Altenpflegerin in deinen Augen nun eine Meinung die wichtig ist?" sprach ich meine Frage aus. Mit seinen braunen Augen durchbohrte er mich, während er den Rauch ausblies. "Ich glaube ich denke die ganze Zeit wie ein riesen Arschloch" fing er an.
"Das stimmt" grinste ich. Er biss sich auf die Lippe. Dann nickte er. "Ich glaube jede Meinung ist wichtig, egal von wem sie stammt" wow, das war schon wieder keine Arschloch Antwort. "Da hast du Recht, jede Meinung zählt" waren wir dem alten Christopher einen Schritt näher gekommen? Der Rapper drückte seine Zigarette aus und stieg schließlich ins Auto. "Was hast du heute noch so vor?" fragte er dann. Und wieder eine überraschende Frage. Wie konnte er in so kurzer Zeit sich nur so verändern? "Deine Großmutter hat heute Geburtstag, sie hat mich eingeladen" antwortete ich mit einem vorsichtigen Seitenblick zu ihm. Kurz huschte Überraschung über sein Gesicht, dann nickte er. "Du bist ihr wirklich wichtig"
"Das hat sie dir schon oft genug erklärt" schoss ich zurück. Er seufzte. "Also sehe ich dich auch in meiner Freizeit?" ich lachte "Sieht so aus"
Kaum war ich Zuhause angekommen, klingelte es. Ich verdrehte die Augen. Wenn das schon wieder der Postbote war, dann würde ich meinem Nachbar Fat-Tony gehörig die Meinung geigen. Natürlich war das nicht sein echter Name, er war in einer Motorrad Gang und sah der Figur von den Simpsons, eben Fat-Tony, so ähnlich, dass das sein Name in der Gang war. Seinen echten Namen hatte ich schon wieder vergessen. Seine Kumpels und er machten immer auf harte Jungs, was sie eigentlich auch waren, aber zu mir waren sie immer nett und sie hatten mich sogar schon auf ihre Partys eingeladen. Außerdem nahm ich dauernd ihre Pakete an. Das machte mich noch verrückt! Die Männer bestellten mehr als eine Shoppingsüchtige Frau. Jeden zweiten Tag klingelte es. Genervt riss ich also die Wohnungstür auf. "Wissen sie, in diesem Haus leben noch sehr viele andere-...Mum" unterbrach ich meine wütende Ansprache überrascht. Mit einem Lächeln stand sie vor meiner Tür. Ihre grauen Augen, die genauso aussahen wie meine, strahlten. "Was machst du denn hier?" fragte ich verwundert. Sie seufzte. "Du bist ewig nicht zu deinem Dad und mir Essen gekommen, also dachte ich schaue mal bei dir vorbei. So begrüßt man aber nicht seine Mutter" ich kam wahrscheinlich nicht zu meinen Eltern, weil es bei ihnen nur ein Thema gab.
"Komm doch rein" grummelte ich und öffnete die Tür, sodass sie in meine Wohnung konnte. Freudig rannte Hugo auf meine Mutter zu. "Hugo, sitz!" ordnete ich an und jaulend ging er in sein Körbchen und machte Sitz. "Ach ihn gibt es auch noch?"
"Mum, hör auf über Hugo schlecht zu sprechen" knurrte ich genervt. Sie hatte schon immer etwas gegen Hugo gehabt. Er sei viel zu laut und unordentlich, laut meiner Mutter.
Sie seufzte und fuhr sich durch ihr gefärbtes Haar, was diesen Monat wohl sandfarben war. Dazu trug sie ein hellblaues Kostüm. Warum sie sich so schick gemacht hatte war mir schleierhaft. "Willst du Kaffee?" fragte ich, damit konnte man meine Mutter immer haben. "Gerne, mein Kind. Mit viel Milch, aber das weißt du ja" ich nickte und machte mich auf den Weg in die Küche. "Und wie geht es Papa?" fragte ich. "Ach dem geht es gut, er arbeitet jetzt endlich weniger" sprach sie und ich konnte wetten, dass sie gerade mein Wohnzimmer inspizierte. "Das ist toll" meinte ich und drückte auf den Startknopf der Kaffeemaschine.
"Und wie läuft es bei dir? Hast du dir das mit dem Studium endlich überlegt?" fragte sie im gleichen Tonfall wie ich, nur schwang darin noch Ungeduld mit. Ich verdrehte die Augen. Nicht schon wieder dieses Thema.
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Na hat wer meine Abwesenheit bemerkt? :D Ich glaube nicht. Aber ich war in London <3 ich liebe diese Stadt immer wieder!
Und nun zum Kapi: Nähern sich die beiden Streithähne wohl gerade etwas an?
LG pink-lilly
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