02//The Android sent by CyberLife
5. November 2038 - 23:30
Ich stieg aus dem Taxi, die kalte Nachtluft empfing mich und innerhalb von kürzester Zeit war ich von dem Regen vollkommen durchnässt. In diesem Augenblick wünschte ich, ich hätte eine Jacke mit in das Police Department genommen, aber wer hätte denken können, dass ich gleich am ersten Tag bei einem Abweichler-Fall assistieren sollte.
Zuerst hatte ich im warmen, mehr oder weniger gemütlichen Department gesessen und mich um etwaigen Papierkram und Unterschriften gekümmert, auf gut-deutsch, Büroarbeit.
Aber ich konnte sie an meinem eigenen Schreibtisch erledigen. Mein erster eigener Schreibtisch!
Gleich neben dem von Hank.
Ich freute mich über dies vielleicht mehr als ich sollte.
Das Taxi setzte sich erneut in Bewegung, aber nicht ohne noch einmal durch eine Pfütze zu fahren und mir eine zusätzliche kalte Dusche zu verpassen.
Sehr schön, genau das hat mir heute noch gefehlt.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust, laut dem Officer, der mir die Adresse überreicht hatte, war Onkel Hank immer noch nicht am Tatort angekommen.
Also schön, dann mal los.
Die High Heels klackerten auf der Straße, als ich sie überquerte, immer darauf bedacht, schnell ins Warme zu kommen.
Bevor ich die Tür aufdrückte, blickte ich auf den Schriftzug, der auf dem Milchglasfenster geschrieben stand.
"Jimmy's Bar" Hanks Lieblingsort wenn es ums trinken geht, auf jeden Fall war es das, bevor wir weggezogen sind.
Darunter war ein roter Aufkleber angebracht, auf dem das selbe Dreieck zu sehen war, wie auf den Arbeitsuniformen der Androiden. In schwarzer Schrift war darunter geschrieben worden
,,No Androids Allowed" - keine Androiden erlaubt, direkt über dem Hinweis, dass keine Hunde in der Bar gestattet waren.
Ich rümpfte angewidert die Nase, bevor ich die Tür aufdrückte. Warme Luft und der Geruch von Alkohol schlugen mir entgegen.
Als ich die Tür schloss, lagen alle Blicke auf mir und ich fühlte mich wie im Scheinwerfer auf einer Bühne, nur, dass ich blöderweise meinen Text vergessen hatte.
Ich räusperte mich, hob den Kopf und versuchte so viel Selbstvertrauen zu zeigen wie ein Police Officer es hätte.
Ich ließ den Blick durch die kleine Bar schweifen, über den Tresen, und die vereinzelten Tische. Hank war nicht da.
Ich sank zurück in das kleine eingeschüchterte Mädchen das zur Tür hereingekommen war.
Ich beschloss nachzufragen, wann der Lieutenant die Bar verlassen hatte. Würde er etwa doch schon am Tatort sein?
Die Männer die in der Bar saßen verfolgten wieder das Spiel der
Detroit-Gears, Basketball. Ich hatte diesen Sport noch nie verstanden, weniger noch als Baseball.
Ich wandte mich an den Mann mit den Rasterlocken, der hinter der Bar stand. Das Neonlicht der Röhrenlampen tauchte alles in ein kaltes Licht als ich mich räusperte um den Mann, dessen Blick auf den Bildschirm fixiert war, auf mich aufmerksam zu machen.
Hallo, Mister! Potenzielle Kundschaft!
Erneut räusperte ich mich.
Genervt blickten mich der Barkeeper und einige andere Gäste mich an.
,,Bevor du was trinkst, Missie, muss ich erstmal sehen, ob du schon alt genug bist."
Bitte? Ich sehe zwar jung aus, aber das ist eine Frechheit.
Okay, okay. Ich holte das kleine Lederetui hervor und zeigte dem Mann meine Polizeimarke, wie die Cops das immer in den Filmen machen, so ein cooles Gefühl. Ungläubig blickte er von der Marke zu mir, ja, ganz recht, du depp, Vierundzwanzig.
,,Verzeihung, Officer."
,,Constable", verbesserte ich ihn, als das Etui wieder in der Tasche meines Rockes verschwand. ,,Ich möchte nichts trinken. Ich brauche Auskunft."
,,Heute Abend war Lieutenant Hank Anderson in dieser Bar, ist das korrekt?"
Der Mann nickte. ,,Der ist fast jeden Abend hier und vor vielleicht 5-10 Minuten ist ein Android hier reingeschneit und hat den Lieutenant mit irgendwelchen Untersuchungen und Tatorten zugefaselt. 5 Minuten bevor sie
gekommen sind, Constable, haben die zwei die Bar verlassen."
Also hat Fowler keinen Scherz gemacht, von wegen Android. Und Hank ist da einfach so mitgegangen? Verwunderlich.
,,Vielen Dank für die Informationen, einen schönen Abend noch."
Ich bewegte mich auf die Tür zu und spürte die Blicke der Besucher in meinem Rücken. Bevor ich die Tür aufdrückte, warf ich noch einen letzten Blick in den Raum und schon prasselte mir wieder der Regen auf den Kopf.
Gut, jetzt muss ich nur sehen, wie ich selbst zum Tatort komme.
.
.
.
Das Taxi fuhr davon, erneut, und erneut stand ich allein am Straßenrand. Naja, ganz alleine war ich nicht. Die Straße war voll von Gaffern, Schaulustigen und Polizisten. Die rot-blauen Warnleuchten und die Scheinwerfer, die im Garten des Tatorts standen, erleuchteten die Nacht. Das holographische Absperrband hielt Unbefugte davon ab die Ermittlungen zu stören.
Als ich mich auf die Menschen zubewegte, merkte ich eine gewisse Aufregung.
Was, wenn ich mich hier total daneben benehmen würden. Würde Fowler mir Morgen wieder die Marke und die Waffe entziehen? War das so eine Art abschließender Test von ihm?
Ich atmete tief durch, bevor ich durch die Absperrung trat. Besser gesagt, treten wollte.
,,Verzeihung Miss, aber sie können hier nicht rein." Der Police Officer, der sich mir in den Weg gestellt hatte, deutete auf das Absperrhologramm.
Ich holte heute Abend schon das zweite Mal die Marke aus der Tasche und klappte sie auf.
,,Ich wurde von Chief Fowler hergeschickt um Lieutenant Anderson bei den Untersuchungen zu unterstützen."
,,Der Lieutenant ist im Haus," sagte der Officer leicht irritiert durch den Fakt mich, jemand so jungen, noch nie im Revier gesehen zu haben.
Ihm blieb zum Glück nichts anderes übrig als mich durch zu lassen.
In dem Moment, in dem ich durch diese Tür trat, wusste ich, dass ich in meinem Leben noch nichts ekelhafteres gerochen hatte. Es roch muffig, sauer und süß zugleich, ich wusste sofort, es war eine verwesende Leiche, ein schon sehr lange verwesende Leiche. Ich versuchte mich umzusehen, versuchte mich zu konzentrieren. Der Gestank war unbeschreiblich, und es war, als würde ich es schmecken. Schnell kramte ich in der anderen Tasche meines Rockes, und schon fand ich den Kaugummi-Streifen, eingepackt in Aluminium-Folie, erleichtert knüllte ich sie zusammen und ließ sie in der Tasche verschwinden. Der Kaugummi fand den Weg in meinen Mund und zufrieden begann ich zu kauen. Ein undefinierbarer aber fruchtiger Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus, wenigstens übertönte es den Geschmack nach Tod.
Mein Magen verkrampfte sich trotzdem, und ganz sicher würde es irgendwann zu dem Punkt kommen, an dem ich mich übergeben werde. Das Interieur passte in allen Fassetten zum Geruch des Hauses, wenn man überhaupt von Interieur reden konnte. Alles war zugemüllt, die Möbel waren umgeworfen und zertrümmert worden, in diesem Moment wurde mir bewusst, dass der Geruch nicht nur von dem Toten stammen konnte.
Niemand in der Polizeiakademie hätte mich darauf vorbereiten können, was ich gleich sehen würde. Mein Magen verkrampfte sich und hätte ich nicht den Kaugummi um mich abzulenken hätte ich bestimmt schon auf den Boden gekotzt.
Die unerträgliche Wärme in diesem Haus trug auch nicht unbedingt zu meinem Wohlbefinden bei.
Der Mann lag mit leerem Blick auf den Boden, an die Wand gelehnt, eine Wunde zierte seinen Kopf, was aber nicht unbedingt die Todesursache gewesen sein musste. Es könnten die Messerstiche in den Magen gewesen sein, ich meine, ich bin kein Forensiker, aber ich höre gerne auf mein Bauchgefühl.
Schnell wandte ich den Blick ab. Und dort stand er, mein Onkel, Lieutenant Hank Anderson. Ein Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, als ich mir seine Reaktion vorstellte, wenn er sah, dass ich schon in Detroit war.
Ich stellte mich also hinter ihn, schlug meine Handkante gegen meine Stirn und versuchte das Kichern zu unterdrücken. ,,Lieutenant Anderson, Constable Hone meldet sich zum Dienst."
Hank drehte sich zu mir um und sah mich an, als könnte er nicht glauben was er sah. Der Gesichtsausdruck meines Onkels wechselte von Überraschung zu einem glücklichen Lächeln. Ich ignorierte den Geruch von Alkohol und erwiederte die Umarmung.
,,Vivi! Meine Kleine!" Der Mann hob mich hoch und wirbelte mich herum, als wäre ich immer noch das zehnjährige Mädchen.
Ich hatte Hank schon lang nicht mehr lachen hören, es fühlte sich vertraut an.
,,Ich hab dir schon oft gesagt du sollst mich nicht Vivi nennen."
Er hielt meine Schultern fest und ich sah Tränen in seinen Augen.
,,Was machst du hier?" fragte der Lieutenant, als wäre das alles immer noch ein Traum.
,,Ich bin hergezogen." Ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht. ,,Fowler hat gemeint, ich soll dich bei den Untersuchungen der Abweichlerfälle unterstützen."
Der Mann wuschelte mir durch die Haare und brachte somit meine Frisur durcheinander, die blauen Strähnen hingen vereinzelt lose über meine Schulter. Hank war nicht sonderlich begeistert darüber gewesen.
Ich betrachtete den Mann, der älter als je zuvor wirkte. Das Gesicht von Trauer und Alkohol geprägt, von all den Jahren, die er schon mit sich herum schleppte, aber trotzdem ein Grinsen im Gesicht trug.
Mein Blick glitt auf die Seite, wo ein braunhaariger Mann auf dem Boden kniete, über etwas gebeugt, das ganz nach der Mordwaffe aussah. Ein Messer, in einer Lache aus Blut.
Der Ermittler streckte nun seinen
Zeige- und Mittelfinger aus und tauchte sie in die rote Flüssigkeit. Ich folgte der Bewegung des Ermittlers, als gäbe es nichts interessanteres.
Fasziniert und interessiert blickte ich über Hanks Schulter, der sich gerade umdrehte um zu sehen, was so interessant war.
Der Mann legte die Finger an die Lippen, schien das Blut in den Mund zu stecken.
Angewidert sah ich zu und versuchte mich auf den Geschmack des Kaugummis zu konzentrieren.
,, Oh Scheiße, Connor, Was zur Hölle machst du da?" Hanks plötzlicher Ausbruch ließ mich ungewollt zusammenzucken.
Connor also? Connor drehte sich zu Hank um und beeilte sich aufzustehen als er den Lieutenant sah, besser gesagt, als er über die Schulter des Lieutenants sah, nämlich zu mir. Sofort bemerkte ich meine Fehleinschätzung, außerdem auch die LED an seiner rechten Schläfe.
Ein Android.
Die Wucht seines Blickes traf mich und mein Magen zog sich zusammen. Eine kurze Sekunde verstrich, eventuell zwei. Ich blinzelte ihn an, was er natürlich nicht musste, er konnte mich weiter anstarren.
Ist es? Kann es sein? Oh ja, dieser Android war mir im Gedächtnis geblieben, der Polizeiandroid, aus den Nachrichten!
,,Ich analysiere das Blut." sagte er ganz unschuldig, als er Hank mit seinen braunen Augen betrachtete, die mich so ein wenig an die eines Golden Retrievers erinnerten.
,,Ich kann Proben in Echtzeit prüfen."
Interessiert verfolgte ich die Mimik des Androiden, sowie Hanks angeekelten Gesichtsausdruck.
,,Tut mir Leid, ich hätte sie warnen sollen..." Der Android, immer noch mit menschlichem Blut am Finger, zog die Augenbrauen zusammen.
,,Ok, nur...nur..." Hank schien sichtlich nicht zu wissen, wie er auf die Aussage des Androiden antworten sollte.
,,Nimm keine Beweise mehr in den Mund, verstanden?"
Ich konnte das Kichern nicht unterdrücken und versuchte es mit einem Husten zu tarnen, als Hank sich wieder zu mir drehte. Ich behielt Connor über Hanks Schulter weiterhin im Auge.
,,Verstanden."
,,Also." Hank hatte meine volle Aufmerksamkeit und ich war bereit die Informationen aufzusaugen wie ein Schwamm das Wasser.
,,Ein paar Nachbarn haben ge-; Verdammte Scheiße, Matthew, siehst du nicht, dass ich... Ach egal. Was?"
Ein Officer hatte Hank auf die Schulter getippt, ein Telefon in der Hand. Die Falten in Hanks Gesicht vertieften sich, als er sich dem Kollegen zuwandte, ich wartete geduldig.
,,Captain Fowler ist am Apparat," teilte Hank's Kollege ihm kleinlaut mit.
Hank seufzte tief als er das Telefon entgegen nahm. ,,Connor, könntest du?" Er deutete auf mich und verschwand im nächsten Raum.
Der Android blickte seinem Partner hinterher und trat schlussendlich auf mich zu. So voller Selbstvertrauen, dass ich einen halben Schritt zurücktrat, rein aus Reflex.
Er streckte seine Hand aus. ,,Constable Viviane Hone. Mein Name ist Connor, ich bin der Android, der von CyberLife geschickt wurde um die Untersuchungen zu unterstützen."
Ich lächelte ihn an, fand es aber doch recht befrendlich, dass er meinen Namen nur durch einen einfachen Scan herausgefunden hatte. Ich konnte mir nur zu gut ein Textfeld neben meinen Kopf vorstellen:
>>Viviane Hone<<
Geboren: 08. 01. 2014
Wohnhaft: State Street 4; Detroit, Michigan
Nun ja. Ich blickte in seine braunen Augen, als ich seine Hand ergriff.
,,Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit."
Ich ließ seine Hand los, überrascht wie echt, aber kalt sich die künstliche Haut anfühlte. Die LED meines Gegenübers leuchtete für einen Moment kurz gelb auf.
,,Also mit was haben wir es zu tun, Connor?" Ich blickte zurück auf den gut erleuchteten Leichnam.
Er folgte meinem Blick. ,,Carlos Ortiz, 30 Jahre alt, vorgestraft, das Opfer nahm Drogen."
Auf meinen fragenden Blick hin antwortete er knapp:,,Red Ice."
Ich nickte und fügte das meiner Liste von den Dingen, die über das Opfer zu wissen waren hinzu.
,,Todesursache waren 28 Stiche in die Brust- und Bauchgegend, gestorben vor mehr als 19 Tagen."
Connor hielt inne, als ich mich auf den toten Körper zubewegte. Auf der Wand stand mit Blut drei Worte geschrieben.
I AM ALIVE
So simpel, aber eine doch so große Botschaft, die Buchstaben wurden in reinster Perfektion geschrieben, nur ein Android, ein Abweichler, wäre dazu fähig gewesen.
,,Das Opfer ist hier gestürzt." Der RK800 zeigte neben den Stuhl.
,,Und das siehst du alles durch deine Scans?" Ich war ernsthaft beeindruckt, ich wusste, dass CyberLife Androiden wirklich viel konnten, aber das ist schon eine ganz große Nummer.
Der Androide nickte und richtete seine Krawatte. ,,Ich bin der neueste Prototyp, ich vereine einige der neuesten Gadgets in mir."
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, ein lautes Geräusch ertönte, ein Handy. Dann bemerkte ich, nach einigen Sekunden, dass dieses laute Geräusch aus meiner Tasche kam. Mein Handy.
Shit, ich hatte vergessen es auf vibrieren zu stellen. Peinlich, die Ermittler blickten alle zu mir, als ich das Handy mit hochrotem Kopf aus der winzigen Tasche zog.
Das Licht des Displays fühlte sich in dem dunklen Haus unendlich hell an.
Zane <3
Das Herz hinter dem Namen fühlte sich so falsch an, wenn man bedenke...
Ich hatte noch keine Zeit ihn umzuspeichern in Arschloch, optional auch Betrüger.
Ich warf einen entschuldigenden Blick zu Connor, der mich nur kurz interessiert betrachtete, und sich dann weiter um die Wiederherstellung des Tathergangs kümmerte.
Ich akzeptierte, hielt das Handy an mein Ohr und bereitete mich emotional auf dieses Telefonat vor. Nicht heulen, ich werde am Tatort nicht anfangen zu heulen. Nicht vor Hank, nicht vor Connor.
,,Hey Babe." Zane's tiefe Stimme ertönte und schon drohten meine Mauern einzustürzen. Wie oft mir diese Stimme gesagt hatte, sie würde mich lieben.
,,Nenn mich nicht so." flüsterte ich, meine Stimme war nur ein Krächzen.
,,Babe, es tut mir Leid. Wir waren beide betrunken." Ich ließ ein ungläubiges Schnauben hören, betrunken. Ja klar.
,,Können wir drüber reden? Persönlich?"
Klar, komm doch nach Detroit. Meine Gedankliche Stimme triefte vor Sarkasmus.
,,Nein", murmelte ich mit etwas mehr Fassung in der Stimme.
,,Babe, ich hab doch gesagt es tut mir Leid..." Aber ich hörte nicht weiter zu, ließ ihn weitere Nichtigkeiten und Entschuldigung runterrattern.
Meine Gedanken schweiften ab, als ich zu Connor und Hank blickte, die in der demolierten Küche standen.
Hanks Haare waren eine Spur weißer geworden, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Die Jacke ist älter als ich, kurz musste ich schmunzeln.
Connor im Gegensatz war der Inbegriff von Perfektion. Bei dem Design des Mannes in seinen späten Zwanzigern hatte sich CyberLife wirklich selbst übertroffen.
Die dunkelbraunen Haare, perfekt gestylt und die braunen Augen, die die Küche in Augenschein nahmen.
,,Babe? Vi? Hörst du mir überhaupt zu?"
Stimmt, Zane, da war ja was.
,,Hm?"
,,Wo bist du? Wieso kann ich nicht zu dir kommen? Bist du bei Mary?"
Beim Klang dieses Namens platzte mir der Kragen, diese falsche Schlampe.
,,Mary? Die, die du in unserer Wohnung gevögelt hast, oder gibt es da noch eine, von der ich nichts weiß." Ich zischte die letzten Worte in mein Handy, bedacht darauf nicht zu schreien um die Aufmerksamkeit des Tatorts nicht noch mehr auf mich zu ziehen.
,,Ich bin in Detroit und gerade auf einem Tatort, du ignorante Amöbe!
Entschuldige mich." Ich raufte mir die Haare und murmelte:,, Ruf mich bitte einfach nicht mehr an."
Ich legte schnell auf und atmete einmal durch, bevor ich mich zu Connor und Hank umdrehte, die vor der Leiche des Opfers standen. Ich räusperte mich, und entschied mich dazu den Zopf nun endgültig zu öffnen. Die blau gefärbten Haare fielen mir über die Schulter, als ich mich neben meinen Onkel stellte, der mich skeptisch ansah.
,,Alles Okay?" Natürlich wusste er, dass nicht alles Okay war, kaum zu überhören.
Ich schüttelte leicht den Kopf. ,,Zane."
Hank blickte angewidert drein: ,,Das Arschloch?"
Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen, Hank konnte ihn schon damals nicht leiden, als er mit mir nach Detroit kam zur Wohnungsbesichtigung. Auch Connor grinste. Nun ja, er zog seine Mundwinkel nach oben, es wirkte komisch, gezwungen.
,,Okay, was haben wir? Ihr zwei habt euch so angeregt unterhalten, über den Fall möchte ich doch hoffen."
Connor begann wieder fachlich zu erklären, dass der Haushaltsandroid wohl zuerst mit dem Baseball-Schläger angegriffen wurde und bei ihm dann alle Sicherungen durchbrannten. Er verteidigte sich zuerst nur mit dem Messer und ging dann auf seinen Besitzer los, wurde zum Abweichler. Das Messer, der Schläger, die Verwüstung, alles machte einen Sinn.
,,Und wo ist dann der Abweichler hin?" Ich blickte den Androiden und meinen Onkel mit gefurchten Augenbrauen an.
,,Nun ja, der Abweichler wurde beschädigt und er verlor Thirium." Connor sah nachdenklich aus, Hank war verwirrt.
,,Das "blaue Blut" der Androiden, nicht wahr? Die Antriebsflüssigkeit." Connor nickte mir bestätigend zu, das Blut rauschte mir in den Ohren, die Lösung war zum Greifen nahe.
,,Die Spur verflüchtigt sich nach einigen Stunden, wird für das menschliche Auge unsichtbar." Er betonte menschliche.
,,Du kannst sie sehen, nicht wahr, Connor?" Ich blickte dem Android in die braunen Augen.
,,Korrekt."
Connor stellte sich aufrecht hin und ließ den Blick durch das Wohnzimmer schweifen, wie ein Hund der eine Fährte gefunden hatte, machte er sich zielsicher auf den Weg. Hank und ich tauschten einen kurzen Blick und folgten Connor durch das Haus.
,,Was ist, wenn er durch den Garten geflohen ist?" Hank blickte durch die Hintertür in den kleinen, überwucherten Garten und hatte sich gegen den Türrahmen gelehnt.
Ich blickte unter Hanks Arm durch, ebenfalls nach draußen und leuchtete mit einer Taschenlampe, die ich mir eventuell von der Spurensicherung ausgeborgt haben könnte, hinaus.
,,Siehst du den Schlamm da?"
Hank nickte und ich klopfte ihm auf die Schulter. ,,Wäre der Abweichler durch den Garten abgehaun, würde das nicht so aussehen."
Hank blickte mir hinterher, als ich die Taschenlampe zurückgestellt hatte und Connor folgte.
Im Flur suchte der Android verzweifelt nach irgendwas. Ich suchte den Raum ab und mein Blick blieb bei der Dachluke hängen. Er suchte nach einer Möglichkeit hinauf zu kommen, eine Leiter.
Leiter, Leiter, ich blickte mich um und öffnete die nächstbeste Tür, die Abstellkammer. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte mich, als ich die Leiter entdeckte und sie fest mit beiden Händen umklammerte hochhob. Die Müdigkeit war nicht mehr vorhanden, das Adrenalin pumpte durch meine Adern, in dem Bestreben 110% zu geben.
Ich hatte die Situation, besser gesagt Gewicht und Schwerpunkt der Leiter unterschätzt, beziehungsweise misskalkuliert. Die Leiter drohte überzukippen und Angstschweiß brach mir aus.
Wäre Connor nicht gewesen, hätte ich mir alle Knochen im Körper gebrochen. Er hielt die Leiter auf der anderen Seite, sein Gesicht gegenüber meinem. Connors LED leuchtete kurz wieder gelb.
,,Vorsicht", murmelte er mir zu. Ich ließ los und nickte, meine Haare ein heilloses Chaos.
Mit Leichtigkeit schaffte er die Leiter zu der Luke und stellte sie auf. Ohne zu zögern stieg er auf die erste Stufe und bald darauf war er auf dem Dachboden verschwunden. Eine gefühlte Ewigkeit herrschte Stille, dann sprach jemand, eine gedämpfte Stimme. Ich blickte verzweifelt zu Hank, tappte mit dem Fuß auf dem Holzboden und mein Blick wanderte immer wieder hoch zu der Lupe.
,,Connor, was zum Teufel ist denn da oben los?" Ich kaute verzweifelt auf dem Kaugummi herum. Meine Nerven lagen blank, wartete gespannt auf eine Antwort.
,,Er ist hier, Lieutenant." Mir fiel ein Stein vom Herzen, Alles Gut.
Hank trat einen Schritt zurück. ,,Ach du Scheiße." Hank blickte mich an, drehte sich dann zum Wohnzimmer. ,,Chris, Ben, schwingt eure Ärsche hierher! Sofort"
Die frische Luft war nach dem Gestank in dem Haus sehr wohltuend und der Regen sehr willkommen. Connor ging neben mir, der Abweichler wurde abgeführt und in den Streifenwagen gesteckt.
Er wirkte so verloren, bespritzt mit Blut, beschädigt.
Nur eine Maschine, er hat einen Menschen umgebracht. Ich durfte kein Mitleid zeigen. Für Mitleid hatte ich den falschen Beruf gewählt.
,,Hey, Hank! Kann ich mitfahren?" Der Lieutenant nickte mir zu und hob seinen Daumen. Ok, brauchte ich mich um kein Taxi zu kümmern. Hätte ich doch ein eigenes Auto.
,,Du bist also ein Prototyp, Connor?"
Ich blickte den Androiden interessiert von der Seite an.
,,Korrekt. Das erste existierende Modell eines RK800." Er blickte weiterhin gerade aus, als ich mir die nassen Haare aus dem Gesicht wischte.
Ich lächelte ihn warmherzig an.
Ein kleines Lächeln schlich sich auch auf seine Lippen.
,,Wie Sie schon gesagt haben, Constable, auch ich freue mich auf die Partnerschaft und Zusammenarbeit."
Ich packte den Türgriff des Beifahrersitzes von Hanks altem Auto, ein breites Grinsen im Gesicht.
Connor stieg hinten ein.
,,Und, Connor?"
,,Kein Grund so formell zu sein, nenn mich doch bitte Vi. Jetzt, so zwischen Partnern."
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