Chapter Twenty Two
Mother, I know
That you're tired of being alone
Dad, I know you're trying
to fight when you feel like flying
"Also du kommst aus Frankreich?" Ich schnitt mir das Schweinefleisch zurecht, während meine Mutter sich mit Kyle unterhielt. "Ja", nickte er. "Aus Rouen. Liegt in der Nähe von Paris."
"Also warst du schon einmal in Paris?", hakte sie weiter und ich musste dem Drang widerstehen, die Augen zu verdrehen. Sie war da mal in ihrer Jugend gewesen und schwärmte seitdem ständig davon. Oder hatte es zumindest getan, als wir noch in Mexiko gelebt hatten. Seit der Sache mit meinem Vater hatte sie sich verschlossen und selten über die Vergangenheit geredet. Sie meinte immer, dass das leben in der Vergangenheit nur reine Zeitverschwendung wäre und man in der Gegenwart leben sollte, egal wie gut oder schlecht sie war. Auch wenn sie selbst anscheinend nie aus der Trauerphase herausgekommen war. Kyles Erfahrungen in Paris weckten ihr altes Interesse wieder.
Ich saß nur stumm da, während die beiden sich über die herrliche Aussicht vom Eiffelturm unterhielten und aß mein Essen. Dann wechselte das Thema. "Und wieso bist du aus so einer wunderbaren Gegend hierher gekommen?" Ich horchte auf. Das interessierte mich schon mehr. Kyle, der mir gegenüber saß, zuckte die Schultern. "Ich wollte mal etwas anderes sehen. Frankreich wird irgendwann langweilig und ich bin jetzt mit der Schule fertig, also wieso nicht? Sie sind ja auch von Mexiko hier hergezogen."
"Ja. Mein Schwiegervater hat hier in Oklahoma zwei Grundstücke erworben gehabt und sie für die Landwirtschaft genutzt, das ist ewig lange her. Als er starb hat mein Schwager die Farm bekommen und mein Mann dieses Haus."
"Und wo ist ihr Mann jetzt? Thanksgiving verbringt man doch mit der Familie." Dünnes Eis. Ganz dünnes Eis. Genau das passierte, wenn man einfach so fremde Leute zu Thanksgiving einlud. Ich warf einen Blick zu meiner Mutter neben mir. Sie hielt ihren Blick aufs Essen gerichtet und war wie erstarrt, während Kyle noch immer auf seine Antwort wartete. Nach ein paar Momenten, in denen klar wurde, dass sie nicht antworten würde, ergriff ich das Wort. "Er hat sich von meiner Mutter getrennt vor ein paar Jahren und ist wieder zurück nach Mexiko gegangen. Wir durften das Haus behalten." Das war zwar eine Lüge, aber ich bezweifelte, dass meine Mutter ihm die Wahrheit erzählen wollte. Und ich wollte es auch nicht unbedingt.
Sie entspannte sich wieder. "Ja, es hat ihm hier doch nicht so gefallen. Dann gerieten wir in Streit, weil ich es schon ganz nett hier finde und irgendwann wollten wir beide nicht mehr." Sie setzte ein gespieltes Lächeln auf, sah ihn jedoch immer noch nicht direkt an. Mein Gegenüber nickte. "Das tut mir Leid."
"Muss es nicht." Ich warf ihm einen Blick zu und zog meine Augenbraue hoch. Es tat ihm Leid? Seit wann konnte er denn höflich sein? Er erwiderte meine stumme Frage nur mit einem arroganten Zwinkern und wandte sich dann wieder meiner Mutter zu. "Wissen sie, mein Vater war einmal in Mexiko. Er hat von dem Essen dort geschwärmt und von den schönen Stränden." Das lockerte die Spannung ein bisschen und meine Mutter war wieder wie vorher, als sie ihm die Schönheit der Strände bestätigte.
"Also du hast Verwandte hier? Mrs und Mr Moreau und Aiden?" Das Thema schlug nach ein paar weiteren Minuten wieder um. Kyle antwortete mit einem erneuten Nicken. "Ja, mein Großvater hatte, als er noch lebte, insgesamt zwei Häuser: eins hier und eins in Frankreich. Das eine überließ er meinem Onkel, das andere meinem Vater."
"Und kam es da nicht zu Streit zwischen deinem Vater und deinem Onkel? Wer welches Haus bekommt?" Jetzt würde er auf den Streit ums Erbe kommen, von dem mir Aiden schon erzählt hatte. "Natürlich kam es das. Deswegen haben mein Vater und mein Onkel ja auch keinen Kontakt mehr miteinander."
"Aber du verstehst dich mit ihm? Du lebst ja momentan in seinem Haus", hakte sie nach. "Ja, Kyle", mischte auch ich mich mit ein, "kommst du denn so mit Aiden und seinen Eltern klar?" Das hatte ich mir nicht unterdrücken können. Aber er ließ sich nicht großartig davon beeinflussen und schenkte mir ein schiefes Lächeln. "Das ist Ansichtssache würde ich sagen. Er und ich sehen ein paar Dinge anders."
"Hauptsache ist doch, dass ihr beide miteinander reden könnt, ohne euch gleich an die Gurgel zu gehen. Das Erbe ist nicht alles und ein Streit darum sollte sich erst Recht nicht auf mehrere Generationen austragen. Das hat dein Großvater sicher nicht beabsichtigt." Wenn sie wüsste. "Wie geht es eigentlich Aiden? Jewel hat ihn lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal warst du doch kurz nach Halloween bei ihm, oder?" Sie sah mich fragend an und mir wurde schlagartig bewusst, dass ich ihr noch gar nicht von meiner Trennung mit ihm erzählt hatte. Außerdem hatte ich es auch nicht für nötig gehalten, da ich davon ausgegangen war, dass sie es früher oder später eh aus zweiter Quelle herausfinden würde. Da hatte ich mich wohl getäuscht.
Jetzt lagen die Blicke beider meiner Gesprächspartner auf mir. "Ich...", stammelte ich, überrumpelt von der Neuigkeit, dass sie es noch nicht wusste. In den letzten Tagen hatte sich bei mir fast alles nur um die Trennung gedreht, sodass es mir beinahe unmöglich erschien, dass es anderen nicht so ging. "Wir haben uns getrennt. Vor ungefähr zwei Wochen." Jetzt war es raus. "Also frag Kyle wenn du etwas über Aiden wissen willst", fügte ich hinzu, als sie nicht antwortete und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Teller vor mir. "Ihr habt was? Jewel", sagte sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen in ihrer Stimme. "Wieso erzählst du mir denn nichts?" Ich zuckte die Schultern. "Hielt es nicht für so wichtig."
"Aber ihr wart jahrelang zusammen! Jahre! Da kann man doch nicht so einfach Schluss machen und es für nicht so wichtig halten."
"Anscheinend ja doch."
"Wieso habt ihr euch denn getrennt? Dafür muss es doch einen triftigen Grund geben." Ich konnte ihr Entsetzen ja irgendwie verstehen. Wir waren immer das Paar gewesen, dass nie Probleme gehabt hatte und schon seit Jahren zusammen gewesen war. Ich hatte ja auch Schwierigkeiten, es zu akzeptieren. "Ich will nicht darüber reden, Mum." Erst Recht nicht, wenn Kyle mich die ganze Zeit mit schief gelegtem Kopf ansah. Außerhalb war er cool wie immer, aber ich wusste, dass er innerlich nur darauf brannte, den Grund zu erfahren. Und diese Genugtuung wollte ich ihm nicht geben.
"Aber Jewel..."
"Mama, bitte. Es ist eben einfach so, Menschen trennen sich. Du und Papa habt das ja auch getan und ihr wart länger zusammen." Mein letzter Satz basierte zwar auf einer Lüge, aber sie verstand genau, was ich damit meinte. Menschen blieben nicht für alle Ewigkeit zusammen, egal, wie perfekt und glücklich sie miteinander schienen oder ob sie sich freiwillig oder unfreiwillig trennten. Ob sie einen Unfall hatten oder sich das Leben nahmen. Für einen Moment glaubte ich, so etwas wie Schmerz in ihren Augen zu sehen, der jedoch innerhalb von einer Sekunde wieder verdrängt wurde. "Okay, schön", erwiderte sie schließlich schulterzuckend. "Dann reden wie eben nicht darüber." Ich war erstaunt, dass sie so einfach aufgab, aber es war mir Recht. Aiden und ich war so ziemlich das letzte, was ich jetzt in dieser Situation besprechen wollte.
*
Der Rest des Abends verlief ruhig. Wir kamen auf keine empfindlichen Gesprächsthemen wie meinen Vater oder Aiden mehr und Kyle hielt sich in Gegenwart meiner Mutter zurück. Es war sogar ziemlich entspannt.
"Wow, ich wusste gar nicht, dass du nicht immer so nervig bist." Ich trocknete meinen Teller mit einem blassblauen Handtuch ab, das sich weich auf meiner Haut anfühlte, die noch nass vom Spülwasser war. "Nicht immer, aber meistens", antwortete er. Kyle war nach dem Essen noch geblieben, um sein Geschirr abzuwaschen, auch wenn meine Mutter ihm mehrmals mitgeteilt hatte, dass er als Gast nicht dazu verpflichtet war. So wie ich ihn eingeschätzt hätte, hätte er sich direkt nach dem Essen aus dem Staub gemacht, aber anscheinend hatte ich mich geirrt. Und mit meiner Mutter im selben Raum war er bis auf das schiefe Lächeln und den herausfordernden Blick, den er mir so oft geschenkt hatte, eine sogar ganz angenehme Gesellschaft.
"Also erzählst du mir jetzt den Grund für eure Trennung?" Er kannte immer einen Weg, um den Moment zu zerstören. Ich schüttelte ein wenig genervt den Kopf und seufzte. "Nein, immer noch nicht. Ich dachte, dass Thema hätten wir schon geklärt." Er zog die Schultern für eine Sekunde hoch und ließ sie dann wieder sinken. "Hätte ja sein können, dass du es mir doch erzählst."
"Und wieso sollte ich das tun?"
"Hm... vielleicht als Belohnung dafür, dass ich heute deiner Mutter nichts ausgeplaudert habe?" Ich unterbrach das Abtrocknen meines Tellers, um mich ihm zuzuwenden. "Wie bitte?" Mein Magen zog sich ein wenig zusammen und das direkt nach dem Essen war ein noch unangenehmeres Gefühl als es eh schon war. Was wusste er? "Naja, du weißt schon... dass Aiden dir nicht mehr vertraut hat und sich deswegen von dir getrennt hat. Wie würde sie das wohl finden?"
"Entschuldige mal", stieß ich empört und gleichzeitig auch überrascht aus und klang wie meine Mutter vorhin. "Wovon redest du?" Er neigte den Kopf ein wenig. "Oh, das weißt du genau. Ich bin ja schließlich nicht blind. Oder taub." Ich stemmte die Hände in die Hüften. "Ich dachte, du wüsstest den Grund nicht. Von wem weißt du das?"
"Von dir. Du hast es mir gerade bestätigt."
"Also-"
"-wusste ich es eigentlich gar nicht?", beendete er meinen Satz und beantwortete ihn auch direkt. "Ja. Aber wir leben im selben Haus und diese Stadt ist nun mal ziemlich klein. Früher oder später kriegt man da so einige Dinge mit. Also habe ich mir so ein paar Vermutungen zurechtgelegt, die auf eure Situation zutreffen könnten und gar nicht mal so unwahrscheinlich sind, bezieht man die neuesten Ereignisse mit ein. Ich wollte es nur noch einmal bestätigt haben."
"Du hast mich ausgetrickst", war das einzige, was ich dazu sagen konnte. Dieser Mistkerl. In einer Sekunde war er höflich und in der nächsten war er auch schon wieder das komplette Gegenteil. Ich musste definitiv hier weg und das so bald wie möglich. "Ja und das einfacher als erwartet." Er legte seinen Teller auf die Theke. "Ich bin mit meinem Geschirr fertig. Ich glaube, ich verabschiede mich dann mal von deiner Mutter." Und mit einem selbstgefälligem Lächeln ließ er mich allein in der Küche zurück.
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