Chapter Thirty Eight
How can I say this without breaking?
How can I say this without taking over?
How can I put it down into words
When it's almost too much for my soul alone?
"Jewel! Jewel!" Schreie, die von irgendwoher kamen. "Jewel!" Ich konnte nur da stehen und den Mann anstarren. Seine leeren Augen, das Blut auf seiner Kleidung. Rubens Gesicht. Der in Horror geöffnete Mund. Meine Hände berührten die kalte Wand und ich rutschte an ihr hinab, meine Augen noch immer auf die Leiche vor mir gerichtet. "Jewel! Ich-" Kyle bog um eine Ecke, von der ich gar nicht wahrgenommen hatte, dass sie überhaupt da war, und blieb abrupt stehen, als er die Szene sah. Ein toter Mann mit einem Messer in der Brust und ich, wie ich erschrocken in der Ecke kauerte. "Was ist passiert?" Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern kam direkt auf mich zugerannt. "Jewel, hör mir zu!"
Er packte mich an den Schultern und zwang mich dazu, ihn anzusehen. "Hör zu, was auch immer hier passiert ist, wir müssen hier weg! Und zwar sofort!" Er zog mich hoch, ehe er mich losließ und zu dem leblosen Körper lief, während ich nur nutzlos herumstehen konnte. Kyle beugte sich über ihn, musterte ihn ein paar Sekunden lang und umfasste dann das Messer zu meinem Erschrecken, um es mit einem Ruck aus dem Fleisch herauszuziehen. "Was... was machst du da?" Ich hatte endlich meine Stimme wieder gefunden, auch wenn sie leise war und zitterte. Blut tropfte von der Klinge. "Wir können keine Spuren zurücklassen. Komm schon." Sein Ton war befehlend und kalt, rational.
Ich wunderte mich, wie er so herzlos sein konnte, wie ihn das alles kalt lassen konnte. Aber ich hatte keine Zeit dazu, ihn dafür zu verurteilen, denn er packte mich am Arm und zerrte mich den dunklen Gang entlang. Sein Griff war schmerzhaft fest und meine Beine waren zu schwach, um mit ihm mithalten zu können, doch ich zwang mich, oben zu bleiben und nicht hinzufallen. Nach ein paar Sekunden, die wir in der Dunkelheit umher gewandert waren, kamen wir an einer Tür an. Nach einem gescheiterten Versuch, sie zu öffnen, ließ Kyle mich los und sagte mir, dass ich zurücktreten solle. Dann trat er die Tür ein, was ein ohrenbetäubend lautes Geräusch verursachte oder zumindest erschien es in der Stille hier unten unendlich laut.
Die Luft draußen war heiß und es war windstill. Die Sonne ging am Horizont auf, doch meine Aufmerksamkeit wurde eher auf das Auto ein paar Meter von uns entfernt gerichtet. Kyles Auto. "Rein da, komm schon!", wies Kyle mich an und wir beide kletterten hastig in den Wagen. Ohne sich anzuschnallen oder darauf zu achten, dass ich den Sicherheitsgurt angelegt hatte, startete er das Auto und fuhr los. Auf seinem Navi konnte ich erkennen, dass wir mitten im Nirgendwo waren, doch die Hauptsache war, dass wir erstmal wegkamen von diesem Ort.
"Ich... das Auto.... der Reifen ist doch ka-kaputt...", stotterte ich verwirrt und sah ihn mit geweiteten Augen an. "Anscheinend haben sie ihn repariert, um das Auto hierherfahren zu können. Ein Auto ohne auffindbaren Besitzer einfach am Rande der Straße stehen zu lassen ist zu verdächtig." Er zuckte die Schultern und sah selber verwirrt aus, jedoch schien er die Situation irgendwie unter Kontrolle zu haben. "Und wo sind wir?"
"Das Navi sagt eine gute Stunde von Catemaco entfernt irgendwo weiter im Westen. Ich würde sagen, dass wir so schnell wie möglich nach Oklahoma kommen. Hey, ist mit dir alles okay?" Er musterte mich und in seinen Augen zeigte sich ein Funken Besorgnis. "Ich..." Ich sah an mir hinab. Mein T-Shirt war von Blut durchtränkt und meine Jeans sah auch nicht besser aus. Ich drehte meine Hände, sodass meine Handinnenflächen zu mir zeigten. Voller getrocknetem Blut. Bei dem Anblick wurde mir übel und ich musste mich zusammenreißen, um mich nicht auf der Stelle zu übergeben. Mein Magen schien sich umzudrehen.
"Was ist passiert? Ist es das, was ich denke?" In seinem Blick lag eine Mischung aus Rationalität und Empathie. Ich musste nicht lange darüber nachdenken, was er meinte. Was passiert war, war ziemlich offensichtlich. Also schluckte ich schwer und nickte zögerlich. Tränen brannten mir erneut in den Augen und sorgten dafür, dass meine Sicht verschwamm. "Er wollte mir die Finger abschneiden." Meine Stimme war kaum hörbar. "Und dann war er auf mir und dann war das Messer in seiner Brust..."
Mein Atem beschleunigte sich wieder und ich hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden. "Oh mein Gott." Bilder von dem Ereignis spielten sich vor mir ab. Der Mann. Tot. Blut. Messer. Oh mein Gott. Ich hatte jemanden getötet. "Ich... ich bin eine Mörderin. Kyle, ich habe jemanden umgebracht!" Ich war kurz vorm Hyperventilieren und Tränen liefen mir das Gesicht hinunter. Ich musste furchtbar aussehen, aber das war mir egal. Ich war eine verdammte Mörderin.
"Jewel", hörte ich seine ruhige Stimme durch meine Schluchzer. "Du musst jetzt ruhig bleiben. Ich weiß es ist hart, du fühlst dich furchtbar, aber du musst dich jetzt zusammenreißen. Du hast später Zeit dafür. Du hast keine Schuld an der Sache. Hey, hörst du mich?" Er berührte meine Wange mit seiner Hand, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. "Es war nicht deine Schuld. Er war der Mörder. Er wollte dich töten. Du hast dich nur verteidigt und daran ist nichts falsch. Okay?"
Nein, es war nicht okay. Ich hatte ihm das Leben genommen, ganz egal, was er getan hatte. Ich hätte einen anderen Weg finden müssen, hätte schneller sein müssen, hätte ihm das Messer ins Bein oder so stechen müssen und nicht in die Brust... vielleicht hatte er mich ja auch gar nicht umbringen wollen? Vielleicht hatte er nur versucht, mich an der Flucht zu hindern... dann hatte ich ihn umgebracht, obwohl er mich eigentlich am Leben lassen wollte. Er wollte ja schließlich sein Geld haben. Oh Gott...
"Wir müssen die Polizei rufen", hörte ich mich selber sagen. "Das war eine Straftat, wir wurden entführt und ich habe einen Mord begangen... das- das ist illegal... Kyle, wir müssen die Polizei rufen!"
"Nein, müssen wir nicht. Hör zu, ich hab die Tatwaffe mitgenommen und das Auto ja offensichtlich auch, wir haben keine Spuren an dem Ort hinterlassen. Außerdem liegt der Ort mitten im Nirgendwo, es wird wahrscheinlich Tage dauern, bis er gefunden wird. Alles, was wir tun müssen, ist so schnell wie möglich wieder nach Oklahoma zu kommen und so zu tun, als wäre nichts gewesen." Es war mir ein Rätsel, wie er so ruhig bleiben konnte. Aber er hatte ja auch niemanden getötet.
"Aber wir wurden entführt! Und laut dir war es ja Selbstverteidigung, also was hätten wir zu-" Ich unterbrach mich selbst. Er hatte Recht. Der einzige Grund, wieso das alles passiert war, war die Bombe. Wenn wir also die Polizei rufen würden, dann würden sie vielleicht auch hinter die Bomben-Geschichte kommen und ich konnte denen ja schlecht erklären, dass das der Alux gewesen war und nicht ich. Der Mann war zwar... tot und wir könnten theoretisch einfach so tun, als hätte er uns auch irgendeinem anderen Grund gekidnappt, aber was, wenn sie doch irgendwie dahinter kommen würden... das war zu riskant. Kyle hatte Recht, die Polizei durfte nichts davon erfahren.
"Nein, du... du hast Recht", sagte ich schließlich, noch immer zitternd. "Wir können der Polizei nichts sagen. Wo ist eigentlich der andere Mann? Hast du ihn gesehen?" Er schüttelte den Kopf. "Nope. Ich war in einem Raum eingesperrt und als ich endlich die Tür aufbrechen konnte, habe ich deine Schreie gehört. In dem Korridor, wo ich war, war niemand." Ich spürte, wie Panik und Verfolgungsangst in mir aufstiegen. "Was, wenn er nur gerade weg war aus irgendeinem Grund und jetzt wiederkommt? Oder bald wieder kommt oder wann auch immer und dann die Leiche findet und sieht, dass das Auto weg ist? Der wird doch wissen, dass wir das waren und dann wird er uns finden wollen..."
"Er wird uns nicht finden", schnitt Kyle mir das Wort ab, die Hände fest ums Lenkrad geklammert. "Wahrscheinlich wird er nicht mal zu dem Ort zurückkehren, weil..." Er schüttelte den Kopf und mein Instinkt sagte mir, dass er sich der Sache auch nicht allzu sicher war. "Die Leiche wird ihn bestimmt abschrecken. Er wird nicht mal versuchen, uns zu finden Also weißt du, wieso wir entführt wurden? Das ganze muss ja einen Grund haben", wollte er wissen und ich schluckte.
"Ich... ja, tue ich. Ich erkläre es dir später, okay?" Ich betete, dass er sich damit erstmal zufrieden geben würde. Er wusste nicht, dass ich der Verursacher der Explosion gewesen war. Ich wollte nicht wissen, wie er mich ansehen würde, nachdem er das wusste. Ich hatte ja schon Angst, wie seine Meinung über mich sein würde, wenn sich die ganze Situation beruhigt hatte und ihm klar wurde, was ich heute getan hatte. Zu meiner Erleichterung nickte er.
*
Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir den ganzen Tag lang durchgefahren und hätten keine Pause gemacht. Kyle sah das anders. Als es dunkel wurde, besorgte er uns ein Zimmer in einem kleinen Motel nicht weit von der Grenze entfernt. Er meinte, dass ich mit den blutigen Klamotten auf keinen Fall durch die Grenze gelassen werden würde und selbst wenn ich mich im Auto umziehen würde, könnte ich das Blut auf meiner Haut wohl schlecht verstecken, da es zu auffällig wäre mit Schal und Mütze bei diesen Temperaturen herumzurennen. Ich war immer noch nicht vollständig überzeugt, hatten wir doch schon genug Zeit verloren. Aber umstimmen konnte ich ihn auch nicht und so fand ich mich am Ende des Tages in einer Dusche wieder.
Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, da ich schon eine gefühlte Ewigkeit unter dem warmen Wasser stand, aber es war mir egal. Flashbacks von vor ein paar Monaten spielten sich vor meinem inneren Auge ab. Wie ich in der Dusche stand und Rubens Blut abwusch und mich trotz des Wassers nicht sauber fühlte. Jetzt passierte das gleiche, nur dass es das Blut von jemandem war, der wegen mir nicht mehr am Leben war.
Es war Selbstverteidigung. Ich hatte nichts falsch gemacht. Er hätte mich getötet oder mich schwer verletzt, hätte ich mich nicht gewehrt. Es war seine eigene Schuld, dass er jetzt nicht mehr unter den Lebenden weilte.
Diese Sätze hatte ich schon so oft gesagt und würde ich auch immer wieder sagen. Wie ein Mantra wiederholte ich sie immer wieder, leise flüsternd, kaum hörbar unter dem Rauschen des Wassers. Aber glauben tat ich sie nicht. Sie hörten sich nicht richtig an, so wie Ausreden. Der rationale Teil in mir sagte, dass ich mich zusammenreißen müsste. Dass ich die Vergangenheit nicht mehr ändern konnte und dass das alles nichts wert gewesen wäre, würde der Alux am Ende doch gewinnen. Der emotionale Teil - und damit auch der viel größere - sagte mir jedoch, dass ich unmöglich mein Leben so weiter leben könnte, wie bisher. Ich hatte jemanden umgebracht. Ich gehörte ins Gefängnis und nach dem Tod würde ich sicherlich in der Hölle landen.
Ich war nie wirklich gläubig gewesen, aber es war schön, sich an irgendetwas festhalten zu können. Zum Beispiel der Glaube an ein Leben nach dem Tod und an Karma. Tja, beides hatte ich jetzt verbockt.
Ich erinnerte mich daran, wie ich mich nach Rubens Tod gefühlt hatte. Angeekelt, verstört, schuldig, weil ich nichts hatte tun können. Jetzt fühlte ich mich genauso, nur noch viel schlimmer. Schuld war ein starkes Gefühl und bei weitem mit das schlimmste. Ich konnte spüren, wie es mich innerlich zerfraß und eine Mischung aus Leere und Verzweiflung in mir zurückließ. Ich hatte jemanden umgebracht. Egal, wer er gewesen war, er hatte doch sicherlich Freunde, Familie... und diesen Leuten hatte ich jetzt einen guten Freund, Bruder, Sohn, Vater, was weiß ich genommen. Leute, die vielleicht anständig und nicht kriminell waren, hatten jetzt ein Loch in ihrem Leben und das wegen mir. Weil ich zu dumm gewesen war, das Messer irgendwo anders hinzustechen. Das alles war meine Schuld und ich wusste nicht, wie ich den Rest meines Lebens damit verbringen sollte.
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