Chapter Seven
I'm peeling the skin off my face
Cause I really hate being safe
The normals, they make me afraid
The crazies, they make me feel sane
"Ich will euch ja nicht unterbrechen bei eurer... sportlichen Aktivität, aber es gibt Essen."
Aiden ließ mich runter und sah gemeinsam mit mir erschrocken zur Tür, wo Kyle stand, einen Arm in die Hüfte gestemmt, den anderen an den Türrahmen gelehnt, und uns mit einem belustigtem Gesichtsausdruck beobachtete. Ich konnte spüren, wie die Hitze mir in die Wangen stieg und sah beschämt weg. Aber Aiden sah eher genervt als beschämt aus.
"Kannst du nicht jemand anderen nerven, du Stalker? Such dir ein eigenes Leben." Er ging an ihm vorbei durch die Tür ins Innere des Hauses. Gott, wie peinlich. Ich war nur froh, dass wir noch nicht weiter gegangen waren. Und dass seine Eltern nichts mitgekriegt hatten.
Ich fuhr mir einmal durch die Haare und wollte meinem Freund folgen, als Kyle sich mir in den Weg stellte. Ich ging einen Schritt zurück und sah in mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Ich dachte, du wolltest nichts mit mir zu tun haben", fragte er und legte den Kopf schief. "Wollte ich auch nicht. Mein Freund wohnt nur rein zufällig in genau dem Haus, in dem du auch lebst und solange ich nicht vorhabe, nicht mehr hierhin zu kommen - was ich nicht habe - werden wir uns wohl weiter sehen", erklärte ich und hoffte, dass die Röte in meinen Wangen inzwischen verschwunden war. "Das bedeutet nicht, dass ich irgendetwas mit dir zu tun haben will."
"Wieso bist du eigentlich so abweisend zu mir? Habe ich dir irgendetwas getan, von dem ich nichts weiß?"
"Mal überlegen, du hast mich beim Rummachen mit meinem Freund gestalkt."
"So würde ich es nicht bezeichnen. Ich habe euch zufällig dabei erwischt, Stalking ist etwas anderes", widersprach er. Ich verdrehte die Augen und versuchte, an ihm vorbeizukommen, aber er bewegte sich kein Stück. "Kyle, ernsthaft. Lass mich durch."
"Jewel, ernsthaft, gib mir eine Chance."
"Und wieso sollte ich das tun? Wieso willst du das denn so unbedingt?" Er zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Nenn es Neugier. Nenn es Langeweile. Nenn es wie du willst." Ich schüttelte entnervt den Kopf. Er ging mir wirklich auf die Nerven. "Das sind keine guten Gründe." Ich versuchte wieder, an ihm vorbeizukommen, doch er ließ mich wieder nicht durch. Nur diesmal stand ich näher bei ihm, sodass ich seinen Atem spüren konnte. "Ach nein? Ist das dann vielleicht einer?"
Er lehnte sich ein wenig weiter vor und ich konnte sehen, wie sein Blick auf meine Lippen fiel, die nur noch ein paar Zentimeter von seinen entfernt waren. Sein heißer Atem berührte meine Wange, mein Herzschlag beschleunigte sich. Für einen Moment betrachtete ich seine Lippen, die immer näher kamen, sich fast auf meine legten...
Bis ich ihm eine Backpfeife gab.
Das Geräusch von meiner Hand auf seiner Wange war ein kurzes, zischendes, das sich mit einem überraschtem und schmerzhaften Laut von Kyle vermischte. Er hielt sich die Wange und taumelte einen Schritt zurück, während in mir eine Mischung aus Empörung und Genugtuung aufstieg. Ich hatte ihn sichtlich überrascht - ein gutes Gefühl.
"Nein, das ist auch keiner." Ich ging an ihm vorbei ins dunkle Zimmer, da die Vorhäng zugezogen waren zum Schutz vor der Sonne. Was dachte er eigentlich, wer er war? Er hatte versucht, mich zu küssen, während mein Freund noch in der Nähe gewesen war! Was für ein Arschloch war er denn bitte? Ich schüttelte genervt den Kopf, ehe ich das Esszimmer betrat, wo Aiden und seine Eltern schon warteten.
Der Tisch war schon gedeckt und ich ließ mich schnell neben Aiden sinken, gegenüber von seinen Eltern. Hoffentlich sah ich einigermaßen okay aus und nicht so, als wäre ich gerade beim Fast-Sex erwischt worden.
"Mr und Mrs Moreau", grüßte ich sie und nickte ihnen freundlich lächelnd zu, während ich mir Nudeln auftat und ich mir alle Mühe gab, mir nichts anmerken zu lassen. "Alles okay?", fragte Aiden leise und warf mir einen Blick zu. "Hat Kyle dich genervt?" Ich schüttelte den Kopf. "Es geht schon." Und in genau dem Moment konnte ich Schritte hinter mir hören und wusste, dass besagte Person den Raum betreten hatte. Wen man vom Teufel spricht...
Er setzte sich neben seine Tante, die sich für einen Moment ein wenig anspannte, als sie die Spagetti auf ihrer Gabel aufdrehte. Ich konnte seinen Blick auf mir spüren, ignorierte ihn aber und sah kein einziges Mal zu ihm auf.
Irgendwann, nachdem die anfängliche Stille verflogen war, verfielen Aidens Eltern mit ihm in ein Geplauder über Politik, bei dem ich nicht mitreden konnte. Mein Sitznachbar interessierte sich sehr für das Thema, doch immer, wenn er mit mir darüber reden wollte, stieß er auf eine Wand. Es interessierte mich einfach nicht und das würde es auch nie. Einer der Gründe, wieso seine Eltern mich nicht wirklich leiden konnten. Oder eher seine Mutter.
Während Mr Moreau es einem nicht allzu übel nahm, wenn man keine Ahnung von Politik hatte, war es bei Mrs Moreau ein absolutes No-Go. Die Blondine schaffte es immer, das Gespräch darauf zu bringen und wenn man mit ihr nicht darüber diskutieren konnte, war es beendet. Als wir uns vor ein paar Jahren kennengelernt hatten, hatte sie anfangs immer Versuche gemacht, mich in ein Gespräch mit ihr darüber zu verwickeln. Aber als sie bald gemerkt hatte, dass ich rein gar nichts davon verstand, fing sie an, mich zu ignorieren.
Das störte mich nicht wirklich, es ging mir um Aiden und nicht darum, ob seine Eltern mich mochten oder nicht. Seine Mutter war einfach zu engstirnig.
Kyle schien anscheinend ebenso wenig Ahnung zu haben wie ich, denn er mischte nicht mit, sondern aß nur still sein Essen.
Mein Blick wanderte zwischen Aiden und seiner Mutter hin und her, dann zu seinem Vater, der mit seinen Nudeln beschäftigt war und anschließend zu Kyle, der gelangweilt aus dem Fenster starrte. Wieso war er überhaupt hier, wenn ihn das alles eh nicht interessierte? Doch zu meiner Zufriedenheit konnte ich erkennen, dass seine Wange noch immer ein wenig rot von meinem Schlag war.
Nachdem ich mein Essen aufgegessen hatte, stütze ich den Kopf auf meine Hand und starrte auf die Tischplatte vor mir, da ich nichts anderes zu tun hatte. Und auf einmal fingen die schwarzen Linien der Marmorplatte an, sich zu bewegen und hin-und herzuschlängeln. Wie Schlangen. Sie krochen über den gesamten Tisch, unter den Tellern der anderen hindurch und zischten laut.
Ich hob den Arm vom Tisch und ließ ihn in meinen Schoß sinken, um weg von den schwarzen Schlangen zu kommen, die sich mir jetzt näherten. Das Zischen wurde immer lauter und nahm den ganzen Raum ein. Mein Trommelfell würde jeden Moment zerplatzen, würde es so weiter gehen. Meine Hände wurden schwitzig und ich schaute panisch zu den anderen. Aber sie verschwammen vor meinen Augen, so als hätte ich eine Brille auf, die nicht meiner Sehstärke entsprach. Das Atmen fiel mir schwer, als ich es endlich schaffte, meinen Körper zu bewegen und mit meinem Stuhl ein Stück von der gefährlichen Tischplatte wegzurutschen, gerade als eines der Biester nach mir schnappen wollte. Seine stechenden, gelben Augen bohrten sich in meine und die gespaltene Zunge fuhr aus seinem Maul, das nun auch die spitzen Giftzähne entblößte, bereit, mir einen tödlichen Biss zu verabreichen...
"Jewel?"
Plötzlich war die Welt wieder klar um mich herum. Aiden, Kyle und Mr und Mrs Moreau sahen mich verwirrt, besorgt und - in Kyles Fall - belustigt an. Meine vor Angst geweiteten Augen suchten die Schlangen auf der Tischplatte. Aber es waren keine da. Die schwarzen Linien waren nur bewegungslose Striche. Kein Zischen, keine Bewegung, nichts. Nur ein ganz normaler Tisch.
"Alles okay mit dir?", fragte Aiden und legte beruhigend eine Hand auf meinen Arm, wobei er sich in seinem Stuhl ein wenig zur Seite lehnen musste, weil ich so weit von ihm weggerutscht war. Mit einem schweren Schlucken ignorierte ich den Drang, unter seiner Hand wegzuzucken und zwang mich zu einem Nicken. "Ja." Ich fälschte ein Lächeln. "Alles gut. Ich hab nur nicht viel geschlafen und bin müde und- ich gehe einfach mal meinen Teller abwaschen, wenn ihr nichts dagegen habt."
Ich stand auf, schnappte mir meinen leeren Teller und ging, so schnell wie möglich, in die Küche, wobei ich mich bemühte, dass es nicht allzu gezwungen aussah, denn mein Körper fühlte sich steif und paralysiert an. In der Küche angekommen, lehnte ich mich gegen die Wand und schloss für einen Moment die Augen. Giftschlangen schlängelten sich ihren Weg an meinen Augenlidern vorbei. Doch keine so gute Idee.
Ich ließ das Wasser über das Geschirrstück laufen und wusch gleichzeitig mit einem Lappen darüber. Das kühle Wasser beruhigte meinen schweren Atem, der sich langsam wieder normalisierte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was zur Hölle das gewesen war.
Wurde ich jetzt wahnsinnig? Erst die komische Zeichnung gestern in der Schule und heute diese Halluzinationen... nein. Ich wurde nicht verrückt. Es war nur Schlafmangel. Mehr nicht. Seitdem ich den toten Ruben gefunden hatte, hatte ich nur ein paar Stunden am Stück schlafen können und diese paar Stunden wurden von wirren Albträumen und Bildern von seiner Leiche geplagt. Und ich hatte gehört, dass bei Schlafmangel Halluzinationen auftreten konnten und Menschen sich generell seltsam benahmen.
Schlafmangel. Das war es. Das musste es sein.
"Dafür, dass du so tust, als ob du nichts mit mir zu tun haben willst, denkst du wirklich häufig an mich", riss mich eine Stimme aus meinen beunruhigenden Gedanken. Ich drehte den Kopf und sah Kyle mit seinem leeren Teller auf mich zu kommen, bis er dicht neben mir stand. Ich schüttelte empört den Kopf. "Wer sagt, dass ich über dich nachgedacht habe?"
"Nun, der wirre Blick und dein schwerer Atem sagt schon viel aus, weißt du..." Seine Lippen hatten sich meinem Ohr genährt und ich tat eilig einen Schritt zur Seite, um Abstand zwischen uns zu bringen. Ich griff nach einem Handtuch und trocknete den Teller ab, während er seinen abspülte. "Du bist wirklich eingebildet, weißt du..." Ich ließ den Satz ebenso in der Luft hängen, wie er es getan hatte. "Ich habe nicht über dich nachgedacht und das werde ich auch nie. Begreife das endlich mal und sei nicht so unerträglich arrogant."
"Der Schlag hat weh getan", sagte er, nachdem ich meinen Teller in den Schrank gestellt hatte und halb zur Tür raus war. Ich drehte mich zu ihm um. "Gut", war meine Antwort. "Das hast du auch verdient."
"Und frech ist sie auch noch."
Ich ignorierte ihn und ging wieder ins Esszimmer, blieb jedoch im Türrahmen stehen. Ich verabschiedete mich von meinem Freund und dessen Eltern und war schon fast an der Haustür, als ich aufgehalten wurde. "Ist wirklich alles gut mit dir? Was war das eben?" Ich drehte mich zu dem einzigen Mann um, den ich heute sehen wollte und nickte. "Ja. Es ist wirklich nur Schlafmangel. Ich bin eingenickt und bin dann wieder plötzlich aufgewacht oder so." Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber ich wollte nicht, dass er mich für komplett durchgedreht hielt.
"Also ist es nicht gut." Er ließ seine Finger zärtlich und beruhigend über meine Oberarme wandern, aber aus irgendeinem Grund fühlte sich die Berührung nicht so gut an, wie sie sollte. Ich hatte das Bedürfnis, meinen Körper seinen Händen zu entziehen, so als würde er mich mit jeder einzelnen Berührung vergiften. "Doch, ist es. Wirklich", versuchte ich, ihn zu beruhigen. Das letzte was ich brauchte, war einen über fürsorglichen Freund, wenn ich unbedingt allein sein wollte. Zur gleichen Zeit fühlte ich mich ja schon ein bisschen schuldig, da ich die ganze Zeit seine Aufmerksamkeit gewollt hatte und ich sie ablehnte, jetzt wo ich sie hatte, aber... ich brauchte meinen Freiraum. Jetzt.
"Und wieso habe ich dann das Gefühl, dass es dir seit dieser Sache mit deinem Onkel nicht gut geht?"
"Weil es so ist." Er zog die Augenbrauen zusammen und legte die Stirn in Falten. "Du widersprichst dir selbst." Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich... ich kann nicht mehr richtig schlafen - wenn ich es denn überhaupt kann - und jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich ihn. Aber es ist okay, weil ich weiß, dass es besser werden wird mit der Zeit." Jedenfalls hoffte ich das. Nein, ich betet, dass ich wieder normal werden würde.
Ich hatte genug von Leuten gelesen, die etwas traumatisches erlebt hatten und danach nicht mehr dieselben waren. Ich wollte nicht einer von ihnen sein und mich in ihre lange Reihe stellen. Er nickte verstehend. "Okay. Wir sehen uns morgen? Ruf mich an, falls irgendetwas ist." Er drückte mir einen schnellen Kuss auf die Lippen. "Ich will wieder für dich da sein."
"Okay. Bis morgen."
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