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Chapter Eight

The house was awake, with shadows and monsters
The hallways, they echoed and groaned
I sat alone, in bed till the morning
I'm crying
They're coming for me

Ich war wieder auf dem Bauernhof. Keine Ahnung, wie ich hier hin gekommen war, aber ich stand vor der Haustür. Ich warf einen Blick über meine Schulter, konnte aber nichts erkennen, weil es so dunkel war. Der nächtliche Himmel wurde von dichten Wolken verdeckt und in der Ferne kündigte sich mit schwerem Grollen ein herrannahendes Sommergewitter an. Ich konnte absolut nichts sehen bis auf die Umrisse der Häuser.

Ich sollte nicht hier sein. Wieso war ich überhaupt hier? Ich hatte keine Erinnerung daran, wie ich in mein Auto gestiegen und hierher gefahren war. Oder war ich vielleicht gelaufen? Mein Gehirn durchforstete alle Erinnerungen an den vergangenen Tag. Es war ein ganz normaler Schulltag gewesen, ich hatte nachmittags meine nervige Großmutter ignoriert und war dann abens wie immer ins Bett gegangen. Ich hatte nichts genommen, weder Alkohol noch irgendwelche Tabletten, auf die ich falsch reagieren konnte.

Schlafwandelte ich? Dann würde ich doch eigentlich nichts hiervon mitkriegen. War das ein Traum? Ich legte meine Hand auf die Holztür vor mir. Fühlte sich definitiv echt an. Ich konnte jede einzelne Rille fühlen, jede kleine Unebenheit. Und solche Details nahm man im Schlaf doch nicht wahr, oder? Zumindest hatte ich das nie getan. Ich fühlte den Wind, der mit meinen Haaren spielte, schloss die Augen und atmete die Luft tief ein. Das Grollen wurde lauter, das Gewitter kam näher. Und plötzlich spürte ich den Drang, reinzugehen.

Ich öffnete die Augen und betrachtete meine Hand auf dem dunklen Material. Mein Gehirn sagte mir, dass es dumm wäre, das Haus zu betreten. Ich hatte mich schon einmal in so einer Situation befunden und sie hatte nicht gut geendet. Aber gleichzeitig wollte irgendein Teil von mir unbedingt durch diese Tür gehen. Ein sehr dummer Teil.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich nur meine Hand angestarrt hatte, seufzte ich. Wenn ich schon mal hier war - aus einem mir unbestimmten Grund -, dann konnte ich auch kurz schauen, was im Inneren des Hauses vor sich ging. Falls da überhaupt irgendetwas passierte, denn der Besitzer des Grundstücks war tot und soweit ich wusste hatte noch niemand anderes es gekauft oder sich darum gekümmert. Falls es überhaupt irgendwer irgendwann mal kaufen würde, da es jetzt in der Nachbarschaft als "Horror-Farm" bekannt war.

Und das Haus der Horror-Farm wollte ich jetzt betreten.

Ich öffnete die Tür, die nach innen aufschwang. Dass sie nicht abgeschlossen war, musste von den Polizeiuntersuchungen kommen. Ich war überrascht, dass ich keine Spuren der Tatsicherungen auf dem Grundstück entdeckt hatte. Keine einzige. Sie konnten doch nicht schon so schnell fertig sein, oder? Der Mord war noch immer ungeklärt. Und vielleicht würde er das auch bleiben, flüsterte eine kleine Stimme in mir, die ich schnell wieder abschüttelte. Bestimmt würden sie seinen Mörder finden, was oder wer auch immer das gewesen war. Außerdem konnte ich mich nicht daran erinnern, überhaupt über die Farm zum Haupthaus gegangen zu sein, also könnte es auch sein, dass ich das Polizeizeug einfach übersehen hatte. Dunkel genug war es ja.

Das inzwischen sehr nahe Grollen riss mich aus meinen Gedanken und bewegte mich dazu, endlich durch die offenstehende Tür zu gehen. Drinnen war es dunkel. Und ich meinte nicht das von Straßenlaternen und Mondlicht erhellte Dunkel, ich meinte das Dunkel, dass man tief im Wald in der Mitte einer mondlosen Nacht fand. Oder im Haus eines Toten. Mir lief eine Gänsehaut über beide Arme, aber jetzt war es zu spät. Ich war schon drinnen und die Tür war zugeschlagen.

Langsam tastete ich mich vorwärts, meine Finger glitten immer an der Wand entlang und meine Füße erkundigten vorsichtig den Fußboden. Mein Instinkt sagte mir, dass ich nach irgendetwas suchte. Aber nach was? Ich tastete mich weiter vorwärts. Plötzlich stieß mein Fuß auf etwas hartes und ich zuckte bei dem lauten Geräusch zusammen. Gleichzeitig machte das Gewitter durch lauten Donner und dem darauffolgenden Blitz auf sich aufmerksam, sodass ich mich an die Wand presste, die Arme schützend um meinen Körper geschlungen.

Aber das grelle Licht hatte eine Shilouette offenbart, die auf dem Boden lag. In Schockstarre blieb ich noch ein paar Momente an der Wand stehen, ehe ich endlich den Mut fand, weiterzugehen. Auf die Shilouette zu. Mein Instinkt schrie mich an, an der Wand stehen zu bleiben und mich keinen Zentimeter zu bewegen. Aber das war keine Option. Eine ganze Nacht in diesem Gruselhaus hielt ich nicht aus, da würde ich den Verstand verlieren. Vielleicht hast du das ja schon.

Meine Arme lösten sich aus ihrem festen Griff und meine rechte Hand tastete meine Jeans ab. Ich hatte kein Handy dabei, geschweige denn eine Taschenlampe. Meine Beinmuskeln spannten sich an, als ich vor dem auf dem Boden liegenden etwas stand und darauf wartete, dass ein weiter Blitz mir seine Identität verriet. Obwohl ich eigentlich schon wusste, was es war. Ich biss mir auf die Lippe und fing an, etwas flacher zu atmen als normal, während meine Nase den Geruch von etwas ganz bestimmten wahrnahm und Übelkeit in mir erzeugte.

Ich wusste ganz genau, wer da vor mir lag. Ich brauchte nur den Blitz, um mir die endgültige Bestätigung zu geben.

Der dann auch kam und mir das blasse, blutverschmierte Gesicht meines Onkels zeigte, dessen tote Augen mich leer anstarrten. Dann war es wieder dunkel. Ich ignorierte den Drang, mich zu übergeben und zwang mich, irgendwo anders hinzusehen. Es war wie ein Autounfall oder ein Horrorfilm. Du wolltest eigentlich wegsehen, aber irgendwie konntest du deinen Blick nicht abwenden, weil die Schönheit des Grausamen dich so sehr faszinierte.

Ich trat langsam einen Schritt zurück, die Hände zu Fäusten geballt mit Fingernägeln, die sich schmerzhaft in meine Handinnenfläche pressten. Einatmen. Ausatmen. Ganz ruhig. Sie hatten nur den Körper noch nicht weggeräumt. Ich drehte mich langsam um, aber diesmal nicht zur Haustür, sondern zu einer weiteren, die beim letzten Mal, als ich hier gewesen war, noch nicht da gewesen war. Sonst hätte ich ja nicht aus dem Fenster springen müssen. Oder hatte ich sie einfach übersehen gehabt? Ernsthaft - seit wann war diese verdammte Tür da?

Ich ging auf sie zu und drückte die Türklinke nach unten, ehe ich hinaus in die Nachtluft trat. Der starke Regen, der inzwischen eingesetzt hatte, machte es noch schwieriger, überhaupt irgendetwas zu sehen, als es eh schon war und der Wind war stärker geworden. Erneut schlang ich meine Arme um mich und ging vorwärts, weiter von dem seltsamen Gefühl geleitet, dass ich irgendetwas finden müsste.

Plötzlich drehte ich mich abrupt um. Was, wenn ich beobachtet wurde? Was, wenn der Mörder noch immer hier war? Bei dem Gedanken versteifte sich mein Körper und ich ging instinktiv einen Schritt rückwärts, bis ich aufeinmal gegen etwas hartes stieß. Erschrocken fuhr ich herum und sah ein kleines Gebilde vor mir, das mir bis zur Hüfte ging. Mit Hilfe der in immer kürzeren Abständen folgenden Blitze konnte ich erkennen, dass das Gebilde aus grauem und weißem Steinen war und wahrscheinlich ein kleines Haus darstellen sollte, das einer Maya-Pyramide ähnelte.

Es hatte kleine Fenster, so groß wie meine ganze Hand und eine kleine Tür. Was war das? Ich kniete mich hin, um hineinsehen zu können und ignorierte dabei den Schlamm, der meine Knie und Hände schmutzig machte. In dem Haus befand sich nichts. Der Innenraum war leer. War das schon immer hier gewesen? Hatte Ruben das gebaut? Wenn ja, wieso? Es erschien mir ziemlich sinnlos, auch wenn mein Onkel komisch drauf gewesen war. Aber so seltsam das gleichzeitig auch war, so unbekannt war es mir gar nicht. Ich hatte solche Gebilde schon öfters gesehen gehabt. In Mexiko, als ich noch ein kleines Kind gewesen war. Aber weder meine Mutter, noch mein Vater hatten mir die Frage beantworten können, was das eigentlich war, also hatte ich es irgendwann einfach vergessen gehabt. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Ruben noch so sehr an Mexiko gehangen hatte.

Plötzlich hörte ich das Rascheln wieder und alle Muskeln in meinem Körper spannten sich wie auf Kommando an. Über den Donner hinweg konnte ich das bedrohliche Geräusch ohne Probleme hören, was dazu führte, dass mein Magen sich schmerzhaft verkrampfte. Panik stieg in mir auf. Ich hätte nicht hierher kommen sollen, wie dumm war ich eigentlich gewesen? Gott, wie ich mich in diesem Moment selbst hasste!

Doch ich würde auch dieses Mal entkommen. Ich stand auf, stützte mich auf dem kleinen Haus ab und drehte mich um. Wieder war nichts zu sehen, doch ich wartete gar nicht erst darauf, sondern rannte direkt los. Um das Haus herum, über den Weg, der zu meinem Auto führen würde, das Geräusch in den Ohren, den Schlamm unter den Stiefeln.

Schwer atmend kam ich endlich am Eingang der Farm an. Doch da stand kein Auto. Wo war mein verdammtes Auto? Meine Lungen brannten und würden gleich explodieren. Ich taumelte einen Schritt zurück. Wo war es? Ich konnte unmöglich hierher gelaufen sein!

Und dann stürzte sich etwas von hinten auf mich.

*

Schwer atmend schreckte ich auf. Mein Herz pochte schmerzhaft schnell und ich konnte spüren, wie der Schweiß mir die Stirn herunterran. Wo war das Wesen? Es musste hier irgendwo sein! Meine Finger krallten sich an irgendetwas aus Holz fest. Mein Blick glitt hinab zu meinem Schoß. Ich trug ein schwarzes Kleid mit ebenso dunklen, hochhackigen Schuhen, die gut zu meinem Outfit passten. Dann sah ich neben mich. Meine Mutter, ganz in schwarz. Zu ihrer linken meine Großmutter. Dasselbe Outfit mit ihren typischen Perlohrringen.

Dann realisierte ich es. Ich hatte geträumt. Langsam lehnte ich mich wieder zurück an die Holzbank und drehte meinen Kopf, um meine Augen den Raum analysieren zu lassen. Wir saßen in der ersten Reihe der vielen Bänke unserer kleinen Gemeinschaftskirche. Sie war mit nicht vielen Menschen gefüllt, aber schon mit einigen. Sie alle trugen schwarz. Ich kannte einige von ihnen vom Sehen her, weil wir uns auf Stadt-Festen getroffen hatten oder weil man sich einfach mal so über den Weg gelaufen war. Aber der Rest war mir fremd.

Niemand von ihnen schien mein Aufschrecken bemerkt zu haben, also drehte ich mich wieder um, während ich versuchte, meinen schnellen Atem zu beruhigen. Auch meine Mutter und Großmutter schienen nichts mitbekommen zu haben. Gottseidank. Sie starrten einfach nur rechts an mir vorbei mit leeren, emotionslosen Augen. Ich folgte ihrem Blick. Ein paar Meter vor uns stand ein dunkler Sarg mit Blumensträußen darauf. Ein Gemisch aus weißen und roten Rosen. Was war das-

Dann fiel es mir ein. Die Beerdigung. Rubens Beerdigung. Ich widerstand dem Drang, mich selbst zu schlagen. Wie hatte ich die vergessen können? Aber war sie wirklich schon heute? Mein Zeitgefühl sagte mir, dass sie doch eigentlich erst morgen stattfinden sollte. Die Zeit war schnell vergangen.

Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und sah erneut an mir hinab, um zu sehen, ob es irgendwelche verräterischen Zeichen meines Einnickens gab. Aber nein, mein Kleid war makellos. Keine Falten, keine Schweißflecken, nichts. Moment mal. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dieses Kleid gekauft zu haben.

Es endete ein wenig über den Knien und der Rand bestand aus ein paar Zentimetern Spitze. Der eigentliche Stoff hatte ein schlichtes Muster und bedeckte meine Schultern, ließ aber meine Arme frei. Der V-Ausschnit war nicht zu tief geschlossen und das Kleid lag mir nicht zu eng auf der Haut. Es war hübsch, nur hatte ich es vorher noch nie in meinem Leben gesehen. Wo hatte ich es also her?

Andererseits war ich gerade auf der Beerdigung meines Onkels eingennickt. Im Moment war ich also nicht wirklich zurechnungsfähig, vielleicht hatte ich es gekauft und nur wieder vergessen gehabt. Gott, was war nur los mit mir? Ich war sonst nie so seltsam drauf! Ich hatte Schlafmangel, träumte seltsame Sachen... so eine Art Traum wie eben hatte ich noch nie gehabt. Und ich wollte ihn auch nie wieder haben. Er war seltsam gewesen, aber gleichzeitig ergab das alles auch Sinn. Ich hatte Rubens Leiche gefunden auf seiner Farm und war dort von irgendetwas angegriffen worden, was sich mit einem raschelnden Geräusch angekündigt hatte. Jetzt verursachte mein Gehirn, diese traumatische Erfahrung zu verarbeiten und das resultierte in Träumen davon. Auch wenn sie nicht beruhigend waren. Aber es war ein Fortschritt und zeigte, dass mein Unterbewusstsein Richtung Normalität strebte.

Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wo dieses Mini-Haus hergekommen war. Oder die zweite Tür. Aber wahrscheinlich diente das nur dem Horror-Effekt, um den Traum auch wirklich gruselig zu machen. Ich hatte einmal von luziden Träumen gehört. Träume, in denen man wusste, dass man träumte und sie steuern konnte. War das so einer gewesen? Ich war mir zwar nicht meines Traumes bewusst gewesen, aber ich hatte ihn steuern können. Das durch die Tür gehen, das Untersuchen des Raumes. Und es hatte sich so echt angefühlt. Das Brennen in meinen Lungen, die Panik...

Ich schüttelte wieder den Kopf. Es war nur ein Traum gewesen, egal ob luizid oder nicht. Nur. Ein. Traum. Und jetzt war ich wach und auf Rubens Beerdigung. Auch wenn ich ihn nicht wirklich gekannt hatte, verdiente er meinen Respekt und den konnte ich ihm zahlen, indem ich wach blieb und nicht aus Langeweile einschlief. Beerdigungen fand ich eigentlich generell nicht wirklich langweilig. Irgendwie faszinierten die Gäste mich. Wie sie weinten, gutes über den Verstorbenen erzählten. Bei manchen war es echt, bei manchen nicht und wieder andere machten sich nicht mal Mühe, ihre Freude über das Ableben einer bestimmten Person zu verstecken. Ziemlich respektlos, wenn man mich fragte. Wenn eine nicht gemochte Person starb und man sich schon auf der Beerdigung blicken lassen musste, dann konnte man auch wenigstens ein wenig Respekt zeigen, indem man einfach nur still da saß.

Und das schienen die Menschen hier auch zu machen. Einfach nur still dasitzen und ins Leere starren. Niemand hatte Ruben so wirklich gekannt, aber ich hätte erwartet, dass es Getuschel geben würde. Diese Stadt liebte Tratsch, er war überall. Selbst auf Beerdigungen. Ein weiterer Aspekt, wieso ich unbedingt hier heraus wollte. Sie hatten kein bisschen Respekt vor den wichtigen Dingen, aber huldigten jedes kleinste Detail, so unbedeutend und unwichtig es auch war.

Aber egal. Ich richtete meine Konzentration wieder auf den Sarg und wartete auf- ja auf was eigentlich? Dass der Pfarrer vortrat und eine Rede hielt? Hätte er das nicht eigentlich schon machen müssen? Das bloße Starren auf den Sarg kam mir sinnlos vor. Ich drehte mich wieder um. Die selben Gesichter, aber nirgendswo war der Pfarrer zu sehen. Plötzlich öffnete sich eine Nebentür und heraus trat - Überraschung - der Pfarrer. Wenn man vom Teufel spricht.

Während ich meinen Körper wieder nach vorne richtete, trat der Mann in seiner üblichen schwarzen Robe hinter den Altar, schlug aber nicht die Bibel auf, wie er es bei den wöchentlichen Gottesdiensten immer tat, sondern legte seine Arme auf beiden Seiten ab und richtete seinen Blick nach vorn, ohne jedoch jemandem anzusehen. Er hatte genau die selben leeren Augen wie der Rest der Versammelten und als er anfing mit einer kalten, neutralen Stimme zu reden, lief mir ein Schauer den Rücken hinunter.

"Wir haben uns heute hier versammelt, um einen geliebten Menschen zu verabschieden. Vor sieben Jahren zog er aus Mexiko in unsere bescheidene Stadt und beehrte uns mit seiner Anwesenheit." Ruben hatte sich nie wirklich blicken lassen, auch nicht auf Festen. "Vor genau zwei Wochen ist er leider verstorben. Man hat ihn tot aufgefunden und nur Gott weiß, was diesem armen Menschen zugestoßen ist. Möge die Seele dieser jungen Frau in Frieden ruhen." Junge Frau? Soweit ich wusste, war Ruben ein Mann gewesen. Oder hatte ich da etwas nicht mitbekommen? Oder war ich womöglich auf der falschen Beerdigung? Aber es hatte keine Todesfälle gegeben außer meinem Onkel. Es gab nur diese eine Bestattung, die meine Mutter und Oma in Rekordzeit organisiert hatten, außerdem waren wir die einzigen Mexikaner hier.

Der Pfarrer trat vor den Altar und zum Sarg. Er beugte sich ein wenig hinunter und öffnete ihn mit einem lauten Knarzen des Holzes. Der Sarg war anscheinend schon ziemlich alt. Etwas beunruhigt streckte ich meinen Hals, um zu sehen, was sich darin befand, konnte aber nichts erkennen. Mit einem schlechten Gefühl im Magen drehte ich mich nach links. "Mum?", fragte ich die bis jetzt Stimme Frau neben mir. "Mum?", wiederholte ich, als sie nicht antwortete. "Weißt du, von wem er redet?" Meine Stimme hallte laut von den hohen Wänden nieder und übertönte die gespenstische Stille.

"Mum!" Ich rüttelte sie sanft an der Schulter, doch sie ignorierte mich weiter. "Oma? Oma!" Auch sie tat so, als wäre ich gar nicht da. Langsam wurde es echt gruselig. Ich nahm meine Hand von ihrer Schulter und stand auf. Meine Beine zitterten, als ich zum Sarg lief und mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Ich wollte da nicht hineinsehen. Ich wollte nicht wissen, wer in diesem Sarg lag.

Ich nahm meinen Mut zusammen, biss mir auf die Unterlippe und hielt den Atem an, als ich hineinspähte... und mich selbst sah. In diesem Sarg lag ich.

Mit genau dem selben Kleid, das ich jetzt gerade anhatte. Meine Hände waren auf meinem Bauch zusammengefaltet und ich sah friedlich aus. Meine Haut hatte keine Kratzer oder war blutig. Es sah so aus, als würde ich schlafen.

Ich zwang mich dazu, meinen Blick abzuwenden und drehte mich langsam um. Das war meine Beerdigung. Aber wenn das meine Bestattung war, wo waren dann Aiden und Genevieve? Und wieso weinte niemand oder sah zumindest traurig aus?

Und wieso stellte ich mir überhaupt diese Fragen? Das war nur ein Traum. Ein sehr seltsamer, gruseliger, abartiger Traum. Es musste einer sein! Ich konnte nicht auf meiner eigenen Beerdigung sein, das war unmöglich! Ich glaubte nicht an Geister und das übernatürliche. Ich träumte das alles nur und würde bestimmt jeden Moment aufwachen. Ich musste aufwachen.

Zwanghaft versuchte ich, meinen Atem zu kontrollieren, der drohte, wieder schneller zu werden, als er eigentlich sollte. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein, während ich die aufkommende Panik in mir mit aller Kraft ignorierte. Es war nur ein Traum. Das hier war nicht real. Nicht. Real. Ich öffnete sie wieder und war schon ein wenig ruhiger. Eine Panikattake in meinem eigenen Schlaf würde mir rein gar nichts bringen.

Ich kniff mich selber in den Arm. Es ziepte, doch nichts passierte. Wurde man nicht durch Schmerz wieder wach? Ich kniff mich noch einmal. Wieder nichts. Ich hatte keine Erfahrung mit luizidem Träumen, keine Ahnung, ob man bewusst aufwachen konnte. Mein Atem drohte wieder außer Kontrolle zu geraten. Was, wenn ich nicht aus meinem eigenen Traum aufwachen konnte? Was, wenn ich hier gefangen war? Nein. Nicht möglich. Das... das ging einfach nicht. Ich würde aufwachen!

Da fiel mir etwas ein. Im Traum hatte man oft sechs Finger an jeder Hand. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte es mal irgendwo gehört. Ich streckte meine beiden Hände vor mir aus. Fünf Finger an der rechten. Fünf Finger an der linken. Zehn insgesamt. Ich bekam eine Gänsehaut. Was wenn- Nein! Ich träumte! Diese Methode funktionierte bestimmt einfach nur nicht für jeden.

Ich sah wieder auf. Und sah meinen Onkel in einer der Reihen sitzen.

Erschrocken taumelte ich ein paar Schritte zurück und stieß gegen meinen Sarg, auf dem ich mich aufstütze und einen kurzen Blick hineinwarf. Doch es blieb nicht nur bei diesem einen kurzen, denn mein Leichnam sah inzwischen anders aus. Blutverschmiert, mit der Platzwunde auf der Stirn und den vielen Kratzern auf den Armen. Meine Haut war blass, unter meinen Augen lagen dunkle Ringe und meine braunen Haaren waren stumpf und glanzlos.

Mit einem Aufschrei sprang ich von der Holzkiste zurück und drehte mich wieder zu Ruben. Seine toten Augen waren auf mich gerichtet, sein Körper sah genauso aus, wie ich ihn gefunden hatte. Blutig, zerkratzt. Das hier war definitiv eine Freakshow. Wie kam mein Gehirn eigentlich auf solche dummen Sachen?

Ich eilte zu den Bankreihen, wo meine weiblichen Verwandten saßen und um sie herum, damit ich den Gang zwischen den Bänken und der Wand lang gehen konnte, um gar nicht in die Nähe dieser lebenden Leiche zu kommen. Mir doch egal, ob ruhig bleiben jetzt die klügere Entscheidung war. Mein Herz raste, ich fühlte mich einer Panikattake nahe. Ich musste aufwachen und zwar sofort! Und der erste Schritt dazu war, aus dieser verpflichten Kirche rauszukommen.

So schnell es meine hohen Schuhe erlaubten, rannte ich den Gang entlang zur großen Tür zu, meinen Onkel immer im Blick. Seine Augen verließen mich nie und er drehte sich sogar zu mir, um mich weiter beobachten zu können, stand aber nicht auf oder tat sonst irgendetwas. Aber allein dieser leere Blick reichte aus, um mir Todesangst einzujagen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich endlich bei der Tür an und betete zu Gott, dass sie offen war. Welch Ironie. Ich legte meine zitternden Hände auf den Knauf und drehte, während die andere fest gegen das Holz drückte. Und zu meiner Erleichterung ging sie sogar auf!

Nur sah ich nicht das, was ich erwartet hatte, als sie aufschwang. Ein helles, weißes Licht befand sich auf der anderen Seite und strahlte so hell, als würde es mich erwarten. Ich ließ meinen angehaltenen Atem heraus und ging einen Schritt zurück. Meine Knie wurden weich, mir wurde übel. Der Schweiß brach mir aus, während ich ungläubig den Kopf schüttelte. Ein weißes Licht wurde in Filmen immer als Symbol dargestellt, dass die Person, die es sah, gerade starb.

Ich konnte nicht sterben! Nein! Das war nur ein dummer Traum, nichts weiter!

Es bewegte sich weiter auf mich zu und ich fühlte mich wie gelähmt. "Nein, nein, nein..."

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