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Müde lehne ich mich nach vorne und knüddel eins von Jacksons Tshirts zusammen, um es als provisorisches Kissen nutzen zu können. Vorsichtig nehme ich seine Hand wieder in meine, darauf bedacht, ihm nicht weh zu tun. Die Kanüle auf seinem Handrücken ist mit mehreren Pflastern befestigt, weil das erste, was er getan hat war, sich darüber zu beschweren, dass er merkt wie sich der Schlauch daran bewegt. Mein Blick wandert zu der Uhr über der Türe. Meine Sicht verschwimmt wieder, noch mehr, als sowieso schon von den etlichen Tränen, weswegen ich seufze und stattdessen auf mein Handy schaue. Die Nachrichten von Ivan und Lucy streiche ich erstmal weg, genauso wie die, von Mama. Es ist kurz nach elf und ich bin mir sicher, dass ich schon vier, vielleicht fünf Stunden hier sitze, und nichts tue, als Jackson zu beobachten und nach zu denken. Wir sind gegen sechs heute früh los hierher, Caitlyn hat uns aufgrund von ihrer Arbeit nur abgelassen, ist aber sofort ins Krankenhaus gekommen, als Jack dann wieder raus aus dem Op und zurück im Aufwachraum war.
Mittlerweile sind auf jeden Fall so einige Stunden vergangen, die Jack größtenteils mit schlafen verbracht hat.
Ich setze mich auf und hole eine Wasserflasche aus dem winzigen Kühlschrank. Jacks Hand lasse ich trotzdem nicht los. Dieses Krankenhaus ist wirklich chic. Und sauber. Keime könnte Jack wohl jetzt nicht auch noch vertragen.
Ich klemme die Flasche zwischen meine Oberschenkel und öffne sie, bevor ich anfange zu trinken.
Mir entkommt ein seufzen. Vielleicht hätte ich heute auch etwas essen sollen. Wahrscheinlich hätte ich das.
Die Flasche stelle ich einfach auf den kleinen Tisch und lasse meine Schultern kreisen, weil meine Nackenschmerzen sich erneut bemerkbar machen.
"Chloe."
Mein Blick schellt sofort zu Jack, welcher mich müde anschaut.
"Du bist noch hier.",stellt er fest. Er räuspert sich, weil seine Stimme ganz rau ist, verzieht dann aber schmerzverzerrt sein Gesicht. Die nächsten Tränen finden ihren weg, werden von mir aber schlichtweg ignoriert. Er hat das Größte erstmal hinter sich, also darf ich jetzt jammern, ganz ohne ein schlechtes Gewissen, denn Jackson wird dadurch nicht unruhig.
Ich stehe auf und lasse mich auf der leeren Seite des großen Bettes nieder. Caitlyn muss wirklich gut versichert sein oder ein kleines Vermögen bezahlt haben, um in dieses Krankenhaus zu kommen, verdammt.
"Ich hab gesagt, dass ich dich nicht allein lasse."
Vorsichtig fahre ich über seine Wange und setze einen Kuss drauf.
Ich lächel ihn unsicher an, weil ich nicht weiß, was ich sonst tun soll.
"Wie fühlst du dich?",frage ich stattdessen einfach nur.
"Ich bin müde und- hab Schmerzen."
"Ich weiß, mein Herz, ich weiss."
Ich fahre vorsichtig über seinen warme Haut, auf welcher sich sofort eine Gänsehaut breit macht.
"Nicht aufhören, wieso hörst du auf?"
Er lächelt mich müde an, was ich sofort erwider. Meine Finger finden ihren weg und vergraben sich in seinen Haaren, fangen an, ihn noch etwas zu kraulen.
"Magst du trinken?"
Ich öffne die Wasserflasche wieder und lasse den Strohhalm halb darin verschwinden, damit Jack sich nicht richtig aufsetzten muss.
"Soll ich dein Bett etwas hoch machen?",frage ich nebenbei, während ich ruhig die Flasche fest halte um ihn nicht beim trinken zu stören.
"Nur ein bisschen."
Sofort greife ich zu der umständlich gestalteten Fernbedienung und lasse die Rückenlehne des Bettes etwas hoch fahren.
"So?"
Jack nickt und lässt seinen kopf wieder ins Kissen sinken.
"Soll ich- ist dir kalt?"
"Schon gut."
Trotzdem ziehe ich die Decke etwas seitlich von ihm, weil ich mir vorstellen kann, dass ihm spätestens kalt wird, wenn die Nacht anbricht. Auch wenn er mittlerweile schon wieder seine eigenen Sachen trägt, ein Oberteil sollte er sich wohl besser vorerst nicht zwängen.
Er macht Anstalt seinen Arm zu heben, lässt es dann aber doch und schaut mich verwirrt an.
"Du hast eine lange Op hinter dir, Jack, das ist normal, keine Angst."
Ich bin so froh, dass Lucy mit mir gewartet hat. Statt wie geplant nach zwei, zweieinhalb ist er erst nach knapp vier Stunden raus, und ich glaube, dass ich schlichtweg ausgetickt wäre, aus Angst und Unruhe.
Ich lächel Jackson aufmunternd an und küsse seine Hand. Seine Mundwinkel zucken ebenfalls nach oben, was mich ungemein erleichtert.
"Ich liebe dich.",flüster ich und schmolle kurz.
"Ich dich auch."
"Sehr."
"Sehr, Chloe."
Seufzend schaue ich ihn an. Ich nehme die Kette mit dem Kreuz daran ab und lege sie ihm wieder um. Das kleine Zeichen, welches im arabischen für Allah steht, hole ich dafür wieder aus meinem Tshirt hervor. Ich hab keine Ahnung, wann ich das letzte Mal so oft gebetet habe, wie in den letzten 48 Stunden.
Ich meine, ich bin keineswegs streng religiös, gläubig aber schon. Vielleicht auch, weil ich doch irgendwie Hoffnung hab, dass es etwas bringt.
Jackson schnieft einmal weswegen ich mich ganz neben ihn lege. Sofort fange ich wieder an, ihn zu kraulen, während ich seine Hand immernoch feste in meiner halte.
"Ist schon gut, nicht weinen.",flüster ich. Vorsichtig fahre ich über seine Wange und wische die Tränen darauf weg. Ich will nicht, dass er so traurig ist. Auch, wenn ich erwartet habe, dass er mehr Reaktion zeigt, als er es bisher getan hat, so etwas habe ich ganz sicher nicht gewollt und auch nicht erwartet. Ich bin einfach nur froh, dass er das schlimmste erstmal hinter sich hat. Das er wohl auf ist, dass er es bald sein wird und dass ich bei ihm sein kann.
"Schlaf ruhig noch ein bisschen, Jackson, ich pass auf dich auf."
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