Kapitel 22: Mehr als eine Persönlichkeit
"Ich habe im Internet recherchiert, wie viel das Ding wert ist", sagte ich zu dem Mann. "Über tausend Euro! Und Sie wollen mir erzählen, dass 300 Euro der höchst mögliche Betrag für Sie sind?"
Damit kann ich zwar gerade meine Schulden abbezahlen, aber mein Dealer wird mir trotzdem nichts geben, denn er wird mir nicht wieder Geld leihen. Innere Unruhe macht sich in mir breit und beginnt, meinen Hals zu zu schnüren.
"Neu mag es vielleicht über 1000 Euro wert sein, aber bei gebrauchten Geräten kann man nicht vom selben Wert sprechen, da muss man differenzieren."
"Wollen Sie mich verarschen?", wurde ich ungeduldig. "500 Euro! Nicht weniger!"
Der Herr, von dem ich denke, dass er mich über den Tisch ziehen will, seufzt schwer.
"Ich zahle 300 Euro. Wenn Sie mit diesem Preis nicht zufrieden sind, dann verlassen Sie bitte wieder meinen Laden."
Ich schweige für eine kurze Weile. 300 Euro ...
"... Okay.. geben Sie mir 300..."
Dann sind wenigstens meine Schulden voll abbezahlt und ich hätte ein Problem weniger, wenn auch gleich nicht die optimale Lösung.
300 Euro für die Schulden und 200 für einen kleinen Vorrat, aber so ...
Der Mann grinst und holt aus einer Dose ein paar Scheine hervor. "Bitte sehr", reicht er mir einen Hunderter und vier Fünfziger. "Es war mir eine Freude, mit Ihnen zu verhandeln."
"Ja ... Danke ...", sage ich ironisch, reiße ihm förmlich die Scheine aus der Hand verlasse ohne das teure Gerät den Laden.
Sofort mache ich ein neues Treffen aus und händige ihm bar auf die Hand das Geld aus. Erneut zählt mein Weltenverbesserer die Bezahlung, bevor er nickt. "Ist gut ... Aber bevor du fragst, nein, ich leihe dir nichts mehr. Das hat ja ewig gedauert, so ein paar hundert Euro von dir zu bekommen", schüttelt er den Kopf und ich nicke unterwürfig.
"Also, wenn du das nächste mal Geld hast, bekommst du was", lächelt er plötzlich charmant und freundlich.
"Also.. ich rufe an.. okay?"
"Geht klar." Er macht eine verabschiedende Bewegung und dreht sich von mir weg.
Es ist schon ein gutes Gefühl schuldenfrei zu sein. Aber eines fehlt mir noch: das Pulver ... und jenes bekam ich einfach nicht. Und, oh mann ... 70 Euro schulde ich ja jetzt meinem Bruder, also doch nicht schuldenfrei ... Aber wenigstens würde dieser mir keine Typen mit Baseballschlägern auf den Hals jagen.
Geknickt radele ich nach Hause, um mich dort in meinem Bett breit zu machen. Meine Gedanken hängen nur an dem einen. Nichts für den Notfall zu haben, geht gar nicht ... Rye brauche ich gar nicht erst fragen ...
Für heute kehrt mein Alltag wieder ein. Meine Geschwister kommen Zuhause an, ich muss mich um alles kümmern, so gut ich eben kann.
Ich beruhigte mich später in meinem Bett liegend sogar ein wenig. Ich werde schon noch an Geld kommen, irgendwie. Direkt morgen, und dann ... Boah ... Wer klingelt denn noch so spät?
Ich stehe genervt auf und öffne einfach nur in Unterhose die Tür.
Überrascht blicke ich in Ryes von mir demoliertes Gesicht und ganz anders als sonst, zurückhaltend und schüchtern, blickt er zu mir auf.
"Ähm.. hallo..", sagt er leise. "Tut mir Leid, dass ich so spät klingele, ich .."
"Hab ich das gemacht?", frage ich und deute auf sein Gesicht. Eine seiner Wangen ist rötlich-bläulich, an manchen Stellen bereits in ein dunkles Lila verfärbt. Eigentlich hatte ich vor, ihm sofort die Tür wieder vor dem Gesicht zu zu hauen, doch als ich das sehe, kann ich es irgendwie nicht. Dass Rye sich überhaupt noch meldet und vorbei kommt, nach alle dem.
"Darf ich.. also.. Darf ich kurz rein kommen?", scheint er ziemlich nervös zu sein und antwortet mir nicht auf meine Frage. Vielleicht auch, weil es einfach offensichtlich ist. Natürlich war ich das. Und ... obwohl ich es nicht gerne zugebe, es tut mir wirklich Leid ... Ich wollte ihm nicht so weh tun ... Dieser Fakt lässt mich schwach werden. "Na, okay ... Aber nur kurz."
Ich gehe einen Schritt zur Seite unr halte ihm die Tür einladend auf, zum aller ersten mal. Aber er hat es sich heute auch, ausnahmsweise mal, verdient. Schließlich hat er auch gefragt und sich nicht einfach wie sonst an mir vorbei gequetscht. Rye wartet, bis ich vor ihm in mein Zimmer gehe, bevor mir folgt und sich ohne großen Abstand neben mich auf das Bett setzt.
"Ich wollte ja angerufen, aber du hast dein Handy irgendwie aus ...", seufzt er und ist überraschenderweise viel ruhiger als sonst. Ich werde wirklich nicht schlau aus seinen Verhaltensweisen. Als würde mehr als eine Persönlichkeit in ihm stecken.
"Ist schon gut", antworte ich ihm. Ich weiß nicht genau, welchen Weg Rye hier her nimmt, aber ich bin gerade froh, dass er nicht am Pfandhaus vorbei gegangen ist und das Hand gesehen hat. Sonst würde er mich mit Sicherheit darauf ansprechen. Ich habe wirklich ein schlimmes Gewissen, wenn ich mir Ryes fleckige Wange ansehe. Klar, ich mag ihn nicht, aber das hat er sich auch nicht verdient.
"Ich wollte mich bei dir entschuldigen ...", murmelt der Junge mit den grünen Augen und den blonden Haaren. "Dafür, dass ich dich immer nerve ... und dass ich dein Zeug das Klo herunter gespült habe ... Weißt du ... Ich will doch auch nur Freunde finden, Jin-Jin ... Ähm... Nur Jin ... Sorry", ist Rye wie ausgewechselt und kaum wieder zu erkennen. "Ich weiß doch auch nicht, wie man Freunde finden kann, ich dachte, ein lächelndes Gesicht kommt besser an als ein trauriges, schließlich spricht dich so auch keiner ernsthaft an. Und ich dachte, wenn ich dran bleibe, würdest du mich vielleicht mögen ... Aber du lässt dich nicht mal mit Geschenken und Geld kaufen ..."
Bei dem letzteren vergesse ich den Rest, den Rye sagt, sofort. Für mich klingt das wie ein gutes Angebot, mir Geld zu geben. Viel Geld. Das ich nicht mehr zurückgeben muss, weil Rye es nämlich zu viel hat.
Ich vergesse das traurige Gesicht, das er macht. Die Flecken, die er nur wegen mir hat. Und dass ich ihn schlecht behandle. Ab dieser Sekunde geht es mir nur um eines.
"Was würdest du sagen, wenn ich für Geld dein Freund werden würde?", grinste ich Rye an. Wenn er ja sagt, hab ich meine Drogen sicher.
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