Kapitel 21: Gebrauchsspuren
"Hier... Das Geld", lächle ich mit gesenkten Blick und klopfenden Herzen, als ich meinem Dealer am ausgemachten Ort den Umschlag in die Hand drücke. "Gut", erwidert dieser und sieht noch hier und jetzt in das Innere des Papiers. "Ist das dein ernst?", fragt er schliesslich und ich fühle, wie ich blass werde. Ich hatte gehofft, dass er erst Zuhause sieht, dass nicht genug drin ist. "Meintest du nicht, du könntest zahlen?"
"Ja, kann ich doch auch! Aber das ist eben alles, was ich gerade habe ..."
Kopfschüttelnd steckt er den Umschlag mit dem geliehenen Geld meines Bruders in seine Tasche, ohne mir etwas im Gegenzug dafür zu geben. Kein kleines Päckchen mit Wunderinhalt ... "Mann, bitte! Ich weiß, dass es nicht reicht! Aber bitte mach noch eine kleine Ausnahme ..."
"Wie wäre es, wenn du zuerst deine ganzen Schulden bei mir abbezahlst? Vorher bekommst du kein Gramm mehr von mir!" Mein Gegenüber wird wütend und ich immer verzweifelter. Die Nacht hatte ich mich noch gefreut, heute neues Pulver zu bekommen. Es macht nervös es nicht zu besitzen, ich will es unbedingt in den Händen halten! Wissen, dass ich es nehmen könnte, wenn ich will! "Du weißt doch, dass wir nicht so viel Geld haben! Mann, bitte, nur eine Ausnahme!"
"Ist mir doch egal, ob du das Geld nicht hast! Beschaff es dir! Beklau irgendeine alte Oma oder geh auf den Strich! Aber ich will das Geld." Eindringlich starrten seine braunen Augen mich an und ich spürte, dass Betteln wirklich nichts brachte. Mir blieb nichts anderes, als den Kopf zu senken und zu nicken, als er einfach mit dem Geld meines Bruders verschwindet ... Irgendwoher brauche ich den Rest!
Auf dem Weg nach Hause kommen mir beinahe die Tränen, da ich mich genauso verzweifelt wie gestern fühle, als mein Tütchen einfach das Klo herunter gespült wurde. Ich werde so wütend darüber und kann an nichts anderes denken und kaum in meinem Zimmer angelangt, fällt mein Blick auf das neue Handy, das Rye mir geschenkt hat... Hehe ... Hehe. Das ist meine Rettung ... Ja, warum ist mir das nicht schon vorher eingefallen? Ich fange an zu lachen, obwohl nichts witziges passiert ist und nehme das Mobiltelefon in die Hand, um alle Daten darauf zu löschen. Ein bisschen weh mich davon zu trennen tut es ja schon, an sich ist es ja ein cooles Ding, doch jetzt erbringt es mir etwas besseres und das ist gut so. Mit dem Fahrrad als Untersatz radele ich zu einem Pfandhaus und hoffe, dass sie das Handy annehmen würden. Noch vor dem Laden schaue ich auf eben jenem Gerät, wie viel es denn so wert wäre, denn natürlich will ich auch nicht viele Verluste machen. Glücklicherweise geht die Zahl beinahe in das Vierstellige und ich spüre, wie das Glücksgefühl in mir aufkommt. Selbst wenn ich zweihundert Euro weniger bekommen würde, hätte es sich noch immer gelohnt. Wie Rye wohl dabei fühlen wird, wenn ich sein Geschenk verpfände? ... Das kann mir glänzlich egal sein, haha!
Lächelnd gehe ich in das Pfandhaus, in dem schon im Schaufenster jeglicher Krimskrams liegt. "Hallo", sage ich freundlich zu dem alten Mann, der mich ebenfalls begrüßt. "Ich würde gerne etwas abgeben", komme ich sofort zu meinem Anliegen und lege ihm das Handy auf die Theke, mitsamt Ladekabel und den Kopfhörern, die dabei waren.
"Oh", grinst der Mann mir gegenüber und nimmt es in die Hand. "Ein schönes Handy ..."
"Ja, fast wie neu", preise ich es an. Es hat zwar Gebrauchsspuren, doch die paar Kratzer machen kaum etwas aus! Der Mann wendet es, schaltet es ein und sieht sich wirklich jeden Millimeter von dem Gerät an, bevor er lächelt und mir den Betrag nennt, den er mir dafür geben würde. Zufrieden bin ich damit jedoch nicht. "Haben Sie es nicht genau angesehen? Das Handy ist fast das neuste vom neusten!", versuche ich, den Preis zu erhöhen und deute auf das Mobilgerät. "Mag sein, allerdings können Sie es nicht für den beinahe gleichen Preis wie ein neues Gerät verpfänden", lächelt mir der Mann freundlich zu und ich fühle, wie ich schon wieder sauer werde ... "Kommen Sie ... Das ist das einzige, was es wert wäre, verpfändet zu werden und ich brauche das Geld wirklich. Für meine Familie." Mitleidstour.
Doch sie zieht nicht. Er schüttelt den Kopf und will nicht mit sich verhandeln lassen. "Ich habe dir bereits den von meiner Seite aud höchstmöglichen Betrag genannt ..."
Dieser Mann ... macht mich wirklich wütend, wie er so tut, als könnte er keine hundert Euro mehr bezahlen ...
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