Dark Desire
Hallo meine Lieben <3
So, hier habe ich für euch einen neuen OS, der mal was anderes ist. Ich habe ihn für den Wettbewerb von der lieben Lea @leaswritings geschrieben. Es geht um Kuba, besser gesagt Havanna. Und um die Präsidentenfamilie, die hier völlig frei erfunden ist.
Ich wünsche euch viel Spass ^^
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„Da war dieses Bild. Es hing an einer riesigen Wand und strahlte eine Dunkelheit aus, die mich nicht los ließ. Aber auch so ein ... ein Licht, welches mir Hoffnung schenkte. Es war ein Spiel. Gut und Böse. Hell und Dunkel. Himmel und Hölle. Ich habe es angestarrt, wieder und wieder. Und wusste, dass ich dort sicher wäre. Dort, in der Kälte.
In einer Höhle in der Nähe der vereisten Klippen. Und nicht in der Bruthölle Havannas, wo die Sonne niemals untergeht. In der Höhle wäre es dunkel und kalt. Ich wäre alleine, niemand würde mit mir dort leben. Ich wäre frei, könnte jederzeit das Polarlicht betrachten. Mich der Schönheit dieses Naturschauspieles hingeben und vielleicht würde es mich mit sich fort ziehen. Irgendwohin, wo mich keiner kennt. Denn das ist das Problem.
Man kennt mich, meine Familie, meine Eltern. Sie haben schreckliches getan und dafür sollten sie auch büssen, aber nicht so. Nicht auf eine so grausame Art und Weise. Ich würde sie dorthin mitnehmen. Wir würden gemeinsam an diesen ruhigen, kalten und einsamen Ort gehen und uns dort ein neues Leben aufbauen. Uns würde es dort besser gehen, niemand würde uns entzweien.
Ich habe dieses Bild angeschaut, wieder und wieder. Aber jedes Mal wenn ich es angestarrt habe, wurde mir bewusst, dass ich niemals den Schnee und die Kälte sehen oder spüren würde. Denn ich bin eine Gefangene. Verstehen Sie?
Niemand kann mich befreien. Ich bin immer noch in diesem Raum gefangen, betrachte das Bild und warte darauf, dass er sich hinter mich stellt. Mir in den Nacken atmet und ich wünschte mir, mein Körper würde sich nicht danach verzehren. Oder sich nach seiner Stimme sehnen, die mir eintrichtert, dass mich mein Vater alles gelehrt hat. Zu lügen. Zu manipulieren. Zu stehlen. Zu ... töten.
Ich bin die perfekte Killerin, ausgebildet vom eigenen Vater. Zu dem ich aufgeschaut und ihn verehrt habe. Nur, um dann zu erfahren das alles worauf unsere Familie gebaut wurde, aus Blut und Gewalt besteht. Wissen Sie, wie man sich da fühlt? Wertlos.
Als wäre all das nichts wert. All die Geburtstage, die Gebete an Thanksgiving oder die Lieder an Weihnachten. Das ist alles nichts wert. Es hat nichts zu bedeuten, denn es wurde zur Aufrechterhaltung dieser Scharade genutzt, die wir Familie genannt haben. Schall und Rauch. Mehr nicht. Sie fragten, ob ich mich an etwas erinnern kann.
Oh ja, das kann ich. Ich erinnere mich an den Anfang, die Mitte und auch an das Ende. Aber vor allem erinnere ich mich an das Bild. Es fasziniert mich noch heute. Manchmal beschwöre ich es hervor, um es weiter zu betrachten. Vielleicht hat es einen höheren Sinn, eine verschlüsselte Botschaft an die Menschheit. Das egal wie viel Gewalt und Zerstörung auf der Welt herrscht, es immer einen Ort gibt, an dem wir sicher sind. Auch wenn es dort dunkel und kalt ist. Hauptsache wir leben nicht in ständiger Angst."
„Asa, wollen Sie mir Ihre Geschichte nicht erzählen? Vielleicht fühlen Sie sich danach etwas besser." Die Stimme der Therapeutin dringt in meinen Verstand ein und wird nur langsam verarbeitet. Ich reiße weiterhin am Taschentuch, welches Sie mir am Anfang gereicht hat. Wie lange das jetzt schon her ist weiß ich nicht, aber es ist fast nichts mehr davon übrig. Nur noch kleine Fitzelchen, die auf meinem Schoss liegen.
„Wollen Sie?"
Ich schiebe mir hektisch eine Strähne meines schwarzen Haares hinters Ohr, dabei verrutscht mein Oberteil und gibt die Striemen preis, die mir durch die Handschellen zugefügt wurden. Schnell schiebe ich den locker liegenden Stoff des Pullovers wieder darüber und atme durch.
„Die Wahrheit ist, dass es sehr viel früher begonnen hat", sage ich mit kratziger Stimme. Die sich nicht nur seltsam anhört, sondern sich auch genauso anfühlt. Als würde mein Hals aus Sandpapier bestehen.
„Dann erzählen Sie mir davon. Wir haben genug Zeit." Die Therapeutin lächelt mich an, es erreicht sogar ihre Augen. Nur, ob es echt ist, oder eben nicht, kann ich nicht sagen. Nicht mehr. Denn ich habe das Vertrauen in mich selbst oder in andere verlernt. Am Schluss konnte ich mir nicht einmal mehr selbst vertrauen. Ich wurde paranoid und bin es auch heute noch. Ich nicke und hole tief Luft, denn meine Geschichte ist lang und nichts für schwache Nerven.
Der Schlaf der Gerechten. So sagt man doch, oder? Aus diesem werde ich unsanft gerissen, als ich ein Poltern gefolgt von einem Krachen höre. Ich schrecke hoch und spüre, wie mein Herz wild in meiner Brust pocht. Was war das? Ich spüre die schwere Hitze, die auf meinem schweißnassen Körper klebt und die mir das Atmen erschwert. Angestrengt lausche ich.
Da!
Wieder ein Krachen. Es klingt, als ob jemand etwas fallen gelassen hat. Die Angst sitzt mir im Nacken, während ich mich so leise, wie möglich aus den Laken schäle und aufstehe. Meine Eltern sind nicht zuhause und die Haushälterin würde nicht um ein Uhr Morgens einen solchen Krach veranstalten.
Ich schlucke hart, als ich den Notfallknopf betätige, der hinten an meinem Nachttisch angebracht ist. Dieser alarmiert die örtliche Polizei, die in weniger, als zehn Minuten hier sein wird. Noch immer ist unten im Erdgeschoss die Hölle los. Ich stehe im Dunkeln und höre, wie mein Blut in den Ohren rauscht und spüre, wie mir das Herz bis zum Hals schlägt. Ich zucke zusammen, denn das Poltern hört sich verdammt nahe an.
Was, wenn die nach oben kommen?
Wieso mussten meine Eltern gerade jetzt weg?
Und warum sitzt Emanuel in dem Moment im Gefängnis, in dem bei uns eingebrochen wird?
Wo ist Gabriel, wenn man ihn braucht?
Das alles kreist in meinem Kopf herum und lässt mich keinen einzigen Schritt tun. Es ist, als ob ich völlig gelähmt bin. Ich stehe nur da und atme. So schnell und flach, dass mir ganz schwummrig wird.
Schritte!
Sie sind hier und werden mich holen. Das Schlurfen schwerer Stiefel sticht sich in meinen Kopf, verätzt meine Gehörgänge und lässt mich jedes Mal zusammenzucken.
Was soll ich nur tun?
Innerhalb weniger Sekunden muss ich mich entscheiden. Auf leisen Sohlen schleiche ich mich zum Schrank, öffne die Tür und verstecke mich. Gerade rechtzeitig, denn die Tür fliegt krachend auf und ein Schatten huscht an mir vorbei. Ich kann ihn durch die Rillen in der Schranktür sehen und halte den Atem an. Er steht in der Mitte des Raumes und hat mir den Rücken zugewandt. Ich warte den perfekten Moment ab, öffne die Tür und renne aus meinem Zimmer.
Der Flur ist von einem grellen Licht erhellt, dass mich blendet. So schnell ich kann stürze ich die Treppe runter und schlittere in Socken über den rutschigen Bodenbelag. Alles passiert so verdammt schnell, dass ich gar nicht weiß, wie das alles passieren kann. Denn, als ich zur Haustür rennen will, verliere ich den Halt und stürze.
Ich lande unsanft auf dem Boden und damit direkt vor zwei Füße. Ich zittere am ganzen Körper, bin starr vor Schreck und spüre dieses Stechen in meinen Schläfen. Mein Blick gleitet Stück für Stück nach oben, doch ich kann das Gesicht des Mannes nicht sehen. Er ist viel zu groß und sieht so massig aus, dass er meinem Schrank Konkurrenz macht.
Wo ist Gabriel? Wieso ist er nicht da und beschützt mich, wie es seine Aufgabe ist?
Während mein Verstand noch dabei ist, diesen Fragen nachzugehen, greifen zwei Hände nach mir und ziehen mich beinahe mühelos auf die Füße. Doch meine Knie sind so weich, wie Wackelpudding und sacken unter meinem Federgewicht zusammen.
Was den Mann wütend macht, denn er packt mich an den Haaren und schleift mich durch das Zimmer. Schreiend und wimmernd wehre ich mich, doch der Mann ist zu stark und ich bin alleine. Schluchzend liege ich auf dem Wohnzimmerteppich und versuche mich so gut es geht zu schützen.
„Nicht! Tun Sie mir bitte nichts!", wimmere ich und halte mir die Hände vors Gesicht. Zwischen meinen Fingern kann ich den Mann sehen. Er sieht mich aus kalten Augen heraus an, streicht sich über seinen dichten Bart und gibt seinem Kumpel ein Zeichen.
„Nein!", zische ich, als dieser auf mich zu kommt und mich auf die Knie zieht. Ich verliere das Gleichgewicht und stütze mich mit den Händen ab, sodass ich auf allen vieren vor ihnen knien. Ich habe das Gefühl, dass das nicht real sein kann. Ist das ein Traum? Wohl kaum.
„Wenn ihr Geld wollt, ich weiß, wo der Safe ist", presse ich zwischen zwei Schluchzern hervor und schaue wieder den Typen mit dem dichten Bart. Er sieht aus, wie einer mit arabischen Wurzeln. Ziemlich gut aussehend, aber auch Furcht einflössend.
Er ragt, wie ein Fels vor mir auf und könnte in sekundenschnelle alles mit mir anstellen. Schlimmeres als ein Schuss in den Kopf. Mich schüttelt es bei dieser Vorstellung und mein Magen sackt nach unten.
„Meine Eltern sind nicht da. Wenn ihr -", rede ich weiter und werde von ihm unterbrochen.
„Halt deine verdammte Klappe!", brüllt er mich an. Ich zucke zusammen und schließe die Augen. So fest, dass es wehtut und ich bunte Lichter vor meinen Lidern sehe.
„Wir wollen nicht zu deinen Eltern, Kleine", meint er mit eisiger Stimme. Ich harre aus, versuche meinen Verstand vor dem Durchdrehen zu bewahren. Doch das ist gar nicht so einfach.
„Wo ist Gabriel?" Ich höre ein Lachen und realisiere, dass ich das gerade laut gesagt habe. Dabei war es eine flehende Frage, die mich nicht loslässt.
„Du meinst diesen Typen mit den blonden Haaren und den Sommersprossen auf der Nase?" Ich öffne die Augen und nicke. Als er in schallendes Gelächter ausbricht und mit der Waffe herumfuchtelt, die er in der Hand hält seitdem ich vor seine Füße gelandet bin, weiß ich, was mit meinem Bodyguard passiert ist.
„Du hast ihn umgebracht!", zische ich und zittere vor Wut. Ich schaue zu diesem Typen auf und kann nicht fassen, dass er den Mann getötet hat, der seit meinem siebten Lebensjahr auf mich aufgepasst und mich beschützt hat.
„Was denkst du denn, Kleine? Hm? Das ich ihn gefesselt in irgendeine Besenkammer gesteckt habe?", lacht er und kommt auf mich zu. Ich schaue ihm fest in die Augen, denn die Wut verleiht mir den Mut, der mir zuvor gefehlt hat.
Er streicht mir das braune Haar aus dem Gesicht und beugt sich zu mir runter. Seine Finger umfassen mein Gesicht, seine Nägel bohren sich in meine Wangen und tun verdammt weh. Ich zucke zusammen, als sein Atem meine Haut berührt und schlucke, als sein Daumen über meine Unterlippe fährt.
„Hübsch bist du ja", säuselt er und ein gieriger Ausdruck legt sich in seine kalten Augen. Das Blut in meinen Adern rauscht und fühlt sich wie Lava an, kochend vor Wut über die Ungerechtigkeit, die meinem Beschützer und mir widerfährt.
„Und jung. Verdammt, ich muss mich zusammenreißen, um dich nicht gleich hier flachzulegen", gibt er von sich und schürt in mir die Übelkeit. Sie sammelt sich in meinem Magen und lässt ihn nach noch weiter nach unten sacken. Doch so lange er auf mich fixiert ist, kann ich vielleicht das ausnutzen.
Mein Blick huscht zu seinem Komplizen, der mit seinen roten Haaren ziemlich auffällig ist und sich in unserem Wohnzimmer, welches bereits verwüstet wurde, umsieht. Er nimmt ein Bild in die Hand auf dem meine gesamte Familie zu sehen ist. Mom, Dad, Emanuel und ich. Ich will ihn daran hindern, ihn davon abbringen unsere Bilder anzufassen und dabei das Ansehen unserer Familie zu beschmutzen.
„Deine Eltern haben ganze Arbeit geleistet. Nur die besten Gene", brabbelt der Araber weiter und verschlingt mich weiterhin mit seinen Blicken. J
etzt oder nie, denke ich und stoße einen Schrei aus, der mir durch Mark und Bein geht und stürze mich auf den Typen. Ich packe ihn an seinem schwarzen Sweatshirt und zusammen fallen wir zu Boden. Er stöhnt und ringt um die Kontrolle, doch ich lasse mich nicht so leicht abschütteln. Ich muss an die Waffe kommen, damit kann ich mir wenigstens einen Vorsprung erkämpfen.
„Du verdammtes Miststück!", brüllt er und packt mich an den Haaren. Ich schreie auf und mein ganzer Körper verkrampft, als er mich zu Boden drückt und mit seinem Gewicht festnagelt. Ich atme hektisch, spüre jeden Atemzug bis tief in meinen Bauch. Tränen rinnen an meinem Gesicht runter, welches sich heiß anfühlt. Ich keuche und will mich wehren, doch er ist zu schwer. Viel zu schwer ...
„Was fällt dir ein!", schreit er und verpasst mir mit dem Griff der Waffe einen Schlag gegen den Kopf. Ich stöhne gequält, huste und sehe Sterne, alles ist verschwommen und ich höre die Stimmen nur noch durch dumpf.
„Denkst du wirklich, du kannst mich einfach so überrumpeln?" Er verpasst mir noch einen Schlag, dieses Mal trifft er meine Schläfe. Der Schmerz ist so stark, dass ich wegdrifte. Ich spüre, wie er von mir ablässt und kämpfe gegen die Ohnmacht an. Die wohl erträglicher wäre, als dieses Szenario, aber ich muss wach bleiben. Ich liege auf der Seite und fasse an meine Stirn, fühle dort etwas warmes, klebriges und weiß, dass es Blut ist. Mein Blut
„Du schuldest uns einiges und es wird Zeit, dass du anfängst zu begreifen, dass deine Eltern nicht ganz so sauber sind, wie sie dir weismachen wollten."
Ich weiß nicht, wovon er redet, was ihn sauer werden lässt. Denn er verzieht das Gesicht und tritt mit dem Fuß gegen meinen Bauch. Ich huste, krümme mich vor Schmerz und weine immer noch. Doch er tritt noch einmal zu und noch einmal. Vor Schmerzen krümme ich mich zusammen und bekomme kaum noch Luft. Die beiden Typen unterhalten sich, kümmern sich nicht um mich. Ich versuche zu lauschen, doch ich verstehe nur ein paar Fetzen.
„Es ist nicht hier ... Sie ist nur Ballast ... Aber er meinte doch ... E-Man ... gelogen ... büssen." Was soll das bedeuten? E- Man? Woher kenne ich diesen Namen?
Doch ich komme nicht mehr dazu mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Denn das schwarze Loch tut sich vor mir auf und saugt mich in sein dunkles Inneres. Ich bin gefangen, sehe keinen Ausweg. Keine Ahnung, wie lange ich da drin war. Doch, als es mich wieder ausspuckt ist von den Typen nichts mehr zu sehen. Ich öffne die Augen, nehme alles immer noch verschwommen wahr. Mir ist übel und mein Magen krampft sich zusammen.
Ich kann mich gerade noch wegdrehen, schon würge ich den Inhalt raus, der sich noch in meinem Magen befindet. Ich werde durchgeschüttelt und würge auch dann noch, als nichts mehr drin ist. Tränen strömen mir übers Gesicht, Rotz sammelt sich in meiner Nase und sucht sich ebenfalls einen Weg heraus.
Ich setze mich gerade hin, atme tief durch und wische mir übers Gesicht. Um mich herum liegen zerbrochene Vasen, zertrümmerte Möbel und aufgeschlitzte Kissen. Das Chaos könnte nicht perfekter sein. Mühsam kämpfe ich mich auf die Füße und bleibe einige Sekunden stehen, um den Schwindel zu bekämpfen, der mich überfällt.
„Es ist nicht hier ... Sie ist nur Ballast ... Aber er meinte doch ... E-Man ... gelogen ... büssen."
E-Man! So schnell ich kann haste ich zur Treppe und kämpfe mich hoch. Ich stürme in das Zimmer meines Bruders und stehe auch hier vor einem Chaos. Sie haben alles durchsucht! Diese Erkenntnis ist, wie ein Schlag in die Magengrube und zieht mir fast den Boden unter den Füssen weg.
In meinem Innern tobt noch immer die Ohnmacht, doch bevor ich zusammenbreche – vor Schmerzen oder vor dem Unverständnis über all das, was gerade passiert ist – gehe ich zu seinem Schreibtisch und rüttle an jeder Schubblade. Beide gehen auf, nur die letzte ist verschlossen. Ich schaue mich um und hole Daddys Brieföffner, steche in den Spalt und breche die Schublade schließlich auf.
Atemlos lasse ich das Messer auf den Boden fallen und durchsuche den Inhalt. Verzweifelnd ertaste ich das, wonach ich gesucht habe. Ein kleines Buch. Ich ziehe es hervor und blättere es durch, als mir ein Blatt heraus fällt. Ich hebe es auf und schaue auf einen einzigen Namen und weiß, dass ich nur mit seiner Hilfe daraus komme. Auch wenn ich dafür einen Packt mit dem Teufel schließen muss.
Ich kann nicht fassen, dass ich das tue. Ich streiche das goldene Satinkleid mit den Pailletten glatt, welches mir gerade knapp über die Oberschenkel reicht. Die schwarzen High-Heels sorgen für einen aufregenden Look und meine wilde Lockenpracht ist nicht zu übersehen.
Nachdem die Schlägertypen bei mir waren und mein Zuhause völlig zerstört haben, habe ich dieses gefaltete Blatt Papier einem Namen darauf gefunden. In mir formte sich ein Plan, den ich nun ausführe. Auch wenn er sich ziemlich krank anfühlt und für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist.
Aber es ist die einzige Möglichkeit überhaupt herauszufinden, was das ganze mit mir oder meiner Familie zu tun hat. Also habe ich das was ich dafür brauche in eine Tasche gestopft und das Haus verlassen, bevor die Polizei aufgetaucht ist. Ich bin mit dem nächsten Bus in die Stadt gefahren und habe mich dort umgezogen und gestylt.
Die Wunden an meinem Körper verdeckt das Kleid gerade mal so und die Kratzer in meinem Gesicht, habe ich so gut es geht versucht zu überschminken. Was mir aber nicht ganz gelingen wollte. Dennoch schreite ich mit erhobenem Kopf durch das nächtliche Havanna. Die Strassen sind hell erleuchtet und die vielen Bars und Clubs ziehen etliche junge Leute an. Aber ein Club sticht aus diesem Meer heraus.
Es ist der luxuiröseste und gefragteste Nachtclub in ganz Kuba und es gehört dem Mann, zu dem ich unterwegs bin. Einem ziemlich hohen Tier in der Drogenszene. Das ist allgemein bekannt und lockt hunderte Teenies, um es ihm gleich zu tun. Nur ich bin nicht wegen des Ruhmes oder wegen des Geldes hier, sondern, weil ich keine andere Wahl habe.
Diese Schlägertypen haben mein Haus verwüstet, mich verprügelt und ich habe keine Ahnung wieso. Ich sehe die lange Schlange, die sich vor dem glänzenden Äußeren des Clubs gebildet hat und nehme all meinen Mut zusammen. Mit einem Selbstbewusstsein, welches mir zwar in die in die Wiege gelegt wurde, mir aber im Moment abhanden gekommen ist, gehe ich an all den Frauen und Männern vorbei, die darauf warten endlich rein gelassen zu werden.
Ich höre, wie sie mich ausbuhen, aber das ist mir egal. Ich muss da rein, egal wie. Ich schwinge mit meinen Hüften, auch wenn mich die Schmerzen beinahe umbringen und bleibe mit einem Augenaufschlag vor dem breitschultrigen Türsteher stehen. Der mich mit seinen kleinen Schweinsaugen anstarrt und abschrecken sollte. Doch nach einer solchen Nacht wie dieser, schockt mich nichts mehr.
„Ich bin mir sicher, dass du mich kennst, aber um Missverständnisse zu vermeiden nenne ich dir meinen Namen doch noch", sage ich mit fester Stimme, obwohl ich vor Angst innerlich verkrampfe. Er verzieht keine Miene, auch kann ich nichts in seinen Augen erkennen, dass er von meinem gewagten Auftritt begeistert ist.
„Mein Name ist Asa Delgado und ich bin die Tochter des Präsidenten." Hinter mir höre ich sofort Getuschel. Der Türsteher scheint eine Info zu bekommen, denn er murmelt etwas in das Headset, das er trägt und öffnet mir das rote Band. Bevor ich reingehe und werfe ich den tuschelnden Menschen hinter mir einen triumphierenden Blick zu.
Mit kleinen Tippelschritten betrete ich das Innere des Clubs. Die Wände des Eingangbereichs sind in einer goldenen Schlangenlederoptik und schimmern. Beinahe ehrfürchtig lasse ich meine Finger darüber gleiten, während ich weiter laufe. Die Bässe sind hier schon ziemlich stark, sie wummern in meinem Herzen und wecken meine gequälte Seele ein Stück weit aus ihrer Starre.
Auch im Hauptraum des Clubs, wo sich die Tanzfläche, die Bar und eine kleine Sitzlouge befinden, schimmert und glitzert es in warmen Goldtönen. Ich war noch nie zuvor hier und doch habe ich das seltsame Gefühl, als hätte ich diese verdorbenen Hallen bereits einmal betreten.
Die Musik ist laut, die Tanzenden bewegen sich rhythmisch dazu und zaubern eine Atmosphäre, die dem Himmel auf Erden gleicht. Auch wenn es hier heiß, wie in der Hölle ist. Ich stehe da, als wäre ich in eine völlig andere Dimension gefallen. Wenn man einige Stadtteile Havannas mit dem Luxus in diesem Club vergleicht, dann kann man das so durchaus davon reden.
Der Kronleuchter über der Bar, die mit einer Vielzahl an Spirituosen bestückt ist, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Als ich mich zielstrebig darauf zu bewege, werde ich von einem schwarzhaarigen Mann mit Kajal unter den Augen begrüßt.
„Für eine solche Schönheit, wie dich gibt es nur ein Getränk", meint er verschwörerisch und schiebt mir ein Glas Champagner hin. Stirnrunzelnd ergreife ich es und nippe daran. Das Prickeln auf meiner Zunge überrascht mich nicht, aber es ist eine willkommene Abwechslung zu der stetigen Anspannung, die ich seit dem Überfall verspüre.
Die Frage, wie es meinen Eltern und meinem Bruder geht, schiebt sich wieder in den Vordergrund. Aber bevor ich dazu komme weiter darüber nachzudenken, gesellt sich jemand neben mich. Ich schaue in die Augen eines Mannes, der mir bekannt vorkommt. Aber mein Gehirn befindet sich nicht nur in einem Ausnahmezustand, sondern liegt noch immer leicht im Nebel.
„Wir haben Sie bereits erwartet, Miss Delgado. Wenn Sie mir folgen würden", sagt er, als sich unsere Blicke kreuzen. Ich schlucke. Mein Körper will streiken, doch ich zwinge ihn einfach dazu diesem Mann nach einem flüchtigen Nicken zu folgen. Mein Glas halte ich weiterhin in der Hand, während wir neben der Tanzfläche in einen dunklen Flur verschwinden.
Meine Finger klammern sich so fest an das dünne Glas, dass ich Angst habe, dass es zerspringt. Doch die Glassplitter wären nur noch weitere Wunden, die mir in dieser Nacht zugefügt würden. Der Mann trägt einen eleganten Smoking und wirkt, als wäre er gerade einer ziemlich noblen Gesellschaft entflohen.
Kann es sein, dass das alles zusammenhängt? Oder sehe ich Zusammenhänge, wo keine sind?
Ich betrete einen dunklen Raum und spüre, wie mein Herz zu pochen beginnt. Doch ich atme tief ein und aus, versuche mich zu beruhigen. Doch die Panik ist schneller als ich.
„Was soll das?", kreische ich. Ich drehe mich, oder habe das Gefühl mich zu drehen und dann drückt mir jemand plötzlich ein Tuch auf Mund und Nase. Vor Schreck lasse ich das Glas fallen und höre, wie es auf dem Boden zerschellt. Ich packe den Arm, der mir mit voller Wucht dieses grässliche Tuch aufs Gesicht drückt, doch es ist, als würden meine Gliedmassen versagen. Mir wird schwindelig und auf einmal hat mich dieses schwarze Nichts wieder verschlungen.
Ich öffne die Augen und weiß nicht, was passiert ist. Mir tut alles weh. Doch ich bin nicht verletzt. Ich richte mich auf, lehne mich gegen die Wand und befinde mich nicht mehr in dem kleinen, stickigen Zimmer im Club, sondern in einem größeren, kühleren Raum.
Ein fahler Lichtschein dringt zu mir und als ich den Blick hebe, erkenne ich, dass das Licht von der Wand hinter mir stammt. Ich drehe mich vorsichtig um. Denn die Schmerzen, die in meiner Seite aufflammen, sind so stark, dass jede noch so kleine Bewegung höllisch wehtut.
„Wo bin ich hier?", flüstere ich. Ein kalter Windhauch streift meine nackten Arme und erzeugt eine Gänsehaut, die nicht enden will. Die Wand oder besser gesagt das Bild, welches an der Wand hängt, wird von einem LED-Spot erhellt.
Es zeigt eine vereiste Landschaft irgendwo im Norden. Es sieht dunkel aus, bedrohlich und doch ist da das Polarlicht, welches Hoffnung und Zuversicht ausstrahlt. Es zu betrachten lässt mich ruhiger werden, meine Atmung genau wie der Puls wird langsamer. Ich stehe auf und schaue es mir genauer an. Die Felsen und das Wasser wirken auch mich, wie ein sichrerer Hafen. Als würde dort keine Gewalt existieren.
Dort wäre ich jetzt gerne.
„Wunderschön nicht wahr?", erklingt eine tiefe, samtige Stimme. Ich zucke zusammen, spüre, dass jemand hinter mir steht. Jemand atmet mir in den Nacken, was mir die Kehle zuschnürt und das Herz so schnell schlagen lässt, dass mir schwindelig wird.
„Es ist so düster und doch freundlich. Man kann die Kälte beinahe körperlich spüren." Ich kenne die Stimme nicht, aber sie hört sich gut an. Kräftig und rau. Es ist ein Mann, so viel kann ich sagen.
„Was wollen Sie von mir?", frage ich, nachdem ich mich gesammelt habe. Die Anspannung wächst mit jeder Sekunde, die an mir vorbeizieht. Wie spät es ist und, wie lange ich hier schon gelegen habe, weiß ich nicht. Ich habe jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren.
Ein leises Lachen reißt mich aus meinen Gedanken bereitet mir eine Gänsehaut, die mich erschauern lässt. Ein Finger streichelt über meinen Hals, was mich nach Luft schnappen lässt.
„Schhh. Reden verdirbt den Moment." Obwohl ich unter Schock stehe, Angst und Panik sich in mir festsetzen, verdrehe ich die Augen und bin froh, dass er es nicht sehen kann.
„Ich brauche Ihre Hilfe und ich weiß auch, dass Sie mir diese geben werden", sage ich deshalb und spüre, wie er sich hinter mir anspannt. Wie gerne ich sein Gesicht sehen würde, denn ich frage mich die ganze Zeit, ob es zu seiner Stimme passt. In mir formt sich ein Bild von einem Mann, dessen er bestimmt nicht gerecht wird.
Wäre das schlimm? Immerhin sind in den letzten Stunden so viele grausame Dinge vorgefallen, die meine Fragen und Vorstellungen völlig surreal dastehen lassen. Bin ich verrückt geworden?
„Ich schulde dir nichts", knurrt er. Ich zucke nicht mehr zusammen, bin über seinen schnellen Wechsel dennoch überrascht. Aber ich werde nicht klein bei geben, dafür habe ich das nicht alles durchstehen müssen.
„Ich bin mir sicher, dass Sie das tun. E-Man, der Name sagt Ihnen bestimmt etwas. Oder irre ich mich da?" Schweigen. Er sagt nichts. Lässt mich mit dem Gesicht zur Wand stehen und je länger das so geht, desto mehr fühle ich mich, wie ein kleines Mädchen, das man zu Unrecht für etwas bestraft. Und ich habe dieses Gefühl schon als Kind gehasst. Was meine Wut nur noch mehr schürt und mich bald explodieren lässt.
„Das ist der Spitzname, den Ihre Gang meinem Bruder gegeben hat. Und genau dieser E-Man wurde bei einem Raubüberfall geschnappt und sitzt seitdem im Gefängnis. Wegen Ihnen!", zische ich und zittere am ganzen Körper. Ich spüre, wie er näher kommt und mir jetzt so nahe ist, dass ich seinen Körper an meinem fühlen kann. Ich schlucke, atme tief durch und mache weiter.
„Also bin ich mir sicher, dass Sie wissen wovon ich rede. Und Sie werden mir Ihre Hilfe geben, denn das schulden Sie mir", ende ich und drehe mich um. Doch er ist schneller und drängt mich mit zwei Schritten gegen die Wand. Unsanft pralle ich mit dem Hinterkopf dagegen. Hastig schnappe ich nach Luft und spüre seine Hände an meinem Körper.
Das Licht erhellt nun sein Gesicht und ich weiß nicht, wieso ich auf einmal enttäuscht bin. Denn dieser Mann hat rein gar nichts mit meiner Vorstellung zu tun. Er hat ein schmales Gesicht, kurze schwarze Haare, dichte Brauen und seine Lippen sind ebenfalls nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe.
Nur seine Augen, die mich listig und ziemlich gierig ansehen, sind denen in meiner Fantasie ähnlch. Sie sind braun, wirken hier aber fast tiefschwarz und üben eine Faszination auf mich aus, die berauschend ist.
„Bist du enttäuscht?", säuselt er und spielt mit meinen Haaren. Er wickelt sie um seinen Finger und lässt sie wieder los. Er schluckt, dabei hüpft sein Adamsapfel rauf und runter. Dabei fällt mein Blick auf das Tattoo, welches in seine Haut gestochen wurde. Es zeigt einen Adler, besser gesagt seine Flügel.
Oder ist es ein Phoenix, der aus der Asche auferstanden ist?
„Dann geht es dir, wie mir", fügt er hinzu und reißt mich ins Hier und Jetzt zurück. Ich weiß nicht, was wer meint und als ich ihm wieder in die Augen schaue, hebt sich eine Braue und ein sardonisches Lächeln legt sich auf seine Lippen.
„Du willst also meine Hilfe", haucht er und ich nicke. Er kommt meinem Gesicht immer näher, presst mich weiterhin gegen die Wand, sodass ich seine Hitze spüren kann. Wir atmen dieselbe Luft und das bringt mein Blut in Wallung. Ich war einem Mann noch nie so nahe, vor allem keinem Gangster.
„Gut." Wieder lächelt er, doch es erreicht seine Augen nicht, die auf mich gerichtet sind und mich mit Haut und Haaren verschlingen wollen. Seine Finger zeichnen meine Wangenknochen nach und als sein Daumen über meine Unterlippe streicht, keuche ich auf. Sein Gesicht verdunkelt sich noch mehr und ich spüre, dass er eine Entscheidung getroffen hat.
Wie sich diese auf mein Leben auswirken wird, weiß ich nicht. Aber ich ahne, dass damit alles auf den Kopf gestellt wird und danach nichts mehr ist, wie es einmal war. Er beugt sich nach rechts, seine Lippen streifen dabei meine Schläfe und ich erschauere wieder und wieder. Ich halte den Atem an und warte auf seine Antwort, die er mir ins Ohr raunt und damit alles verändert. Unwiderruflich.
„Dann zeig mir was du drauf hast und wir sind im Geschäft."
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So, das war er. Was haltet ihr davon?
eure Amanda
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