5. Kapitel
Drei Wochen vor Nathalies Rettungsaktion.
Arcadia
Als ich aus dem Bad komme, wartet Askan vor der Tür und mustert mich mit besorgter Miene. Er greift nach meiner Hand und sagt: „Komm mit ... Ich will dir etwas zeigen."
Er zieht mich sanft mit sich in Richtung Treppe und grinst mich dabei schelmisch an.
„Das wird dir gefallen, versprochen."
Er tut mir unfassbar leid, weil er sich so viel Mühe gibt. Einfach alle geben sich Mühe, abgesehen von mir, weil ich an nichts anderes mehr denken kann als daran, wie ich Nathalie am besten aus diesem Teufelskreis befreie.
„Mach deine Augen zu, Bambi."
„Bambi?" Verwundert lege ich meinen Kopf schief und werfe ihm einen fragenden Blick zu.
Seitdem wir ein Paar sind, lässt Askan keine Gelegenheit aus, um mir einen seiner merkwürdigen Kosenamen zu verpassen. Aber dafür liebe ich ihn einfach, weil er ist, wie er eben ist.
„Na wegen deiner Rehaugen. Dich einfach nur ‚Reh' zu nennen, kam mir irgendwie zu plump vor."
Und zupft ein Lächeln an meinen Mundwinkeln. Dieser Idiot schafft es doch immer wieder mich zum Lachen zu bringen.
„Los, mach jetzt deine Augen zu, sonst verdirbst du die Überraschung!"
Er umfasst meine Taille und hält mit seiner anderen Hand meine Augen zu, um sicher zu gehen, dass ich nicht doch durch meine Finger hindurchspitze. Dann führt er mich Stufe für Stufe nach oben.
„Hat Otilias Vater nicht extra einen Aufzug einbauen lassen?"
„Stimmt ... Das hatte ich irgendwie nicht auf den Schirm." Typisch Askan. „Aber immerhin hab' ich so mehr Zeit dich zu berühren."
Ich kann sein dämliches Grinsen förmlich hören.
„Baby, du wirst noch unzählige Gelegenheiten haben mich anzufassen ..."
... vorausgesetzt ich überwinde mein Trauma irgendwann.
***
Oben angekommen, bleiben wir plötzlich stehen.
„Sind wir schon da?", hake ich neugierig nach.
„Fast ...", entgegnet Askan, während er mir plötzlich unter meine Kniekehlen greift und mich hochhebt.
„Spinnst du?! Willst du etwa, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?"
„Entspann dich, Baby ... Lehn dich zurück und lass dich von mir über die Schwelle tragen."
„Du bist so verrückt, Askan Liam Harrison!"
„Und du bist so schön, Arcadia Calea Thomson."
Seine Worte erwärmten mein gebrochenes Herz so sehr, dass ich erneut lächeln muss.
„Bist du bereit?", möchte er von mir wissen.
„Ich würde gerne ja sagen, allerdings weiß ich gerade nicht, worauf ich mich hier eingelassen habe."
Langsam löst er seine Hand von meinem Gesicht und wispert eines so raues „Happy Birthday" in mein Ohr, dass ich schlagartig Gänsehaut bekomme.
Im gesamten Raum brennen unzählige Kerzen und neben einem großen, runden Bett, steht ein verpacktes Geschenk auf dem Nachttisch.
Askan geht auf das Geschenk zu und schiebt es beiseite, woraufhin eine Flasche Champagner und zwei dazu passende Gläser zum Vorschein kommen. Er öffnet die Flasche und es ertönt ein lauter Korkenknall, welcher mich zusammenzucken lässt. Anschließend schenkt Askan etwas in eines der Gläser ein und reicht es mir.
„Hier, für dich."
Ich nehme es entgegen und warte ab, bis auch er sich etwas eingeschenkt hat, damit wir gemeinsam anstoßen können.
„Auf dich! Die mutigste, schönste und heißeste junge Frau, die ich kenne."
„Müsste nicht eigentlich ich eine Ansprache halten?", frage ich amüsiert.
„Hey, ich wollte bloß süß sein!" Askan zieht eine Schnute, die nach kurzer Zeit in ein strahlendes Lächeln übergeht, welches mein Herz noch höherschlagen lässt, als zuvor.
„Cheers, du verrückter Kerl!"
Ich kann es einfach nicht fassen, dass Otilia uns das Zimmer überlassen hat, ohne dabei zu hinterfragen, was wir im Zweifelsfall hier drinnen anstellen würden. Aber das passt auch irgendwie zu ihr.
„Baby ... Tilly hat vorgeschlagen, dass wir bei ihr übernachten können. Was hälst du davon?"
Ich schlucke die kalte Brause hinunter und senke das Glas, um für einen kurzen Moment lang innezuhalten.
„Also nur, wenn du das auch willst. Wir müssen natürlich nicht!" Askan gestikuliert mit seiner freien Hand wild in der Gegend herum, um seinen Worten nochmal nachhaltig Ausdruck zu verleihen.
Allerdings ist mir nicht wohl dabei, in dem Haus eines Mannes zu übernachten, der seine Tochter wie den letzten Dreck behandelt. Otilia und ich sind seit dem Vorfall im Verbindungshaus sehr gute Freundinnen geworden und sie hat mir viele Dinge anvertraut, die sie sonst niemanden erzählt hat. Deshalb kann ich Askan auch keinen Vorwurf machen, denn er ist sich nicht im Klaren darüber, was für ein Monster Mr. Urbanescu eigentlich ist.
„Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir bei dir oder bei mir übernachten würden."
Die Enttäuschung ist im förmlich anzusehen, jedoch versucht er diese so gut wie möglich mit einem Lächeln zu überspielen.
„Oh ... Das ist natürlich kein Problem. Mom ist heut' Abend sowieso bei ihrem Macker, da können wir problemlos bei mir ..."
Ich unterbreche die Konversation mit einem Kuss, weil ich genau weiß, was Askan gerade braucht und weil ich mich bei ihm bedanken möchte. Er hat alles auch nur Erdenkliche getan, um mir Mut zu machen und ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Und anstatt, dass ich seine Annäherungsversuche zulasse, habe ich ihn ständig abgewiesen. Er ist so geduldig, wie es niemand sonst gewesen wäre.
„Okay ... Erstens, wofür war der? Und zweitens, wie bekomme ich mehr davon?"
Er umfasst meine Taille und zieht mich näher an sich heran.
„Der erste war dafür, weil du eindeutige zu viel redest", hauche ich in sein Ohr. „Und der hier ist dafür, weil du so süß bist und dich immer um mich kümmerst."
Dann lege ich erneut meine Lippen auf seine und lasse meine Zunge langsam in seinen Mund gleiten. Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal so habe fallen lassen können, wie in diesen Moment. Anschließend nimmt Askan mir ohne Vorwarnung mein Glas ab, lässt von mir ab und trinkt es in einem Zug leer.
„Hey!", protestiere ich.
Doch er grinst nur frech und stellt die leeren Gläser wieder zurück auf den Nachttisch. Danach greift er nach dem Geschenk, ehe er es mir überreicht.
„Hier, mach auf."
„Hat das nicht noch bis nachher Zeit? Ich wollte ..."
„Shhhh! Keine Wiederrede! Na los, mach schon auf!", fordert er.
Ich verdrehe die Augen und nehme das Geschenk entgehen.
„Okay, dann packe ich eben zuerst das Geschenk aus."
Vorsichtig ziehe ich an der roten Schleife, um nichts kaputt zu machen. Doch Askan kann mal wieder nicht warten und hebt den Deckel des Geschenks an, von dem ich angenommen habe, es sei komplett verpackt.
„Mann, Bambi! Du brauchst immer viel zu lange für alles!"
„Und du konntest es schon als Kind nie abwarten, bis ich meine Geschenke ausgepackt habe."
„Da schau, es ist offen! Herzlichen Glückwunsch!"
Ich werfe einen Blick in das Innere der Packung und pruste lauthals los.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst!"
„Bevor du was sagst ... Das Ganze war Rose' und Tillys Idee ... Ich schwöre, dass ich damit rein gar nichts zu tun habe."
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