18. Warnung
Ich habe den Kapitän eben darüber informiert, dass uns der magische Sturm innerhalb der nächsten zwei Tage erreichen wird. "Geh Peter holen, schnell." - "Eye, sir!" Ich renne quer über das Deck zu Peter und weiche dabei geübt jedem in meinem Weg aus. "Erster Offizier, Sir, der Kapitän ruft nach ihnen, es geht um den Sturm und es ist dringend." Einige der Bootsleute in der Nähe erstarren bei meinen Worten doch da Peter ruhig bleibt beruhigen sie sich ebenfalls wieder. "Ich komme, geh voraus."
Wie immer will ich mich auch jetzt schnell verkrümeln sobald wir die Kajüte des Kapitäns erreicht haben, aber Eryk befiehlt mir zu bleiben. Dann kommt er direkt zur Sache. "Der magische Sturm ist nah und auf dem Weg zu uns. Er wird uns in den nächsten zwei Tagen treffen und er ist groß." Informiert er Peter der ihn überrascht ansieht. "Und du weißt das, weil?" Der Kapitän deutet auf mich. "Levi hat es gesagt." Daraufhin dreht sich Peter zu mir und wiederholt in aller Ruhe seine Frage. "Und du weißt das, weil?" Ich zucke verlegen mit den Achseln. "Mein neuestes Talent - ein Geschenk von Fryr. Ich kann den Sturm fühlen."
Die beiden starren mich an und tauschen dann einen wissenden Blick aus. "In dir steckt deutlich mehr, als man auf den ersten Blick sehen kann.", murmelt Peter vor sich hin und der Kapitän nickt zustimmend. "Ich hätte es wissen müssen. Deshalb hat Nonna so großes Interesse an dir." Ich lasse mir seine Worte durch den Kopf gehen und alles, was ich bisher über diese Augenmagie gelernt habe. Ich erinnere mich an die Regeln, wer was sehen oder vor wem verbergen kann, und mir kommen auch Nonnas Worte dazu wieder in den Sinn. Demnach konnte Mama die Magie nur solange vor mir verheimlichen, bis ich danach gesucht habe, danach nicht mehr, denn ich war der stärkere Part.
Er hat mir mehrfach tief in die Augen gesehen, doch ich konnte meine Magie verborgen halten. Hat er vor mir ebenfalls etwas verborgen? Ich habe nie bewusst danach gesucht. Aber jetzt, wo mich die beiden anstarren, untersuche ich sie fragend und bekomme augenblicklich meine Antwort. Peter hat hell leuchtende Augen während der Kapitän silberne Sprenkel besitzt. Aus einem Gefühl heraus lasse ich die beiden jetzt für ein paar Sekunden meine eigenen Sprenkel sehen und Peter reagiert entsprechend erstaunt aber der Kapitän ist nicht im geringsten überrascht und nickt lediglich beeindruckt. "Ich vertraue dir und danke Fryr für sein Geschenk an dich, dass er auf diese Weise auch uns zur Verfügung gestellt hat. Erzähl uns alles was du weißt. "
"Der Sturm hat eine Menge Kraft gesammelt bevor er sich auf den Weg machte. Er bewegte sich nördlich in Richtung der Berge und etwas östlich Richtung Alta, aber heute früh hat er die Richtung geändert, bewegt sich nun südlich und folgt uns. Im Moment berührt nur der äußerste Rand des Sturms den Fluss, doch je näher er kommt um so mehr schiebt er sich über ihn." Keiner der beiden zweifelt an meiner Einschätzung und Peter erkundigt sich nach der Antwort auf die selbe Frage, die Eryk schon gestellt hat. "Also wenn wir anhalten oder vielleicht etwas schneller voraus fahren, haben wir dann eine bessere Chance?" Ich schüttele traurig den Kopf. "Ich kann seine Bewegungen nicht voraus sehen. Er wechselt seine Richtung zu häufig. Fryr hat bis heute noch nie so einen Sturm beobachtet, der seine Richtung so schnell und so oft wechselt."
Der Kapitän schüttelt nun ebenfalls sein Haupt. "Wir können nicht auf eine schwache Hoffnung bauen." Er geht zur Karte an der Wand und prüft, wo wir uns gerade befinden und welche Streckenabschnitte wir schnell erreichen können. "Können wir nicht einfach vor Anker gehen und Schutz an Land suchen?" Peter beantwortet meine Fragen mit einem energischen Nein. "An Land sind wir ein ebenso leichtes Ziel. Diese magischen Stürme wüten die meiste Zeit über unser Land und sind der Grund, warum viele Gegenden zerstört und unbewohnbar sind." Der Kapitän ist schon einen Schritt weiter. "Wir brauchen Höhlen, am Besten vom Fluss aus und unter Wasser zu erreichen." Daraufhin deutet Peter auf eine Stelle in Fahrtrichtung links des Flusses und sofort misst der Kapitän die Entfernung bis dahin ab. "36 Stunden, vielleicht mehr." Ich schüttele den Kopf. "Das könnte eng werden. Zwei Tage bedeutet nicht zwingend auch 48 Stunden.", erkläre ich und die beiden nicken.
"Wir können uns etwas beeilen, aber jeder von unseren Leuten wird in den nächsten paar Tagen jede Menge Kraft benötigen und ich will sie auch nicht zu früh auslaugen." Peters Sorge gilt der Besatzung doch der Kapitän muss natürlich auch an die wertvolle Fracht denken, die wir mit uns führen. "Als erstes müssen wir die Waren sichern und das Schiff präparieren. Dann stellen wir um auf drei 8-Stunden-Schichten um besser voran zu kommen. Die erste und letzte Schicht besetzen wir mit den stärksten und erfahrensten Mitgliedern der Besatzung und alle anderen stecken wir in die mittlere Schicht. Dann sehen wir wie weit wir kommen und wie wir weiter vorgehen können." Peter salutiert was ein weiteres Zeichen für den aktuellen Ernst der Lage ist, denn sonst gehen die beiden nicht so förmlich miteinander um. "Aye, Kapitän. Ich gehe und informiere die Mannschaft. Du solltest dir die Jüngeren selbst zur Brust nehmen und ihnen sagen, was von ihnen erwartet wird." Der Kapitän nickt einvernehmlich. "Ich werde zu allen sprechen, kurz bevor die erste lange Schicht startet."
Peter fragt noch, ob es sonst noch was gibt, und als der Kapitän seinen Kopf schüttelt macht er auf dem Absatz kehrt und sich auf den Weg zur Tür. Der Blick des Kapitäns landet derweil auf mir. "Weißt du, wie man magische Energie sammelt?" Ich schüttele den Kopf und sehe ihn interessiert an. "Werden sie es mich lehren?" Die Hand des ersten Offiziers verharrt auf dem Türknauf als der Kapitän mir ein Angebot macht. "Ich kann noch mehr tun. Ich möchte dir ebenfalls ein Geschenk machen, denn du wirst meinen Seelensplitter ebenfalls brauchen." Als sein erster Offizier das hört erstarrt er zunächst in seiner Bewegung und wirbelt dann mit einem besorgten Aufschrei zu seinem Freund herum. "NEIN!"
Der Kapitän ruft seinen ersten Offizier wütend zur Ordnung, weil er in dieser Angelegenheit keine Einmischung duldet, doch ich stimme Peter augenblicklich zu. "Das kann ich nicht annehmen, nicht jetzt.", erkläre ich bestimmt doch der alte Mann insistiert. "Aber du wirst sowohl mein Wissen als auch meine Kraft brauchen um zu überleben." Aber ich bin nicht bereit, in dieser Angelegenheit mit mir handeln zu lassen. "Ich habe gesehen, wie es Fryr nach der Geschenkübergabe ging. Wenn wir das jetzt tun ist es ihr Todesurteil, das werde ich nicht zulassen, ich bin kein Mörder." Der Kapitän ist es wohl nicht gewohnt, dass man ihm widerspricht und ist noch nicht bereit, aufzugeben. "Du bist unsere größte Hoffnung seit Hunderten von Jahren, die anderen werden mich umbringen, wenn ich dich für mich sterben lasse." Erklärt er gereizt doch ich erkläre ihm schlicht, dass es im Moment weder ihre - wer auch immer sie sind - Entscheidung ist noch seine. "Ich muss dieses Geschenk annehmen und ich werde es nicht tun."
Peter seufzt erleichtert und ich nicke ihm zu um ihm zu versichern, dass ich meine Meinung dazu nicht ändern werde. Er nickt dankbar zurück und macht sich dann auf den Weg, der Besatzung die neuen Anweisungen zu überbringen.
"Levi, ich flehe dich an. Dein Leben ist so viel wichtiger als meins.", bettelt der Mann jetzt regelrecht doch ich weiche nicht von meinem Standpunkt ab. "Vielleicht ist es eines Tages so, aber nicht hier und heute. Ich kann diesen Sturm auch ohne ihre Macht überleben, sie nicht. Wenn ich das Geschenk jetzt annehme ist es Mord." Der Mann seufzt und erkennt an meinem unnachgiebigen Auftreten, dass ich mich entschieden habe und nichts und niemand meine Meinung diesbezüglich wird ändern können. "Früher oder später wirst du mein Geschenk annehmen müssen," erklärt er fast schmollend und ich nicke während ich lapidar erkläre. "Dann später."
Schließlich gibt er auf und kommt zu einem anderen wichtigen Punkt. "Aber du benötigst immer noch mein Wissen darüber, wie du magische Energie sammeln und den Sturm überleben kannst." Dem kann ich nicht widersprechen und grinse ihn dann frech an. "Und sie brauchen eine Möglichkeit, mich wieder zu finden - später." Dass ich es erneut betone bringt ihn dazu, aufrichtig aufzulachen und den Kopf zu schütteln. "Also was schlägst du vor?" Ich biete ihm an, eine Verbindung mit mir einzugehen, wie ich es mit Nonna und Arto gemacht habe und er stimmt dem zu. "Verdammt, ich hoffe wirklich, dass ich hier das Richtige tue." Ich kann erkennen, dass ihn noch ganz andere Hintergedanken dabei plagen doch erinnere ihn erneut daran, dass es nicht an ihm liegt, sondern allein meine Entscheidung ist, gegen die er nichts tun kann.
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