Kapitel 21
Mira POV:
Verdattert und mit gerunzelter Stirn blickte ich ihm kurz nach und eilte ihm direkt hinterher.
Mir war egal, dass der Unterricht in einigen Minuten anfangen würde und Jayden und ich mittlerweile schon fast die einzigen im Schulflur waren, ich wollte einfach zu ihm.
Gestern war doch alles in Ordnung, warum war es heute dann anders?
Ich verschnellerte meine Schritte und hielt ihn an seinem muskulösen Arm fest, um ihn zum stehen zu befördern, was er auch, überraschender Weise tat.
Ich blickte ihn einfach nur an, doch dieser mied meinen Blick.
Genauso wie gestern, stiess es mir durch den Kopf.
Selbst gestern hatte er meinen Blick gemieden und war so komisch drauf, doch ich war gestern nicht darauf eingegangen. Es schien mir irrelevant, was es mir aber nun nicht mehr war.
"Jayden, was ist los?", fragte ich ihn und suchte vergebens seinen Blick.
"Ich muss zum Unterricht", presste er nur hervor und wollte gehen, doch ich hielt ihn wiedereinmal auf.
Ich würde nicht nachgeben, bevor ich eine Antwort bekam.
"Jayden, was ist los? Warum tust du so?"
"Wie tue ich denn?", fragte er mich kalt.
"So distanziert, so kalt, als würden wir uns nicht kennen", sprach ich das offensichtliche aus.
"Wir kennen uns auch garnicht.", antwortete er mir.
Ich wollte gerade etwas erwidern, als ich aber merkte, dass er Recht hatte.
Wir kannten uns nicht, wir wissen nur das voneinander, was der andere einen wissen lässt.
Doch ich dachte trotzdem, dass wir auf einem guten Weg waren, mehr voneinander zu erfahren.
"Wir lernen uns doch gerade erst kennen. Ich bedeute dir etwas und Mir-", setzte ich an, doch wurde von seiner barschen Stimme unterbrochen.
"Und dir macht das offensichtlich grosse Freude, nicht wahr? Doch das habe ich nur gesagt, damit Cindy und die anderen, dich in Ruhe lassen, nicht weil du mir ernsthaft so viel bedeutest."
Seine Worte verletzten mich.
Ich wollte ihm gerade sagen, dass er mir ebenfalls etwas bedeutete, doch nachdem er dies gesagt hatte, wollte ich es nichtmehr in Erwägung ziehen.
Doch warum hatte er dann gestern nur um Cindy von mir fernzuhalten gesagt, dass ich ihm was bedeutete? Er hätte es ihr auch ganz anders weismachen können!
"Jayden, ich brauche dich nicht als Beschützer, ich kann auch ganz gut auf mich selbst aufpassen und Cindy und den anderen meine Meinung ins Gesicht klatschen! Du hättest aber auch etwas anderes sagen können und nicht etwas behaupten, was garnicht stimmt! Die Klappe halten wäre auch eine Möglichkeit gewesen!", zischte ich wütend.
Ich war richtig wütend, doch nicht nur auf ihn, vielmehr auf mich.
Auf mich, weil ich ihm ernsthaft geglaubt habe. Ich erinnerte mich, wie ich gestern Nacht mit einem Lächeln eingeschlafen war, da ich daran dachte ihm etwas zu bedeuten, doch wie es aussah, stimmte das wohl nicht.
"Ich habe nicht nachgedacht Mira, es ist mir rausgerutscht, ausserdem ich bin dir keine Rechenschaft schuldig."
"Natürlich", murmelte ich wütend.
Wir schwiegen uns nachdem einfach nur an. Ich war wütend, und versuchte mich abzuregen und er dachte nach.
Dieser Junge brachte manchmal echt um den Verstand. Er war manchmal wie ein Spiegel mit zwei Seiten. Einmal war alles gut und am nächsten Tag stellte er die ganze Welt auf dem Kopf.
"Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns eine Zeit lang aus dem Weg gehen.", sagte er plötzlich und unterbrach somit die Stille.
"Ah", lachte ich auf, "Ich kann mich gut erinnern, diesen Satz schonmal von dir gehört zu haben. Die Schlussfolgerung war, dass du mit einem Anzug vor meiner Haustür standest und mit mir auf ein Date gehen wolltest."
"Das war ein Fehler", antwortete er nur kalt.
"Schön", antwortete ich ebenfalls mit einer gewissen Distanz in meiner Stimme, drehte mich um und machte mich auf dem Weg zum Unterricht, auf dem ich sicherlich zu spät kommen würde.
"Es war ein Fehler dich so nah an mein Herz rangelassen zu haben, das hätte nicht passieren dürfen, doch ich glaube es ist schon zu spät.", flüsterte er, ganz leise, fast unüberhörbar, doch ich blickte nichtmehr zurück.
Nun war ich diejenige, welche ihn stehenlässt, doch ich hatte das starke Bedürfnis zurück gehen zu wollen.
Ob er dieses Gefühl auch hatte, wenn er mich einfach stehenlässt?
Vor meinem Klassenzimmer blieb ich stehen und klopfte an der Tür. Ich roch meine Standpauke jetzt schon, und ich versicherte euch, sie roch nicht gut.
"Wie schön, dass Sie sich auch mal entschieden haben aufzukreuzen! Wollen Sie versuchen mir eine Ausrede aufzutischen oder sich direkt setzen?!", fragte Herr Poslywitschgi schroff und funkelte mich wütend an.
Er war ein kleiner, glatzköpfiger Mann mit grauen Augen und einer runden, weissen Brille, welche ihn intelligenter erschienen liess. Da ich nicht sehr lange hier auf dieser Schule war, konnte ich ihn nicht einschätzen, doch er machte einen freundlichen aber auch einen sehr strengen Eindruck.
"Tut mir wirklich Leid Herr Poslywitschgi", entschuldigte ich mich und setzte mich an meinem Platz.
"Mir auch", erwiderte er bedauern und zog ein trauriges Gesicht.
"Was tut Ihnen denn Leid?", fragte ich ihn, da ich nicht wusste, für was er sich entschuldigte.
"Für deine Nachsitzstunde nächste Woche", antwortete er und lächelte mich scheinheilig und doch irgendwie provokant an.
Obwohl er mich zum Nachsitzen verdonnert hatte und ich ihm deswegen wirklich gerne ein Buch über den Kopf schlagen würde, mochte ich ihn.
Doch das war nun irrelevant. Der ganze Tag war wortwörtlich Scheisse, da hilft auch ein Lehrer, welchen man auf unerklärliche Weise mochte nicht.
Ich legte meine Bücher auf den Tisch und starrte einfach nur die gegenüberliegende Wand an.
Meine Gedanken schweiften wieder zu Jayden rüber.
Ich verstand sein Verhalten nicht. Ich verstand ihn nicht.
Was war nur los mit ihm? Er konnte mir nicht einmal in die Augen blicken!
"Mira?! Zuerst zu spät kommen und nun im Unterricht nicht mitmachen! Wollen sie nachhause gehen?! Würde nämlich keinen Unterschied zu ihrer Präsenz machen!", die gereizte Stimme von Herr Poslywitschgi, riss mich aus meinen Gedanken.
Ich murmelte eine Entschuldigung und drehte mich beschämt weg.
Herr Posylwitschgi müsste mich nun aber wirklich hassen!
So zog sich der Tag in die Länge und ich war überaus froh, als endlich die Klingel für den Schulschluss läutete.
Schnell packte ich meine Sachen zusammen und stürmte aus dem Klassenzimmer.
Ich konnte mich heute, Dank einer Person, garnicht auf den Unterricht konzentrieren und kam sogar noch zu spät.
Obwohl die Verspätung eher auf meine Kosten ging.
Ich steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und machte mich auf den Weg nachhause.
Dass ich mich von Hannah nicht verabschiedet hatte, würde sie mir sicherlich nicht übel nehmen, da sie wohl gemerkt hatte, dass heute nicht mein Tag war.
Alles ging heute schief.
Zuerst erfuhr ich, dass ich Jayden nichts bedeutete, danach verschaffte er wieder einen 'Abstand' zwischen und zu guter Letzt musste ich nächste Woche nachsitzen.
Wirklich nichts auf dieser Welt, würde nun meinen Tag verbessern, dachte ich, als ich die Haustür aufschloss und mein Haus betrat.
Doch ich konnte nicht wissen, wie sehr ich mich da doch geirrt habe.
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