12. Kapitel- Nacht
Mein Plan war genial gewesen! Erst Eric und seine Freunde in die Katakomben bringen (wo sie sich sowieso nicht auskannten) und Eric dann von den anderen weglocken. Einfach genial! Vor allem, als ich angeblich Erics Stärke ausgenutzt hatte.
Ich hatte einen kleinen Stein mit meinem Fuß auf dem Boden bewegt, sodass es nur Eric mit seinen guten Ohren gehört hatte. Die größte Stärke eines Werwolfes ist zeitgleich auch die größte Schwäche.
Meine Stärken kannten das weiße Rudel, doch das sie diese nicht ausnutzten war mein Glück.
Eric war mir also brav durch die dunklen Gänge gefolgt und dabei hatte ich nicht einmal mein volles Tempo drauf gehabt.
Ich hätte ihm auch einen Streich spielen können, zum Beispiel, dass ich seine Fackel ausmachte, doch da wäre er nicht bis in die Bibliothek mitgekommen. Er hätte nichts mehr gesehen und den Spaß (den ich während meines Laufens hatte) wäre nur halb so groß gewesen.
Die Verfolgung, bei der ich dieses Mal nicht der Jäger war, hatte meiner Konzentration beigetragen. Laufen klärte meinen Geist und bis zur Bibliothek war es eben nicht weit gewesen.
Mittlerweile saß ich, Beine überkreuzend, auf dem samtroten Sessel-an dem Eric vorhin gestanden hatte und blätterte in dem Tagebuch. Während ich darauf wartete, dass Eric endlich mir gegenüber trat, las ich einige interessante Stellen in dem Buch.
Ich wusste gar nicht, dass meine Vorfahrin in das Tagebuch geschrieben hatte. Ihr Geschriebenes hatte mich köstlich amüsiert.
Endlich kam Bewegung in Eric, denn seine Präsens kam immer mehr in meine Richtung. Ich konnte plötzlich den Duft vom süßen, herben Harz wieder riechen, den ich vorher schon in dem Gang gerochen hatte und ich erschauderte, als mir klar wurde, dass dieser Geruch von Eric kam.
Es war sein Eigenduft und ich bemerkte wieder dieses Flackern in meiner Magengegend. Aber ich lies mir dies nicht anmerken.
Schmunzelnd klappte ich das Buch zu und erblickte eine dunkle Gestalt, die zwischen den Bücherregalen stand. Auch ohne ihn richtig zu sehen, wusste ich, dass es Eric war, der dort stand. Er wartete anscheinend auf mich.
Anmutig wie ich war, stand ich auf, aber behielt das Buch in meiner rechten Hand.
"Schön, dass du dich endlich zu erkennen gibst. Das wurde auch echt Zeit. Langsam wurde mir langweilig", schnurrte ich und lachte leise. Eric schnaubte nur und trat ins Licht.
Sein Anblick verschlug mir beinahe die Sprache. Aber nur beinahe.
Sein cremig, blondes Haar glitzerte in der Sonne. Die graue Hose und das rote T-Shirt schmiegte sich an seinen Körper, sodass man seine Muskeln erkennen konnte. Er war sehr gut gebaut, stellte ich fest.
Das Bewegen seines Oberkörpers lies einen erahnen, dass er wütend war. Sein grimmiger Ausdruck auf seinem Gesicht, lies ihn anziehend wirken. Ja, fast sogar attraktiv. Doc was ich sah, war eine Menge Blut die fließen würde.
"Du hast da etwas, was mir gehört", knurrte Eric, doch seine Alpha-Stimme konnte mir als Luna nichts anhaben.
Erst jetzt bemerkte ich, dass die Fackel, die Eric vorhin hatte, aus war, aber noch in seiner verkrampften Hand steckte.
"Bist du dir da sicher, dass das Tagebuch dir gehört?", antwortete ich zuckersüß und klimperte übertreiben mit meinen Wimpern. Der Augenaufschlag kam nicht von mir, sondern von meiner inneren Wölfin, die ich dafür gerade verfluchte.
Ich wurde unaufmerksam, weshalb sie wieder zum Vorschein kam.
"Wem denn sonst? Etwa dir?", schnaubte er missbilligend und er zog die Nase kraus. Seine Widersprüchlichkeit gefiel mir. Er konnte mir Partei bieten.
"Dir jedenfalls nicht! Du kannst nicht zwei Dinge auf einmal besitzen! Entweder das Tagebuch oder die Chroniken!", knurrte er.
Ich musste bei den Gedanken schmunzeln , wenn ihm jetzt Speichel aus dem Mund tropfen würden. Wie als hätte er Tollwut.
"Was findest du daran so komisch?", keifte er beinahe und einzelne Speicheltropfen flogen tatsächlich aus einem Mund. Das war zu viel für mich und ich fing an schallend an zu lachen.
Erics Anblick war zum Schreien zumute. Schreiend vor Lachen.
Eric schien dies alles gar nicht lustig zu finden, denn eine Zornesfalte bildete sich zwischen seinen, trotz der hellen Haare, dunklen Augenbrauen und seine Fingernägel verwandelten sich in lange, spitze Krallen.
"Ich kann sogar mehrere Dinge gleichzeitig besitzen." Ich zwinkerte ihm keck zu.
Seine Miene änderte sich wieder. Dieses Mal war er sehr erstaunt über meine Antwort. Er schluckte kräftig und sein Kratzen am Hinterkopf verriet mir, dass er nervös war.
>>Wie niedlich! Und du willst diesen knuddeligen Typen wirklich nicht als Mate akzeptieren?<<, quietschte meine innere Wölfin in meinem Kopf. Verdammt!
Schnell verdrängte ich sie (was ich hätte nicht tun sollen) und konzentrierte mich wieder auf Eric. Seine Miene war plötzlich stahlhart. Es war lustig zu sehen, wie Erics Stimmungsschwankungen einem wahren Schauspiel glichen.
"Das Tagebuch gehörte dem ersten König der Sonne, also gehört es mir", sagte er bedrohlich. Ich lies mich jedoch nicht von ihm beeindrucken.
"Du kannst es ja gerne wieder haben, aber zuerst musst du mich besiegen." Herausfordernd schaute ich ihn an und schwenkte das Buch vor meiner Nase hin und her.
"Sehr gerne", nahm Eric den Kampf an und lies die Fackel auf den Boden fallen. Das Geräusch, welches die Fackel verursachte, klang dumpf in meinen Ohren. Wahrscheinlich hatte er schon einen Schwächeanfall.
Ich musste grinsen.
Mit was ich nicht gerechnet hatte, war, dass plötzlich fünf weitere Personen zwischen den Regalen auftauchten. Mein Grinsen erstarrte. Wie konnte ich mich nur so von Eric ablenken lassen, dass ich die anderen nicht gehört hatte?!
Missbilligend schaute ich alle sechs Personen aufmerksam an. Ich konnte auf die Schnelle keine Schwächen ausmachen. Mist!
"Jetzt hast du wohl nicht mehr so ein großes Mundwerk", sagte Eric selbstbewusst.
"Das ich nicht lache. Du kannst es wohl nicht allein mit mir aufnehmen?", provozierte ich ihn weiter.
Erics Beta, der neben seinem Alpha stand, trat zu ihm und ich konnte erahnen, dass sie über Mind-Link sprachen, da sie so konzentriert aussahen.
Die vier anderen, zwei Frauen und zwei Männer, schauten mich böse an. Ich streckte ihnen die Zunge raus.
Plötzlich rannte der eine auf mich zu, ehe die Frau neben ihn, ihn aufhalten konnte. Der Kerl hatte viel Schwung drauf, weshalb ich mich wegduckte, eine Rolle vorwärts machte und ihm nebenbei ein Bein stellte, sodass er mit dem Kopf voran gegen den Sessel knallte und k.o. ging.
Lange konnte ich mich nicht darüber amüsieren, wie schlecht der Angriff war, als der andere Mann und die zwei Frauen auf mich zusteuerten. Ich bereitete mich für den Kampf vor und als die drei bei mir waren, duckte ich mich überall dorthin, wo ich konnte.
Ich stieß immer mal wieder mit dem Ellenbogen zu oder stellte ein Bein. Nur knapp konnte ich manchen Angriffen ausweichen, da die beiden Frauen gelenkig waren.
Gerade erwischte mich eine an meinen Haaren und wollte mich nach hinten ziehen. Von vorne kam die andere Frau auf mich zu, während der Mann sich aufrappelte.
Ich handelte schnell und trat dem Werwolf hinter mir in den Bauch. Diese krümmte sich, sodass mein Oberkörper plötzlich nach vorne geschleudert wurde.
Mein Kopf fing an zu pochen, doch ich nutzte den Schwung und ich fiel nach vorne gegen die Beine der Frau, sodass diese den Boden unter den Füßen verlor und über meinen Rücken rutschte.
Ich landete auf meinen Knien und wollte mich aufrichten, als meine Hände hinter meinem Rücken festgehalten wurden. Wild knurrte ich und ich lies meine Fingernägel zu Krallen werden. Ich hörte ein erschrockenes, schmerzerfülltes Keuchen, aber der Griff lockerte sich nicht viel.
Gerade wollte ich eine erneute Attacke aus dem Griff des Mannes starten, als mir plötzlich ein Tuch auf die Nase und Mund gedrückt wurde. Sofort drang der scharfe, chemische Geruch in meine Nase und dann wurde ich schwächer und schwächer. Nein!
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