11. Kapitel- Nacht
Langsam ging mir das Warten auf den Nerv. Und meine Nerven waren schnell einmal überstrapaziert. Genauso schnell konnte mein Geduldsfaden reißen und dieser war kurz davor zu reißen.
Eric las die ganze Zeit in dem Tagebuch. Entweder es stand sehr viel darin oder er las einfach nur extrem langsam. Ich tippte stark auf das zweite, denn seine goldenen Augen huschten nur langsam über die Seiten.
Ich verstand es nicht, wie man nur so langsam lesen kann! Ich meine, die Chroniken und das Tagebuch waren interessant und man will doch unbedingt wissen, was darin steht, wieso also...!?
Meine Gedanken waren zum Haare raufen. Wieso war ich in letzter Zeit so durch den Wind? Es kann doch unmöglich an der Mate-Bindung liegen.
Mein innerer Zwiespalt wurde je unterbrochen, als eine weitere Person den Raum betrat. Selbst von hier konnte ich die Präsenz eines Beta's erkennen. Also ist das Erics Beta.
Ella hätte jetzt gesagt (zumindest früher, als wir noch klein waren), dass er zum anbeißen aussehe. Für sie war diese Bedeutung früher harmloser gewesen, als es meine heutige ist.
Während sie meinte, dass sie somit jemanden attraktiv fand, wollte ich diejenigen wirklich anbeißen oder ihnen Gliedmaßen vom Leibe reißen. So, wie ich es bei den fünf weißen Wölfen getan hatte. An diese Erinnerung musste ich lächeln.
Gespannt folgte ich ihrem Gespräch und bedankte mich gehässig und still für diese tollen Informationen. Helena schien entweder großen Respekt zu besitzen, die ihr andere gaben oder sie machte nur einen guten Job. Ich denke da eher an zweitens, da sie ihr ganzes Wir-sind-alle-gleich-berechtigt-Gehabe sehr ernst nehmen.
Für mich ergab dieser Herrschaftsstil keinen Sinn, da sonst ein großes Chaos herrschte- meiner Ansicht. Bei mir lief alles wie am Schnürchen, jeder machte seine Arbeit, auch wenn nur ich herrschte. Das mehrere das Sagen hatten war für mich Blödsinn, da jeder ja eine eigene Meinung haben konnte und nur Streitereien entstehen würden, die es bei mir nur selten gab.
>>Ich denke da eher, dass es mit mehr Parteien größere Diskussionen für bestimmte Schwerpunkte gibt und bessere Aufteilung der Aufgaben gibt. Einer kümmert sich um das Training, einer ist für die Grenzen zuständig und einer, wie Eric, hat das letzte Schlusswort und gibt seinen Segen dazu<<, mischte sich plötzlich meine Wölfin wieder ein.
Was machst du denn wieder hier und wieso bist du anderer Meinung, als ich, wenn du zu einem Teil ich bist?
>>Coleen, ja ich bin ein Teil von dir, aber ich bin nicht nur dein Wolf. Ich war die Wölfin deiner Vorgängerin und da war ich genauso gestimmt wie sie, aber da war ich auch die erste Wölfin eines Werwolfes. Du bist meine vierte Trägerin und die anderen beiden Wölfinnen waren Unbestimmte, bis ich sie verlor.<<
Was, du warst die innere Wölfin zweier Unbestimmten, wie geht das?!
>>Ganz einfach, in dem die zwei schwarzen Wölfe sich den Unbestimmten anschloss. Dadurch habe ich auch andere Sichtweisen kennengelernt.<<
Aber wie konntest du sie verlieren, geht das so leicht? Ich war zu gefangen von dem Gespräch zu meiner Wölfin, dass ich meine Umwelt komplett ausblendete.
>>Leicht ist es eigentlich nicht. Ich kann meine Träger nur dann verlieren, wenn sie entweder sterben, so wie es bei der Zweiten war, oder wenn sie erst ihren Mate akzeptieren, dann von sich stoßen und als Strafe ein ganz normaler Wolf werden, wie es bei der Dritten passierte. Es war echt schade um sie, da sie eine gute Wölfin war, nur ihren Schmerz nicht unter Kontrolle bringen wollte.<< Leise hörte ich meine Wölfin seufzen.
Für mich würde das heißen, dass diese Wölfin schwach war- erbärmlich schwach.
>>Du hast schließlich auch nicht das durchgemacht, was ich durchgemacht habe.<< Dieser letzte Satz von ihr war zu viel. Mit aller Kraft die ich besaß, verdrängte ich sie aus meinen Gedanken und als ich ihre Präsenz nicht mehr in meinem Kopf spürte, wusste ich, dass ich sie erfolgreich verdrängt hatte.
Ich würde jetzt zu gerne wissen, was sie denkt, denn ich war keinesfalls schwach, wenn ich ihre Anwesenheit verdrängt hatte, aber ich wollte sie nicht zurückholen.
Während meine innere Wölfin mich abgelenkt hatte, waren Eric und sein Beta aus der Bibliothek verschwunden. Ich runzelte die Stirn. War wirklich schon so viel Zeit vergangen?
Mein Blick huschte sofort zu den Sesseln, an denen Eric gestanden hatte. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass er das Tagebuch hat liegen lassen. Er machte es mir auch leicht!
Ich schaute kurz zurück in den dunklen Gang und dann in die, durch die Sonne, hell erleuchtende Bibliothek. Die Dunkelheit war mir zwar lieber, aber um das zu bekommen, was ich wollte, musste ich Risiken eingehen und über meine Grenze hinaustreten. Eigentlich kein Problem für mich.
Und doch konnte ich mich erst nach zwei Minuten in die Bibliothek wagen. Diese Minuten waren Zeitverschwendung, doch dieses Mal brauchte ich diese Verschwendung, um mich zu konzentrieren.
Immer wieder lauschte ich in die Bibliothek, um sicher zu sein, dass keiner hier war. Mittlerweile stand ich am anderen Ende des Regales und blickte in den Gang aus dem Eric kam und wieder ging.
Seine Erscheinung war noch sehr präsent und ich merkte wie mein Körper darauf reagierte. Das leicht flaue Gefühl in meinem Magen verdrängend, lief ich leise, schnellen Schrittes zu den roten Sesseln.
Das Buch lag auf der einen Lehne und ich schnappte es mir. Es lag warm in meiner Hand, was wahrscheinlich nicht an der Sonne lag die in die Bibliothek schien.
Ich klappte das Buch auf und fand auch gleich das Inhaltsverzeichnis. Die ersten beiden Kapitel über das Territorium und die Aufgaben des weißen Königs übersprang ich, doch der dritte Titel ließ mich aufhorchen. Hier ging es also um die Chroniken- interessant.
Ich schlug die entsprechende Seite auf und während des Blättern fiel ein Blatt aus dem Buch. Ich hob es auf und musste leise lachen, als ich sah, dass es ein Übersetzungsblatt ins lateinische war. Eric kann also nicht einmal Latein.
Ich schüttelte den Kopf und schlug die entsprechende Seite des Buches auf. Das Blatt klemmte ich mir zwischen die Finger und ich las ein Stück des Textes.
Als ich fertig war mit lesen, dachte ich an die Geburtsstätte. Sie war tatsächlich noch im schwarzen Gebiet.
Mir genügte was ich gelesen hatte, klappte das Buch zu und steuerte auf die Regale zu. Ich brauchte ein Buch, welches genau so groß ist, wie das Tagebuch von dem König der Sonne.
Als ich dann ein passendes Buch gefunden hatte, legte ich das Übersetzungsblatt auf die Vorderseite des anderen Buches und legte alles auf den Platz, wo vorher das Tagebuch lag. Hoffentlich würde Eric eine Weile brauchen, um zu bemerken, dass es nicht das Tagebuch ist und ich etwas mehr Zeit habe.
Als ich zurück zu dem, nun nicht mehr geheimen, Gang ging, fiel mir ein Fenster auf, welches nicht richtig verschlossen war.
Ich ging darauf zu und schaute, mit etwas Abstand zu dem Fenster, nach draußen und erblickte einen großen Platz. Mehrere Menschen liefen dort unten umher. Mir schien es, dass die weißen Wölfe ihre Menschengestalt ihrer Wolfsgestalt vorzogen. Bei uns war dies genau umgekehrt.
Plötzlich hatte ich ein Stechen im Kopf und ich taumelte einige Schritte rückwärts. Mir war klar, dass meine innere Wölfin mit mir reden wollte, doch ich wollte es nicht, weshalb ich sie zurückdrängte. Raus aus meinem Kopf!
Sie merkte wohl, dass es nichts brachte und verschwand wieder. Ich schaute ein letztes Mal durch das Fenster in den hellblauen Himmel und ging dann zurück in den Gang. Ich musste mir etwas einfallen lassen, wie ich die Katakomben wieder verstecken konnte, wenn ich den Mechanismus nicht noch einmal betätigen kann.
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Es geht langsam ins Finale über!
Danke fürs lesen, Voten und Kommentieren!
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