Palletchen
Immer noch fassungslos sah er mich an. „Wer schlägt dich?", fragte ich erneut, so behutsam wie ich konnte. „Das geht dich nichts an", sagte er dann trocken. Ich presste meine Zähne zusammen. Ohne eine weitere Bemerkung drehte er sich wieder um. „Ich verstehe ja, wenn du Angst vor Taddl hast. Aber du darfst ihm das nicht durchgehen lassen." Jetzt drehte er sich wieder zu mir um. „Taddl schlägt mich nicht!" Wutentbrannt hatte er seine Fäuste geballt. Ich hob meine Hände. „Okay, okay. Ich mache mir halt nur Sorgen. Das sieht voll übel aus."
Jetzt ließ er sich auf mein Bett fallen. „Ich will darüber echt nicht reden. Du hast genug Sorgen." „Was für Sorgen?", lachte ich auf. Ich wusste wirklich nicht, was er meinte. Aber als er auf mein Bein deutete, wusste ich es. „Ach, das ist schon vergessen. Ich lebe damit", winkte ich ab. „Ich gehe mich mal eben im Badezimmer umziehen. Vielleicht reden wir dann." Ich lächelte ihm zu und nahm mir dann ebenfalls Kleidung aus dem Schrank, ehe ich mein Zimmer verließ.
Als ich dann wiederkam, lag Manuel schon unter meiner Bettdecke. „Ab in die Federn", grinste er mir zu. Dabei schlug er die Decke weg, sodass Platz für mich war. „Wie großzügig", kicherte ich und stemmte mich aus meinem Rollstuhl. Ein Sprung und ich konnte mich auf sie Matratze setzen.
Rücklings ließ ich mich fallen und landete dabei auf Manuels Bauch, was er mit einem ächzen deutlich machte. Darauf lachten wir beide los. „Bequem?" Mit seiner Hand wuschelte er durch mein Haar.
Dann legte ich mich aber vernünftig neben ihn. Mit Gesicht zu Gesicht. Auf meinen und auf seinen Lippen lag ein Lächeln und wir sahen uns tief in die Augen. Dieses grelle grün war so einzigartig. „Was fandest du am besten?", fragte er mich dann. Kurz überlegte ich und beschloss dann, ihm ein Kompliment zu machen. „Das du dabei warst." Es war schwer, die Worte aus dem Mund zu bekommen. Doch es lohnte sich. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Du bist süß." Seine Finger strichen sanft an meinem Kiefer entlang. „Und wunderschön." „Warst du das wirklich mit den Blumen?", fragte ich dann zögerlich. Er sah von meinen Lippen ab, zurück in meine Augen. „Ja." „Warum?" Ich verstand nicht, wieso er mir die Blumen geschenkt hatte. „Du sahst so traurig aus. So einsam. Aber trotzdem habe ich gesehen, das in dir viel mehr steckt. Das du anders bist. Du warst schön und nett. Ich habe mich direkt in dich verguckt und wollte dir irgendwie zeigen, dass du liebe verdient hast. Aber es dir sagen traute ich mich nicht. Wir kannten uns ja schließlich nicht."
In mich verguckt. Er liebte mich. Mir fiel der Mund auf. „Also, versteh das nicht falsch. Wenn du das nicht willst dann ist es okay. Ich bin schwul und du nicht und, es war dumm. Tut mir leid." Er schloss seine Augen kurz und drehte sich dann auf den Rücken. Ich konnte nichts sagen, sondern starrte ihn einfach an. Er liebte mich. Er hatte es gesagt. Dabei kennt er mich doch fast gar nicht. Lieben und vergucken. War dass das selbe? Oder fand er mich einfach nur hübsch? „Wie meinst du das?", fragte ich dann. Ohne mich anzusehen, redete er. „Ich weiß auch nicht. Ich wollte dich nicht belästigen oder so." „Hast du nicht. Ich mag dich." Meinen Arm legte ich über seinen Bauch. Von ihm kam ein belustigtes schnauben. „Ich mag dich wirklich sehr. Verstehst du?" Jetzt drehte er doch seinen Kopf zu mir. „Nein."
Sollte ich mich trauen? Sollte ich ihn küssen? War ich dazu bereit? Liebte ich ihn wirklich oder liebte ich es, dass er mich so behandelte? „Du bist dumm", lachte ich dann einfach nur. Ich war zu feige, um einen nächsten Schritt zu gehen. Auch Manuel lachte auf. Danach trat Stille auf.
Das Licht der Straßenlaterne leuchtete wieder in mein Zimmer. Das leise atmen von Manuel war zu hören und ein Hund, der in der Ferne irgendwo kläffte. „Schläfst du?", flüsterte Manuel zwischen dem Hundegebelle. „Nein", flüsterte ich zurück. „Meine Mutter", sagte er. „Was?" „Sie verpasst mir die blauen Flecken." Ich hob meinen Kopf an. „Deine Mutter schlägt dich?", fragte ich völlig fassungslos. „Naja, sie trinkt ziemlich viel und dann, ja. Manchmal haut sie halt zu, wenn ich nicht aufräume oder was falsch mache", murmelte er.
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. „Du bist grün und blau auf dem Rücken. Sie war das auch mit deinem Auge, oder? Wieso ist sie so?" „Als ich geboren wurde, hat mein Vater sie geschlagen und irgendwann hat sie aus Frust angefangen zu trinken. Als er dann weg ging, weil meine Mutter halt echt ranzig geworden ist, ist sie in ein Loch gefallen und hat all ihre Wut an mir ausgelassen. Sie ist eigentlich nicht so." Stirnrunzelnd hörte ich ihm zu. „Manuel, das ist furchtbar. Kannst du da nicht weg?" „Nein, das geht nicht. Wenn ich auch noch gehe, dann hat sie niemanden mehr. Sie würde sich tottrinken." Tränen füllten seine Augen, welche er krampfhaft zukniff. „Hey, das wird schon irgendwie." Ich robbte mich näher an ihn heran und kuschelte mich an seine Brust. Sofort legte er seinen Arm um mich. „Danke, Pallette." Ich lachte, als er mich so nannte. „Pallette?" „Pallettchen." Auch er lachte. „Du bist doch bescheuert." Mit den Worten lachten wir zusammen, bis ruhe einkehrte und wir langsam wegdösten.
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