Kapitel 7 - Hilfesuche
- Früher -
Entmutigt waren die drei wieder zu Garwins Hütte zurückgekehrt.
Charlie beteuerte mehrmals, dass sie sich sicher war, dass es der richtige Baum gewesen wäre, aber die anderen beiden hatten das nicht infrage gestellt.
„Ich habe leider überhaupt keine Ahnung von Zeitreisen", sagte Garwin, als er zwei Decken in seine Schlafkammer trug und mit seinem Bettzeug wieder herauskam.
„Alwin hat mir nichts darüber beigebracht, außer der Warnung, nicht einmal darüber nachzudenken."
Er schob zwei Polstersessel zusammen und legte seine Schlafsachen darauf.
„Das gehört dann wohl zu den paar schlauen Dingen, die er gesagt hat", bemerkte Jenny. Sie konnte Garwins Vater nicht leiden. Dass dieser arrogante Kerl tatsächlich ihr Vorgänger als Wächter der Sinne war, ging nicht in ihren Kopf.
Garwin musste grinsen. Sein Verhältnis mit Alwin war nicht erst seit dem Vorfall an der Quelle der Wünsche angespannt.
Charlie saß stumm auf der Fensterbank und blickte in den Wald, der langsam von der Dunkelheit der Nacht verschluckt wurde und seufzte schwer.
„Mach dir nicht zu viele Gedanken", sagte Jenny mitfühlend und legte ihr die Hand auf den Rücken, „wenn wir ohne die Uhr hierhergekommen sind, müssen wir auch irgendwie ohne sie wieder zurück können."
Garwin schnippte mit dem Finger. „Das ist es!"
Erstaunt sahen ihn beide Mädchen an.
Etwas verlegen ruderte er zurück. „Also... ich meine, das könnte es sein."
„Was denn", bohrte Jenny ungeduldig nach.
„Wir brauchen also zwei Enden, um einen Weg durch die Zeit zu öffnen", überlegte Garwin laut, „Könnte es sein, dass vielleicht das andere Ende blockiert ist?"
Charlie sah ihn mit großen Augen an. „Aber die Uhr steht doch noch immer im Flur."
„Ja, aber wenn nicht?", rief Jenny. „Ich meine, überleg' doch mal: das, was mit uns passiert ist, kann doch wohl schwer Zufall sein!"
Ihre Freundin nickte nachdenklich. Jenny hatte recht. Dass ihre Abwesenheit in der Außewelt ihrer Familie aufgefallen war, war schon ungewöhnlich gewesen. Und jetzt das.
Aber wie passten diese zwei Dinge zusammen. „Alles ist passiert, als wir durch das Tor gegangen sind." Charlie schreckte hoch. „Kann es am Tor liegen?"
Jenny zog den Tor-Griff aus ihrer Hosentasche. „Vielleicht hat sich wer dran zu schaffen gemacht."
Die Freunde schwiegen. Es war die einzige Erklärung, die sie hatten.
Garwin fuhr sich durch die Haare und sah die Mädchen an. „Dazu müsste ich meinen Vater fragen, aber ich weiß nicht ob das eine gute Idee ist."
Jenny verzog das Gesicht.
„Was ist mit Mick", wandte Charlie ein. „Er hat auch das letzte Mal schon irgendwie gewusst, dass Dajana und ich nicht hier sein sollten."
Garwin war nicht begeistert. Am liebsten hätte er niemanden in dieser Zeit getroffen. Die Gefahr, die Zukunft zu verändern schien ihm zu groß, aber er musste sich eingestehen, dass er mit seinem Latein am Ende war.
„Okay", gab er schließlich nach. „Jenny und ich werden morgen zu ihm gehen."
Bevor Charlie etwas sagen konnte, hob er die Hand. „Nein. Ich weiß genau, wo mein anderes Ich gerade ist und kann mir selbst gut aus dem Weg gehen." Er sah zu Jenny. „Und dich kennt hier niemand, du kannst also schwer deine eigene Zukunft verändern."
„Aber du, Charlie," fuhr er fort, „Die Gefahr, dass du auf Arman triffst - oder auf Rosalie - ist einfach zu groß. Ich bitte dich, morgen hier in der Hütte zu warten."
Rosalie.
Charlie hatte noch gar nicht an sie gedacht. Garwin hatte recht, sie sollten sich nicht treffen. Laut Dajana war es besonders schlimm, auf Zeitreisen die eigenen Vorfahren zu treffen.
So sehr es sie juckte, sie musste Garwin zustimmen.
- Jetzt -
Mick hatte ihnen erzählt, wie Charlie und Dajana es damals geschafft hatten, in die Gegenwart zurückzukehren.
Es gab nur ein Problem: die zerstörte Uhr.
Mick hatte zusammen mit Arman und Tarik die nächsten zwei Tage in der Bibliothek der Hüterburg verbracht.
Die Aufzeichnungen zu Zeitreisen waren mehr als dürftig, doch inzwischen hatten sie einige Erkenntnisse zutage gefördert.
Alles lief auf eines hinaus: sie mussten eine neue Uhr bauen. Diese aus einem gewöhnlichen Holz zu bauen, war aber nicht möglich. Der Griff, den sie gefunden hatten, der den Baum der Zeit der Vergangenheit mit der Gegenwart verband, hatte seine Magie fast verbraucht.
„Und wo finden wir noch so einen Baum der Zeit?", wollte Tarik wissen.
Mick zog eine Karte hervor. Auf ihr waren zwei Stellen mit einem X markiert. „Im Elbenwald gibt es einen Hain", erklärte er. „Den genauen Standort erfahren wir in der Siedlung."
Er sah Arman und Tarik an. „Auch wenn Richard aus dem Holz den Uhrkasten zimmern kann, müssen wir noch jemanden finden, der das Uhrwerk baut, aber das sollte bei den Elben kein Problem darstellen. Ich werde Alwin fragen, ob er jemanden kennt."
Es war seinen Begleitern nicht entgangen, wie es Mick noch immer schwerfiel, so beiläufig über seinen Vater zu sprechen, auch wenn sich ihr Verhältnis in den letzten Monaten etwas gebessert hatte.
Tarik und Arman sahen sich an. Auch sie beide hatten nicht gerade ein dringendes Bedürfnis, den Elben-Häuptling wiederzusehen, aber es ließ sich wohl nicht vermeiden.
***
Als sie Mick mit Tarik und Arman aus der Burg reiten sah, atmete Milena erleichtert auf. „Das wurde aber auch Zeit", stieß sie ungehalten aus.
Sie hatte sich mit Nils zuvor in die Burg geschlichen und sie waren von der Ankunft der drei Männer überrascht worden.
„Was machen wir hier eigentlich?", flüsterte ihr Nils zu. Er fühlte sich nicht wohl hier.
„Hör' doch mit der Flüsterei auf," herrschte sie ihn laut an, „Du benimmst dich ja, als ob wir hier eingebrochen wären?"
„Und wie würdest du das sonst nennen?", gab er frech zurück.
Milena verdrehte die Augen. Mit Nils hatte sie sich echt etwas eingetreten. Er war wie ein Gewissen, das ständig jeden ihrer Schritte infrage stellte. Das nervte.
Sie öffnete die Tür der kleinen Besenkammer, in der sie sich versteckt hatten. „Komm jetzt, wir sind hier gleich wieder weg." Mit einem auffordernden Nicken deutete sie durch die Tür.
Nils folgte ihr, wie sie sich zielstrebig durch das Gewirr aus Gängen, Korridoren und Treppen bewegte und hatte bald vollkommen die Orientierung verloren.
Vor einer hohen Doppeltür blieben sie stehen.
Milena reichte ihm einen kleinen Bund, an dem verschiedene Metallwerkzeuge befestigt waren.
Offenbar wollte sie, dass er das Schloss aufbrach. Nils wunderte sich nur kurz, was sie eigentlich alles über ihn wusste, nahm dann aber wortlos das Werkzeug entgegen.
Nach weniger als einer Minute schwang ein Türflügel nach innen auf.
Mit einem zufriedenen Grinsen betrat Milena den Raum.
Nils staunte, als er erkannte, was sich in dem Raum befand. Auf allen Seiten erhoben sich Regale bis hin zur Decke, welche vollgestellt waren mit allen Arten von Gegenständen und Schatullen in allen Größen.
Mit einer verstellbaren Leiter, wie er sie aus Bibliotheken in Filmen kannte, konnte man bis hin zum obersten Regal gelangen.
Milena schnappte sich die Leiter und hängte sie zielstrebig auf das Regal an der linken Wand.
Hastig kletterte sie bis fast ganz nach oben und begann, zwischen den Gegenständen herumzukramen.
Nils beobachtete sie argwöhnisch. Die Leiter schien alt und kam ihm nicht sonderlich stabil vor. Als angehender Tischler kannte er sich mit Holz aus und um dieses hier schien sich niemand gut gekümmert zu haben.
Er wollte Milena gerade warnen, da passierte es. Die Sprosse, auf der sie stand, brach durch und mit einem spitzen Schrei verlor sie den Halt.
Reflexartig lief Nils nach vorne und als Milena fiel, gelang es ihm gerade rechtzeitig, sie aufzufangen.
Mit einem dumpfen Geräusch fielen beide auf den harten Holzboden.
Erstaunt sah sie ihn an, fing sich aber sofort wieder und rappelte sich auf.
Triumphierend hielt sie eine winzige Schatulle hoch.
Nils war das egal. Er lag am Boden und stöhnte vor Schmerz. Milena betrachtete ihn kurz abschätzig und streckte ihm dann ihre Hand aus, um ihm aufzuhelfen.
Als sich Nils den Staub von der Kleidung klopfte, hörte er ein leise gemurmeltes „Danke".
Er musste grinsen.
Na immerhin..
***
Ja, wow, mäh! (-_-) das ist ja mal so ein richtiges Füll-Kapitel geworden. Tut mir leid. Aber dafür freue ich mich umso mehr darauf, das Nächste zu schreiben! Darauf freue ich mich schon von Anfang an - ich glaube, jetzt wird es erst so richtig interessant.
Ich hoffe trotzdem, dass euch das Kapitel gefallen hat und falls ja, dann bewertet es doch bitte mit einem Sternchen.
XOXO
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