Kapitel 16 - Notlüge
- Jetzt -
Nils lief über die Wiese auf das weiße Pferd zu.
Er konnte Milena hinter sich brüllen hören, doch ihre Worte interessierten ihn nicht. Alles woran er dachte war, dass sie nicht schießen würde, wenn er sich in der Schusslinie befand.
Das Pferd stand regungslos da, als ob es ihn erwartet hatte. Oder bildete er sich das nur ein?
Atemlos kam er vor ihm zu stehen.
Was sollte er nun tun? Versuchen, es zu verscheuchen, damit es sich in Sicherheit bringen konnte?
Da senkte das majestätische Tier seinen Kopf und während Nils noch nach Luft rang, stupste es ihm mit seinen Nüstern sanft in die Wange.
Erstaunt sah er es an. Einen Moment lang hatte er sich vollkommen ruhig gefühlt. Es war ihm plötzlich, als ob nicht er hier wäre, um das Tier zu retten, sondern umgekehrt.
Noch immer konnte er Milenas Gezeter hören, doch es erschien Nils unendlich weit weg. Er hob den Kopf und sah dem Pferd direkt in die Augen und ihm fiel auf, dass sein Fell ein sanftes Leuchten ausstrahlte.
Das kann kein gewöhnliches Pferd sein, dachte er sich.
Zögerlich streckte er seine Hand nach dem Tier aus. In dem Moment, als er es berührte, löste sich plötzlich die Welt um ihn herum auf.
Erschrocken wich Nils zurück und sah sich um. Die Wiese, auf der er noch zuvor gestanden hatte, war verschwunden.
***
Währenddessen hatte Milena wutschnaubend beobachtet, wie kurz ein gleißendes Licht vom Sternenpferd ausging, als Nils es berührt hatte.
Regungslos standen beide auf der Wiese.
Das war ihre Chance!
Sie ließ die unnötig gewordene Armbrust zu Boden fallen und stand auf. Mit forschen Schritten ging sie auf die beiden zu.
Ein erwartungsvolles Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie sich den gestohlenen Ring auf den Zeigefinger streifte.
***
Als Nils die Augen wieder öffnete, liefen ihm Tränen über die Wangen. Zutiefst berührt sah er das Sternenpferd an.
„Ich danke dir", flüsterte er stockend.
Wie zur Ermutigung stupste ihn das Tier noch einmal in die Wange.
Plötzlich schoss Milena mit einem Kampfschrei an Nils vorbei. Er wusste nicht, wie ihm geschah, als sie ihn grob zur Seite stieß und mit der flachen Hand auf den Nasenrücken des Sternenpferds schlug.
Ein rotes Licht leuchtete auf und im nächsten Moment fiel das Tier strauchelnd zu Boden.
Ungläubig starrte Nils auf Milena, die triumphierend die Faust hob, an der ihr Ring rot aufleuchtete.
„Verdammt, was hast du getan?"
- Früher -
Es war spät am Nachmittag und der Wald war noch vom lebhaften Zwitschern der Vögel erfüllt, als Garwin den Weg zur Hüterburg entlang ging.
Er hatte Charlie und Jenny zurück zur Hütte gebracht. Die Mädchen hatten ihm hoch und heilig versprochen, diesmal nicht raus zu gehen und er konnte an ihren Gesichtern erkennen, dass sie es dieses Mal ernst meinten.
Garwin selbst wollte zu Mick gehen. Was auf dem Erntedankfest passiert war, hatte ihn nicht nur schwer bestürzt sondern auch ungeduldig werden lassen. Er hoffte, Mick könnte vielleicht Richard Liliental irgendwie dazu bringen, sich mit dem Bau der Uhr zu beeilen.
Die Mädchen und er mussten so schnell wie möglich in ihre Zeit zurückkehren, bevor sie noch mehr an der Vergangenheit änderten.
Schmerzverzerrt verzog er das Gesicht.
Vielleicht konnte ihm Mick auch etwas gegen seine fürchterlichen Kopfschmerzen geben, die mit jedem Tag schlimmer wurden.
Garwin war so sehr in seinen Gedanken versunken, dass er die Person, die mitten auf dem Waldweg stand erst bemerkte, als er fast mit ihr zusammengestoßen wäre.
„Arman!", rief er erstaunt, als er erkannte, wer ihm hier den Weg versperrte.
Sein Gegenüber sah ihn missmutig an.
„Wir müssen reden", sagte er ernst.
Das hatte Garwin gerade noch gefehlt!
„Hat das nicht Zeit, Arman?" Er lächelte Arman entschuldigend an, „Ich habe es gerade ziemlich eilig."
Armans Gesichtsausdruck gefiel ihm gar nicht.
Dieser verzog abschätzig den Mund. „Mir wäre es lieber, wenn wir das jetzt klären könnten."
Garwin bemerkte, dass er Arman nicht so leicht los werden würde und beschloss, die Sache schnell hinter sich zu bringen. Er zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
„Dann sag schon, was ist los."
Arman seufzte schwer. „Garwin, du kannst so nicht weiter machen."
Verdutzt sah sein Freund ihn an. „Was meinst du?", fragte Garwin unschuldig. Eine vage Vorahnung beschlich ihn.
„Charlie", begann Arman langsam.
Garwin schrie innerlich auf. Bitte nicht schon wieder! Charlie hatte wirklich ganze Arbeit geleistet, in so kurzer Zeit seinem besten Freund den Kopf zu verdrehen.
„Das ist Rosalie gegenüber nicht fair, dass du dich mit Charlie triffst."
Was?
Garwin brauchte einen Moment, um das Gesagte zu verarbeiten.
Fassungslos starrte er Arman mit offenem Mund an. Dachte er wirklich, dass..?
„Ich habe euch zwei zusammen gesehen, also streite es nicht ab", schnauzte Arman und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Dann sah er seinem Freund fest in die Augen.
„Ehrlich, Garwin, so kenne ich dich gar nicht. Wie kannst du dich gleichzeitig mit zwei Mädchen treffen?"
Garwin hätte am liebsten geweint. Das konnte doch alles nicht wahr sein!
Er öffnete den Mund zu einer Antwort, doch Arman ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Rosalie ist so ein lieber Mensch, wie kannst du ihr das antun?"
Und Charlie. Aber das sprach er nicht aus.
Garwins Kopfschmerzen meldeten sich plötzlich mit einem heftigen Stechen. Qualvoll kniff er die Augen zusammen.
Doch dann fiel es ihm ein: Rosalie. Arman hatte von Rosalie gesprochen.
Er konnte versuchen, das sich Arman mehr auf sie konzentrierte.
Garwin hasste es, zu lügen. Und besonders gegenüber seinem besten Freund.
Er biss die Zähne zusammen. „Rosalie interessiert mich nicht mehr", stieß er hervor und versuchte, so nah an der Wahrheit zu bleiben, wie möglich.
Er konnte hören, wie Arman nach Luft schnappte.
Sein Freund antwortete nicht, aber Garwin konnte sehen, wie sich seine Miene verhärtete.
Arman starrte Garwin einen Moment lang an, bevor er sich wortlos umdrehte und mit wütenden Schritten davon stapfte.
Entkräftet blickte Garwin seinem Freund nach.
In was hatte er sich da nur hineingeritten? Aber wenn es ihm damit gelungen war, Arman so in Rosalies Arme zu treiben, dann war es das allemal wert.
- Jetzt -
Es begann schon, dunkel zu werden, als Arman, Tarik und Vivi den Waldrand erreichten. Bald hätten sie den Lilientalhof erreicht und konnten sich an die Arbeit machen. Vivi schlief seelenruhig vor Arman im Sattel.
„Glaubst du, Richard ist schon vorangekommen, mit der Uhr?", wollte Tarik wissen. Sie waren einige Zeit schweigend nebeneinander her geritten und Stille in Gesellschaft konnte Tarik einfach nicht leiden.
„Mit einer Uhr wird das ganze noch nichts zu tun haben", vermutete Arman. „Im besten Fall hat mein Vater den Baum entrindet und geschnitten."
Tarik konnte an der Stimme seines Freundes hören, dass es ihm nicht schnell genug ging.
Plötzlich begannen die Pferde, unruhig zu werden.
„Was ist denn jetzt?", murmelte Tarik, als er versuchte, Orion zu beruhigen.
Auch Vivi wachte auf. „Was ist denn mit den Pferden?", fragte sie verschlafen.
Arman zog die Zügel fester und hielt das Mädchen fest, damit sie nicht herunterfiel.
„Ich denke, die Pferde wollen uns etwas zeigen!", rief er Tarik zu.
Dieser sah zu ihm hinüber und nickte zustimmend.
Arman tätschelte beruhigend Andromedas Hals. „Dann los, zeigt uns, wo ihr hin wollt", sprach er freundlich.
Andromeda schnaubte zufrieden und wurde ruhiger. Auch Orion ließ sich von Tarik nun besänftigen.
Dann trabten sie zügig durch das Unterholz nach Westen.
***
Einen Tag zu spät diesmal, ich weiß, aber ich hatte im Job diesmal so viel Schreibarbeit, ich hatte danach einfach keine Lust, zu schreiben, sorry.
Mit der Szene mit Nils, Milena und dem Sternenpferd bin ich nicht glücklich, ich denke, wenn es mir einfällt, wie ich das besser schreiben kann, werde ich sie nochmal neu schreiben.
Wenn dir das Kapitel gefallen hat, würde ich mich sehr über ein Sternchen oder einen Kommentar freuen <3
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