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Maike

Mit gesenktem Kopf saß Maike in dem abgewetzten Ledersessel. Er war bequem und lud förmlich zum Entspannen ein, aber es half nichts. Der Stuhl konnte ihre schlechten Gedanken nicht vertreiben, ihren endlosen Strudel aus Trauer und Angst nicht aufhalten. Niemand konnte das. Niemand.

Als die Tür aufging, hob sie nicht einmal mehr den Kopf. Ein weiterer Psychologe, eine weitere Suche für ihn, eine weitere Qual für sie. Sie würden es niemals verstehen. Niemand konnte ihr helfen. Und das wollte sie auch gar nicht. Sie würden sie nur blind machen. Maike wäre es recht, wenn sie ohne das Leid leben könnte, ohne dieses Wissen, dass die ganze Welt bereits verloren war und niemand etwas tat. Aber nur weil sie es nicht mehr sah, bedeutete das nicht, dass sie sich nicht daran erinnern konnte. Nein. Sie würde mit diesem Wissen leben müssen, mit all den Schmerzen vor Augen, bis die anderen einmal kurz die Augen von ihr lassen würden und sie entwischen konnte. Raus aus diesem Gefängnis. Raus in die Freiheit. Raus in den Tod.

Schmerzen. Immer und überall. Sie wusste es. Die anderen konnten es nicht sehen, aber sie bemerkte sehr wohl, wie viel Schmerz es auf der Welt gab und dass sie nichts dagegen tun konnte. Nichts.

In so einer Welt wollte sie nicht leben.

"Maike?", eine fremde Stimme ließ sie hochfahren.

Eine Frau saß  ihr gegenüber, in genau so einem Sessel, wie sie selbst es tat. Ein Klemmbrett lag auf ihrem Schoß und entblößte ein paar Blätter. Maike wusste, was darauf zu lesen war. Ihr Name und die Adresse zuhause. Darunter ihre Diagnose. Depression. Wenn sie nur wüssten. Sie hatten nur keinen Begriff dafür. Zum Schluss stand eine Liste der Psychotherapeuten und Kliniken da, in denen sie schon gewesen war. Sie wusste, dass die Frau sie sich wahrscheinlich mit einem Stirnrunzeln durchgelesen hatte. Sie wusste es, denn sie war nicht mehr zu retten.

"Depression",sagte die Frau, und danach nur ein Wort, das Maike mehr als alles andere überraschte. "Warum?"

"Ähm...", machte Maike. Gab es darauf eine Antwort? Sie hätte sagen können, dass andere das so für sie entschieden hatten. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass die Frau eine andere Antwort erwartete.

"Weil es Schmerz gibt."

Die Frau nickte. "Den gibt es. Aber ist es nur Schmerz?"

"Nein. Es gibt auch Leid", antwortete sie. Warum erzählte sie es ihr überhaupt? Am Ende würde sie sowieso nur wieder verwirrt den Kopf schütteln und sie zum nächsten Psychologen schicken. Doch die Frau sah ihr nur weiter in die Augen und nickte leicht, wie um sie zu ermutigen. Also fuhr Maike fort.

"Und Grauen. Trauma. Leute, die schreien. Kinder, die weinen. Menschen, die verlieren. Dinge, die es niemals geben sollte, die es aber gibt. Das ist unsere Welt."

Die Frau hörte ihr interessiert zu, dann neigte sie den Kopf minimal zur Seite. "Und was gibt es noch?"

"Nichts", erwiderte Maike. "Unsere Welt ist grau."

Da schüttelte die Frau den Kopf, ganz sanft, nicht als würde sie vehement widersprechen, aus Unglauben, so wie die anderen es getan hatten.

"Dinge, die es niemals geben sollte. Denkst du, dass sie für immer bestehen werden?", fragte sie, ganz ohne Vorwurf.

Es war eine simple Frage, aber sie brachte Maike völlig aus dem Konzept. Würden sie für immer bestehen? Sie dachte an Atombomben und an das Leid, das sie verursacht hatten.

"Aber Hiroshima..."sagte sie.

Die Frau verstand ohne ein weiteres Wort. "Wird vergehen", erwiderte sie. "Zwar erst in langer Zeit, aber es wird passieren. Es gibt Menschen, die versuchen, weiteres zu verhindern. Menschen, die sich dafür einsetzen, den Leidenden zu helfen. Menschen, die retten."

Maike schwieg. Gab es sie wirklich?

"Menschen, die verlieren", sagte die Frau. "Was muss man haben, damit man etwas verlieren kann?"

"Etwas, das einem etwas bedeutet." Maikes Antwort war nur gehaucht. Aber man verlor nur Dinge, die einem etwas bedeuteten.

"Würdest du für etwas kämpfen, das dir etwas bedeutet?" Die nächste Frage ließ Maike wieder den Kopf senken. Würde sie kämpfen?

"Ja, wenn ich etwas hätte, das das Retten wert ist", die Antwort war ihr einfach über die Lippen gerutscht.

Die Frau nickte, Maike spürte es mehr, als dass sie es sah. "Dann lohnt es sich auch, dafür zu leben."

Maike zuckte zusammen, blickte kurz hoch und senkte wieder den Kopf.

Doch die Frau war noch nicht fertig. "Kinder, die weinen. Sag, gibt es Menschen, die Tränen trocknen können?"

Maike hielt inne. Ein Bild blitzte vor ihrem inneren Auge auf, eines, das sie schon längst vergessen hatte. Ihre Oma. Sie hatte ihr immer aufgeholfen, wenn sie hingefallen war, ihr immer ein Pflaster gegeben, wenn sie sich verletzt hatte und sie immer zu sich ins Bett genommen, wenn draußen ein Sturm gewütet hatte. Auf einmal fiel ihr auf, dass es viele solcher Omas gab, auch Eltern, Bekannte, die die Kinder trösteten, wenn sie es brauchten, ihr Bestes gaben, um sie zu beschützen. Konnten sie Tränen trocknen?

"Ja", hauchte Maike. Es gab sie. Sie hatte sie vorher nur nicht gesehen.

"Leute, die schreien. Warum schreien Menschen?", die Frau hörte nicht auf.

Maike dachte nach. Warum schrien sie?

"Weil sie etwas verloren haben. Weil sie Schmerz spüren", antwortete sie.

Die Frau beugte sich ein wenig vor und legte ihr eine Hand auf das Knie. Maike sah auf.

"Und solange man spürt, ist noch nichts verloren."

Die Worte erschütterten sie bis ins Mark. Hatte die Frau recht? War genau das der Sinn des Schreiens? Das Gewahrwerden der Möglichkeit, nicht aufzugeben?

Langsam nickte Maike.

"Trauma." Die Frau sah ihr genau in die Augen. "Traumata kann man heilen. Wunden kann man heilen. Das ist ebenfalls unsere Welt."

Diese Worte drangen bis in ihr Innerstes und sie konnte sehen, wie die Welt an Farbe gewann.

"Grauen. Wer verursacht Grauen? Verursachen alle Grauen?"

Maike schüttelte den Kopf.

"Gibt es Menschen, die gegen das Grauen kämpfen und andere davor beschützen?"

Ja, dachte Maike. Freiheitskämpfer. Menschen, die Flüchtlinge aufnehmen. Anderen helfen.

"Ja", sagte sie laut. Rot. Grün. Blau.Gelb.

"Leid", sagte die Frau. "Gibt es Menschen, die Leid lindern?"

Ja. Krankenpfleger. Ärzte. Pschologen. Sie, wenn Sie mir die Farben zeigen. In Maikes Kopf schwirrten auf einmal so viele Gedanken herum.

"Ja", erwiderte sie fest. Violett. Rosa. Orange. Türkis.

"Schmerz." Die Frau atmete durch. "Woraus besteht die Welt?"

"Schmerz", antwortete Maike. "Und Menschen, die Schmerz heilen. Die kämpfen. Die retten. Die Welt besteht aus..." Sie hielt kurz inne und dachte nach. "...Hoffnung." Auf einmal verstand sie alles. Jedes einzelne Detail, alles, was bisher in der ganzen Welt geschehen war. Warum hatte sie das vorher nicht gesehen?

Menschen kämpften nicht, weil sie Schmerz verspürten. Sondern weil sie Hoffnung hatten.

Hoffnung. Niemand hatte sie aufgegeben. Diese Frau nicht. Ihre Oma nicht. Ihre Eltern nicht.

Nur Maike. Sie hatte sich selbst aufgegeben. Sie hatte alles aufgegeben. Sie hatte die ganze Welt aufgegeben.

Hoffnung. Dafür lebten sie, sie alle. Dafür gingen sie durch Leid und Schmerz, dafür bekämpften sie das Grauen, dafür überwanden sie Traumata. Sie schrien, weil sie die Hoffnung nicht aufgegeben hatten. Sie trockneten Tränen, um Hoffnung zu schenken. Hoffnung ließ sie wieder aufstehen, wenn sie etwas verloren hatten. Nicht Schmerz. Hoffnung ließ sie kämpfen.

Hoffnung. Meeresblau. Ockergelb. Blattgrün. Rosenrot.

Das war ihre Welt.

Die Frau nickte, und Maike konnte sehen, dass sie es bemerkt hatte, all die Farben, die sich um sie herum entfalteten. Jeden einzelnen Ton, der sich ihnen entgegenstreckte und auf seine ganz eigene Weise leuchtete.

"Gib der Welt eine Farbe", flüsterte die Frau.

Maike lächelte. Zum ersten Mal seit Jahren. Ein ehrliches, aufrichtiges Lächeln, das ihre Mundwinkel nach oben zog und sich langsam, fast vorsichtig auf ihrem ganzen Gesicht ausbreitete. Es tat weh, weil sie es so lange nicht mehr getan hatte, aber sie machte es trotzdem, dank der Hoffnung. Sie würde lernen, wieder zu lächeln. Sie würde anderen zeigen, wie schön die Hoffnung war und für sie kämpfen, Tränen trocknen und andere wieder aufrichten, wenn sie die Hoffnung nicht mehr sehen konnten. 

"Ich gebe der Welt alle Farben", sagte sie, und nun lächelte auch die Frau, ihre Augen leuchteten vor Freude, und Maike wusste, dass ihre eigenen das auch taten.

Farben.

Die Hoffnung hatte alle Farben.

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