84. Kapitel
„Was willst du von mir, Tiras?", zische ich jetzt, wobei ich meine Höflichkeit vergesse, „Willst du wieder versuchen mich umzubringen."
„Ach Adriana. Oder doch eher Mirabella? Ich weiß jetzt gar nicht, wie ich dich nennen soll", er tut so, als ob er wirklich über diese Frage nachdenken würde, aber wahrscheinlich will er mich damit nur aus dem Konzept bekommen.
„Mir ist es egal, wie du mich nennst", gebe ich ihm eine Antwort, wobei ich versuche, höflich zu klingen.
„Da hat ja jemand seine Manieren wiedergefunden. Wie freundlich von dir", seine Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, „Aber nein, meine Liebe, ich habe eingesehen, dass meine Methode von damals, nicht ganz so effektiv war, wie erhofft, schließlich stehst du schon wieder vor mir."
„Also geben sie auf, mich von hier zu vertreiben?", frage ich ihn, wobei ich es nicht wirklich glaube. Früher würde er wahrscheinlich noch mal versuchen, mich umzubringen, schließlich kann ich ihn jetzt vernichten, wenn ich irgendwem davon erzählen würde.
„Nein, nie im Leben", gibt er mir meine erwartete Antwort, „Nein, stattdessen wirst du dich dafür entscheiden, wieder nach Kanada zurückzukehren und nie mehr wiederkommen und das schon in wenigen Tagen." Ich muss mir ein Lachen verkneifen, glaubt er wirklich, ich würde es ihm so leicht machen und kampflos aufgeben.
„Ich glaube eher nicht, dass ich mich dafür entscheiden werde", erwidere ich einfach nur tonlos und mustere genau seinen Gesichtsausdruck. Doch er verändert keine Mine und schon nach kurzer Zeit fängt er plötzlich an, laut loszulachen, wobei ich nicht verstehen kann, was so lustig sein soll. „Was ist denn so lustig?", frage ich ihn völlig verwirrt.
„Na ja, ich glaube schon, dass du dich entscheiden wirst, wieder nach Kanada zurückzukehren", erklärt er mir, nachdem er sich ein bisschen beruhigt hat.
„Ach ja, und wieso?", erkundige ich mich interessiert und ziehe die Augenbrauen hoch.
„Ganz einfach, weil du nicht willst, dass deinem kleinen, süßen Mate etwas passiert", gibt er mir schließlich eine Antwort und er lächelt nur stumm vor sich hin, während ich ihn erschrocken ansehe. Diesmal hat er genau das erreicht, was er wollte.
„Du würdest Kilian umbringen?", meine Stimme zittert auf einmal unglaublich.
„Nicht nur Kilian. Auch Scott und die anderen Mitglieder deines Rudels, Newt und Phileas, ja sogar Ben würde ich umbringen, wenn es Ace beschützt", flüstert er mir zu, als er sich zu mir vorbeugt und ich bekomme eine Gänsehaut. Mittlerweile muss ich wahrscheinlich mehr einer Leiche ähneln, so bleich wie ich bin. „Ich würde die ganze Welt umbringen, wenn es nötig wäre", fügt er nach einigen Sekunden noch leise hinzu, womit er mir nun vollends klar macht, dass er es voll und ganz ernst meint.
„Und wenn ich Ace und allen anderen die Wahrheit erzählen würde? Sie würden dich hassen, du würdest alles verlieren, was du hast und es würde um einiges schwerer werden, sie alle umzubringen", stelle ich eine Vermutung an und für einen kurzen Moment, entgleiten ihm seine Gesichtszüge.
„Dann ist ja gut, dass du das nicht tun wirst. Schließlich wollen wir ja nicht, dass Ace auch noch seinen Vater verliert. Und solltest du es trotzdem wagen, werde ich es irgendwie schaffen, dir dein Leben zur Hölle zu machen. Darauf kannst du dich verlassen", er wirft mir schon beinahe tödliche Blicke zu und den letzten Satz zischt er eigentlich auch nur noch. Ich muss kurz schlucken, als ich seine Drohung höre, doch verziehe keine Mine, er soll bloß nicht bemerken, dass seine Drohung ihren Effekt erzielt hat. „In drei Tagen solltest du dich verabschieden und verschwinden. Ich will kein unnötiges Risiko eingehen und dein Rudel vermisst dich wahrscheinlich auch schon, oder?", stellt er mir auch noch eine Frist und bei der Anzahl der Tage muss ich schlucken, die er mir noch gibt. „Ich muss sagen, ich fand den Spaziergang sehr schön, aber so langsam sollten wir mal wieder zurückgehen. Ich weiß ja nicht, ob sie vielleicht vermisst werden", schlägt er vor und ich nicke einfach nur, da ich nichts anderes zu erwidern weiß. Den Rest des Weges legen wir schweigend zurück, worüber ich eigentlich auch sehr froh bin, so kann ich mir schonmal Gedanken machen. Selbst, wenn ich meine Freunde und vor allem Kilian beschützen möchte, so kann ich auch nicht einfach wieder nach Kanada reisen und ihm damit die Macht geben, die er momentan glaubt, zu haben. Schließlich erreichen wir das Heilerhaus, er verabschiedet sich von mir so höflich wie immer und innen lasse ich mich auf der Couch nieder. Am liebsten würde ich ihn selber umbringen, aber dann habe ich das Gefühl, dass alle anderen mich hassen werden. Verzweifelt raufe ich mir die Haare, während ich versuche, die Tränen zu verdrängen. Wie gern würde ich jetzt Pa nach seinem Rat fragen oder Thea. „Wieso habt ihr mich hier alleine gelassen?", flüstere ich kaum hörbar und warte vergebens auf eine Antwort.
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