
77. Kapitel
Ratlos sehe ich den Mann an, da ich mir nicht sicher bin, ob ich überhaupt zustimmen möchte, da ich sowohl mit dem einen, als auch mit dem anderen keine guten Erfahrungen gemacht habe. Plötzlich durchschießt mich eine Erkenntnis und ich kann nicht verhindern, dass ich instinktiv einen Schritt zurückweiche: „Sie sind der Mann, der mich damals bewusstlos gemacht und entführt hat!"
Er neigt leicht den Kopf nach vorne, wobei ich Reue in seinem Gesicht erkennen kann: „Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich nur meine Befehle befolgt habe und meinem Alpha treu ergeben bin. Diesmal soll ich ihnen auch nichts tun, die Wahl liegt also ganz bei Ihnen." Selbst, wenn ich mich ein kleines Bisschen sträube, kann ich ihn voll und ganz verstehen, da es sogar im Gesetz steht, dass wir unserem Alpha gehorchen müssen. Am liebsten würde ich die Tür jetzt zuknallen und dieses Haus nie im Leben verlassen, aber mir wird wieder bewusst, dass ich mich nicht mehr hinter dem ahnungslosen Menschenmädchen verstecken kann, dass weder besondere Pflichten, noch spezielle Fähigkeiten hat und beim ersten Anzeichen von Gefahr weglaufen kann. Stattdessen mache ich meinen Rücken grade und richte mich zu meiner vollen Größe auf, die aber noch nicht mal ansatzweise die des Mannes vor mir erreicht.
„Okay, ich begleite Sie", gebe ich ihm meine Zustimmung, da ich im Prinzip keine Wahl haben, „lassen Sie mich nur noch eben Bescheid geben, dass ich kurz weg bin." Der Mann nickt als Zeichen der Zustimmung und ich verschwinde wieder ins Esszimmer, wo ich Kilian schnell von allem erzähle.
„Ich komme mit", beschließt er schon genau so wie gestern, als ob er über alles bestimmen könnte.
„Nein, tust du nicht. Das ist ein Treffen unter Alphas. Vertrau mir, ich kann mich selbst beschützen und zudem werde die anderen wahrscheinlich auch niemanden mitbringen", erwidere ich ebenso stur wie er. Bei den sogenannten Alphas-Treffen gibt es nur die Alphas, meistens bringt keiner jemanden mit und das Treffen wird an einem möglichst neutralen Ort abgehalten, der auch nicht unbedingt in der Öffentlichkeit ist. Ich habe schon an mehreren teilgenommen, wobei ich mich noch mehr als genau an mein erstes erinnerte. Es war kurz nach dem Tod meines Pflegevaters und ich war mehr als nur aufgeregt, da ich diese Treffen vorher nur aus Erzählungen kannte und innig hoffte, dass ich alles richtig machte und die Ehre meines Vorgängers nicht in den Dreck zog. Zum Glück waren die anderen Alphas ein bisschen nachsichtig mit mir und so sehr blamiert hatte ich mich auch nicht. Ich mustere Kilian mit einem Blick, der garantiert keinen Widerspruch zulässt und schon nach einigen Sekunden gibt er auf und wendet den Blick ab. Schnell verabschiede ich mich von ihm und gehe wieder zu der Tür, wo mein Begleiter geduldig auf mich gewartet hat.
„Wir können gehen", meine ich einfach nur, er geht voraus und ich folge ihm schweigend.
„Sie konnten leider keinen allzu neutralen Ort finden, weswegen sie sich jetzt in einem unbewohnten Haus am Stadtrand treffen, das ab und zu für Ratstreffen genutzt wird", erklärt er mir, nachdem wir schon einige Minuten unterwegs sind und ich quittiere das Ganze nur mit einem Nicken. Ein ganz neutraler Ort hätte mich auch gewundert. Schließlich erreichen wir den Ort, wo das Treffen stattfindet und wie der Mann es mir sagte, halten wir an einer kleinen Hütte am Stadtrand an.
„Ich hole Sie später auch wieder ab", fügt er noch kurz hinzu, ehe er sich umdreht und den Weg wieder zurück geht. Ich schaue ihm noch ein paar Sekunden nach, ehe ich mich einen Blick auf die Hütte richte, kurz durchatme und mit neuem Mut die Hütte betrete. Ich lande direkt in dem wahrscheinlich größten Raum dieser Hütte, der bis auf einen großen Tisch und ein paar Stühle nur wenige Möbel oder Dekorationen beherbergt, wie zum Beispiel eine farbenfrohe Pflanze in einer Ecke, die mir direkt ins Auge fällt.
„Ah, Adriana. Schön, dich wohlauf zu sehen", werde ich schon direkt, zu meinem Erstaunen, von Christopher begrüßt.
„Christopher", begrüße ich ihn ebenso freudig, wobei man meine Verwirrung zu merken scheint, „Ich wusste nicht, dass du auch am Treffen teilnimmst."
„Es war auch eher eine spontane Idee, da ich sowieso noch etwas mit Samuel und Tiras bereden wollte", erklärt er mir mit einem Lächeln, das ich einfach nur erwidern kann. Ich kann keineswegs sagen, wie erleichtert ich bin, dass er auch dabei ist und ich nicht nur mit den anderen beiden alleine in einem Raum bin. Danach geht Christopher einige Schritte zurück und macht Platz für den nächsten Alpha.
Diesmal tritt Samuel vor mich, der mich mit einem Lächeln begrüßt: „Es freut mich, Sie bei diesem Treffen begrüßen zu dürfen." Ich erwidere diese Begrüßung einfach nur mit einem Lächeln und leichten Nicken. Einige Sekunden später fällt mein Blick auch auf den letzten Alpha. Alpha Tiras. Doch mir stockt der Atem, als ich ihn erkenne, zumindest, wie er heute aussieht. Er ist der Mann, der mir schon beim Cafè erschienen ist und mir so unheimlich erschienen ist. Aufgeregt halte ich den Atem an, da ich nicht weiß, ob er mich wiedererkennen wird oder nicht.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro