1. Kapitel
„Es kann doch nur schief gehen", versuche ich mir Mut zu machen, während ich vor Kälte die Jacke enger um mich schlinge. Schließlich atme ich einmal tief durch und mache den ersten Schritt. Während ich immer weiter über den Schulhof gehe, versuche ich, die Geräusche um mich herum so gut wie auszublenden, bin größtenteils darauf bedacht, keinen falschen Schritt zu machen. Aber, so wie ich mich kenne, werde ich wahrscheinlich eh auf den nächsten paar Metern über Luft stolpern und ganz unelegant auf den Boden fliegen. Jedoch schaffe ich es dann doch irgendwie, den Schulhof ohne große Probleme zu überqueren.
Als ich jedoch die Tür erreiche, kann ich sie irgendwie nicht öffnen, egal wie sehr ich ziehe. „Du musst drücken", ertönt plötzlich eine Jungenstimme hinter mir. Erschrocken fahre ich herum und mustere den Jungen mir gegenüber. Seine kurzen braunen Haare fallen ihm ein kleines Bisschen ins Gesicht, als er sich vorlehnt, hastig weiche ich etwas zurück. „Siehst du, so geht das", sagt er einfach nur, während er die Tür öffnet.
Als er an mir vorbeigeht, sehe ich ihm sichtlich verwirrt nach. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, als er sich vorbeugte. Dass er mich küssen würde oder ein Messer ziehen, um mich zu erstechen? Da bin ich mir noch nicht ganz sicher. Hör sofort auf so zu denken, du bist so paranoid, schimpfe ich mit mir selbst. Der erste Tag an der neuen Schule und schon mache ich mich zum Affen. Kopfschüttelnd betrete ich das Gebäude und mache mich auf den Weg zum Sekretariat.
Zum Glück verirre ich mich nicht, wie es mir ähnlich gesehen hätte, so dass ich es recht schnell erreiche. „Oh, Adriana Smith, richtig?", werde ich dort schon begrüßt. „Ja, das bin ich", antworte ich der Frau, die hinter dem Schreibtisch sitzt. „Gut, hier ist schon mal ihr Stundenplan. Ihre Spindnummer ist 83 und ihr Code 2947", erwidert sie höflich, während sie mir ein Blatt hinstreckt. Mit einem Lächeln nehme ich das Blatt entgegen „Achso und am besten wartest du kurz hier. Es kommt gleich eine Mitschülerin von dir, die dich mitnehmen kann", schlägt die Frau vor, wobei ich einfach nur höflich lächle und nicke.
Nach ein paar Minuten betritt ein Mädchen den Raum, das sofort mit der Sekretärin in eine hitzige Diskussion verfällt. Worüber bekomme ich nicht mit. Schließlich unterbricht die Sekretärin die Diskussion: „Isabella, du weißt, wie gerne ich mit dir diskutiere, aber heute würde ich dich gerne bitten, der Neuen den Weg zur Klasse zu zeigen", zum Schluss deutet sie auf mich. Als der Blick des Mädchens, die anscheinend Isabella heißt, auf mich fällt, rümpft sie leicht die Nase, bis sie sich wieder zu der freundlichen Sekretärin wendet und sagt: „Na gut, ausnahmsweise." Danach dreht sie sich mit Schwung um, wobei ihre schwarzen Haare durch die Luft fliegen und mir mit einer Handbewegung deutet, ihr zu folgen.
Während sie voranstolziert, folge ich ihr unsicher, da ich sie nicht genau einschätzen kann. „Also, bevor du auf irgendwelche Ideen kommst: Ich mache das hier nur, weil ich nett gebeten worden bin und nur dieses eine Mal. Ansonsten haben wir beide absolut nichts miteinander zu tun und ich werde auf gar keinen Fall deine neue beste Freundin oder sonst irgendwas. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?", wobei sie mir über die Schulter einen grimmigen Blick zuwirft. „Ja, hast du", erwidre ich einfach. Schließlich erreichen wir einen Raum, sie dreht sich ein letztes Mal um: „Das hier ist unsere Klasse. Ich wünsche dir noch ein schönes Leben." Sie wendet sich ohne ein weiteres Wort ab und betritt die Klasse.
Ich bleibe noch ein paar Sekunden ratlos vor der Tür stehen, da ich überhaupt keine Ahnung habe, ob ich jetzt schon reingehen soll oder nicht, als ich von hinten angerempelt werde. Ich gebe ein erschrockenes Keuchen von mir, rudere für eine Sekunde wie verrückt mit meinen Armen herum und lande schließlich geräuschvoll neben einem Stapel von Büchern auf dem Boden.
„Oh mein Gott, das tut mir so leid", höre ich jemanden sagen. Langsam stehe ich auf und blicke auf ein Mädchen, das mich erschrocken ansieht. „Alles in Ordnung? Ich bin immer wieder so tollpatschig", plappert sie unbeholfen weiter, während ich ihr helfe, ihre Bücher aufzuheben. „Alles in Ordnung", versuche ich, sie zu beruhigen. „Warte, du bist neu, oder?", stellt sie fest, nachdem sie mich kurz gemustert hat. „Ja, ich bin neu", antworte ich ihr, „Ich heiße Adriana." „Lenya. Hocherfreut dich kennen zulernen", stellt sie sich mir vor. „Gehst du auch hier in die Klasse?", fragt Lenya mich schließlich nach kurzem Zögern. „Ja, du etwa auch?", erkundige ich mich voller Hoffnung. Bitte, lass sie auch in meine Klasse gehen. „Ja, und zufälligerweise ist neben mir auch noch ein Platz frei", erzählt sie mir freudig, ihr Lächeln wird immer breiter.
Ich erwidere ihr Lächeln sofort und gemeinsam betreten wir den Klassenraum, ich folge ihr zu ihrem Tisch. Als wir an Isabella vorbeigehen, die uns keineswegs beachtet, entdecke ich an ihrem Handgelenk ein Zeichen. Ich erkenne es sofort als den griechischen Buchstaben Delta. Sie ist eine Delta? Schließlich lassen wir uns an einem Tisch nieder und während ich meine Sachen hervorhole, rät Lenya mir: „Halt dich am besten von denen da fern. Vor allem von ihrer Anführerin Isabella. Sie ist so eine Zicke." „Ich weiß", erwidere ich einfach nur. „Sie hatte die Ehre, mich zur Klasse zu geleiten." „Okay, dann brauche ich dich ja nicht mehr vorwarnen", erwidert Lenya mit einem Lächeln.
Schließlich betritt eine junge Lehrerin den Raum, die mich knapp willkommen heißt, ehe sie mit dem Unterricht beginnt. Kurze Zeit spüre ich ein kleines Kribbeln im Bauch, welches ich einfach ignoriere. Doch als es von Sekunde zu Sekunde stärker wird, beginne ich so langsam unruhig zu werden. Plötzlich kommt mir eine Erkenntnis. Er muss in der Nähe sein. Am liebsten würde ich sofort aufspringen und die ganze Schule durchsuchen, doch ich kann mich gerade noch beherrschen. Ganz ruhig, versuche ich, mich zu beruhigen. Doch irgendwann halte ich es nicht mehr aus.
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